Eduard Zuckmayer

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Eduard Zuckmayer
Familie Zuckmayer im Juli 1906, von links: Carl sen., Amalie, Carl jun., Eduard

Eduard Zuckmayer (* 3. August 1890 in Nackenheim (Rheinhessen); † 2. Juli 1972 in Ankara, Türkei) war ein deutscher Musikpädagoge, Komponist, Dirigent und Pianist. Er war der Bruder des deutschen Schriftstellers Carl Zuckmayer.

Leben und berufliche Stationen vor der Emigration

Eduard Zuckmayer war[1] der ältere Sohn des wohlhabenden Weinkapselfabrikanten Carl Zuckmayer (1864–1947) und dessen Ehefrau Amalie (1869–1954), geborene Goldschmidt, im rheinhessischen Nackenheim bei Mainz. Die Eltern der Mutter waren vom Judentum zum Protestantismus konvertiert, Zuckmayer selbst wurde jedoch im Sinne seines Vaters katholisch erzogen. Vom sechsten Lebensjahr an erhielt Eduard Zuckmayer Klavierunterricht; mit zwölf Jahren begann er zu komponieren. Nach dem Abitur begann er 1908 ein Studium der Rechtswissenschaften und der Musik in München. 1909 zog er nach Berlin und erhielt neben dem Studium Privatunterricht bei Robert Kahn (Komponist) und James Kwast in Klavier und Komposition. Zudem besuchte er bis 1914 die Dirigentenschule Fritz Steinbachs und war Klavierschüler von Lazzaro Uzielli am Kölner Konservatorium. 1914 erlangte er die Konzertreife als Dirigent und Pianist und arbeitete bis 1915 als Dirigent am Mainzer Opernhaus.

Von 1914 bis 1918 nahmen die Brüder Eduard und Carl als Freiwillige am Ersten Weltkrieg teil. Eduard wurde schwer verwundet und erhielt das Eiserne Kreuz erster und zweiter Klasse. Auf diese Auszeichnung berief sich Zuckmayer nach 1933, um seinen Beruf weiter fortführen zu können.

Von 1919 bis 1925 lebte Eduard Zuckmayer als Pianist, Dirigent und Musiklehrer in Frankfurt am Main und leitete außerdem von 1923 bis 1925 eine Klavierklasse am Mainzer Konservatorium. Ebenfalls 1923 war er Mitbegründer der Gesellschaft für Neue Musik Mainz/Wiesbaden:

„Ich hatte bald erkannt, daß der Neuen Musik im Grunde die neue Gesellschaft, das neue Volk vorausgehen müsse [..]. In der politisch so zerrissenen Zeit schien mir dies nur durch Erziehung einer neuen, jungen Generation möglich.[2]

Eduard Zuckmayer dirigiert den Chor und das Orchester des reformpädagogischen Landerziehungsheims Schule am Meer in deren schuleigener Theaterhalle, 1930/31 errichtet durch Bruno Ahrends, auf der Nordseeinsel Juist

Das Zitat verweist auf die sich abzeichnende Wende im Leben Zuckmayers. Er begeisterte sich für die mit der Jugendmusikbewegung einhergehenden Aufwertung der Laienmusik, distanzierte sich vom klassischen Musikbetrieb und brach die vielversprechende künstlerische Laufbahn als Konzertpianist ab. Stattdessen folgte er 1925 dem Ruf Martin Luserkes als Musikerzieher an das reformpädagogische Landerziehungsheim Schule am Meer auf der ostfriesischen Nordseeinsel Juist. Dort zählten beispielsweise Felicitas Kukuck und Jens Rohwer zu seinen Schülern, ein Kollege war Kurt Sydow. In dieser Schule, in der „Sport, Laienspiel und Musik wichtige Elemente der pädagogischen Ausrichtung waren und Musikerziehung als ‚Brückenschlag zwischen Kunst und Leben‘ verstanden wurde“[3], lernte Zuckmayer auch die Ehefrau seines dortigen Kollegen Walter Jockisch, Gisela Jockisch (1905–1985), geborene Günther,[4] kennen, eine Journalistin, die ihm später mit ihrer Tochter Michele aus erster Ehe in die Türkei folgte, wo sie 1947 heirateten.

Im Laufe des Jahres 1933 zeichnete sich ab, dass die Schule am Meer unter der nationalsozialistischen Herrschaft keine Perspektive für einen Fortbestand als autonomes Landerziehungsheim haben würde. 1934 löste sich die Schule unter dem Druck der Gleichschaltung auf. Zuckmayer wechselte an die Odenwaldschule, eruierte aber offenbar auch andere Möglichkeiten. Dokumentiert ist eine missglückte Bewerbung von ihm als Musiklehrer an der im April 1934 neugegründeten Quäkerschule Eerde.

Zuckmayer blieb bis 1936 an der Odenwaldschule. Im August 1935 hatte ihn die Reichsmusikkammer (RMK) ausgeschlossen, weil seine Mutter jüdischer Herkunft war. Damit war ein sofortiges und vollständiges Berufsverbot auf musikalischem Gebiet verbunden. Zuckmayer musste sich neu orientieren.

Neue Heimat Türkei

Eduard Zuckmayers Büro in Ankara

Exil in Ankara

Paul Hindemith, den Zuckmayer bereits aus den 1920er Jahren kannte, kehrte 1935 von seinem ersten Türkei-Aufenthalt zurück und traf sich mit Zuckmayer in Heppenheim an der Bergstraße und schlug ihm vor, in der Türkei zu arbeiten. Zuckmayer akzeptierte diesen Vorschlag und emigrierte im April 1936 in die Türkei. In Ankara, wo sich eine Exilgemeinde namhafter deutscher Wissenschaftler und Künstler versammelt hatte, wurde Zuckmayer auf Empfehlung von Paul Hindemith zunächst Lehrer am Musiklehrerseminar (Musiki Muallim Mektebi) und am staatlichen Konservatorium (Devlet Konservatuar). Er war Leiter des Schulorchesters und des Madrigalchores und zudem Stellvertreter Hindemiths, der mit der Reform des türkischen Musiklebens beauftragt war.[5]

1938 kam seine spätere Ehefrau, Gisela Jockisch (1905–1985), geborene Günther,[6] zusammen mit ihrer Tochter Michaela „Michele“ nachgereist, weil Zuckmayer inzwischen von einer gesicherten Existenz in der Türkei ausgehen konnte. Im gleichen Jahr wurde er auch zum Leiter der Musikabteilung an der pädagogischen Hochschule Gazi Eğitim Enstitüsü berufen, aus der die heutige Gazi-Universität hervorging.

„Er war ein sehr feiner, ein sehr stiller Mann, der nie irgendwie temperamentvoll etwas dahergemacht hat, aber – auch wenn ich sehr unmusikalisch bin von Natur aus – ich weiß doch sehr genau, wenn er sich ans Klavier setzte und spielte, dann ging von ihm eine Atmosphäre aus, die ganz einzigartig war.“

Internierung und Neubeginn

BW

Am 2. August 1944 brach die Türkei die diplomatischen Beziehungen zu Deutschland ab und forderte alle deutschen Staatsangehörigen zum Verlassen der Türkei auf. Wer nicht abreisen konnte oder wollte, wurde, mit wenigen Ausnahmen, interniert. Die Zeit von September 1944 bis Dezember 1945 musste daraufhin auch Eduard Zuckmayer als Internierter in der inneranatolischen Stadt Kırşehir Welt-Icon verbringen und beteiligte sich dort aktiv am kulturellen Leben der deutschen Internierten. Sie gründeten einen Chor, der von Zuckmayer geleitet wurde. Gerhard Ruben, der Sohn von Walter Ruben, berichtete später:

„Wir hatten ja furchtbar viel Zeit, und Zuckmayer kannte natürlich die ganze klassische Musik hervorragend. Wir haben also Kirchenmusik gesungen. Da war auch ein katholischer Pfarrer interniert, und ein paar Nonnen aus Österreich. Die hielten sonntags immer Gottesdienst. Und da haben wir tatsächlich eine Messe des Kirchenmusikers Palestrina gesungen. Mitten in der Türkei![8]

Nach der Aufhebung der Internierung und der Rückkehr nach Ankara nahm Zuckmayer 1946 seine früheren Tätigkeiten am Staatlichen Konservatorium wieder auf. 1950 reiste seine Frau zusammen mit Zuckmayers Adoptivtochter Michele nach Deutschland zurück und von da aus in die USA. Zuckmayer blieb und wurde zum prägenden Gestalter der türkischen Musikpädagogik. 1965, zu seinem 75. Geburtstag, hieß es in einem ihm gewidmeten Artikel:

„Es gibt keinen Musiklehrer in der Türkei, der nicht von ‚Profesör Sukmajer‘ ausgebildet wurde, und es gibt keinen Musiklehrer im Lande, um den dieser sich nicht musikalisch und pädagogisch gekümmert hätte. [..] Im entferntesten Winkel Anatoliens kennt man ihn, kennt man zumindest seinen Namen. Man weiß vielleicht nicht, wie der augenblicklich zuständige Minister heißt: wer aber Zuckmayer ist, weiß praktisch jeder Lehrer im Lande.[9]

Bis 1970 war Zuckmayer noch am Staatlichen Konservatorium tätig. Danach, bis zu seinem Tode am 2. Juli 1972, unterrichtete er privat und war als Konzertpianist und Dirigent und weiterhin auch als Berater der türkischen Regierung tätig. Die Synthese von türkischer und zeitgenössischer westlicher Musik war über die Jahrzehnte ein besonderes Anliegen des Pädagogen und Musikers Zuckmayer. Er übersetzte viele deutsche Kinder- und Schullieder ins Türkische, übertrug traditionelle türkische Volksweisen in polyphonen Chorgesang und übersetzte den Text der türkischen Nationalhymne İstiklâl Marşı in die deutsche Sprache.

Literatur

  • Horst Widmann: Exil und Bildungshilfe. Die deutschsprachige akademische Emigration in die Türkei nach 1933. Bern, Frankfurt 1973. (S. 293 u.ö.)
  • „Bin jetzt Ton-Leiter in Ankara“, SWR2, Sendung vom 31. Dezember 2009, DLF, Sendung vom 25. Oktober 2013
  • Verein aktives Museum (Hg.): Haymatloz. Exil in der Türkei 1933–1945, Ausstellungskatalog, Verlag wie Hg., Berlin 2000, S. 96–97
  • Susanne Buchinger: „... und ich danke Gott, bei den Türken zu sein!“ Anmerkungen zu Leben und Werk Eduard Zuckmayers (1890–1972), hektografiertes Manuskript eines Vortrags zur Eröffnung der Ausstellung „Haymatloz“ im Ortsmuseum Nackenheim, 2012
  • Peter Budde: Katharina Petersen und die Quäkerschule Eerde. Eine Dokumentationscollage, in: Monika Lehmann, Hermann Schnorbach (Hg.): Aufklärung als Lernprozess. Festschrift für Hildegard Feidel-Mertz, dipa-Verlag GmbH, Frankfurt am Main, 1992, ISBN 3-7638-0186-3, S. 86–101

Dokumente

Briefe von Eduard Zuckmayer befinden sich im Bestand des Leipziger Musikverlages C. F. Peters im Staatsarchiv Leipzig.

Dokumentarfilm

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Die nachfolgenden biografischen Daten beruhen auf drei Quellen: a) Verein aktives Museum (Hg.): Haymatloz. Exil in der Türkei 1933–1945, S. 96, b) Universität Hamburg, Musikwissenschaftliches Institut: Biografie Eduard Zuckmayer und c) Susanne Buchinger: „... und ich danke Gott, bei den Türken zu sein!“
  2. zitiert nach: Verein aktives Museum (Hg.): Haymatloz. Exil in der Türkei 1933–1945, S. 96
  3. Susanne Buchinger: „... und ich danke Gott, bei den Türken zu sein!“
  4. Carl Zuckmayer: Briefwechsel: Briefe 1935–1977. Wallstein-Verlag, Göttingen 2004. ISBN 978-3892446279, S. 122.
  5. Porträt Eduard Zuckmayer in: Verein aktives Museum (Hg.): Haymatloz. S. 96–97
  6. Carl Zuckmayer: Briefwechsel: Briefe 1935–1977. Wallstein-Verlag, Göttingen 2004. ISBN 978-3892446279, S. 122.
  7. Barbara Trottnow: Eduard Zuckmayer – Ein Musiker in der Türkei. Dokumentarfilm. Auf: YouTube, 2:41 Min., abgerufen am 15. Juli 2017
  8. Man nannte sie „haymatloz“
  9. Zitiert nach: Verein aktives Museum (Hg.): Haymatloz. S. 96–97