Gofio

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Gofio aus Weizen, Gofio aus Mais, Gofio aus Gerste, Pella de Gofio

Gofio ist ein Nahrungsmittel, das durch Vermahlen gerösteten Getreides mit oder ohne Zusatz von Meersalz gewonnen wird. Gelegentlich enthält der Gofio auch Hülsenfrüchte, die der gleichen Behandlung wie das Getreide unterzogen werden.[1] Gofio canario ‚Gofio von den Kanarischen Inseln‘ ist eine in der Europäischen Union geschützte geografische Angabe (g.g.A.), engl. PGI.[2]

Das gleiche Erzeugnis ist unter dem Namen Tsampa ein traditionelles Grundnahrungsmittel in Tibet.[3] Ein ähnliches Nahrungsmittel aus geröstetem Maismehl namens Farina Bóna wird im Schweizer Tessin verzehrt.

Ursprung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gofio gilt als wichtigstes pflanzliches Nahrungsmittel der Altkanarier, der ersten Einwohner der Kanarischen Inseln (Wintergerste gedeiht auch in trockenen Gebieten, auch in salzigen Böden, mit höheren Erträgen als beispielsweise Weizen.[4]) Die Ausgangsprodukte wurden in Tonkrügen geröstet, in Handmühlen gemahlen und mit Ziegenmilch, Ziegenkäse oder Fett vermischt verzehrt.[5] Durch das vorherige Rösten ist das dadurch trockenere Mehl besser haltbar und der Teig ohne weiteres Backen oder Kochen essbar. Gofio war auch nach der Eroberung der Inseln durch das Königreich Kastilien im 15. Jahrhundert ein wichtiger Bestandteil der Ernährung besonders der ländlichen Bevölkerung.

Grundstoffe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Traditionell wurde Gofio aus Gerste hergestellt. Die gerösteten Körner wurden als Vollkorn mit den Schalen verarbeitet. In geringeren Mengen wurden Weizen und Hülsenfrüchte verwendet. In Zeiten, in denen Getreide knapp war, dienten auch die Samen von Bäumen und Farn ebenso wie verschiedene Wurzeln als Ersatz. Heute wird auf den Kanarischen Inseln 55 % des Gofios aus Mais, 19 % aus Weizen, 14 % aus einer Mischung von Weizen und Mais und 12 % aus anderen Getreidemischungen hergestellt. Auf der Insel Fuerteventura spielt Gerste eine gewisse Rolle. Die verarbeiteten Mengen von Kichererbsen, Roggen, Hafer, Hirse und Reis bleiben insgesamt statistisch unter Werten von 1 %. Außer Weizen, der zu 42 % aus Frankreich importiert wird, stammen die Grundstoffe weitgehend von den Kanarischen Inseln oder der spanischen Halbinsel.[6]

Herstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Elektrisch getriebenes Mahlwerk einer Gofiomühle

Seit dem 16. Jahrhundert gab es auf den Kanarischen Inseln eine Vielzahl von Wind- und Wassermühlen, in denen vorwiegend Gofio hergestellt wurde. Die Mühlen wurden üblicherweise von den örtlichen adeligen Grundbesitzern betrieben, weil diese, im Gegensatz zu selbständigen Müllern oder Pächtern, keinerlei Steuern zu entrichten hatten. Im Jahr 2013 produzierten auf den Kanarischen Inseln 40 Gofiomühlen. In den Mühlen arbeiteten 107 Personen, davon waren 40 % Mühleneigentümer und deren Familienangehörige.[7] „Die Anwesenheit des Müllermeisters, der in den Mühlen des Gofio Canario das Ende des jeweiligen Prozesses mithilfe von Fertigkeiten bestimmt, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden, ist bei der Herstellung des Gofio Canario das entscheidende Merkmal.“[1]

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während Gofio lange Zeit als Nahrungsmittel armer Leute galt, das ohne Probleme zum Verzehr in der Pause bei der Feldarbeit mitgenommen werden konnte, hat das Interesse sowohl aufgrund einer Renaissance der kanarischen Vergangenheit als auch wegen ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse zugenommen. Getreidekörner enthalten etwa 12 % Wasser, das bei dem Röstvorgang zu einem großen Teil verdampft wird. Weitere Bestandteile sind etwa 11 % Eiweiß, 2 % Fett, 2,5 % Ballaststoffe und 70 % Stärke. Alle Getreide enthalten einen hohen Anteil an Mineralstoffen und den Vitaminen E, B1 und B2. Der Energiegehalt des Gofios beträgt mehr als 1.200 kJ (= 300 kcal) pro 100 Gramm.[8] Einige Mühlen verkaufen auch Energieriegel z. B. aus Mais- und Weizengofio, Honig, Mandeln, Erdnüssen, Rosinen, Zitronensaft und Zimt. Die Zutaten sind nur zusammengeknetet.

In der Gastronomie wird Gofio in verschiedenen Varianten angeboten. Einerseits in der eher traditionelleren Art als Brei, bei dem Gofio z. B. mit Fleisch- oder Gemüsebrühe verrührt und kurz aufgekocht wird und als Gofio Escaldado mit Kräutern und Zwiebeln dekoriert und serviert wird. In der süßen Variante wird Gofio zu Mousse verarbeitet oder z. B. mit Honig, gemahlenen Mandeln und Rosinen verknetet. Weiterhin wird Gofio oft mit Öl und jungem Ziegenkäse vermengt und traditionell in einem Ziegenbalg so lange geknetet, bis eine recht homogene Masse entstanden ist, die zu mehr als faustgroßen Kugeln geformt wird. Oder man streut Gofio großzügig über gebratene Schweinebauchstücke (Chicharrones). Im Alltag wird Gofiomehl zu so ziemlich jeder Suppe und jedem Eintopf zum Einrühren gereicht.[9]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Veröffentlichung eines Eintragungsantrags gemäß Artikel 50 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel, abgerufen am 14. September 2016
  2. Durchführungsverordnung (EU) Nr. 128/2014 der Kommission vom 5. Februar 2014 zur Eintragung einer Bezeichnung in das Register der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der geschützten geografischen Angaben Gofio Canario (g.g.A.), abgerufen am 14. September 2016
  3. Diplomarbeit Herstellung von Backwaren aus einer Nacktgersten-Varietät unter Berücksichtigung der funktionellen Inhaltsstoffe an der Universität Wien
  4. Tobias Reetz, Jens Léon: Die Erhaltung der genetischen Diversität bei Getreide. Auswahl einer Gersten Core-Collection aufgrund geographischer Herkunft, Abstammung, Morphologie, Qualität, Anbaubedeutung und DNA Markeranalysen. In: Lehr- und Forschungsschwerpunkt „Umweltverträgliche und Standortgerechte Landwirtschaft“. Forschungsbericht 119, 2004, ISSN 1610-2460, Landwirtschaftliche Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, PDF-Datei.
  5. Antonio M. Macías Hernández: La “Economía” de los primeros isleños. In: Antonio de Béthencourt Massieu (Hrsg.): Historia de Canarias. Cabildo Insular de Gran Canaria, Las Palmas de Gran Canaria 1995, ISBN 84-8103-056-2, S. 55 (spanisch).
  6. Instituto Canario de Calidad Agroalimentaria (Hrsg.): Estudio sobre la producción del sector del gofio en Canarias. Gobierno de Canarias, Santa Cruz de Tenerife, Las Palmas de Gran Canaria 2013, S. 13 ff. (spanisch, gobcan.es [abgerufen am 14. September 2016]).
  7. Instituto Canario de Calidad Agroalimentaria (Hrsg.): Estudio sobre la producción del sector del gofio en Canarias. Gobierno de Canarias, Santa Cruz de Tenerife, Las Palmas de Gran Canaria 2013, S. 21 (spanisch, gobcan.es [abgerufen am 14. September 2016]).
  8. Frank Massholder: Getreide: Definition, Warenkunde, Lebensmittelkunde: lebensmittellexikon.de. In: lebensmittellexikon.de. Abgerufen am 16. August 2016.
  9. Yuri Millares: Desayunos canarios. Informaciones Canarias, Las Palmas de Gran Canaria 2000, S. 62 (spanisch, ulpgc.es [abgerufen am 12. September 2016]).

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]