Bolide (Meteor)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Feuerball (Meteor))
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Als Bolid(e), Feuerkugel oder Feuerball wird ein besonders heller Meteor bezeichnet. Für die Leuchterscheinungen sind Meteoroiden, die in die Erdatmosphäre eindringen, verantwortlich.

Im Gegensatz zu den weniger hellen Sternschnuppen, die nur die Größe von Staubkörnern (ab etwa 0,1 mm Größe) haben, handelt es sich um massivere Körper (über 1 cm), die bisweilen auch als Meteorite auf die Erdoberfläche fallen können.

Begriffsabgrenzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Begriff wird meist für Meteore verwendet, deren scheinbare Helligkeit größer ist als die des hellsten Planeten, der Venus, also größer als −4 mag. Leuchtschwächere Ereignisse werden als Sternschnuppen bezeichnet. Gelegentlich wird für ein besonders helles Ereignis, das heller als etwa −17 mag ist, also ungefähr 100-mal heller als der Vollmond,[1] die Bezeichnung Superbolide verwendet.[2] Beide Abgrenzungen sind jedoch nicht scharf.[2]

Ereignis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während die leuchtende Spur (Ionisation der Luft) der meisten Meteore bereits oberhalb von 60 Kilometer Höhe endet, können größere Meteoroide bei langsamerem Eintritt (unter etwa 25 km/s) und festerem Material geringere Endhöhen erreichen (etwa 20 km). Dann erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass Material als Meteorit auf die Erdoberfläche fällt. Ein Meteoritenfall ist aber auch bei sehr hellen Feuerkugeln nicht die Regel.

Helligkeitsentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Helligkeit eines Meteors ist von seiner Masse, aber noch stärker von seiner Eintrittsgeschwindigkeit in die Erdatmosphäre bestimmt. Die Ionisation der Atmosphäre sowie die Ablation des eindringenden Materials pro Zeitspanne bestimmen die Helligkeit des Meteors. Wird plötzlich sehr viel Material pro Sekunde vom Meteoroid abgetragen, wird der Meteor zwar bedeutend heller, aber der Eindringling verliert nun auch viel schneller Masse. Aus diesem Grund kommt es oft vor, dass Meteoroiden aus weichem, eher lockerem Material (z. B. kometare Objekte) in sehr kurzer Zeit (etwa 2 s) in einer spektakulären Feuerkugel aufgehen und andere, festere Materialien (z. B. steinige Objekte) in einer viel längeren Flugphase (etwa 6 s) in Form einer weniger spektakulären Feuerkugel verbraucht werden, obwohl beide Meteoroide ansonsten gleiche Anfangsbedingungen (Eintrittsgeschwindigkeit und Masse) hatten. Je weniger Ablation das eindringende Geschoss zeigt, desto höher ist die Chance für eine Restmasse, die den Boden erreichen kann.

Fragmentierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Abb. a) zeigt ein Meteor-Ereignis, das als Feuerkugel oder Bolid bezeichnet wird. Man erkennt die beiden Phasen des Plasmas – das Stoßfrontplasma ist türkis und der Plasmaschweif orange. Abb. b) zeigt den schon zerfallenen Meteoroiden in der letzten sichtbaren Sturzphase als Bolid oder Feuerkugel

Objekte mit großer Anfangsmasse werden tief in die Erdatmosphäre eindringen (z. B. hinunter bis in 20 km Höhe). Da die Luftdichte in Richtung Erdoberfläche stark zunimmt, wird auch die Einwirkung auf das Objekt immer intensiver. Der Meteoroid wird zugleich immer kleiner und schwächer. Es kommt zu einer Situation, in der die Kräfte der Atmosphäre für das eindringende Material zu groß werden. Ein Bruch an Inhomogenitäten im Material wird wahrscheinlich und der Körper fragmentiert. Es kommt dabei in der Regel zu einem Helligkeitsausbruch. Selbst ein normaler Meteor kann in diesem Moment zu einer Feuerkugel oder zum Boliden werden.

Mit der Fragmentation vergrößert sich plötzlich die Gesamtoberfläche und damit die Ablationsrate und damit die Lichtproduktion. Dabei fließt das in der Stoßfront stark komprimierte Gas (bzw. das Plasma) nun auch zwischen den neu entstandenen Fragmenten ab, wo es sich unter Druckabnahme ausdehnt und die Fragmente, die Meteoritenstücke auseinandertreibt.

Wenn solche Fragmente den weiteren Sturzflug unverdampft überstehen, kommt es zu einem Meteoritenschauer.

Meteoritenfall (Wahrnehmung)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Wahrnehmung eines Meteoritenfalls beginnt bei geeigneten Wetterbedingungen mit einer spektakulären Lichterscheinung. Tagsüber oder bei Bewölkung sieht man in der Regel nichts. Nach solch einem Feuerkugel- oder Bolidenereignis kann es kurze Zeit später zur Wahrnehmung einer Geräuscherscheinung (Überschallknall) kommen, da der Meteorit mit vielfacher Schallgeschwindigkeit durch die immer dichter werdende Atmosphäre stürzt. Je nach Beobachtungsposition zur Flugbahn und je nach deren Verlauf kann es einen kurzen Knall geben, aber es kann auch zu einer an- und wieder abschwellenden Schallintensität kommen. Je nach Abstand des Beobachters zur Flugbahn, Größe und Geschwindigkeit des Meteoriten kann der Donner rasch folgen und sehr laut sein oder erst mehrere Minuten später als dumpfes Donnergrollen am Beobachtungsort ankommen. Bei zu großem Abstand zur Flugbahn oder ungeeigneten akustischen Bedingungen (Nebengeräusche, Schallschutz) kann die Wahrnehmung des Schallereignisses ausbleiben.

Bekannte Ereignisse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Redaktionell chronologisch gereiht.

Name/Ort Datum Meteoritenfall Magni­tude
Meteorit von Ensisheim, Elsass (damals Gebiet der Habsburger), Frankreich 7. Nov. 1492 Leuchtspur, lautes Donnern, mehrere Augenzeugen, Fundstück mit über 100 Kilogramm
Feuerkugel vor Neukaledonien im Südpazifik, zu Frankreich Sep. 1774 „Feuerkugel, die an Größe und Glanz der Sonne glich, jedoch von etwas blasserm Lichte war“[3]
Pultusk (Polen) 30. Jan. 1868 Mit 68.780 gefundenen Bruchstücken größter jemals beobachteter Meteoritenschauer
Meteorit Bjurböle (Finnland) 12. März 1899 Mindestens 330 Kilogramm
Tunguska-Ereignis – Einschlaghypothese Sibirien, Russland 30. Juni 1908 Verlauf ungeklärt
Ereignis am Rio Curuçá 1930, Brasilien, grenznah zu Peru 13. Aug. 1930 Verlauf ungeklärt
„Meteor von Oldenburg“ (Oldenburg), Deutschland 10. Sep. 1930 Oldenburg −14 mag
Sikhote-Alin, Ostsibirien, Russland, damals Sowjetunion 12. Feb. 1947 Mehr als 120 Krater und über 8000 Meteoritenbruchstücke
Meteorit Abee, Alberta, Kanada 9. Juni 1952 Größter bekannter Enstatit-Chondrit (mindestens 107 Kilogramm)
Meteorit Přibram, Böhmen, damals Tschechoslowakei, heute Tschechien 7. Apr. 1959 erster mit Meteorkameras aufgefundener Meteorit
Meteorit Allende (Mexiko) 8. Feb. 1969 Heller Feuerball, Schauer mit zahlreichen Bruchstücken
Feuerball vom 10. August 1972

Utah, USA bis Alberta, Kanada (Nordamerika)

10. Aug. 1972 Hat die Atmosphäre durchdrungen, ist jedoch nicht am Erdboden aufgekommen, hat tempo- und massereduziert die Erde wieder verlassen
Peekskill-Meteor, Bundesstaat New York, USA 9. Okt. 1992 Peekskill −12,8 mag[4]
Lugo-Bolide, bei Lugo, Emilia-Romagna, Italien 19. Jan. 1993 −23 mag, sehr hell[5]
Tagish-Lake-Feuerkugel, British Columbia / Yukon, Kanada 18. Jan. 2000 Tagish Lake −22 mag[6]
„Meteor von Bayern“ (Neuschwanstein), Deutschland 6. Apr. 2002 Neuschwanstein −17 mag
Meteor über dem Mittelmeer (2002), ? 6. Juni 2002
Tagesbolide von León, Spanien 4. Jan. 2004 Villalbeto de la Peña −18 mag[7]
Carancas-Meteorit, beim Dorf Carancas, bei Desaguadero, (Peru) 15. Sep. 2007 16.45 UTC Um 11:45 Uhr Ortszeit (UTC-5) schlug der Bolide einen Krater von fast 14 m Durchmesser, Dämpfe führten zu Übelkeit und Kopfschmerzen heller als die Sonne (−26,7 mag)
2008 TC3, vulgo Almahata Sitta (nach Bahnstation), (Sudan) 7. Okt. 2008 Erster Asteroid der vor Eintritt in die Erdatmosphäre beobachtet wurde. Gefundene Meteorite tragen die Bezeichnung „Almahata Sitta“
Meteorit Maribo, „Ostsee-Bolide“ detoniert über der Ostsee[8] 17. Jan. 2009 Ein Fragment beim Ort Maribo auf der Insel Lolland gefunden. −19 mag
Ash Creek (Texas) 15. Feb. 2009 Videoaufzeichnung, mindestens 11 Kilogramm
Feuerball Sulawesi 2009, Watampone, Sulawesi, Indonesien 8. Okt. 2009 03:00 UTC [9][10][11][12][13]
Feuermeteor vom 13. Oktober 2009, Niederlande / Deutschland, Nordseeküste 13. Okt. 2009 Bisher keine Meteoriten gefunden
Bolide vom 24. Juni 2011 über Moritzburg (Sachsen), Deutschland 24. Juni 2011[14] unklar sehr hell
Bolide über Mitteldeutschland, Deutschland 17. März 2012 Flugrichtung von Ost nach West, wahrscheinlich über Südthüringen verglüht (gesichtet aus Dresden, Berlin, Jena, Würzburg)[15][16]
Sutter’s-Mill-Bolide über Coloma, Kalifornien, Vereinigte Staaten 22. Apr. 2012 Fragmente eines mehrere Tonnen schweren Meteoriten in Coloma (Ortsteil Lotus)[17][18]
Bolide vom 21. September 2012, Nord- und Mitteleuropa, eventuell Nordamerika 21. Sep. 2012 Noch unklar
Meteor von Tscheljabinsk, Tscheljabinsk (Ural), Russland 15. Feb. 2013 Leuchtspur, lautes Donnern, Explosion und Rauchschleppe, Druckwellen, Niedergang von Bruchstücken, fast 1500 Verletzte und Sachschäden < −26 mag[19]
Bolide vom 15. März 2015,
Süddeutschland – Schweiz
15. März 2015 Noch unklar [1]
Feuerkugel über Belgien 16. Juni 2018 Noch unklar [2]
Tageslichtfeuerkugel vom 12. September 2019,
Schleswig-Holstein, Deutschland
12. Sep. 2019 Flensburg 24,5 g
Tageslichtfeuerkugel vom 6. April 2020,
Deutschland / Österreich
8. Apr. 2020 13.32 UTC[20] Noch unklar (Raum Nationalpark BerchtesgadenHallein (ursprünglich: Hallein–MondseeAttersee)) [21] Sichtungen aus: DACH, I, SLO.[22][23]
Saint-Pierre-le-Viger (Meteorit) vom 13. Februar 2023,
Ärmelkanal und Saint-Pierre-le-Viger, Frankreich
13. Feb. 2023 Kurz nachdem der Asteroid 2023 CX1 entdeckt wurde und über dem Ärmelkanal hell wie der Vollmond verglühte. 12 Fragmente mit einer Gesamtmasse von etwa 1,2 kg gefunden.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Alfred Wegener: Das detonierende Meteor vom 3. April 1916 in Kurhessen. N. G. Elwert Verlag, Marburg 2001, ISBN 3-7708-1160-7.
  • Dieter Heinlein: Die Feuerkugel vom 6. April 2002 und der sensationelle Meteoritenfall „Neuschwanstein“. Hg. von Dieter Heinlein. Augsburg 2004.
  • Joachim Herrmann: Wörterbuch zur Astronomie. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1996, ISBN 3-423-03362-2.
  • Lexikon der Astronomie. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1995, ISBN 3-86150-145-7.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Bolide – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. „Super-Meteor“ Lights up Northern Sky. Auf: yle.fi, 29. September 2007, Update 31. Oktober 2008, abgerufen 15. Oktober 2023.
  2. a b Z. Ceplecha, R.E. Spalding, C. Jacobs, D.O. ReVelle, E. Tagliaferri, P. Brown: Superbolides. In: Meteoroids 1998. W.J. Baggaley und V. Porubcan (Hrsg.), Astronomical Institute Slovak Academy of Sciences, Bratislava 1999, S. 37–54.
  3. Georg Forster: Reise um die Welt. Band 2, 1780, S. 345 (online).
  4. P. Brown et al.: The orbit and atmospheric trajectory of the Peekskill meteorite from video records. In: Nature. Band 367, 1994, S. 624–626, doi:10.1038/367624a0 (online [PDF; 2,9 MB]).
  5. Lugo-Bolide 11. Mai 1998, Update 16. Dezember 2001, abgerufen 15. Oktober 2023.
  6. P. Brown, D. O. ReVelle, A. R. Hildebrand: The Tagish Lake Meteorite Fall: Interpretation of fireball physical characteristics (PDF; 8,4 MB).
  7. Jordi Llorca, Josep M. Trigo-Rodrõguez, José L. Ortiz, Josè A. Docobo, Javier Garcõa-Guinea, Alberto J. Castro-Tirado, Alan E. Rubin, Otto Eugster, Wayne Edwards, Matthias Laubenstein, and Ignasi Casanova: The Villalbeto de la Peña meteorite fall: I. Fireball energy, meteorite recovery, strewn field, and petrography.
  8. Detonierender Feuermeteor über der Ostsee erfm.eu, 18. Januar 2009, abgerufen 15. Oktober 2023.
  9. Asteroid Impactor Reported over Indonesia. NASA, 23. Oktober 2009;.
  10. Asteroid explosion over Indonesia raises fears about Earth's defences. In: The Telegraph. 27. Oktober 2009;.
  11. Asteroid explosion was a whopper for Earth. In: NBC News. 29. Oktober 2009;.
  12. Huge Explosion Was Biggest Space Rock to Strike Earth Since 1994. In: Space.com. 29. Oktober 2009;.
  13. Amateur video footage. YouTube, archiviert vom Original am 31. Oktober 2010;.
  14. Bolide über Sachsen, abgerufen am 8. Januar 2021.
  15. Matthias Rückemann: Astrotreff – Astronomie Treffpunkt – Meteor. In: www.astrotreff.de. Abgerufen am 18. April 2016.
  16. Bolide über Berlin 17.03.2012 19:30 – AKM e.V. Forum. In: forum.meteoros.de. Abgerufen am 18. April 2016.
  17. Meteorites found in Coloma-Lotus likely from giant fireball over weekend (Memento des Originals vom 27. April 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.inedc.com
  18. Meteorite Pieces Found in Coloma, Lotus@1@2Vorlage:Toter Link/www.fox40.com (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis., FOX40.com – Chris Biele reports, 25. April 2012.
  19. NASA Jet Propulsion Laboratory: Russia Meteor Not Linked to Asteroid Flyby.
  20. event/2020/1591 fireball.amsmeteors.org, 6. April 2020, Forum laufend aktualisiert, abgerufen 10. April 2020.– Meldung eines Steinfundes in Pfaffenhofen in Saalfelden am Steinernen Meer, A. Listet 852 Sichtungsmeldungen bis 10. April 12.00 MESZ.
  21. Weltall : Video zeigt Feuerkugel über Österreich orf.at, 8. April 2020, abgerufen 9. April 2020.
  22. Meteorit: Zahlreiche Sichtungen orf.at, 7. April 2020, abgerufen 10. April 2020.
  23. Feuerkugel über dem Attersee nachrichten.at, 7. April 2020, abgerufen 9. April 2020. – Karte der Orte mit Sichtungen. Video.