Bismarckbrunnen (Flensburg)

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Germania des Bismarckbrunnens
Flensburgs Südermarkt Anfang der 1930er Jahre mit der Rückseite des Bismarckbrunnens, mit spielenden Kindern im Brunnenbecken
Der Bismarckbrunnen mit der thronenden Germania und dem Bismarck-Relief von Vorderseite
Der Südermarktbrunnen nach der Entfernung der Germania, des Reliefs und der restlichen Statuen, Ende der 1930er

Der Bismarckbrunnen (seltener auch: Germaniabrunnen[1]) in Flensburg war ein als Brunnen gestaltetes Bismarckdenkmal von Helmuth Schievelkamp, welches 1903 auf dem Südermarkt errichtet und 1937 demontiert wurde.

Architektur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Brunnen bestand aus einem großen Brunnenbecken, einem steinernen Sockel, der Ähnlichkeiten mit einer Felssteinformation hatte und in dem eine Nische mit einem Relief mit dem Gesicht Otto von Bismarcks eingelassen war. Auf dem Steinsockel thronte eine bronzene[2] Germania, gekrönt mit einer Kaiserkrone. An den Seiten des Felssteines waren drei Wasserspeier, in der Gestalt einer Schildkröte, einer Echse sowie einem Frosch angebracht.[3] Am Rande des Felststeines und am Beckenrand hockten und standen vier kleine Gestalten aus Bronze, die sich der Germania zuwandten. Eine dieser Skulpturen kniete offenbar am Rande des Bismarck-Reliefs, hatte Hammer und Meißel in der Hand und legte letzte Hand ans Relief an. Der Brunnen stand an der nordwestlichen Ecke des Südermarktes, wo eine breit angelegte Treppe zum Platz des Brunnens hinführte.[4]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aufstellung und Zerstörung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Tod Bismarcks, welcher zu Lebzeiten die Ehrenbürgerwürde Flensburgs erhalten hatte, beschloss die Stadt ihm ein dauerhaftes Denkmal zu widmen. Am 1. April 1903 wurde das Denkmal des Berliner Bildhauers Helmuth Schievelkamp mit breiter Bürgerbeteiligung auf dem Südermarkt eingeweiht. Auf dem Südermarkt hatte bis zum Jahr 1882 schon einmal ein Brunnen gestanden[5], nun wurde ein neuer aufgestellt. Die Aufstellung des Denkmals wurde in der dänischorientierten Zeitung Flensborg Avis vom Redakteur Jens Jessen negativ bewertet. Nach der Aufstellung entwickelte sich der Brunnen offenbar zu einem beliebten Motiv Flensburgs[6], vor dem die Leute sich gerne fotografieren ließen.[7]

Am 30. Juli 1914, also kurz vor dem Kriegseintritt des Deutschen Kaiserreichs in den Ersten Weltkrieg, lief eine große Menge junger Flensburger patriotische Lieder singend über den Holm, weiter zum Bismarckbrunnen und um ihn herum und weiter bis zur Marienkirche, wo sich beim Marienkirchhof ein Kaiser-Wilhelm-Denkmal befand (vgl. Liste der Kaiser-Wilhelm-I.-Denkmäler). Dort riefen sie dreifach ein Hoch auf Deutschland.[8] Am 1. August, dem Tag der Mobilmachung, herrschte in Flensburg aber dennoch keine Kriegsbegeisterung, sondern eine gedrückte Stimmung. Auch in der Folgezeit blieb die Stimmung verhalten.[9]

Im Jahr 1926 wurde im südlichen Teil des Südermarktes eine Zugangsstraße zum Bahnhofsviertel geschaffen. Paul Ziegler schuf dabei ein Eckgebäude, das sich seitdem mittels eingefügter Arkaden optisch ins Gefüge des Platzes einbettet. Der eigentliche Südermarkt und sein Brunnen waren von dieser Maßnahme jedoch nicht betroffen.[10]

Der Brunnen überlebte also die Kaiserzeit und die Weimarer Republik. Er überstand jedoch nicht die Zeit des Nationalsozialismus. Der nationalsozialistische Oberbürgermeister Ernst Kracht ließ das Denkmal 1937 entfernen. Die Bronzebestandteile wurden eingeschmolzen.[11] Die Zerstörung des Bismarckbrunnens geschah damit also zwei Jahre vor dem Überfall auf Polen, resultierte also nicht aus einer womöglichen vorgesehenen Metallspende für den Zweiten Weltkrieg.[12] Der Historiker Broder Schwensen erklärte zu den Beweggründen der Entfernung des Denkmals: „Der sich selbst als revolutionäre Neuerungsbewegung begreifende Nationalsozialismus distanzierte sich von den Zeugnissen der Kaiserzeit.“[13]

Der Froschbrunnen und die Brunneneinfassung des Bismarckbrunnens[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Brunneneinfassung des Bismarckbrunnens blieb zunächst noch am Südermarkt erhalten, wurde dann aber Ende der 50er Jahre[14][15] in den südlichen Bereich der Parkanlage beim Bahnhof versetzt, wo die Einfassung Teil des dort heute befindlichen Froschbrunnens[16][17] wurde (Lage). Der Springbrunnen im heutigen Carlisle-Park besteht nur aus dem namensgebenden Frosch, der mit seinen fahlen Augen in die Richtung des Bahnhofes blickt. Am Rande des Brunnenbeckens befinden sich die Wasserdüsen. Der Bildhauer, der den Frosch geschaffen hat, ist nicht bekannt.

Weitere Nachwirkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ansonsten ist nichts vom Brunnen erhalten geblieben. Zwar hat sich der Verschönerungsverein Flensburg offenbar um 1990 dafür eingesetzt, dass der Brunnen wieder auf dem Südermarkt errichtet wird,[18] doch eine Rekonstruktion oder Teilrekonstruktion, selbst an einem anderen Ort, beispielsweise dem St. Jürgen Platz, wurde bisher nicht beschlossen.[17] 2010 war, von Seiten der Stadt gegenüber dem Verschönerungsverein, eine offene Ideensammlung zu der Frage eines Brunnens auf dem Südermarkt im Gespräch, wobei damit aber offenbar auch alternative, neue Brunnengestaltungen, jenseits des Bismarckbrunnens, im Gespräch waren. Eine ganze Weile schien in der Frage des Bismarckbrunnens nichts weiter zu geschehen. Seit Anfang 2015 wird erneut die Neuaufstellung eines Brunnens auf dem Südermarkt diskutiert. Die Bewilligung entsprechender Sanierungsgelder wurden vom Innenministerium des Landes in Kiel in Aussicht gestellt.[19]

In Flensburg existiert kein Monument das dem Bismarckbrunnen entspricht. So gibt es auch keine weitere Germania-Statue in Flensburg, wobei am Stadttheater eine Flensburgia, eine Versinnbildlichung der Stadt Flensburg existiert.[20] Darüber hinaus war das Motiv einer Germania in Kombination mit einem Brunnen offenbar auch nicht üblich (vgl. Germaniadenkmal). Ein Germaniabrunnen ist für die 1920er Jahre aus Neustadt an der Weinstraße belegt. Bei diesem Brunnen stand jedoch nur eine Germaniastatue hinter einer Balustrade, oberhalb eines kleinen Brunnens, so dass diese kein klar erkennbarer Brunnenbestandteil war. Besagte Statue mit dem Brunnen existiert heute aber offensichtlich ebenfalls nicht mehr.[21]

Bismarck selbst wird in Flensburg ansonsten nur noch durch die seit dem Jahr 1907 bestehende Bismarckstraße und der seit dem Jahr 1919 bestehenden Bismarcktreppe speziell gedacht.[22] In der Umgebung von Flensburg erhalten blieben zudem das Bismarckdenkmal in Husby aus dem Jahr 1900 und der Bismarckturm auf dem Scheersberg.[23]

Anekdote von der Einweihung des Bismarckbrunnens[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Einweihung des Brunnens beobachtete einer Anekdote nach auch ein Flensburger namens Jehann (= Johann) vom Gebäude von Jensen & Bruhn, auf der Südseite des Platzes. Dieser berichte seinem Chef: „Bismarck den konnt’ ich von Jensen & Bruhn nich’ seh’n. Aber Bismarck seine Frau, die droben auf dem Stein sitzt. Die hat wohl im Haus mehr zu sagen als der „Olle“.“[24]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Wasserspeier in Gestalt eines Frosches des zerstörten Brunnens mit dem Gebäude von Jensen & Bruhn im Hintergrund.
Der heutige Frosch als Froschkönigstraum (Foto 2002)
  1. Gärten & Parks, Carlisle-Park; abgerufen am: 1. Juli 2014
  2. Flensburger Straßennamen. Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte, Flensburg 2005, ISBN 3-925856-50-1, Artikel: Bismarckdenkmal
  3. Vgl. Schwester Erna; abgerufen am: 3. April 2014
  4. Detaillierte Ansichten des Brunnens sind beispielsweise in folgenden Büchern zu finden: Flensburg so wie es war, Düsseldorf 1977, S. 30; Broder Schwensen in: Flexikon. 725 Aha-Erlebnisse aus Flensburg!. Flensburg 2009, Artikel: Brunnen
  5. Broder Schwensen in: 725 Aha-Erlebnisse aus Flensburg!. Flensburg 2009, Artikel: Brunnen
  6. Zahlreiche Postkarten und Fotografien sowie ein damaliger Lexikoneintrag bekunden dies. Vgl. beispielsweise Postkarte vom Bismarckbrunnen am Südermarkt sowie Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909, Artikel: Flensburg
  7. So gibt es beispielsweise auch ein Foto bei dem Hugo Eckener davor posiert. Vgl. Hugo Eckener, Leben und Tat des Flensburger Luftschiffers, 1868 – 1954
  8. Harald Hohnsbehn: 1914 Julikrise und Augusterlebnis in Flensburg. Flensburg 2014, Seite 69
  9. Harald Hohnsbehn: 1914 Julikrise und Augusterlebnis in Flensburg. Flensburg 2014, Seite 146 f.
  10. Offensichtlich anders und unrichtig dargestellt in: Flensburger Tageblatt: Flensburg: SH ebnet den Weg für Südermarkt-Umbau, vom: 19. Februar 2015, abgerufen am: 19. Februar 2015; Vgl. beispielsweise: Broder Schwensen und Bernd Köster [Hrsg.]: Paul Ziegler – Magistratsbaurat in Flensburg 1905–1939. Flensburg 1998, ISBN 3-925856-31-5. (= Kleine Reihe der Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte, Band 29.)
  11. Broder Schwensen in: Flexikon. 725 Aha-Erlebnisse aus Flensburg! Flensburg 2009, Artikel: Bismarck-Brunnen
  12. Offensichtlich anders und unrichtig dargestellt im Flensburger Tageblatt vom 23. April 2015 am Rande eines Artikels zum Bismarckturm. Neben einem Bild zum Bismarckbrunnen mit der Überschrift „Feuchtes Bismarckgedenken“ wurden verschiedene Sachverhalte offensichtlich falsch dargestellt, unter anderem wurde auch das wohl urbane Märchen wiedergegeben, dass der Brunnen auf Grund des Zweiten Weltkrieges zerstört wurde, um als Metallspende zu dienen. Wörtlich wurde im besagten Artikel behauptet: „[...] Obenauf thronte die “Germania”. Als Metallspende wurde sie im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzen. Den Brunnen entfernte die Stadt. [...]“ Eine Variante dieser Behauptung finde sich zudem auch schon im Buch: Flensburg so wie es war, 1977, Droste Verlag Düsseldorf, Seite 30; in der Variante: „[...] Aus der Germania wurden im Zweiten Weltkrieg Kanonen. [...]“
  13. Broder Schwensen in: 725 Aha-Erlebnisse aus Flensburg!. Flensburg 2009, Artikel: Bismarck-Brunnen
  14. Vgl. Flensburg Mobile, Carlislepark; abgerufen am: 1. Juli 2014
  15. Vgl. Andreas Oeding, Broder Schwensen, Michael Sturm: Flexikon. 725 Aha-Erlebnisse aus Flensburg!. Flensburg 2009, Artikel: Carlisle-Park
  16. Frosch-Brunnen im Carlisle-Park.
  17. a b Wolfgang Borm: Geführter Spaziergang – Flensburg – Stadt der Brunnen, in: Flensburger Tageblatt, 4. August 2010; abgerufen am 20. März 2014
  18. Flensburger Straßennamen. Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte, 1. Auflage, Flensburg 1990, Artikel: Am Soot
  19. Vgl. Flensburger Tageblatt: Flensburg: SH ebnet den Weg für Südermarkt-Umbau, vom: 19. Februar 2015, abgerufen am: 19. Februar 2015
  20. Lutz Wilde: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmale in Schleswig-Holstein, Band 2, Flensburg, Seite 240
  21. Vgl. Postkarte des Germaniabrunnens aus Neustadt (Memento des Originals vom 15. April 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.delcampe.net, abgerufen am: 8. April 2015
  22. Flensburger Straßennamen. Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte, Flensburg 2005, ISBN 3-925856-50-1, Artikel: Bismarckstraße und Bismarcktreppe
  23. Bismarckgedenkstein und Eiche gepflanzt von König Waldemar ... (Memento vom 22. Dezember 2015 im Internet Archive), abgerufen am: 24. April 2015
  24. Paul Selk: Flensburger Anekdoten, Husum 1978, Seite 53 f.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Bismarckbrunnen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien