Fahrbibliothek




Eine Fahrbibliothek (auch Autobücherei, Bibliobus, Bücherbus oder Wanderbücherei) ist eine mobile Öffentliche Bibliothek bzw. Stadtbibliothek zur Versorgung großstädtischer Außenbezirke oder ländlicher Gegenden. In einigen Städten werden Fahrbibliotheken eingesetzt, um gezielt Kinder zum Lesen zu animieren. Sie dienen dadurch der Leseförderung. Einige Bücherbusse fahren Grundschulen während der Schulstunden an und erfüllen so einen ähnlichen Zweck wie Schulbibliotheken.
Die Bauart der eingesetzten Fahrzeuge variiert. In vielen Städten werden umgebaute Omnibusse eingesetzt, häufig kommen Lastkraftwagen unterschiedlicher Größen zum Einsatz. Bei der Straßenbahn Budapest, der Straßenbahn Edmonton und der Straßenbahn München dienten früher sogar spezielle Straßenbahnwagen diesem Zweck.[1] Mit diesem Spezialfahrzeug werden Haltestellen nach einem festen Fahrplan angefahren, damit die Benutzer dort Medien entleihen und zurückgeben können. Zudem können Titel aus dem Bestand der Bibliothek bestellt und vorgemerkt werden, auch Bestellungen aus anderen Bibliotheken sind in den meisten Fällen möglich. Im Angebot einer Fahrbibliothek sind nicht nur Bücher, es werden auch CDs, Videokassetten, CD-ROM und DVD verliehen.
Die Halteintervalle sind in der Regel wöchentlich, zum Teil aber auch öfter.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Erstmals wurde 1905 im Staat Maryland in Washington County (USA) aus einem pferdebespannten Überlandwagen Bücher verliehen. Nach dem Ersten Weltkrieg existierten in den USA und Großbritannien erste motorisierte Büchereien. Bis zum Zweiten Weltkrieg wuchs das Fahrbüchereiwesen in den USA und England langsam, aber stetig. In Amerika setzte während und nach dem Zweiten Weltkrieg eine schnelle Entwicklung ein. 1944 gab es dort 300, 1956 bereits 919 und 1962 etwa 1200 Buchmobile. Auch in vielen anderen Ländern gibt es Fahrbüchereien, so in Norwegen, Schweden, Finnland, Dänemark, Italien, Österreich, Schweiz, Frankreich, Spanien, Luxemburg und Belgien. In Nicaragua versorgt ein durch Pan y Arte unterhaltener Bücherbus entlegene Dorfgemeinschaften, Schulen und Gefängnisse.
In Deutschland wurde die erste reguläre Fahrbibliothek zwischen 1925 und 1928 von der Stadtbibliothek Worms betrieben, aber erst die 1929 gegründete Fahrbibliothek der Städtischen Bücherei Dresden hatte dauerhaften Bestand. Vorläufer gab es bereits, etwa die 1927 im Saarland eröffnete motorisierte Bibliothek, die eher ein fahrbares Bibliotheksmagazin war. Die Ausleihe erfolgte in der Regel in einem festen Gebäude.
Weitere Verbreitung fanden mobile Bibliotheken in Deutschland ab Mitte der 1960er Jahre. Im Zuge von Einsparungen der Städte, Kreise und Gemeinden sinkt hier die Zahl der Fahrbibliotheken seit den 1990er Jahren kontinuierlich. In den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein (z.B.: Fahrbücherei im Kreis Ostholstein) und Baden-Württemberg ist das Netz der Fahrbibliotheken am dichtesten. Danach folgen die Länder Bayern, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Niedersachsen.
Sonderformen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Von 1927 bis 1970 fuhr in München eine Straßenbahn als Wanderbücherei.[2][3] Die Haltestellen-Verteilung war vom vorhandenen Gleisnetz bestimmt. Der Bibliothekswagen mit der Nummer 24 wurde nach seiner Ausmusterung dem Hannoverschen Straßenbahn-Museum überlassen und im April 2015 von den Freunden des Münchner Trambahnmuseums nach München zurückgeholt, um ihn für die Präsentation im MVG-Museum zu restaurieren. Weitere Straßenbahnen als Wanderbüchereien hat es in Budapest und Edmonton gegeben.[3]
In Norwegen und Schweden werden neben Fahrbüchereien in einigen Provinzen und Städten wegen der geografischen Verhältnisse Büchereischiffe eingesetzt. Schweden hat zudem vier Eisenbahnbüchereien im Norden des Landes im Einsatz. Ebenfalls eine Bibliothek auf Schienen war die Appenzeller Bibliobahn, welche in der Ostschweiz 20 Jahre lang Bücher in verschiedene Dörfer brachte.
In Kenia existiert eine Bibliothek, die auf dem Rücken von Kamelen transportiert wird. In Venezuela werden Maultiere im Hochgebirge als mobile Bibliothek eingesetzt, sogenannte Bibliomulas.
Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Birgit Reim: Zur Geschichte der Fahrbibliotheken in Deutschland (Memento vom 23. November 2008 im Internet Archive). Dresden 2006
- Fahrbibliotheken in Deutschland : Struktur- und Betriebsdaten. Deutsches Bibliotheksinstitut, Berlin 1997, ISBN 3-87068-575-1
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]



- Fahrbibliotheken Deutschlands im Internet
- Fahrbibliotheken in Deutschland (Weblog)
- Informationen zu Fahrzeugen, Fortbildung, Technik (Memento vom 17. Mai 2009 im Internet Archive)
- Kamelbibliothek in Kenia
- Internetarchiv Bookmobile
- Dänische Fahrbibliotheken (Memento vom 1. Dezember 2003 im Internet Archive)
- Schwedische Fahrbibliotheken
- Ein Bücherbus in Nicaragua
- Bericht des Schwedischen Rundfunks über 50 Jahre "Schwimmende Schären-Bibliothek"
- BBC-Bericht zum Einsatz von Maultieren als mobile Bibliothek in Venezuela
- Fahrbibliotheken in Spanien - ACLEBIM-
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ Wanderbüchereiwagen 24: Rückkehr in die Heimat nach 42 Jahren, auf tramreport.de
- ↑ Zeitschrift Nahverkehr in München - Straßenbahn Special Nr. 2, Nr. 9701, München, GeraNova-Verlag, o. J. (ca. 1993), ISSN 0340-7071, S. 66. → Straßenbahn München, Baureihe C/D
- ↑ a b Wanderbüchereiwagen 24: Rückkehr in die Heimat nach 42 Jahren auf tramreport.de