Exerzitien auf der Straße

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 21. Dezember 2019 um 00:11 Uhr durch Der wahre Jakob (Diskussion | Beiträge) (Einzelnachweise: typo). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
P. Christian Herwartz SJ bei Exerzitien während des Katholikentags in Münster (2018)

Als Exerzitien auf der Straße oder Straßenexerzitien werden geistliche Übungen in der Tradition der ignatianischen Exerzitien bezeichnet, die nicht in einem Tagungsort, in einem Kloster oder Exerzitienhaus stattfinden. Die Übenden gehen vielmehr dazu in den öffentlichen Raum, oft in soziale Brennpunkte, um „am anderen, ungewöhnlichen und ungewohnten Ort Gott zu suchen“[1]. Auf diese Weise soll und kann die Begegnung mit jedem Nächsten als dem Ebenbild Gottes gefördert werden. Die Straßenexerzitien-Bewegung geht auf den Jesuiten Christian Herwartz zurück, der Ende der 1990er-Jahre erstmals Exerzitien auf der Straße durchführte. Die Bewegung ist als Netzwerk organisiert und nicht institutionalisiert oder kirchlich bezuschusst. Die Exerzitien dauern in der Regel 10 Tage. Es gibt Angebote für spezielle Gruppen sowie interreligiöse Angebote mit Buddhisten und Muslimen.

Geschichte

Basis für die Entstehung der Straßenexerzitien war eine offene Wohngemeinschaft in der ehemaligen Jesuiten-Statio in Berlin-Kreuzberg, die Menschen mit sozialen und religiösen Fragen Hilfestellung anbot. Christian Herwartz, der zur Gruppe der Arbeitergeschwister gehört und von 1975 bis 2000 als Industriearbeiter tätig war,[2] lebte als letzter Jesuit bis 2016[3] in dieser Wohngemeinschaft, die gegenwärtig (Dezember 2019) noch immer existiert. Diese Statio war von der Norddeutschen Provinz der Jesuiten als ein spirituelles Experiment für die Begegnung mit der Unterschicht der Gesellschaft in direkter Nähe der damaligen Berliner Mauer gegründet worden und erschien damit für diese speziellere Form ignatianischer Spiritualität prädestiniert.[4] Gemeinsam mit dem externen Exerzitienbegleiter Alex Lefrank SJ führte Christian Herwartz von dort aus 1998 erstmals Straßenexerzitien für eine Gruppe von drei Teilnehmern aus dem Jesuitenorden in einer im Sommer nicht benötigten Wärmestube für Obdachlose in Berlin durch. Weitere Kurse folgten, 2000 mit einer Gruppe von Ordensschwestern zum ersten Mal als ein offen ausgeschriebenes Angebot; in diesem Kurs wurde der Begriff „Exerzitien auf der Straße“ formuliert, während Herwartz noch von „Exerzitien an städtischen Brennpunkten“ sprach.[5] Im selben Jahr wurde Christian Herwartz arbeitslos und widmete sich dann als Rentner verstärkt der Tätigkeit als Exerzitienbegleiter. 2009 wurden neun Kurse durchgeführt. Ehemalige Teilnehmer aus verschiedenen christlichen Konfessionen bieten inzwischen selbst Exerzitien auf der Straße an. Kurse fanden seitdem in Deutschland, Belgien, Frankreich, Schweiz, Österreich, Kosovo, den Niederlanden, Texas, Kanada und Taiwan statt.[6][7]

Spezielle Angebote richten sich an Zielgruppen wie Studierende, Paare, an Jugendliche oder Strafgefangene. Auch Kurse nur für Frauen oder nur für Männer wurden durchgeführt. Ab 2019 fanden auch Kurse interreligiös, zusammen mit Buddhisten und Moslems, als Retreats auf den Straßen statt.[8]

Die „Straßenexerzitienbewegung“ ist wie ein Netzwerk organisiert und hat keinen festen institutionellen Rahmen, sie verfügt nicht über feste kirchliche Zuschüsse oder über hauptamtliche Kräfte. Die Begleiter treffen sich seit 2008 jährlich, um die Kursgestaltung systematisch zu reflektieren und weiterzuentwickeln.[9] Das Ziel besteht nach der Beobachtung der taz darin, „sich für diese geistigen Übungen nicht ein paar Tage lang in ein ruhiges Kloster mit Vollpension in einer idyllischen Landschaft zurückzuziehen. Sondern genau das Gegenteil zu versuchen: eine Meditation, eine Reflexion, vielleicht sogar das Erlebnis einer Gottesnähe im Lärm, im Dreck und im Elend der Großstadt zu suchen“.[10]

Ablauf

Die zehntägigen Exerzitien beginnen gewöhnlich am Freitagabend und enden am Sonntagnachmittag. Die Tage haben einen festen Rhythmus:

  • Gemeinsames Morgengebet oder Morgenimpuls, gestaltet von den Teilnehmern.
  • Nach dem Frühstück gehen die Teilnehmer einzeln und aufmerksam auf selbst gewählten Wegen durch die Stadt. Die Exerzitienleiter geben dazu als Anregung eine Liste von konkreten Orten, wo Armut, Not oder Fremdheit zu spüren seien und die sonst oft gemieden würden. Ausgehend von dem Bibelwort von der Aussendung der Jünger durch Jesus (Lk 10,1–4 EU) begeben sich die Teilnehmer ohne ihnen gewohnte Sicherheiten quasi als Pilger auf die „Straße“ hinaus, beispielsweise in gesellschaftliche Brennpunkte, unter Drogenabhängige, ins Arbeitsamt oder in eine Moschee. Sie setzen sich den Orten und den Menschen aus, denen sie im öffentlichen Raum begegnen, etwa an einem Denkmal, einer Gedenkstätte, an einem Flussufer oder anderswo. Der zeitweise Rückzug in einen geschützten Ort, etwa eine Kirche, ist möglich.
  • Die Gruppe kommt erst am Abend wieder zusammen zu Eucharistiefeier oder Gottesdienst, gestaltet von den Begleitern, dann ist das Abendessen.
  • Danach findet ein verpflichtendes Gespräch in der Kleingruppe mit der Exerzitienbegleiterin und dem Exerzitienbegleiter statt. Die Teilnehmer tauschen sich über das aus, was sie von der Straße mitgebracht haben, die Begleiter achten auf eine gegenseitig unterstützende, nicht wertende Resonanz. Über das Gesagte wird Stillschweigen vereinbart.
    Als konkrete „Sehhilfen“ geben die Begleiter einen geistlichen Rahmen aus den Begriffen Einsatz, Sensibilität für Gerechtigkeit, interreligiöser Dialog, Leben aus der heiligen Schrift und christlicher Auferstehungsglaube. Diese geistliche Ebene unterscheidet die Gruppe von einer Selbsterfahrungsgruppe.
  • Die Übenden gehen den Erfahrungen nach, bei denen sie sich persönlich angesprochen fühlten (Lk 24,13–26 EU), bedenken sie im Laufe der Nacht und suchen solche Orte nochmals auf.
  • Am Freitagabend beginnt der Ausstieg aus den Exerzitien in einem besonderen Gottesdienst mit dem Ritus der Fußwaschung (Joh 13,1–5 EU und 13,12–17 EU), bei dem die Teilnehmer sich nach dem Vorbild Jesu und der Maria Magdalena (Joh 12,3 EU) schweigend gegenseitig die Füße waschen und salben. Die Teilnehmer werden „am Ende eines langen Tages, an dem sie mit ihren Füßen die Stadt wahrnahmen, […] konfrontiert mit dieser intensiven Erfahrung von Nähe und auch Scham.“[11]

Rahmenbedingungen

  • 8 bis 10 Teilnehmer werden von zwei Männern und zwei Frauen begleitet.
  • Die Teilnehmer wohnen gemeinsam unter einfachen Bedingungen an einem einfachen Ort, den sie als „Pilger-Herberge“ bezeichnen, anfallende Arbeiten werden gemeinsam erledigt.
  • Einzig das tägliche Gespräch am Abend ist für die Teilnehmer verpflichtend. Ansonsten ist die Beteiligung freiwillig, der Rückzug Einzelner wird akzeptiert und von der Gruppe mitgetragen.
  • Die Kurse werden unentgeltlich angeboten; alle Beteiligten engagieren sich ehrenamtlich, anfallende Kosten für Lebensmittel werden geteilt. Die Begleiter – die bewusst nicht als „Exerzitienleiter“ oder gar „Exerzitienmeister“ auftreten[12] – bekommen kein Honorar, allenfalls Fahrtkosten ersetzt.
  • Kürzere Kurse sind möglich, auch als eintägige Kurse oder zum Erproben für einige Stunden.
  • Die Exerzitien werden im Internet ausgeschrieben.
  • Eine Vorauswahl der Teilnehmer wird nicht getroffen, es gibt keine Ausschlusskriterien. Bei Drogenkonsum wird von einer Teilnahme abgeraten, da dann das Üben der inneren Wahrnehmung blockiert sein kann.[13]
  • Es handelt sich nicht um Schweigeexerzitien, aber der respektvolle Gebrauch von Worten begünstigt die Exerzitien und das Zusammenleben in der Gruppe. Schweigen zu können oder psychische Stabilität werden nicht vorausgesetzt.
  • Die Exerzitien sind weder eine Therapie noch eine Urlaubsform und kein Sozialpraktikum.
  • Der verantwortungsvolle Umgang mit psychischen Erkrankungen von Teilnehmern bedarf besonderer Beachtung. Die Grenze zwischen Exerzitien als geistlicher Begleitung (mit dem Ziel der Vertiefung der Beziehung zwischen Gott und dem Begleiteten) einerseits und Psychotherapie (mit dem Ziel der Heilung einer psychischen Erkrankung) andererseits muss erkannt und eingehalten werden. Dies ist Thema des Erfahrungsaustausches der Exerzitienbegleiter.[14][15][16]

Anthropologischer, biblischer und theologischer Hintergrund

Disposition der Teilnehmer

In westlichen Industrieländern wird in religionssoziologischer Sichtweise Religion zunehmend individualisiert gelebt. Dies führt, so Susanne Szemerédy, zu einer „Biografisierung des Religiösen“: Der Sinn religiöser Überzeugungen und Praktiken wird in erster Linie für das eigene Leben gesucht und äußert sich „in der Suche nach außeralltäglichen Erfahrungen“. Dem kann das Angebot von Exerzitien auf der Straße als spezielle Form religiöser Erfahrung entsprechen, „wenn die Übenden sich den Paradoxien und Abgründen menschlicher Existenz aussetzen, um dadurch dem Heiligen, der Transzendenz, Gott auf der Spur zu bleiben“.[17] Wichtig für die Teilnahme ist der in einem weiten Sinne religiöse Wunsch, mit dem „Ursprung der Schöpfung“ („Gott“ genannt oder anders) und der eigenen Sehnsucht (dem „Geheimnis des Lebens“, dem „Heiligen in uns“) in Beziehung zu kommen.[18]

Die Grundhaltung von Exerzitienteilnehmern und Begleitern wird als „Intention der Nicht-Intentionalität“ beschrieben: „ein Sich-Ausrichten darauf, alles Zielgerichtete zu lassen, vom aktiven Handeln in einen Zustand der Aufnahmebereitschaft zu treten“[19]; „Die Teilnehmer sollen nur offen und möglichst ohne Vorurteile Gott und die Menschen suchen. Simple Situationen sollen sie bewusst wahrnehmen – über die Straße gehen, in einem Café sitzen, Menschen beobachten, mit ihnen in Kontakt kommen“, heißt es in einer Darstellung in der Wochenzeitung Der Freitag.[20] Christian Herwartz spricht von einer „kontemplativen Erwartung“.[21]

Straße

„Straße“ wird bei den Exerzitien in ihren verschiedenen Bedeutungen und Funktionen betrachtet, komplementären wie sich widersprechenden.[22] Sie ist ein offener Raum, hat Bühnencharakter und kann kommerziell genutzt werden, sie verbindet und trennt, sie stellt eine Verbindung von Ort zu Ort dar, ist aber selber ein „Zwischenraum“ und ein „Nicht-Ort“, ein ambivalenter Ort der Gefahr, aber auch des Abenteuers, ein Alltagsort und ein Ort der Armen, der „auf die Straße Gesetzten“. Die Straße kann als Gegenbegriff zu Haus, Heimat und Geborgenheit verstanden und erlebt werden; „auf der Straße leben“ wird mit Wohnungs- oder Obdachlosigkeit gleichgesetzt.[23] Für „Straßenkinder“ ist die Straße ihr von der Norm abweichender Lebensmittelpunkt, ihr Lern- und Erfahrungsort, während er gesellschaftlich nur als Transitraum oder „Nicht-Ort“ gewertet wird.[24] Die Exerzitienbegleiter Maria Jans-Wenstrup und Klaus Kleffner sprechen von den Exerzitien als Möglichkeit, auf der Straße als einem „gottoffenen Anders-Ort“ Erfahrungen zu sammeln, da sich jemand, der auf die Straße geht, auch unangenehmen Entdeckungen stellen müsse, auch dem „Fremdartigen im eigenen Leben“.[25]

Als Vorbild für die „Suche nach dem Anderen am anderen Ort“ – dem fremden Menschen und dem Fremden in der eigenen Persönlichkeit – wird bei den Exerzitien die biblische Erzählung von der Erfahrung des Mose gesehen, der als Hirte in der Wüste bei seiner alltäglichen Arbeit einen brennenden, aber nicht verbrennenden Dornbusch bemerkte und beim Nähertreten eine Gotteserfahrung machte, als Gott ihn ansprach: „Leg deine Schuhe ab; denn der Ort, wo du stehst, ist heiliger Boden.“ (Ex 3,1–15 EU; Apg 7,30–35 EU). Der Theologe Michael Schindler[26] weist darauf hin, dass Mose nicht einen als heilig definierten Ort aktiv aufsucht, sondern einen alltäglichen Ort als heiligen Ort „entdeckt“. Die Straße bekommt in dieser Betrachtung eine weitere Dimension: Biblisch gesprochen kann sie als „heiliger Boden“ erfahren werden, der eine Gotteserfahrung ermöglicht.[27]

Spirituelle Traditionen

Ignatius von Loyola

Grundlage für die spirituelle Verankerung der Exerzitien auf der Straße ist das Leitmotiv „Gott finden in allen Dingen, im Sprechen, im Gehen, Sehen, Schmecken, Hören, Denken und überhaupt in allem“, wie es der Gründer des Jesuitenordens, Ignatius von Loyola, in seinem Exerzitienbuch als Maxime für die ignatianischen Exerzitien und die Gottsuche formulierte.[28] Schindler sieht in den Exerzitien auf der Straße eine „Rückkehr zum urbanen Ursprung der Exerzitien“, die bei Ignatius, einem „Mann der Stadt“, anfangs in einem städtischen Umfeld verortet waren, bevor sie in „geschlossener Form“ stationär in einem Haus üblich wurden. Exerzitien auf der Straße kombinieren, so Schindler, „die beiden von Ignatius gesehenen Möglichkeiten, sich nämlich vom eigenen Alltag mit den damit verbundenen Beziehungen und Orten zu lösen und zugleich in einem alltäglichen Bereich inmitten der Welt zu verbleiben“.[29] Auch weitere wesentliche Elemente der ignatianischen Exerzitientradition sieht Schindler erfüllt und zeitgemäß fortgeschrieben: Die Teilnehmer werden als Subjekt mit einem je eigenständigen Glaubensweg auf Gott hin ernst genommen – für Christian Herwartz sind Exerzitien „Chefsache, also der persönliche Austausch jedes Einzelnen mit dem Leben selbst“[30]; das Motiv des Weges und des seinen Weg suchenden Pilgers ist für Ignatius wichtig.[31]

Die Jesusbeziehung, die in den ignatianischen Exerzitien eine große Bedeutung hat, kommt in den Exerzitien auf der Straße regelmäßig in zentralen biblischen Texten zum Ausdruck, so im Motiv der Aussendung der Jünger durch Jesus „wie Schafe unter die Wölfe“, ohne Geldbeutel, Vorratstasche und Schuhe (Lk 10,3f EU), und in der Erzählung von den Emmausjüngern, die beim gemeinsamen Gehen und Essen mit einem Fremden Jesus erkennen und Anteil an seinem Leben bekommen (Lk 24,13-35 EU). Das Jesuswort „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich“ (Joh 14,6 EU) interpretiert Christian Herwartz als „Jesus ist die Straße“, auf der unterwegs eine Gotteserfahrung gemacht werden kann.[32]

Benediktinische und franziskanische Spiritualität

Susanne Szemerédy sieht in den Exerzitien auch Elemente einer benediktinischen Tradition und Spiritualität, nämlich im „mystagogischen Konzept der Gastfreundschaft“. Der Ordensgründer Benedikt von Nursia rät in seiner Ordensregel, dem Gast und dem Fremden bei der Begrüßung und beim Abschied in tiefer Demut zu begegnen, da mit dem Gast in Wahrheit Jesus Christus aufgenommen werde.[33] Schließlich verweist Szemerédy auf die franziskanische Compassio-Spiritualität (Mitleiden mit den Armen und Ausgestoßenen) – die Bekehrung des Ordensgründers Franz von Assisi wurde von einer Begegnung mit Aussätzigen ausgelöst – und spricht mit Stefan Wyss von einem „ästhetischen Basisereignis, der Wandlung des Affekts in der Zuwendung zum abstoßenden Ding, Tier oder Menschen“ und der Erfahrung des Franziskus, dass im ausgegrenzten, armen anderen Menschen eine Begegnung mit dem gekreuzigten Jesus erlebt werden kann.[34]

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit

Entsprechend der in den Exerzitien häufig genutzten Lehrgeschichte, in der Mose über die Steppe hinaus in die Wüste ging (ExEU) und dort aus einem brennenden, aber nicht verbrennenden Dornbusch den Auftrag zur Befreiung seines Volkes an sich hörte, werden die Exerzitien auf der Straße in unterschiedlichen Ländern und sozialen Kontexten, also grenzüberschreitend, angeboten. Die Übenden kommen aus verschiedenen religiösen Traditionen, häufig mit christlichem oder jüdischem Hintergrund. 2011 fand in Hamburg[35] ein Kurs mit fünf Obdachlosen von der Reeperbahn und englischsprachigen Teilnehmern statt.

Der amerikanischen Zen-Meister Bernie Glassman übte Offenheit gemeinsam mit Menschen vieler Religionen – besonders an gesellschaftlichen Schmerzorten wie dem Ankunftsgleis im ehemalige KZ Auschwitz oder auf den Straßen in New York unter Obdachlosen.[36] Mit einem seiner Schüler, dem Zen-Meister Heinz-Jürgen Metzger aus Solingen[37][38][39], und Christian Herwartz fand vom 10. bis 19. Mai 2019 in Berlin[40] das erste gemeinsam ausgerichtete Retreat statt. Die guten Erfahrungen, mit leeren Händen in die Begegnung mit der erlebten Wirklichkeit auf der Straße, mit anderen und sich selbst zu gehen, ermutigen zu neuen Begegnungen zwischen diesen spirituellen Wegen.

Nachdem einzelne muslimische Teilnehmende mit ihrem reichem spirituellen Erfahrungsschatz[41] an Exerzitien auf der Straße teilnahmen, gab es 2019 die Einladung zu dreitägigen Straßenexerzitien in Berlin-Neukölln[42] mit einem muslimischen Theologen und der theologischen Professorin Christine Funk (Berlin).

Siehe auch

Literatur

  • Christian Herwartz: Exerzitien in städtischen Brennpunkten. In: Geist und Leben 74 (2001), S. 269–302.
  • Christian Herwartz: Auf nackten Sohlen. (= Ignatianische Impulse 18). 2. Auflage, Echter Verlag, Würzburg 2010, ISBN 978-3-429-02839-8.
  • Christian Herwartz: Brennende Gegenwart. Exerzitien auf der Straße. (= Ignatianische Impulse 51) Echter Verlag, Würzburg 2011, ISBN 978-3-429-03428-3.
  • Christian Herwartz: Dem Auferstandenen heute begegnen. Eine Standortbestimmung von Exerzitien auf der Straße. In: Geist und Leben 87 (2014), S. 252–260.
  • Christian Herwartz, Maria Jans-Wenstrup, Katharina Prinz, Elisabeth Tollkötter, Josef Freise (Hrsg.): Im Alltag der Straße Gottes Spuren suchen. Persönliche Begegnungen in Straßenexerzitien. Neukirchener Verlag, Neukirchen-Vluyn 2016, 2. Aufl. 2019, ISBN 3-7615-6270-5.
  • Michael Johannes Schindler: Gott auf der Straße. Studien zu theologischen Entdeckungen bei den Straßenexerzitien. (= Tübinger Perspektiven zur Pastoraltheologie und Religionspädagogik 54) LIT Verlag, Berlin 2016, ISBN 978-3-643-13295-6 (Dissertation, Tübingen 2015).
  • Michael Schindler: Auf der Straße nach Gott suchen. Entdeckungen bei den „Straßenexerzitien“. In: Una Sancta. Zeitschrift für Ökumenische Begegnung 71 (2016), Heft 3, S. 211–219.
  • Susanne Szemeredy: Vom Gastgeber zur Geisel des Anderen. Religiöse Erfahrungen bei Exerzitien auf der Straße. (= Münchner Studien zur Erwachsenenbildung 8) LIT Verlag, Münster 2013, 978-3-643-11681-9 (Dissertation, München 2012).
  • Maria Jans-Wenstrup, Klaus Kleffner: Exerzitien am anderen Ort: Straßenexerzitien als geistliche Erfahrung durch fremde Orte. In: Lebendige Seelsorge 68 (2013), September Heft 3, S. 215–220.

Einzelnachweise

  1. Maria Jans-Wenstrup, Klaus Kleffner: Exerzitien am anderen Ort: Straßenexerzitien als geistliche Erfahrung durch fremde Orte. In: Lebendige Seelsorge 68 (2013), September Heft 3, S. 215–220.
  2. Christian Herwartz mit Sabine Wollowski: BRÜCKE SEIN Vom Arbeiterpriester zum Bruder. edition steinrich, Berlin 2013, ISBN 978-3-942085-31-1, S. 192.
  3. Ein Tisch … als Zeichen der Gemeinschaft auf der Webseite naunyn. Leben in einer interkulturellen und interreligiösen Jesuiten-Kommunität in Kreuzberg (abgerufen am 27. November 2019).
  4. Christian Herwartz (Hrsg.): Gastfreundschaft. 25 Jahre Wohngemeinschaft Naunynstraße, Im Selbstverlag, Berlin-Kreuzberg 2004.
  5. Christian Herwartz: Exerzitien in städtischen Brennpunkten. In: Geist und Leben 74 (2001), S. 269–302, hier S. 300, zitiert bei Michael Johannes Schindler: Gott auf der Straße. Berlin 2016, S. 40.
  6. Susanne Szemerédy: Vom Gastgeber zur Geisel des Anderen. Berlin 2012, Kap. 4.1 Der Gründer; Kap. 4.2 Entstehungsgeschichte, S. 110–144.177.
  7. Michael Johannes Schindler: Gott auf der Straße. Berlin 2016, Kap. 2 Entstehung der Straßenexerzitien, S. 33–45.
  8. strassenexerzitien.de: Ankündigung von interreligiösen Exerzitien auf den Straßen, Mai 2019, abgerufen am 28. November 2019.
  9. Michael Johannes Schindler: Gott auf der Straße. Berlin 2016, S. 41 f.
  10. taz.de: Das Heilige auf der Straße. Praktizierte Nächstenliebe in Berlin, 16. April 2016.
  11. Susanne Szemerédy: Vom Gastgeber zur Geisel des Anderen. Berlin 2012, S. 151 ff., 162 f., 166 f., 172, Zitat S. 163.
  12. Michael Johannes Schindler: Gott auf der Straße. Berlin 2016, S. 333.
  13. Christian Herwartz: Brennende Gegenwart. Exerzitien auf der Straße. Würzburg 2011, S. 8.
  14. Susanne Szemerédy: Vom Gastgeber zur Geisel des Anderen. Berlin 2012, S. 151 f.171.173 f. Abgrenzung Begleitung/Psychotherapie: S. 173f.
  15. Michael Johannes Schindler: Gott auf der Straße. Berlin 2016, S. 43 f.
  16. www.straßenexerzitien.de: Häufig gestellte Fragen.
  17. Susanne Szemerédy: Vom Gastgeber zur Geisel des Anderen. Berlin 2012, S. 45.109 (Zitat).
  18. Susanne Szemerédy: Vom Gastgeber zur Geisel des Anderen. Berlin 2012, S. 171.
  19. Susanne Szemerédy: Vom Gastgeber zur Geisel des Anderen. Berlin 2012, S. 179.
  20. Luisa Hommerich: Zur Hölle in: Der Freitag, 7. Juli 2015.
  21. Christian Herwartz: Brennende Gegenwart. Exerzitien auf der Straße. Würzburg 2011, S. 16.
  22. Michael Johannes Schindler: Gott auf der Straße. Berlin 2016, S. 222, 226 f.
  23. Susanne Szemerédy: Vom Gastgeber zur Geisel des Anderen. Berlin 2012, S. 76–79, 108.
  24. Maren Behnert: Die Lebenswelt Straße verteidigen. Sprachliche Handlungsstrategien junger Menschen mit Lebensmittelpunkt Straße in Deutschland und Südafrika. (= Soziale Arbeit und sozialer Raum, Band 6) Verlag Barbara Budrich, Opladen–Berlin–Toronto 2018, S. 29, 35[1].
  25. Maria Jans-Wenstrup, Klaus Kleffner: Exerzitien am anderen Ort: Straßenexerzitien als geistliche Erfahrung durch fremde Orte. In: Lebendige Seelsorge 68 (2013), September Heft 3, S. 215–220.
  26. Michael Johannes Schindler: Gott auf der Straße. Band 54. Berlin 2016, S. 299.464.
  27. Michael Schindler: Wenn Straße heiliger Boden wird. In: feinschwarz.net, 15. März 2016; Michael Ebertz: Vorwort. In: Hans-Jürgen Hohm (Hg.): Straße und Straßenkultur. Interdisziplinäre Beobachtungen eines öffentlichen Sozialraumes in der fortgeschrittenen Moderne. Universitäts-Verlag, Konstanz 1997, S. 7, zitiert bei Michael Schindler, feinschwarz.net, 15. März 2016, Anm. 4.
  28. Zitiert bei: Josef Sudbrack: „Gott in allen Dingen finden“. Eine ignatianische Maxime und ihr metahistorischer Hintergrund. In: Geist und Leben 65 (1992), S. 165–186, hier S. 166.
  29. Michael Johannes Schindler: Gott auf der Straße. Berlin 2016, S. 321 f.3–45.
  30. Christian Herwartz: Auf nackten Sohlen. Würzburg 2006, S. 48 f.
  31. Michael Johannes Schindler: Gott auf der Straße. Berlin 2016, S. 326–348; Zitat S. 331.
  32. Vgl. Christian Herwartz: Brennende Gegenwart. Exerzitien auf der Straße. Würzburg 2011, S. 12f. (Aussendung), S. 71 (Emmaus), S. 29ff. (Jesus ist die Straße).
  33. Regula Benedicti 53,6f.
  34. Susanne Szemerédy: Vom Gastgeber zur Geisel des Anderen. Berlin 2012, S. 12 (Zitat).129–150. Darin besonders S. 130 zu Ignatius, 140f. zu Benedikt und 146 zu Franziskus.
  35. Pastor St. Trinitatis Altona: Straßenexerzitien seit 2003. Abgerufen am 30. November 2019 (d).
  36. Bernie Glasmann: Zeugnis ablegen: Buddhismus als engagiertes Leben. Edition Steinrich, Berlin 2012, ISBN 978-3-942085-27-4.
  37. Heinz-Jürgen Metzger: BuddhaWeg-Sangha. Abgerufen am 14. November 2019.
  38. Heinz-Jürgen Metzger: San Bo Dojo. Abgerufen am 14. November 2019.
  39. Heinz-Jürgen Metzger: Versucht nicht, Buddha zu werden!: Kusen zum Fukanzazengi von Eihei Dogen Zenji. Selbstverlag, Solingen 2017, ISBN 978-3-7450-2157-8, S. 128.
  40. Christian Herwartz: Straßenexerzitien Buddhisten/Christen. Straßenexerzitien in berlin. In: Kursangebot. Gruppe Straßenexerziten, 10. Mai 2019, abgerufen am 28. November 2019 (d).
  41. Einige Stichworte: a) Ein Überblick b) Die Praxis der täglichen fünf Gebetszeiten (Salāt) c) Die Praxis und Schriften von Rūmi d) Die Überlegungen des Theologen Mouhanad Khorchide
  42. Eingeführt wurde in die Übungen auf der Straße in der Genezarethkirche nahe dem Tempelhofer Feld, in der zu dieser Zeit eine große Ausstellung muslimischer Kalligraphen hing, die in den gegenseitigen Respekt vor den unterschiedlichen religiösen Auffassungen und das gemeinsame Suchen förderte.