Ernst Rüdiger Starhemberg (Politiker)

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Ernst Rüdiger Starhemberg, 1932

Ernst Rüdiger (Fürst) Starhemberg (* 10. Mai 1899 in Eferding, Oberösterreich; † 15. März 1956 in Schruns, Vorarlberg) war ein österreichischer Politiker und Heimwehrführer. Zwischen 1920 und 1930 war Starhemberg Mitglied des Bundesrates und von 1931 bis 1934 stellvertretender Vorsitzender der Christlich-Sozialen Partei (CSP).

Leben

Ernst Rüdiger von Starhemberg war der Sohn von Fürst Ernst Rüdiger von Starhemberg (1861–1927) und Fanny Starhemberg (eigentlich Franziska, geborene Gräfin von Larisch-Moennich).

Im Ersten Weltkrieg meldete sich Starhemberg zur Armee und war als Fähnrich an der Italienfront im Einsatz. Von 1920 an studierte er Nationalökonomie in Innsbruck, wo er dem Corps Rhaetia beitrat. 1921 meldete er sich zum Freikorps Oberland und nahm 1921 am Sturm auf den Annaberg teil. Nach der Auflösung des Freikorps näherte sich Starhemberg, wie viele andere Angehörige des Freikorps und auch Mitglieder des neugegründeten „Bund Oberland“, Hitler an. Starhemberg nahm 1923 an dessen Marsch auf die Feldherrnhalle teil, wurde aber später ein überzeugter Gegner Hitlers. 1930 wurde Starhemberg Bundesführer der österreichischen Heimwehr, einer rechtsstehenden paramilitärischen Organisation, die sich wenig später in einen christlich-sozialen Flügel unter dem Major Emil Fey und einen austrofaschistisch-monarchistischen Flügel unter Starhemberg spaltete.

Gleichzeitig und eng damit verbunden begann auch seine politische Laufbahn. Dem kurzlebigen Kabinett Vaugoin gehörte er 1930 als Innenminister an; zu den Wahlen im selben Jahr trat er - nach gescheiterten Koalitionsverhandlungen mit den Nationalsozialisten - mit einem „Heimatblock“ an, dem allerdings kein Erfolg beschieden sein sollte. 1932 unterstützte Starhemberg den Bundeskanzler Engelbert Dollfuß in seinem Bestreben, Österreich in einen faschistischen Staat nach italienischem Muster umzugestalten. Er selbst ersuchte Mussolini um die (illegale) Lieferung von Waffen für die Heimwehr, was zur Hirtenberger Waffenaffäre führte. Nach der militärischen Unterdrückung des Februaraufstandes der österreichischen Sozialdemokratie im Jahre 1934, bei der die Heimwehren eine zentrale Rolle spielten, wurde Starhemberg durch Dollfuß mit dem Amt des Vizekanzlers betraut. Als es wenig später, im Juli 1934, zu einem Aufstandsversuch österreichischer Nationalsozialisten und zur Ermordung Dollfuß' kam, spielten Starhemberg und die Heimwehren eine führende Rolle bei der Niederschlagung auch dieses Putsches.

Der neu ernannte, ebenfalls autoritär regierende Bundeskanzler Schuschnigg beließ Starhemberg im Amt; zusätzlich wurde er aber noch mit der Funktion des Sicherheitsministers betraut. In einer Gedenkansprache Starhembergs für Engelbert Dollfuß am 27. Juli 1934 lassen sich die Grundzüge seines politischen Programms erkennen: Österreich bezeichnete er hier als „Barrikade Europas“ gegen den Bolschewismus, ebenso wie gegen die „marktschreierische, verbrecherische Demagogie des Nationalismus“. Die Kulturwelt blicke auf die Österreicher als Kämpfer „gegen die Barbarei des zwanzigsten Jahrhunderts“; er betrachte es mit der neuen Regierung Schuschnigg als das „heilige Vermächtnis“ des ermordeten Bundeskanzlers, „niemals den geringsten Kompromiss mit dem Nationalsozialismus einzugehen, niemals Zugeständnisse zu machen, die unsere volle Unabhängigkeit und Freiheit, unsere Ehre und Würde beeinträchtigen könnten“.[1] Als - letztlich utopisches - Endziel seiner Politik betrachtete Starhemberg, ähnlich wie andere Austrofaschisten, die Restauration der Habsburger.

Zwei Jahre später, nach der außenpolitischen Annäherung Österreichs an das Deutsche Reich (Abkommen vom 11. Juli 1936) und dem Verbot der Heimwehren durch Kurt Schuschnigg, legte Starhemberg sämtliche Regierungsfunktionen nieder. Ein Hauptgrund dafür war seine Überzeugung, dass nur eine starke Anlehnung an Italien die Sicherung der Unabhängigkeit Österreichs ermögliche; eine Ansicht, mit der er sich im klaren Gegensatz zum außenpolitischen Kurs Schuschniggs befand. Allerdings begann sich etwa zur selben Zeit auch das nach der Abessinienkrise diplomatisch isolierte Italien immer mehr an Deutschland anzunähern, so dass die Erfolgsaussichten einer solchen Alternative fraglich waren. Dass man Starhemberg überdies eine Verwicklung in den Phönix-Skandal von 1936 nachsagte, machte es Schuschnigg leicht, seinen Rivalen aus dem Zentrum der Macht zu entfernen.

Mit seiner Ehefrau, der Burgschauspielerin Nora Gregor, emigrierte Starhemberg 1937 in die Schweiz. 1938 verkaufte er seine Weinberge in der Wachau an seine Pächter. Dadurch kam es zur Gründung der Winzergenossenschaft Wachau, die heute unter dem Namen Freie Weingärtner Wachau bekannt ist. 1940 ging er nach Frankreich. Während des Zweiten Weltkrieges diente Starhemberg in den Britischen und den Freien Französischen Luftstreitkräften, aus denen er jedoch wieder austrat, nachdem die Sowjetunion sich mit den Alliierten verbündet hatte. Von 1942 bis 1955 lebte Ernst Rüdiger Starhemberg in Argentinien. Danach kehrte er nach Österreich zurück, wo er 1956 von dem Journalisten Georg Auer enttarnt wurde und kurz darauf starb.

Literatur

  • Ernst Rüdiger Starhemberg: Between Hitler and Mussolini, 1942
  • Ernst Rüdiger Starhemberg: Memoiren, mit einer Einleitung von Heinrich Drimmel. Amalthea-Verlag, Wien - München 1971
  • Ludwig Jedlicka: E. R. Fürst Starhemberg und die politische Entwicklung in Österreich im Frühjahr 1938, in: Ludwig Jedlicka: Vom alten zum neuen Österreich - Fallstudien zur österreichischen Zeitgeschichte 1900-1975. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten - Wien 1975
  • Gudula Walterskirchen: Starhemberg oder die Spuren der Dreißiger Jahre. Amalthea 2002.
  • W. Chiba: Das Heimatschutz-Gedenkzeichen 1934, in: Zeitschrift der Österreichischen Gesellschaft für Ordenskunde Nr. 61 - Februar 2006 (im Anhang eine kurze Biographie Starhembergs)
  • Martin Prieschl: Starhemberg - Der Fürst in der Fremde, in: Österreich 1938 - 1945 - Dokumente, Archiv-Verlag, Braunschweig 2008.

Weblinks

Einzelnachweis

  1. Die Regierung einig hinter Dollfuß' Programm. In: Neue Freie Presse, 28. Juli 1934, S. 3 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nfp