Franziskuswerk Schönbrunn

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Gebäude des Franziskuswerks mit Klosterkirche St. Josef und benachbarter Kirche Hl. Kreuz

Das Franziskuswerk Schönbrunn ist ein Unternehmen für soziale Arbeit mit Hauptsitz in Schönbrunn, Gemeinde Röhrmoos in Bayern. In den Einrichtungen des Franziskuswerks Schönbrunn leben 850 Bewohner mit geistiger Behinderung. Es beschäftigt etwa 1400 Mitarbeiter. Seine Rechtsform ist gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Zu den Liegenschaften zählt Schloss Schönbrunn.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1861 wurde durch Viktorine von Butler-Haimhausen in Haimhausen ein Armen-Mädchenhaus gegründet. Im Folgejahr kaufte sie das stark renovierungsbedürftige Schlossgut Schönbrunn. Dort nahm sie zusammen mit fünf Schwestern im Jahr 1863 die Arbeit auf mit dem Ziel, ein Heim für alte und pflegebedürftige Frauen zu schaffen und jungen Frauen aus ärmlichen Verhältnissen eine Erziehung und Ausbildung zu ermöglichen. Bereits in den Anfangsjahren kommen vermehrt Menschen mit geistiger Behinderung nach Schönbrunn.[1] 1864 wird in Schönbrunn eine Schule eingerichtet, in der alle lernfähigen Bewohner in den Elementarfächern der Volksschule unterrichtet werden. 1866 wurde ein Betsaal im Obergeschoss des ehemaligen Schlosses Schönbrunn errichtet. Die Einrichtung entwickelte und vergrößerte sich mit den Jahren und die Zahl der sogenannten Pfleglinge nahm zu. 1880 baute man eine Kirche.

1911 wurde in Schönbrunn eine franziskanische Ordensgemeinschaft nach bischöflichem Recht gegründet, die Kongregation der Dienerinnen der göttlichen Vorsehung. Mit Hilfe der zugehörigen Landwirtschaft konnte auch während des Ersten Weltkrieges die Versorgung der Einrichtung sichergestellt werden. Die heutige Klosterkirche St. Georg stammt aus dem Jahr 1922 und wurde 1932 um 8 Meter verlängert. Zwischen 1920 und 1936 wurde die Einrichtung erweitert, die Infrastruktur, Wasserversorgung und Straßen ausgebaut und die Anzahl der Bewohner stieg von 475 auf etwa 1200.

Kinder in der Heilanstalt Schönbrunn, 1934. Propagandafotografie von SS-Fotograf Franz Bauer

In der Zeit des Nationalsozialismus wurden viele Bewohner Opfer der Zwangssterilisation. Ab 1940 wurden 905 Bewohner größtenteils in das Bezirkskrankenhaus Haar verlegt. Von ihnen wurden mindestens 546 Menschen im Rahmen der NS-Krankenmorde umgebracht, mindestens 200 von ihnen in der NS-Tötungsanstalt Hartheim. Im Bezirkskrankenhaus Haar selbst gab es eine „Kinderfachabteilung“ zur Tötung mit Luminal und „Hungerhäuser“. Zu den Einzelschicksalen zählt das der 13-jährigen Edith Hecht, die am 2. Juni 1944 nach Eglfing-Haar gebracht worden war; ihre Eltern wurden am 23. Dezember 1944 über ihren Tod informiert. Der damalige Direktor Joseph Steininger kooperierte mit dem Gesundheitsamt der Stadt München und war damit aktiv am Euthanasieprogramm der Nationalsozialisten beteiligt.[2] Ab 1944 konnten evakuierte Patienten aus München in der Anstalt untergebracht werden.[3][4][5][6][7]

Der nach dem Zweiten Weltkrieg über Jahrzehnte als ärztlicher Standespolitiker bundesweit tätige Hans Joachim Sewering war als Arzt ab 1942 in Schönbrunn tätig. Neuere Auswertung von Patientenakten belegen neun individuell abgefasste Überweisungen Sewerings von Schönbrunn nach Eglfing-Haar, wovon fünf Patienten dort zu Tode kamen.[8] Sewering bestritt zeitlebens gewusst zu haben, was mit den Patienten nach der Überstellung geschah.

Die Nachkriegszeit war geprägt vom Wiederaufbau der Einrichtung. Ab 1972 wurden durch die rückläufige Anzahl der Schwestern auch weltliche Mitarbeiter eingestellt. In den Folgejahren wurde die Einrichtung beständig erweitert und diversifiziert. Die Anstalt Schönbrunn entwickelte sich zu einer der größten Einrichtung für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung in Bayern.

In den Jahren 1984/85 wurde die Kirche innen und außen völlig neu gestaltet.[9]

1992 leitete die Kongregationsleitung der Franziskanerinnen einen Organisationsentwicklungsprozess ein. 1994 wurde die Anstalt in Franziskuswerk Schönbrunn umbenannt, mit weltlicher Geschäftsführung und verschiedenen Einrichtungen der Behindertenhilfe.

Struktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zu den Einrichtungen zählen:[10]

  • Schönbrunner Wohnstätten (Wohnen-Freizeit-Therapie)
  • Johannes-Neuhäusler-Schule (Private Schule zur individuellen Lebensbewältigung, Heilpädagogische Tagesstätte, Integrationskindergarten)
  • Schönbrunner Werkstätten (Anerkannte Werkstatt für Behinderte, Förderstätte)
  • Schönbrunner Betriebe (Handwerksbetriebe, Dienstleistungsbetriebe)
  • Franziskuswerk Akademie (Fachschule für Heilerziehungspflege, Berufsfachschule für Altenpflege, Ergotherapie und Sozialpflege, Fachakademie für Heilpädagogik).

7-Klöster-Weg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Kloster ist auch eine Station des 7-Klöster-Wegs, einem Radweg, der sieben bestehende oder ehemalige Klöstern im Dachauer- und Wittelsbacher Land miteinander verbindet. Die Klöster sollen durch diesen 100 km langen Radweg wieder ins Bewusstsein gerufen und erfahrbar werden. Die sieben Klöster sind: Kloster Schönbrunn, Kloster Weichs, Kloster Indersdorf, Kloster Petersberg, Kloster Altomünster, Kloster Maria Birnbaum in Sielenbach und Kloster Taxa bei Odelzhausen.[11]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Rita Huber-Sperl: Gräfin Viktorine von Butler-Haimhausen. In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte Band 62 Heft 1, 1999, S. 182.
  2. Norbert Jachertz: „Euthanasie“: Alte Schuld - Dtsch Arztebl 2011; 108(13): A-694 / B-573 / C-573. In: aerzteblatt.de. Abgerufen am 31. August 2021.
  3. Sr. M. Benigna Sirl: Die Assoziationsanstalt Schönbrunn und das nationalsozialistische Euthanasie-Programm. Schriften des Archivs des Erzbistums München und Freising, 2011
  4. Anna Schultes: Erschütternde Erkenntnis. In: sueddeutsche.de. 26. Oktober 2011, abgerufen am 13. Oktober 2018.
  5. http://www.pressreader.com/germany/abendzeitung-m%C3%BCnchen/20110127/282067683395672
  6. Helmut Zeller, Schönbrunn: Im Gedenken an die Opfer der Nazi-"Euthanasie". In: sueddeutsche.de. 29. Januar 2017, abgerufen am 13. Oktober 2018.
  7. http://franziskanerinnen-schoenbrunn.de/geschichte/
  8. Norbert Jachertz: Medizinverbrechen: Erinnern und beherzigen - Dtsch Arztebl 2008; 105(50): A-2698. In: aerzteblatt.de. Abgerufen am 31. August 2021.
  9. Klosterkirche St. Josef in Schönbrunn - (Hans Schertl)
  10. http://www.roehrmoos.de/gemeinde-roehrmoos/ortsteilegeschichtliches/schoenbrunn/
  11. Der „7 Klöster Weg“ im Dachauer und Wittelsbacher Land (Memento vom 23. Mai 2015 im Internet Archive) – (Verwaltungsgemeinschaft Odelzhausen, abgerufen am 23. Mai 2015)