Hesse (Orgelbauerfamilie)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Ernst Ludwig Hesse)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Hesse war eine deutsche Orgelbauerfamilie, die von 1754 bis 1862 in Dachwig, Thüringen, tätig war.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Johann Michael Hesse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Johann Michael Hesse wurde am 13. April 1734 in Molschleben geboren und starb am 26. September 1810 in Dachwig. Seinen beiden Kindern Ernst Ludwig und Georg Andreas überließ er 1810 seine Werkstatt.

Johann Michael Hesse war von 1747 bis 1751 Orgelbaulehrling seines Großvaters Johann Heinrich Schulze in Nottleben. Von 1752 bis 1755 ging er zusätzlich beim Mechanikus Fischer in Erfurt in Lehre. 1754 baute er zusammen mit seinem Großvater eine Orgel in Dachwig und lernte dort seine Frau kennen. Infolgedessen begründete er seine Werkstatt in Dachwig.

Die von ihm erbauten Instrumente wurden von seinen Zeitgenossen sehr gelobt. So schrieb der Goldbacher Organist Johann Christian Wolfram 1815: „Sie sind mehr als Meisterwerke, sie sind vollendete Kunstprodukte eines Genies.“[1]

Ernst Ludwig Hesse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ernst Ludwig Hesse wurde am 14. Mai 1768 geboren und starb am 29. April 1823 in Brüheim. Er war der Sohn von Johann Michael Hesse und der Bruder von Georg Andreas Hesse, mit dem er 1810 die Werkstatt des Vaters übernahm. Teilweise arbeitete er mit dem Orgelbauer Knauf aus Großtabarz zusammen. Beim Bau der Brüheimer Orgel stürzte er 1823 ab und starb. 1829 ging die Werkstatt an seine Söhne Ernst Siegfried und Johann Michael II.

Georg Andreas Hesse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Georg Andreas Hesse wurde 1784 geboren. Sein Sterbedatum ist nicht bekannt. Er war ebenfalls ein Sohn von Johann Michael Hesse und Bruder von Ernst Ludwig Hesse. Er übernahm 1810 zusammen mit seinem Bruder die Werkstatt des Vaters. Nach dem Tod seinen Bruders war er als selbständiger Orgelbauer aktiv.

Ernst Siegfried Hesse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ernst Siegfried Hesse wurde am 17. September 1798 in Dachwig geboren. Sein Sterbedatum ist nicht bekannt. Er war Sohn von Ernst Ludwig und der Bruder von Johann Michael II. Zusammen mit Johann Michael II. übernahm er die Firma seines Vaters 1829. Seine Söhne waren Ernst Hermann und Julius, dem er 1858 die Werkstatt übertrug. Er arbeitete bis 1833 mit seinem Bruder zusammen. Danach war noch bis ca. 1850 selbständig tätig. Nach seiner Auswanderung nach Amerika 1854 verlieren sich seine Spuren.[2]

Johann Michael Hesse II.[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Johann Michael Hesse II. bzw. Johann Michael Hesse der Jüngere wurde am 9. Juli 1806 in Dachwig geboren und starb am 11. April 1856 ebendort. Sein Vater war Ernst Ludwig und sein Bruder Ernst Siegfried, mit dem er von 1829 bis 1833 die Werkstatt weiterführte. Danach war er selbstständig tätig.

Julius Hesse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Julius Hesse wurde um 1830 geboren und starb um 1900. Er war der Sohn von Johann Michael II. und führte die Werkstatt ab 1858 weiter. Nach einem fehlgeschlagenen Umbau der Wender-Orgel der Bachkirche Arnstadt zog er 1862 nach St. Petersburg und überließ die Werkstatt Karl Hickmann. 1859 wurde die Orgel in Rehestädt unter dem Namen "Johann Michael Hesse & Sohn" erbaut.[3] Bei seiner Flucht soll er den erhaltenen Vorschuss für die Bachkirche Arnstadt mitgenommen haben. Diese These gilt als widerlegt.[4]

Ernst Hermann Hesse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ernst Hermann Hesse wurde am 3. Dezember 1845 geboren. Sein Sterbedatum ist nicht bekannt. Er war Sohn von Ernst Siegfried.

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein großes „P“ steht für ein selbstständiges Pedal, ein kleines „p“ für ein angehängtes Pedal. Eine Kursivierung zeigt an, dass die betreffende Orgel nicht mehr erhalten ist oder lediglich noch der Prospekt aus der Werkstatt stammt.

Johann Michael Hesse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Ort Gebäude Bild Manuale Register Bemerkungen
1760 oder 1769 Krautheim St. Mauritius
II/P 22 Neubau
1764 Salomonsborn St. Dionysius II/P 20 Neubau, zurzeit demontiert
1764 oder 1769 Possendorf Dorfkirche I/P 10 Neubau, Teile bei einem Neubau durch Hermann Kopp wiederverwendet[5]
1765 Holzhausen St. Trinitatis II/P 19 Neubau, 2017 Restauriert durch Orgelbau Waltershausen[6]
ca. 1770 Eichelborn St. Marien II/P 16 Neubau
1776 Stotternheim St. Peter und Paul II/P 32 Neubau; 1902 durch Neubau von E. F. Walcker & Cie. im historischen Prospekt ersetzt (II/P/22)
1780 Möbisburg St. Dionysius II/P 19 Neubau, 1997 saniert,[7] Orgel
1780 Barby Schlosskapelle Neubau, Vermutung kein Nachweis
ca. 1785 Haarhausen St. Nikolai II/P 22 Neubau, 1971 durch Brandstiftung zerstört
ca. 1785 Deersheim St. Peter und Paul Neubau
1794 Dachwig St. Petri
II/P 27 Neubau, 1863 durch Karl Hickmann in neue Kirche umgesetzt
1795 Wechselburg Hl. Kreuz Neubau
1798 Gispersleben St. Kiliani
II/P 25 Neubau, 1834 durch Johann Michael Hesse II. erweitert auf 27 Register
1798 Hörselgau St. Bonifatius II/P 22 Neubau, um 1900 Umdisponierung durch Orgelbau Böhm
ca. 1800 Erfurt St. Michael? II/P 22 Neubau
1802–21 Schallenburg St. Cyriakus
II/P 26 Neubau, Fertigstellt nach dem Tod von Johann Michael durch Ernst Ludwig

Ernst Ludwig Hesse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Ort Gebäude Bild Manuale Register Bemerkungen
1824 Großfahner St. Peter und Paul II/P 26 Neubau, Mitarbeit seiner Söhne Ernst Siegfried und Johann Michael II.
1822 Seebergen St. Georg II/P 29 Neubau, 2004 Restauriert
1823 Brüheim St. Vitus
II/P 23 Neubau unter Verwendung von Teilen der Vorgängerorgel von Johann Heinrich Ruppert (1741), unter Mitarbeit des Bruders Georg Andreas und seiner Söhne Ernst Siegfried und Johann Michael II., 2011 restauriert durch Orgelbau KutterOrgel

Georg Andreas Hesse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Ort Gebäude Bild Manuale Register Bemerkungen
1858 Arnsdorf I/P 13 Umsetzung einer Orgel von 1805, wahrscheinlich aus Niederstriegis

Ernst Siegfried Hesse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Ort Gebäude Bild Manuale Register Bemerkungen
1823 Mühlberg St. Lukas II/P 25 Umbau der Volckland-Orgel von 1729
1829 Erfurt Erfurter Dom III/P 56 Neubau
1829 Wahlwinkel St. Gotthard II/P 21 Neubau unter der Mitarbeit von Georg Andreas Hesse und Johann Michael Hesse II., 2006 restauriert durch Orgelbau Waltershausen[8]
1830 Ermstedt St. Andreas II/P 25 Neubau, Mitarbeit von Johann Michael Hesse II.
1831 Sömmerda St. Petri und Pauli II/P 20 Umbau der Krippendorf-Orgel von 1705, 1889 durch Neubau von Carl Friedrich Wilhelm Böttcher ersetzt[9]
1834 Erfurt St. Andreas Neubau
1834 Großvargula St. Jacobi II/P 23 Neubau, 2012 restauriert durch Jörg Dutschke
1838 Ilversgehofen St. Martini II/P 19 Neubau
1840 Frienstedt St. Laurentius
II/P 30 Neubau
1840 Wenigenehrich Dorfkirche I/P 10 Neubau, 1885 durch Karl Hickmann & Sohn in neue Kirch umgesetzt und umdisponiert
1841 Mittelsömmern St. Cyriax II/P 16 Neubau
1841 Döllstädt St. Peter und Paul II/P 17 Umbau der Trost-Orgel von 1713
1843 Erfurt St. Martini II/P 22 Neubau, 1874 durch Neubau von Adam Eifert ersetzt
vor 1844 Korbach St. Kilian II/P 32 Neubau
1845 Schwerstedt St. Trinitatis II/P 27 Neubau
1847 Heldrungen St. Wigbert II/P 28 Neubau
1849 Jecha St. Matthäi I/P 11 Neubau, Mitarbeit von Johann Michael Hesse II.
1849 Großengottern St. Walpurgis II/P 26 Umbau der Trost-Orgel von 1717, Mitarbeit von Julius Hesse als Lehrling
vor 1850 Hochheim entweder St. Bonifatius oder St. Johannes II/P 26 Neubau
ca. 1850 Riga St. Petrus III/P 43 Neubau
ca. 1850 Herbsleben St. Trinitatis II/P 36 Neubau, 1920 durch Neubau von Hugo Böhm ersetzt
ca. 1850 Saubach II/P 16 Neubau
ca. 1850 Rohrberg II/P 10 Neubau
ca. 1850 Lösere I/P 8 Neubau

Johann Michael Hesse II.[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Ort Gebäude Bild Manuale Register Bemerkungen
1834 Ottenhausen St. Kilian II/P 17 Neubau, im Gehäuse von 1749
1842 Saalfeld St. Nikolai II/P 13 Neubau
1842 Greußen St. Martini II/P 30 Umbau der Trost-Orgel von 1704, Mitarbeit von seinem Bruder Ernst Siegfried
1842 Großengottern St. Martini II/P 18 Neubau
1844 Werningsleben St. Georg Neubau
1846 Witterda St. Martin
II/P 29 Neubau, 2013–2015 Restaurierung durch Orgelbau KutterOrgel
1850 Andisleben St. Peter und Paul
II/P 23 Umdisponierung der Schröter-Orgel von 1743
1852 Sondershausen Fürstliches Landesseminar II/P 9 Neubau
1852 Hüpstedt St. Martin II/P 19 Neubau, restauriert durch Orgelbau Brode[10]

Johann Michael Hesse & Sohn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Ort Gebäude Bild Manuale Register Bemerkungen
1859 Rehestädt St. Gangolf II/P 17 Neubau

Julius Hesse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Ort Gebäude Bild Manuale Register Bemerkungen
1858 Dornheim St. Bartholomäi I/P 19 Neubau, 1985 durch Neubau von Karl-Heinz Schönefeld ersetzt
1858 Rockhausen St. Elisabeth II/P 17 Neubau
1862 Arnstadt Johann-Sebastian-Bach-Kirche
III/P 21 Umbau der Wender-Orgel von 1703, Umbau gescheitert

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Hesse – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Uwe Pape (Hrsg.): Lexikon norddeutscher Orgelbauer. Band 1: Thüringen und Umgebung. Pape, Berlin 2009, ISBN 978-3-921140-86-4, S. 116 f.
  • Uwe Pape (Hrsg.): Lexikon norddeutscher Orgelbauer. Band 1: Thüringen und Umgebung. Pape, Berlin 2019, ISBN 978-3-921140-58-1, S. 238 f.
  • Hartmut Haupt: Orgeln in Nord- und Westthüringen. Hrsg.: Thüringisches Landesamt für Denkmalpflege, Landeskonservator Rudolf Zießler. Ausbildung und Wissen GmbH, Bad Homburg und Leipzig 1998, ISBN 3-932366-00-X.
  • Viola-Bianka Kießling: Königin der Instrumente. Ein Orgel-Führer durch die Region Weimar und Weimarer Land. Hrsg.: Landratsamt Weimarer Land. Fagott-Orgelverlag, Friedrichshafen 2007, ISBN 978-3-00-021071-6.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Johann Christian Wolfram: Anleitung zur Kenntniß, Beurtheilung und Erhaltung der Orgeln: für Orgelspieler und alle diejenigen, welche bei Erbauung, Reparatur, Prüfung und Erhaltung dieser Instrumente interessirt sind. Gotha 1815.
  2. Weitere Informationen zu Johann Michael Hesse und Ernst Siegfried Hesse. Abgerufen am 9. Oktober 2021.
  3. Uwe Pape (Hrsg.): Lexikon norddeutscher Orgelbauer. Band 1: Thüringen und Umgebung. Pape, Berlin 2019, ISBN 978-3-921140-58-1, S. 239.
  4. Gabi Damm in: Stiftung Orgelklang, Hannover 2016. Abgerufen am 9. Oktober 2021.
  5. Informationen zur Orgel in Possendorf. Abgerufen am 18. Oktober 2021.
  6. Informationen Restaurierung Holzhausen. Abgerufen am 17. Oktober 2021.
  7. Erfurt / Möbisburg – St. Dionysius – Orgel Verzeichnis – Orgelarchiv Schmidt. Abgerufen am 29. April 2022 (deutsch).
  8. Informationen zur Orgel in St. Gotthard, Wahlwinkel. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 7. Oktober 2021; abgerufen am 7. Oktober 2021.
  9. Informationen zur Orgel in Sömmerda St. Petri und Pauli. Abgerufen am 16. Oktober 2021.
  10. Informationen zur Restaurierung der Orgel in St. Martin (Hüpstedt). Abgerufen am 10. Oktober 2021.