Generisches Femininum

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Als ein generisches Femininum (von lateinisch genus „Geschlecht, Gattung, Art“, und feminaFrau“)[1] bezeichnet man in der Sprachwissenschaft die Verwendung einer grammatisch femininen Personenbezeichnung, zu der es ein maskulines Gegenstück gibt (Lehrerin/Lehrer), in einem geschlechtsübergreifenden (generischen) Sinn. Bei einer solchen Verwendung bezieht sich die feminine Form nicht nur auf Frauen, sondern auf Personen aller Geschlechter.

Zu unterscheiden ist grundsätzlich zwischen

  • Feminina, denen ein Maskulinum gegenübersteht (etwa Lehrerin/Lehrer),
  • geschlechtsneutralen Feminina wie Geisel, Koryphäe, Person oder Wache (sogenannte Epikoina), für die es keine Maskulinform gibt.

Nur die erstgenannten Personenbezeichnungen sind – als spiegelbildlicher Gegenentwurf zum generischen Maskulinum – als generische Feminina zu betrachten. Bei diesen handelt es sich gewöhnlich um movierte Personenbezeichnungen (Lehrer-in).

Die generische Verwendung femininer Formen im deutschen Sprachraum wurde 1984 von der feministischen Sprachwissenschaftlerin Luise F. Pusch vorgeschlagen. Seit 1994 gibt es vereinzelt sprachpolitisch motivierte Versuche der praktischen Umsetzung. An einer solchen Praxis wird kritisiert, dass abgeleitete Formen wie Lehrerin oder Professorin im Deutschen aus strukturlinguistischer Sicht nicht in generischer Bedeutung verwendet werden können.

Es gibt auch einige feminine Tierbezeichnungen wie die Katze, die Ameise oder die Biene, die sowohl für weibliche Tiere wie auch generisch für die Art oder die Gattung verwendet werden (siehe unten).

Abgrenzung zu generischen Bezeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vom generischen Gebrauch geschlechtsbezogener Formen unterscheiden sich einige grammatisch feminine Personenbezeichnungen, die „inhärent generisch“ sind (aus ihrer Wortbedeutung heraus) und keine unterscheidenden Formen haben, etwa die Person, die Lehrkraft, die Geisel, die Koryphäe, die Wache, die Waise. Sie haben inhaltlich (semantisch) keinen Bezug zu geschlechtlichen Aspekten (Sexus-indifferente Bedeutung)[2][3] und müssen gegebenenfalls mit einem Adjektiv ergänzt werden: eine weibliche Person, eine männliche Lehrkraft, eine diversgeschlechtliche Koryphäe. Die Waise ist weiblich oder geschlechtsübergreifend gemeint; der Waise ist ein Waisenjunge. Letztlich gilt die Notwendigkeit, für den Verweis auf Männer ein Adjektiv zu ergänzen, jedoch nicht nur bei generischen Feminina (männliche Hebamme), sondern auch beim generischen Maskulinum: „An der Grundschule gibt es nur wenige männliche Lehrer“.

Vergleichbar zu der Mensch oder das Mitglied werden von geschlechtsneutralen Bezeichnungen im Allgemeinen keine Ableitungen mit der weiblichen Endung -in gebildet.[4][5] Trotzdem werden die inhärent generischen Maskulina Gast und Vorstand bisweilen moviert (Gästin, Vorständin), und auch Kätzin ist eine selten gebrauchte, aber korrekte Bezeichnung der weiblichen Katze.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sprachgebrauch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Sprachwissenschaftler Peter Eisenberg merkte 2018 an, dass es einen generischen Gebrauch des Femininums in der deutschen Sprache nicht gebe.[6] 2020 präzisierte er in einem Interview mit der FAZ: „Ein generisches Femininum gibt es im Deutschen nur bei Einzelwörtern, aber nicht als Strukturmerkmal produktiver Wortableitungen.“[3] Der Sprachwissenschaftler Helmut Glück erklärte 2020, „feminine Personenbezeichnungen, die durch Endungen gebildet werden […], z. B. Lehrer-in oder Jurist-in“ seien „nicht generisch“. Sie schränkten „die Bedeutung ihres Grundwortes dahingehend ein, dass die Ableitung mit -in ausschließlich weibliche Mitglieder der jeweiligen Personengruppe“ bezeichne. Ableitungen könnten „nicht generisch sein, weil sie spezifizieren, weil ihr Bedeutungsumfang gegenüber dem ihrer unspezifischen Basis eingeschränkt“ sei.[7] Der Sprachwissenschaftler Hans-Martin Gauger vertritt in einer 2013 in der FAZ veröffentlichten Glosse die Auffassung, dass sich Nutzer des generischen Feminininums „gegen die Sprache“ stellen. Das Wort Lehrer könne für Lehrerin stehen, „nicht aber Lehrerin für Lehrer“.[8]

Der Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch sagte in einem Gespräch mit RbbKultur 2020: „Wenn man sich die Grammatik anguckt und die Art, wie sprachliche Bedeutungen entstehen, dann kann man sagen, ein generischer Gebrauch des Femininums ist aus sprachwissenschaftlicher Sicht sicher nicht anerkannt, ein generischer Gebrauch des Maskulinums aber eben auch nicht.“ Eine männliche Form zu verwenden, um auch Frauen mitzumeinen, ergebe aus Sicht des Sprachsystems nicht mehr Sinn, als wenn man umgekehrt eine weibliche Form verwenden würde, um auch Männer mitzumeinen.[9]

In neuerer Zeit wurden demgegenüber verschiedentlich Schreibweisen mit generischen Femininformen ausprobiert (siehe unten). Es gibt mit „die Hebamme“ eine feminine Berufsbezeichnung, die früher nur für Frauen vorgesehen war, mittlerweile aber auch einen Mann bezeichnen kann: eine männliche Hebamme (offiziell in Österreich seit 1993, in Deutschland seit 2020).[10][11] In diesem Einzelfall wird das Femininum allerdings geschlechterübergreifend verwendet, weil es keine maskuline Form der Bezeichnung gibt (zwischenzeitlich gab es Entbindungshelfer). Im Einzelfall der Berufsbezeichnungen Amme (oder Lohnamme) und Leihmutter gab es keine entsprechenden Bestrebungen, weil hier maskuline Formen kaum vorstellbar sind.

Vorschläge von Luise F. Pusch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Mitgründerin der Feministischen Linguistik in Deutschland Luise F. Pusch spricht sich seit 1984 für den alleinigen Gebrauch von Femininformen im generischen Sinne zur Bezeichnung von Personen aus: Die „totale Feminisierung“ solle für die nächsten 1000 Jahre verwendet werden als „Empathietraining“ für Männer.[12] 2013 erklärte Pusch, dass es nach dem generischen Maskulinum, „das wir schon seit Jahrtausenden haben“, Zeit für einen Perspektivwechsel nach dem „Rotationsprinzip“ sei:

„Demgegenüber ist das Femininum erstens besser für Frauen, zweitens gerecht nach dem Rotationsprinzip – jetzt sind mal die Frauen dran – und drittens kürzer. Ich bezeichne das generische Femininum schon seit 30 Jahren als Empathietraining für Männer, damit sie mal eine Vorstellung davon entwickeln, was es eigentlich bedeutet, immer nur mitgemeint zu sein und eigentlich nie genau zu wissen, ob ‚Mann‘ mit ‚man‘ überhaupt gemeint ist. […] Ich habe schon immer ein Stufenmodell vorgeschlagen. Erst mal müssen wir die Frauen in die Sprache hineinbringen, am besten mit dem generischen Femininum, aber das Ziel sollte später die Abschaffung der Endung ‚-in‘ sein. […] Nach der Abschaffung des ‚-in‘ wollen wir zweitens das Neutrum für Personenbezeichnungen einführen. Wir hätten dann ‚die, der und das Professor‘.“[13]

2018 behauptete Pusch: „Das Femininum enthält ja auch sichtbar das Maskulinum: Lehrer ist in Lehrerin deutlich enthalten.“ Das Femininum sei die Grundform, das Maskulinum die Schwundform.[14][15] 2019 kritisierte sie das Gendersternchen. 2024 kritisierte sie die Absurditäten des inklusiven Sprachgebrauchs: „Davon kann ich nur abraten“, meinte sie zum Sprachreglement, das beispielsweise weibliche Formen wie „Mutter“ durch geschlechtsneutrale wie „Elternteil“ ersetzt.[16]

Anwendungsbeispiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Anwendung des generischen Feminin in Gesetzestexten löste im gesamten deutschen Sprachraum Debatten aus, als die damalige Gemeinderätin Julia Gerber Rüegg im schweizerischen Wädenswil 1993 den damals unerhörten Vorstoss einreichte, die Gemeindeordnung der Stadt Wädenswil im generischen Feminin zu publizieren. In der Folge setzte sich die Nennung beider Geschlechter in Gesetzestexten und im öffentlichen Sprachgebrauch in der Schweiz durch. Gerber Rüeggs Vorstoss drehte das generische Maskulin ins Feminin: «Für Personen-, Funktions- und Rollenbezeichnungen wird in diesem Text die feminine Form verwendet. Da die männliche Form in der weiblichen enthalten ist, ist sowohl die männliche als auch die weibliche Person angesprochen.»[17] Die Vorlage wurde der Stimmbevölkerung unterbietet und erwartungsgemäss abgelehnt. In der Folge erarbeitete der Gemeinderat aber einen Gegenvorschlag, nach dem in der Gemeindeordnung konsequent die «Paarform» verwendet werden sollte. Die grossmehrheitliche Annahme des Vorschlages an der Urne markiert in der Schweiz der Anfang vom Ende des generischen Maskulin in Gesetzestexten.[18]

1994 beschloss der Stadtrat von Buchholz in der Nordheide (Niedersachsen) mit 24 gegen 10 Stimmen, in seiner Satzung nur noch weibliche Amts- und Funktionsbezeichnungen zu verwenden. Die Kommunalaufsicht legte keinen Widerspruch ein, die Presse sprach von der „Emanzen-Metropole“.[19] Die Frauenbeauftragte der Stadt kommentierte: „Bislang mußten wir Frauen erleben, daß wir gemeint waren, wenn von Ratsherren die Rede war, jetzt müssen Männer sich gefallen lassen, als Ratsfrauen bezeichnet zu werden.“[20]

2012 veranstalteten Bloggerinnen aus dem Umfeld der Piratenpartei im November eine „Woche des generischen Femininums“ (#InWoche auf Twitter), bei der sie ausschließlich weibliche Personenbezeichnungen in generischer Bedeutung gebrauchten.[21]

2013 wurde das Tiroler Kinder- und Jugendhilfegesetz durchgehend in weiblicher Form abgefasst.[22]

2016 beschloss der Ortsverband der Grünen in Klagenfurt, Ämter nur noch in der weiblichen Form zu benennen, beispielsweise „Parteiobfrau Reinhard Schinner“.[22]

Anfang 2020 erklärte die stellvertretende Chefredakteurin Claudia Münster, dass die Frauenzeitschrift Brigitte „schon im Sinne der ausgleichenden Gerechtigkeit“ das generische Femininum stellenweise verwende („Leserinnenreaktionen“).[23] Im März 2021 gab der Mediendienst Turi2 bekannt, ein Jahr lang nur das generische Femininum zu verwenden: „Wir drehen das jahrtausendealte Mitgemeintsein der Frauen um.“ Die Chefredaktion und Gründer Peter Turi hatten entschieden, die Schreibweise mit Gendersternchen nach 15 Monaten wieder abzuschaffen: „Viele empfinden das Sternchen in den Texten auch nach mehr als einem Jahr als störend.“[24]

Bücher

2014 veröffentlicht die Sprachwissenschaftlerin Kristin Kopf ihr Buch Das kleine Etymologicum: Eine Entdeckungsreise durch die deutsche Sprache, in dem wechselweise männliche und weibliche Pluralformen generisch verwendet wurden (je 60 Mal), beispielsweise „die Angeln und die Sächsinnen“ (siehe Abwechselndes Gendern).[25][26][27]

2017 nutzt der Soziologe Hubert Knoblauch diese Form des abwechselnden Genderns in seinem Buch Die kommunikative Konstruktion der Wirklichkeit.[27]

2019 veröffentlichen Katrin Bergener, Nico Clever und Armin Stein ihr wirtschaftsinformatisches Lehrbuch Wissenschaftliches Arbeiten im Wirtschaftsinformatik-Studium: Leitfaden für die erfolgreiche Abschlussarbeit mit ausschließlich generischen Femininformen; Gendersternchen oder Umformulierungen seien ihnen zu umständlich gewesen. Männliche Leser seien nicht ausgeschlossen, nur müssten sie sich kurz umgewöhnen. Das Ziel sei auch, mehr Frauen für das Studium zu motivieren, weil sich Frauen durch weibliche Wortformen in Stellenanzeigen eher angesprochen fühlten.[28]

2021 verwenden Vincent-Immanuel Herr und Martin Speer (Herr und Speer) in ihrem europapolitischen „Manifest“ Europe For Future: 95 Thesen, die Europa retten – was jetzt geschehen muss für allgemeine Aufzählungen und Beschreibungen ausschließlich generische Femininformen: „so meinen wir alle anderen Menschen mit – Männer und auch all diejenigen, die sich jenseits des binären Spektrums definieren.“[29]

Im Juli 2023 stößt Justizministerin Alma Zadić (Grüne) mit einem in rein weiblicher Form geschriebenen Gesetzestext beim Koalitionspartner in Österreich auf wenig Verständnis:[30]

„Die Begutachtungsfrist für das Flexible Kapitalgesellschafts-Gesetz (FlexKapGG) ist Anfang Juli zu Ende gegangen. In den Stellungnahmen wurden sowohl positive als auch negative Aspekte betont. Kaum beachtet wurde, dass im Gesetzesentwurf aus dem Justizministerium ausschließlich auf die weibliche Form gesetzt wird, wie das Ö1-Mittagsjournal heute berichtete. Männer sind laut Entwurf mitgemeint.“[31]

Universitäten Leipzig und Potsdam 2013[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit Mai 2013 stehen in der „Grundordnung“ der Universität Leipzig (gegründet 1409) neben einigen neutralen Formen ausschließlich feminine Bezeichnungsformen für offizielle Funktionen („Gastdozentinnen und Gastprofessorinnen“, „Vertreterinnen der Gruppe der Hochschullehrerinnen“). Die Formulierungen wurden im April einstimmig vom erweiterten Senat beschlossen und von der Rektorin abgesegnet; das sächsische Wissenschaftsministerium legte keinen Widerspruch ein.[32][33] Die Grundordnung der Universität Leipzig erklärt auf der ersten Seite in einer Gender-Fußnote: „In dieser Ordnung gelten grammatisch feminine Personenbezeichnungen gleichermaßen für Personen männlichen und weiblichen Geschlechts. Männer können die Amts- und Funktionsbezeichnungen dieser Ordnung in grammatisch maskuliner Form führen.“[34] Georg Teichert, seit 2010 zentraler Gleichstellungsbeauftragter der Universität,[35] verwendet auf den Webseiten der Universität seit Ende 2019 neben genderneutralen Formulierungen stellenweise den Gender-Gap: Kolleg_innen.[36]

Seit Juli 2013 stehen in der „Geschäftsordnung des Senats“ der Universität Potsdam (gegründet 1991) alle offiziellen Funktionsbezeichnungen in generisch-weiblicher Form; es werde aber weiterhin „eine dem Geschlecht entsprechende Anrede gepflegt“.[37] Im Jahr 2020 nutzt das Koordinationsbüro für Chancengleichheit für die interne und externe Kommunikation der Universität neben genderneutralen Formulierungen stellenweise Genderstern oder Gender-Gap.[38]

Diskutierter deutscher Gesetzentwurf 2020[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im September 2020 erstellte das deutsche Bundesjustizministerium unter Christine Lambrecht (SPD) einen Gesetzentwurf zu einem geänderten Insolvenzrecht, in dem mehr als 600 Mal Personenbezeichnungen in weiblicher Form gebraucht wurden (Gesellschafterinnen, Schuldnerinnen, Gläubigerinnen).[39][40] Erklärt wurde dies mit dem grammatisch weiblichen Geschlecht der behandelten Einrichtungen als juristische Personen (die Aktiengesellschaft, die GmbH), auf die sich die weiblichen Formen aus Gründen der grammatischen Übereinstimmung mit dem Referenzwort bezögen (eine Gesellschaft als Schuldnerin).[40]

Das Bundesinnenministerium unter Horst Seehofer (CSU) hatte gegen die Formulierungen im Entwurf „aus rein formalen Gründen“ Widerspruch eingelegt: Ein Sprecher erklärte, hier sei das generische Femininum verwendet worden und das sei „zur Verwendung für weibliche und männliche Personen bislang sprachlich nicht anerkannt“.[41] Das Ministerium habe Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes und es bestehe die Gefahr, der Gesetzestext könnte buchstäblich nur für Frauen gelten. Entsprechend seien die Personenbezeichnungen im generischen Maskulinum an die geltenden Regeln anzupassen; Frauen wären dabei mitgemeint.[40][42] Aus Gründen der Eile ließ das Justizministerium den Gesetzentwurf umschreiben zu männlichen Formen (Gesellschafter, Schuldner, Gläubiger) und einigen Paarformen.[43][42] In dieser Form wurde der Entwurf Mitte Oktober im Kabinett beschlossen.

Indisches Datenschutzgesetz 2023[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das indische Datenschutzgesetz von 2023 nutzt erstmals das generische Femininum. Bei der Regelung der Rechte und Pflichten von (natürlichen) Personen werden weibliche Pronomen („she“ und „her“) verwendet.[44] Hintergrund ist das Ziel der indischen Regierung, Gesetze zugänglicher und inklusive zu machen.[45]

Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) lehnte im August 2020 in ihren Leitlinien zu den Möglichkeiten des Genderings die Verwendung des generischen Feminiums ab:

Beurteilung durch die GfdS
Diese Lösung ist nicht geschlechtergerecht, denn hier wird das andere Geschlecht nicht explizit angesprochen, sondern ist nur ‚mitgemeint‘. Die Kritik, die am generischen Maskulinum geübt wird, trifft hier ebenfalls zu. Eine Gleichbehandlung, um die es bei geschlechtergerechter Sprache geht, ist beim generischen Femininum so wenig gewährleistet wie beim generischen Maskulinum.“[46]

Das Handbuch geschlechtergerechte Sprache merkt zu den generischen Femininformen der Leipziger Grundordnung von 2013 kritisch an:

„Hier wurde also die ‚traditionelle‘ Praxis der ausschließlichen Verwendung maskuliner Personenbezeichnungen gespiegelt, indem die femininen Formen ‚für alle‘ einstehen sollen. Der mediale Aufruhr, den diese Lösung verursachte, zeigt, wie problematisch die Praxis des ‚Mitmeinens‘ von Männern oder Frauen durch die jeweils andere Bezeichnung ist. Beim ‚generischen Maskulinum‘ ist diese Problematik nur aus Gewohnheit lange Zeit nicht aufgefallen.“

Tierbezeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einige grammatisch feminine Tierbezeichnungen werden generisch für beide Geschlechter verwendet:[48] Mit eine Katze kann ein weibliches Tier gemeint sein (Katze, Kätzin) oder ein männliches (Kater);[49] Gänse umfasst beide Geschlechter (Gans und Gänserich, Ganter).[50] Diese Gruppe der generischen Feminina betrifft vor allem dem Menschen nahestehende Haus- und Nutztiere, einheimisches Jagdwild (siehe Bezeichnungen für Haus- und Wildtiere sowie Abgeleitete geschlechtsbezogene Tierbezeichnungen).

Die Duden-Grammatik von 2016 unterscheidet zwischen sexusindifferentem Gebrauch von Tierbezeichnungen für eine Tierart, im Unterschied zu einem sexusspezifischen Gebrauch für Weibchen oder Männchen. Neben Katze und Gans wird noch die Maus als feminines Beispiel genannt (gegenüber dem Mäuserich, vor allem in Tiererzählungen). Die Bezeichnungen der meisten Tierarten sind sexusindifferent und werden sexusbezogen mit einem Adjektiv ergänzt (weiblich/männlich) oder zusammengesetzt: die Giraffenstute und der Giraffenhengst.[48]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Debatten Pro und Kontra:

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Grammis: Genus und Sexus. In: Grammis.IDS-Mannheim.de. Stand: 7. September 2018, abgerufen am 3. August 2021.
  2. Video von Anatol Stefanowitsch: Das generische Maskulinum: eine kurze Einführung (ab 0:08:48) auf YouTube, 22. November 2012, abgerufen am 4. April 2020 (22:36 Minuten; Beitrag zur „Woche des generischen Femininums“ im November 2012).
  3. a b Peter Eisenberg: Geschlechtergerechte Sprache: Warum korrekte Grammatik keine Gendersternchen braucht. In: FAZ.net. 23. Oktober 2020, abgerufen am 26. Oktober 2020.
  4. Gesellschaft für deutsche Sprache: Generische Substantive ohne Movierung. In: GfdS.de. August 2020, abgerufen am 1. Oktober 2020.
  5. Gabriele Diewald, Anja Steinhauer: Handbuch geschlechtergerechte Sprache: Wie Sie angemessen und verständlich gendern. Herausgegeben von der Duden-Redaktion. Dudenverlag, Berlin April 2020, ISBN 978-3-411-74517-3, S. 132: Geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen: „Mensch, Person, Mitglied“.
  6. Peter Eisenberg, interviewt von Hans-Joachim Wiese: Das generische Maskulinum: „Ich nenne das sprachpolizeiliche Allüren“. In: Deutschlandfunk Kultur. 13. März 2018, abgerufen am 28. Juni 2020; Zitat: „Das generische Femininum gibt es nicht“.
  7. Helmut Glück (Hrsg.): Das Partizip 1 im Deutschen und seine Karriere als Sexusmarker. IFB Verlag Deutsche Sprache, Paderborn November 2020, ISBN 978-3-942409-93-3, S. 6–7.
  8. Hans-Martin Gauger: Herr Professorin?. In: Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung – Forum Sprachkritik, 18. Februar 2014, abgerufen am 10. März 2021.
    Auch in: Hans-Martin Gauger (2013): Herr Professorin. In: Antje Baumann, André Meinunger (Hrsg.): Die Teufelin steckt im Detail. Zur Debatte um Gender und Sprache. Kadmos, Berlin 2017, S. 72 f.
  9. Gespräch mit Anatol Stefanowitsch, in: RbbKultur, 13. Oktober 2020. Zitiert in: Generisches Femininum in deutschem Gesetzesentwurf: Männer dürfen sich mitmeinen, Der Standard, 14. Oktober 2020
  10. Regierungsvorlage: Bundes(verfassungs)gesetz (1461 d.B.) 22. Dezember 1993, § 1 (PDF: 5,7 MB, 103 Seiten auf parlament.gv.at); Zitat: „§ 1: Die Berufsbezeichnung Hebamme […] gilt für weibliche und männliche Berufsangehörige.“
  11. Gesetz über das Studium und den Beruf von Hebammen (Hebammengesetz – HebG), § 3: Berufsbezeichnung; Zitat: „Die Berufsbezeichnung ‚Hebamme‘ gilt für alle Berufsangehörigen.“
  12. Luise F Pusch.: Der, die, das Professor. In: Deutsche Welle. 7. Juni 2013. Abgerufen am 14. März 2021.
  13. Luise F. Pusch, interviewt von Marie Todeskino: Kultur: „Der, die, das Professor“. In: Deutsche Welle. 7. Juni 2013, abgerufen am 17. Juli 2020.
  14. Luise F. Pusch: Fühlen Sie sich mitgemeint! In: Emma.de. 12. Dezember 2018, aktualisiert: 5. Februar 2019, abgerufen am 25. März 2020 („die feministische Linguistin Luise F. Pusch plädiert für eine ganz andere Lösung. Nämlich für das ‚generische Femininum‘“).
  15. Luise Pusch: Gendern – gerne, aber wie? In: Neues-Deutschland.de. 23. Oktober 2019, abgerufen am 25. März 2020 („ein Ritt durch die feministische Sprachgeschichte und praktische Tipps“).
  16. Urs Bühler: Die GeisterInnen, die sie rief. In: NZZ am Sonntag Magazin, 7. Januar 2024, S. 16–20.
  17. Stadt Wädenswil: Protokoll des Gemeinderates vom 7. Juni 1993. Wädenswil 1993, S. 668–670.
  18. Unter anderem publizierte der japanische Linguist Saburo Okamura von der Waseda-Universität in Tokio zum Thema Wädenswil und Eutin: Wie das generische Femininum kam und ging. In: Waseda Global Forum. Bd. 1, S. 47–59.
  19. Stadt Mainz, Frauenbüro: Feminin – Maskulin: Eine Einführung in die geschlechtergerechte Sprache. 1. Auflage. Mainz 1996, S. 8 und 14 (PDF: 64 kB, 25 Seiten auf mainz.de).
  20. Ludwig Rademacher: Frauenpower: Entmannter Bürgermeister(in). In: Focus. Nr. 50, 12. Dezember 1994 (online auf focus.de).
  21. Anke Domscheit-Berg: #InWoche: About. In: Generisches Femininum. Privater Blog, 2012–2014, abgerufen am 4. April 2020.
    Astrid Herbold: Netzkolumne: Wut, dein Name ist We(i)b. In: Tagesspiegel.de. 24. November 2012, abgerufen am 4. April 2020 („auf Twitter geht die ‚InWoche‘ zu Ende“).
  22. a b Eva Reisinger: Warum das generische Femininum auch keine Lösung ist. In: Vice.com. 11. Februar 2016, abgerufen am 25. März 2020 („die Grünen in Klagenfurt haben ihre Statuten geändert – so wurde aus ihrem Parteiobmann Reinhard Schinner, die Parteiobfrau Reinhard Schinner“).
  23. Daniel Kalt: Fragen Sie Ihre Ärztin oder Apothekerin. In: DiePresse.com. 25. Februar 2020, abgerufen am 5. September 2020 (aus der Print-Ausgabe vom 23. Februar 2020).
  24. Meldung: Branchendienst: Turi2 schafft Gendersternchen wieder ab. In: Süddeutsche Zeitung. 9. März 2021, abgerufen am 23. Juni 2021.
    Peter Turi: turi2 schafft das Gendersternchen wieder ab – und setzt aufs generische Femininum. In: turi2.de. 8. März 2021, abgerufen am 23. Juni 2021.
  25. Kristin Kopf: Das kleine Etymologicum: Eine Entdeckungsreise durch die deutsche Sprache. Klett-Cotta, Stuttgart 2014, ISBN 978-3-608-91341-5.
    Kristin Kopf: Die Völkerwanderung war kein Vatertagsausflug: Über 60 Wörter auf -in. In: Sprachlog.de. 2. März 2015, abgerufen am 26. Juni 2020.
  26. Luise F. Pusch: Die Sprache der Eroberinnen: Ganz neue Erkenntnisse zur deutschen Sprachgeschichte. In: Fembio.org. 29. September 2014, abgerufen am 26. Juni 2020.
  27. a b Helga Kotthoff: Gender-Sternchen, Binnen-I oder generisches Maskulinum, … – (Akademische) Textstile der Personenreferenz. In: Linguistik online. Band 103, Nr. 3, 12. Oktober 2020, S. 105–127, hier S. 120–121, Abschnitt 3.6: Vielfältiges Gendern (Department of German Studies, Universität Freiburg; doi:10.13092/lo.103.7181; Volltexte: PDF: 603 kB, 23 Seiten auf unibe.ch, online auf researchgate.net).
  28. Redaktion: Für alle Informatik-Studis: Dieses Lehrbuch nutzt ausschließlich die weibliche Form. In: Business-Punk.com. 22. Oktober 2020, abgerufen am 17. Januar 2021 (Leseproben zum Buch).
  29. Vincent-Immanuel Herr, Martin Speer: Europe for Future: 95 Thesen, die Europa retten – was jetzt geschehen muss (Das europäische Manifest im Wahljahr 2021). Droemer Knaur, München August 2021, ISBN 978-3-426-30268-2, S. 32 (Leseprobe).
  30. ORF at/Agenturen red: Zadic-Gesetzestext in weiblicher Form stößt auf ÖVP-Kritik. 28. Juli 2023, abgerufen am 28. Juli 2023.
  31. ORF at jkla: Männer in Gesetzesentwurf aus Justizressort mitgemeint. 27. Juli 2023, abgerufen am 28. Juli 2023.
  32. Benjamin Haerdle: Uni Leipzig verweiblicht ihre Grundordnung. In: duz. Magazin für Forscher und Wissenschaftsmanager. 31. Mai 2013, abgerufen am 25. März 2020.
  33. Horst Simon (Professor für Historische Sprachwissenschaft an der FU Berlin), interviewt von Anja Kühne: Generisches Femininum an der Uni Leipzig: „Frauen sind keine Sonderfälle“. In: Tagesspiegel.de. 6. Juni 2013, abgerufen am 25. März 2020 („beim feministischen Sprachgebrauch haben nun außerdem vor allem Männer Angst, dass ihre Pfründe verloren gehen“).
  34. Universität Leipzig: Grundordnung der Universität Leipzig. 6. August 2013, S. 2 und 4 und 6 (PDF: 178 kB, 19 Seiten auf uni-leipzig.de; Pressemitteilung; zentraler Gleichstellungsbeauftragter seit 2010: Georg Teichert).
  35. Georg Teichert (Gleichstellungsbeauftragter), interviewt von Bastian Brandau: Generisches Femininum an der Universität Leipzig: Herr Professorin – was wurde draus? In: Deutschlandfunk Kultur. 20. Januar 2016, abgerufen am 1. August 2020.
  36. Georg Teichert, zentraler Gleichstellungsbeauftragter der Universität Leipzig seit 2010: Gleichstellung an der Universität Leipzig. In: Gleichstellung.Uni-Leipzig.de. 23. Oktober 2019, abgerufen am 20. Mai 2020.
  37. Jana Haase: Generisches Femininum an der Uni Potsdam: „Wir erleben hier einen Shitstorm“. In: Potsdamer Neueste Nachrichten. 5. Juli 2013, abgerufen am 28. Juni 2020.
    Silke Weber: Gender-Diskussion: Grüne unterstützen generisches Femininum an Unis. In: Tagesspiegel.de. 6. Juli 2013, abgerufen am 28. Juni 2020.
  38. Universität Potsdam, Koordinationsbüro für Chancengleichheit: Gendergerechte Sprache an der Hochschule. In: Uni-Potsdam.de. 11. Mai 2020, abgerufen am 28. Juni 2020.
  39. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV): Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (Sanierungsrechtsfortentwicklungsgesetz – SanInsFoG). Berlin, 21. September 2020 (PDF: 1,6 MB, 247 Seiten auf bmjv.de).
  40. a b c Julia Trippo: Gendergerechte Sprache: Die alte Mär vom Mitgemeintsein. In: Neues Deutschland. 15. Oktober 2020, abgerufen am 23. Oktober 2020.
  41. Meldung (dpa): Doch kein generisches Femininum – Streit um gendergerechte Sprache: Gesetz von Justizministerin Lambrecht umformuliert. In: Focus. 14. Oktober 2020, abgerufen am 19. Oktober 2020.
  42. a b Streit um gendergerechte Sprache: Lambrechts Gesetz nun doch in „männlich“. In: tagesschau.de. 14. Oktober 2020, abgerufen am 30. Januar 2021 (bezugnehmend auf einen Bericht im Deutschlandfunk am 12. Oktober 2020 um 16:30 Uhr).
  43. Andreas Niesmann: Justizministerium – Erfolg für Frauenbewegung? Ministerium schreibt Gesetz im Femininum. In: RND.de. 11. Oktober 2020, abgerufen am 19. Oktober 2020.
  44. Sec. 2 (y) Digital Personal Data Protection Act, 2023 (online, PDF).
  45. Yuthika Bhargava: Draft data protection Bill uses ‘she’ and ‘her’ to refer to all individuals. In: The Hindu. 18. November 2022, ISSN 0971-751X (thehindu.com [abgerufen am 5. März 2024]).
  46. Gesellschaft für deutsche Sprache: Generisches Femininum (Leipziger Lösung). In: GfdS.de. August 2020, abgerufen am 1. Oktober 2020.
  47. Gabriele Diewald, Anja Steinhauer: Handbuch geschlechtergerechte Sprache: Wie Sie angemessen und verständlich gendern. Herausgegeben von der Duden-Redaktion. Dudenverlag, Berlin April 2020, ISBN 978-3-411-74517-3, S. 213–214: Textbeispiel Grundordnung Universität Leipzig.
  48. a b Angelika Wöllstein, Duden-Redaktion (Hrsg.): Duden: Die Grammatik (= Der Duden. Band 4/12). 9., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage. Dudenverlag, Berlin 2016, ISBN 978-3-411-04049-0, S. 162, Randnummer 239: Tierbezeichnungen.
  49. Worteinträge: Katze, dieKätzin, die + Kater, der. In: Duden online. Abgerufen am 20. Januar 2021.
  50. Worteinträge: Gans, die + Gänserich, derGanter, der. In: Duden online. Abgerufen am 20. Januar 2021.