Gersdorf (Striegistal)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Gersdorf
Gemeinde Striegistal
Koordinaten: 51° 4′ N, 13° 13′ OKoordinaten: 51° 3′ 40″ N, 13° 12′ 48″ O
Höhe: 280 m ü. NN
Fläche: 3,48 km²
Einwohner: 110 (2014)
Bevölkerungsdichte: 32 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1875
Eingemeindet nach: Etzdorf
Postleitzahl: 09661
Vorwahl: 034322
Gersdorf (Sachsen)
Gersdorf (Sachsen)

Lage von Gersdorf in Sachsen

Gersdorf ist ein Ortsteil der Gemeinde Striegistal im Landkreis Mittelsachsen in Sachsen. Der Ort wurde bereits vor 1875 nach Etzdorf eingemeindet. Dieses schloss sich am 1. Januar 1994 mit fünf weiteren Orten zur Gemeinde Tiefenbach zusammen, die wiederum seit dem 1. Juli 2008 zur Gemeinde Striegistal gehört.

Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Geographische Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gersdorf liegt im Norden der Gemeinde Striegistal östlich von Roßwein und südlich der Freiberger Mulde.

Nachbarorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Roßwein Seifersdorf Gleisberg
Kompassrose, die auf Nachbargemeinden zeigt Kummersheim
Etzdorf Marbach

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zentrale Kreuzung mit Sitz des Vereins Segen Gottes Erbstolln

Gersdorf gehörte zum Stiftungsgebiet des Klosters Altzella. Über die Anfänge und die ersten Jahrhunderte von Gersdorf gibt es keine namentlichen Zeugnisse. Die erste urkundliche Erwähnung erfolgte im Jahr 1502 als Gerßdorf (1541 erwähnt als Girßdorff, auch Girsdorff)[1]. Die Herkunft und die ursprüngliche Bedeutung des Namens sind ungewiss; es wird vermutet, dass ein Zusammenhang mit einem Personennamen, der mit Ger- beginnt, besteht[2]. Nachweisbar ist für das Jahr 1200 ein gewisser Gerhardus, der 1216 bis 1224 Abt des Klosters Altzella war[3]. Er könnte der Namensgeber gewesen sein.

In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts begann der Silberbergbau. Im Jahr 1221 verlieh Markgraf Dietrich dem Kloster das Bergrecht.[4] Die Urkunde ist nicht erhalten, es wird aber in einer Urkunde aus dem Jahr 1241 auf den Sachverhalt hingewiesen. In dieser Urkunde wird als Zeuge des Klosters ein Gerhardus magister montium (Bergmeister Gerhard) genannt[5]. Flurnamen wie Schmiedefeld, der alte Marktfleck, Kramerbusch (Kramer = Händler) sowie Funde von Schmiedeschlacken, mittelalterlicher Keramik und andere Siedlungsreste belegen die Existenz der Ansiedlung von Bergleuten und somit die zeitweilige Existenz einer Bergstadt. Der Name dieser Stadt ist nicht überliefert.[6] Die Erze wurden in einer Schmelzhütte des Klosters in Böhrigen verhüttet. Der Transport der Erze dorthin erfolgte auf einer extra angelegten Straße. Der Bergbau selbst und die Verhüttung der Erze erfolgte nicht durch Angehörige des Klosters, sondern durch eine vom Kloster relativ unabhängige Genossenschaft von Berg- und Hüttenleuten, die von einem klösterlichen Bergmeister beaufsichtigt wurde.[7] Nach dem Niedergang der ersten Bergbauperiode im 14. Jahrhundert wurde die vermutete Bergstadt verlassen, verfiel und wurde vergessen[8].

Bis zur Reformation 1540 unterhielt das Kloster Altzella in Gersdorf einen Klosterhof. Nach der Säkularisation des Klosters Altzella im Jahr 1540 gehörte Gersdorf bis 1856 zum kursächsischen bzw. königlich-sächsischen Amt Nossen.[9] Das Vorwerk in Gersdorf, welches bisher als Wirtschaftshof zum Kloster Altzella gehörte, kam 1544 an Hans von Komerstedt, 1556 an Barthel Lauterbach, 1587 an die Familie von Pflugk und ab 1661 an die Familie von Starschedel. Im Jahre 1696 wurde das Vorwerk mit dem Verkauf an Friedrich Adolf von Haugwitz zu einem eigenständigen Rittergut aufgewertet. Nach zwei weiteren Verkäufen in den folgenden zwei Jahren verblieb das Rittergut Gersdorf bis 1849 bei der Familie von Einsiedel. Danach war es im Besitz der Familien von Arnim und von Carlowitz. Unter letzterer wurde das Rittergut im Jahr 1890 zum Schloss ausgebaut. Ab 1856 gehörte Gersdorf zum Gerichtsamt Roßwein und ab 1875 zur Amtshauptmannschaft Döbeln,[10] welche 1939 in Landkreis Döbeln umbenannt wurde.[11] Bereits vor 1875 wurde Gersdorf nach Etzdorf eingemeindet.[12] Im Jahre 1885 wurde der Bergbau in Gersdorf endgültig eingestellt. Das Gersdorfer Schloss mit 286 ha[13] befand sich ab 1925 Besitz der Prinzen zur Lippe-Weißenfeld. Das Haus Lippe-Proschwitz[14] wurde vertreten durch Frieda (Friederike) Prinzessin zur Lippe, geborene von Carlowitz (1878–1942),[15] und wurde 1937 an Daniel von Hoenning O’Carroll (1881–1945), Major a. D., verkauft. Die Hoenning stammten als jüngeres Adelsgeschlecht aus Thüringen. Aufgeteilt in eine freiherrliche und in eine briefadelige Linie, waren katholisch, wie auch evangelisch, und trugen seit der Mitte des 19. Jahrhunderts den britischen Beinamen O’Carrol.[16] Der letzte Gersdorfer Gutsbesitzer war lutherischen Glaubens und kurzzeitig bis 1939[17] im Johanniterorden.[18]

Im Zuge der Bodenreform in der Sowjetischen Besatzungszone ab 1945 wurden die letzten Besitzer enteignet und im Schloss eine FDGB-Bezirksschule eingerichtet. Danach diente das Gebäude als Lehrlingswohnheim und später allgemein als Internat. Mit der zweiten Kreisreform in der DDR kam Gersdorf als Teil der Gemeinde Etzdorf im Jahr 1952 zum neu gegründeten Kreis Hainichen im Bezirk Chemnitz (1953 in Bezirk Karl-Marx-Stadt umbenannt). Die Ende des 19. Jahrhunderts stillgelegten Bergwerksanlagen von „Segen Gottes Erbstollen“ betreut der gleichnamige gemeinnützige Verein seit 1980 und betreibt auf ca. 35 ha ober- und unterirdisch aktive Denkmalpflege.

Seit 1990 gehörte Gersdorf als Teil der Gemeinde Etzdorf zum sächsischen Landkreis Hainichen, der 1994 im Landkreis Mittweida und 2008 im Landkreis Mittelsachsen aufging. Am 1. Januar 1994 schloss sich die Gemeinde Etzdorf samt dem Ortsteil Gersdorf mit den Gemeinden Dittersdorf, Arnsdorf, Naundorf, Marbach (mit Kummersheim) und Böhrigen zur Gemeinde Tiefenbach zusammen.[19] Die Gemeinden Tiefenbach und Striegistal wiederum schlossen sich am 1. Juli 2008 zur neuen Gemeinde Striegistal zusammen,[20] wodurch Gersdorf seitdem ein zum Striegistaler Ortsteil Etzdorf gehöriger Ort ist. Das Schloss Gersdorf wird seit 1997 als Firmensitz und zu Wohnzwecken genutzt. Ende 2012 erwarb die im Schloss ansässige Wohngemeinschaft das Anwesen mitsamt einiger Nebengebäude und dem Grundstück und wandelte somit das bisherige Pacht- in ein Eigentumsverhältnis um. Das Bergbaugebiet in Gersdorf gehört als Teil des Bergbaugebiets Freiberg seit 2019 zum UNESCO-Welterbe Montanregion Erzgebirge.

Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schloss Gersdorf

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Cornelius Gurlitt: Gersdorf.. In: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen. 25. Heft: Amtshauptmannschaft Döbeln. C. C. Meinhold, Dresden 1903, S. 52.
  • Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Sachsen II, Regierungsbezirke Leipzig und Chemnitz, München 1998, ISBN 3-422-03048-4, Seite 237
  • Wolfgang Schwabenicky: Der mittelalterliche Silberbergbau im Erzgebirgsvorland und im westlichen Erzgebirge. Chemnitz 2009, ISBN 978-3-937386-20-1, Seiten 172–179
  • Richard Witzsch: Zwischen Chemnitz und Freiberg, Ein Heimatbuch für Schule und Haus, Die Dörfer an der Striegis. Frankenberg 1929, Reprint Striegistal 2012

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Gersdorf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Karlheinz Blaschke (Hrsg.): Historisches Ortsverzeichnis von Sachsen, Neuausgabe, Leipzig 2006, ISBN 3-937209-15-8, Seite 249
  2. Ernst Eichler, Hans Walther (Hrsg.): Historisches Ortsnamenbuch von Sachsen. Berlin 2001, ISBN 3-05-003728-8, Band I, Seite 304/303
  3. Karl Heinrich Ferdinand von Zehmen: Die Reihenfolge der Aebte des ehemaligen Cistercienser-Klosters Alten-Zelle …, Dresden 1845 Seite 12
  4. Wolfgang Schwabenicky: Der hochmittelalterliche Bergbau bei Gersdorf, Gemeinde Tiefenbach (Lkr. Mittweida) und das Kloster Altzelle, in Martina Schattkowsky, André Thieme (Hrsg.): Altzelle, Zisterzienserabtei in Mitteldeutschland und Hauskloster der Wettiner, Leipzig 2002, Seite 172f.
  5. Abschrift der Urkunde
  6. Wolfgang Schwabenicky: Der hochmittelalterliche Bergbau bei Gersdorf, Gemeinde Tiefenbach (Lkr. Mittweida) und das Kloster Altzelle, in Martina Schattkowsky, André Thieme (Hrsg.): Altzelle, Zisterzienserabtei in Mitteldeutschland und Hauskloster der Wettiner, Leipzig 2002, Seite 160ff.
  7. Wolfgang Schwabenicky: Der mittelalterliche Silberbergbau im Erzgebirgsvorland und im westlichen Erzgebirge. Chemnitz 2009, ISBN 978-3-937386-20-1, Seite 179.
  8. vergleichbar mit der Bergstadt auf dem Treppenhauer
  9. Karlheinz Blaschke, Uwe Ulrich Jäschke: Kursächsischer Ämteratlas. Leipzig 2009, ISBN 978-3-937386-14-0; S. 70 f.
  10. Die Amtshauptmannschaft Döbeln im Gemeindeverzeichnis 1900
  11. Michael Rademacher: Doebeln. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  12. CompGen e.V., Gersdorf. Abgerufen am 11. April 2021.
  13. Ernst Ullrich, Ernst Seyfert: Niekammer’s Landwirtschaftliche Güter-Adreßbücher. Band IX. 1925. Landwirtschaftliches Adreßbuch der Güter und Wirtschaften im Freistaat Sachsen. Verzeichnis sämtlicher Rittergüter und Güter bis zur Größe von ungefähr 15 ha herab mit Angabe der Gutseigenschaft, der Grundsteuereinheiten, der Gesamtfläche und des Flächeninhalts, der einzelnen Kulturen. In: Mit Unterstützung der Ldw. K. des Freistaates Sachsen und anderer Behörden, nach amtlichen Quellen und auf Grund direkter Angaben (Hrsg.): Standardwerk der Land-und Forstwirtschaft. 3. Auflage. Reichenbach’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1925, S. 331 (slub-dresden.de [abgerufen am 24. September 2021]).
  14. Hans Friedrich v. Ehrenkrook, Friedrich Wilhelm Freiherr v. Lyncker u. Ehrenkrook, Otto Reichert, Wilhelm v. Blaschek: Genealogisches Handbuch der Fürstlichen Häuser 1956. In: Ausschuss für adelsrechtliche Fragen der deutschen Adelsverbände und in Gemeinschaft mit dem Deutschen Adelsarchiv (Hrsg.): GHdA Genealogisches Handbuch des Adels. Band IV, Nr. 14. C. A. Starke, 1956, ISSN 0435-2408, S. 67–68 (d-nb.info [abgerufen am 24. September 2021]).
  15. Gottfried Graf Finck v. Finckenstein, Christoph Franke: Gothaisches Genealogisches Handbuch der Fürstlichen Häuser 2015. In: Stiftung Deutsches Adelsarchiv (Hrsg.): GGH. 1. Auflage. Band 1, Nr. 4-001. Verlag des Deutschen Adelsarchivs, 2015, ISBN 978-3-9817243-0-1, ISSN 2364-7132, S. 155–159 (d-nb.info [abgerufen am 27. September 2021]).
  16. hans Friedrich v. Ehrenkrook, Elsa Freifrau v. Bethmann, geb. v. Werner, Wilhelm v. Blaschek, Carola v. Ehrenkrook, geb. v. Hagen, Eberhard Burggraf zu Dohna-Waldburg, Friedrich Wilhelm Euler, Detlev v. Hammerstein-Retzow, Walter v. Hueck: Genealogisches Handbuch der Adeligen Häuser / B (Briefadel/ nach 1400 nobilitiert) 1954. In: Ausschuss für adelsrechtliche Fraen der deutschen Adelsverbände in Gemeinschaft mit dem Deutschen Adelsarchiv (Hrsg.): GHdA Genealogisches Handbuch des Adels, von 1951 bis 2015; Nachfolger "des Gotha"; Vorgänger des GGH. Band I, Nr. 1. C. A. Starke, 1954, ISSN 0435-2408, S. 180–183 (d-nb.info [abgerufen am 3. Oktober 2021]).
  17. Johanniter=Ordensblatt. In: Mitteilungsblatt für die Mitglieder des Johanniterordens. 80. Auflage. 153. Nachweisung (Austritt aus dem Orden durch Doppelmitgliedschaft m. NSDAP), Nr. 10. Berlin 22. Juli 1939, S. 38 (d-nb.info [abgerufen am 3. Oktober 2021]).
  18. Walter v. Hueck, Erik Amburger, Ernst-Otto v. Dewitz, Friedrich Wilhelm Euler: Genealogisches Handbuch der Adeligen Häuser / B (Briefadel/ nach 1400 nobilitiert) 1985. In: Deutsches Adelsarchiv e. V. Stiftung (Hrsg.): GHdA Genealogisches Handbuch des Adels, von 1951 bis 2015. XVI (B), Nr. 86. C. A. Starke, 1985, ISSN 0435-2408, S. 266–267 (d-nb.info [abgerufen am 24. September 2021]).
  19. CompGen e.V., Etzdorf. Abgerufen am 11. April 2021.
  20. Tiefenbach auf gov.genealogy.net
  21. Der Segen Gottes Erbstolln Gersdorf auf www.bergbautradition-sachsen.de