Haimo Wisser

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Haimo Wisser (* 10. Februar 1952 in Wien; † 25. April 1998 in Schwaz[1]) war ein österreichischer Musiker, Komponist und Literat. Neben Werken für Orchester oder Instrumente schrieb er unter anderem Film-, Bühnen- und Hörspielmusiken sowie Kabarettprogramme.

Leben und Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wisser wurde als Sohn eines Lehrerehepaares geboren[2] und war der Halbbruder des Schriftstellers Daniel Wisser. Nach der Matura im Jahr 1970 studierte er Theaterwissenschaft an der Universität Wien und an der Wiener Musikhochschule Kontrabass, Gitarre und Elekto-Akustik.[2] Er gründete mehrere Popmusik-Gruppen, als Bassist wirkte er bei der Wiener Prog-Rock-Gruppe „Paternoster“ und spielte mit dieser 1972 die gleichnamige LP ein.[3] Während ausgedehnter Reisen nach Afrika und Indien beschäftigte er sich mit Rhythmen und Klängen der afrikanischen und indischen Musik und erlernte das Tabla-Spiel[2] sowie weitere Instrumente im Selbststudium.

Um 1977 übersiedelte er nach Tirol, von wo seine Frau stammte. Die Ehe, aus der zwei Söhne hervorgingen (* 1978 und 1981[2]), wurde geschieden.

Von 1985 an beschäftigte er sich intensiv mit Synthesizern, Samplern und Musikcomputern; er galt als Pionier dieser Musik und arbeitete auch für Kollegen. So schuf er Produktionen u. a. für Erich Urbanner, Werner Pirchner, Bert Breit, Martin Lichtfuss.[4] Er komponierte Filmmusik (Petri tårar, 1995), vor allem aber Musik für Bühnenstücke, insbesondere für die Tiroler Volksschauspiele (etwa 1996 zu Felix Mitterers Abraham). Seine Musik reicht von lyrischen Gitarrenklängen bis hin zu genauestens angelegten rhythmischen und klanglichen Mustern, die im weiteren Sinne zur „minimal music“ gezählt werden können. Die Elektronik oder elektronischen Anteile bei Aufführungen übernahm er häufig selbst.

Wisser schrieb Kabarettprogramme, zunächst gemeinsam mit Franz Wippel, dann mehrfach mit Gunter Schneider, später mit seiner Lebensgefährtin Maria Außerlechner.[2] Wisser hob bewusst die Trennung zwischen Sprache und Musik auf – Sprache ist rhythmisches Material, musikalische Elemente transportieren „Mitteilungen“. In seinen Liedern und Gedichten reicht das Sprachspiel von etymologischen Entdeckungen bis zum Verhörkalauer. Auch schrieb bzw. komponierte er Hörspiele (Gußstahlmandala, 1996). Wisser war Mitglied der Grazer Autorenversammlung.

Nachlass[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wissers Nachlass, bestehend aus Notizen, Schnitt- und Zuspiellisten, Beschreibungen, Texten, Noten und zahlreichen Partituren befindet sich im Forschungsinstitut Brenner-Archiv der Universität Innsbruck. Ein genaues Verzeichnis aller musikalischen Arbeiten, das von der Bestandsseite aus aufzurufen ist, gibt Aufschluss über Besetzungen, Zusammenhänge, Länge, Aufnahmen etc. Im Nachlass befinden sich außerdem Hunderte verschiedenartige Tonträger mit Klängen, Zuspieleinheiten, Mitschnitten, auch mit Software von zeitgenössischen Kompositions- und Notenprogrammen.

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Orchesterwerke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1989 OM, für Mezzosopran, Violine und Sprecher(in) (Abdruck in: Inn. Zeitschrift für Literatur, Nr. 19/1989)
  • 1989 [Druck] Alles Walzer, 3 Sätze für Blechquintett
  • 1990 UA Alles in einem Kopf, 3 Sätze für Blechquintett
  • 1991 UA Kunst des Unfug's, für Streichorchester
  • 1991 UA Tango für Klavier und Streichorchester
  • 1992 UA kleines Walzwerk. 3 Bewegungen, für Saxophonquartett
  • 1992 UA ein Loch. 3 Sätze für Trompete und Klavier
  • 1994 UA Tablasolo für Streichquartett
  • 1994 UA Sonntags in der kleinen Stadt, wenn das Unvermeidliche eintritt. Promenade für Posaunenquartett
  • 1994 UA fünf Verwandte. 5 Variationen für Klaviertrio
  • 1994 UA Drehungen. 2 Sätze für 3 Schlagzeuger, 2 Klaviere
  • 1994 UA Durchdringungen. 4 Sätze für Klavichord
  • 1996 UA drei Walzen für Klavier
  • 1996 UA AEIOU. 9 Sätze für gemischten Chor
  • 1997 Mauer, Konzert für Klavier und Orchester

Elektronisch bzw. mit Elektronik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1988 Zeit (elektronisch)
  • 1989 Cordulas Schnur (elektronisch)
  • 1993 UA Arien und Chöre der Elite für Blechquintett und Elektronik, auch als Radioversion in digitaler Montagetechnik (sowie 1996 als Video)
  • 1991 Sample et ubique für Klavier und Elektronik

Lied- und Kabarettprogramme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1976 Haimo (Solo-LP)
  • 1977 haimo - frisch gestrichen, gem. m. Franz Wippel
  • 1978 Lieder die wieder die Sprache zur Sprache bringen, gem. mit Gunter Schneider (Aufgef. u. a. 1982 beim Kölner Liederfest des WDR)
  • 1983 Für und Lieder, gemeinsam mit Gunter Schneider
  • 1983 Musique pour Larl, gem. mit Gunter Schneider: Musik zu Photographien von Rupert Larl, Salzburg
  • 1985 Die ganze Wahrheit. Lied- und Kabarettprogramm, gem. mit Maria Ausserlechner
  • 1988 (posthum) Sigismund Moritaten, Halltheater (Hall i.T.), WWV 208

Bühnenmusik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1983 zu Rudolf Brix: Die Räuber am Glockenhof, Volksschauspiele Telfs
  • 1984 zu Dietmar Schönherr: Job und der Frieden, Volksschauspiele Telfs
  • 1988 zu Hermann Essig: Die Glückskuh, Volksschauspiele Telfs, Volkstheater München
  • 1989 zu Georg Büchner: Woyzeck, Volksschauspiele Telfs, Volkstheater München
  • 1990 Lothar Greger: Stuka, Volksschauspiele Telfs
  • 1990 Michel de Ghelderode: Der große Makabre, Halltheater (Hall i.T.)
  • 1991 Alois Schöpf: Heimatzauber, Kellertheater Innsbruck
  • 1992 zu William Shakespeare: Ein Sommernachtstraum, Halltheater (Hall i.T.)
  • 1992 zu Peter Weiss: Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats, Kellertheater Innsbruck
  • 1993 zu Karl Schönherr: Maitanz, Volksschauspiele Telfs
  • 1994 zu Thomas Hürlimann: Der Franzos in Ötz, Volksschauspiele Telfs
  • 1994 zu Elisabeth Egloff: Der Schwan, Kellertheater Innsbruck
  • 1995 zu Lida Winiewicz: späte Gegend, Münchner Volkstheater
  • 1995 zu Thomas Hürlimann: Dämmerschoppen, Volksschauspiele Telfs
  • 1995 zu Thomas Hürlimann: Jelzins Koffer, Volksschauspiele Telfs
  • 1996 zu Felix Mitterer: Abraham, Volksschauspiele Telfs
  • 1996 zu Ernst Brunner Shine, von Ernst Brunner, Volksschauspiele Telfs

Filmmusik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1971: Musik zum Film Die ersten Tage von Herbert Holba mit der sich gründenden Band Paternoster
  • 1995: Petri tårar (The tears of Saint Peter), Regie: Erich Hörtnagl (Moviemakers Stockholm)
  • 1995: zu Andreas Schett: Alpenrosenasphalt, Villgrater Kulturwiese

Hörspielmusik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1991: zu Hans Haid: Die Lawine, Österreichischer Rundfunk ORF
  • 1993: zu Otto Grünmandl: Der Dopplereffekt, Österreichischer Rundfunk ORF
  • 1994: zu Anita Pichler: Das Herz, Österreichischer Rundfunk ORF
  • 1995: zu Walter Schlorhaufer: Wallfahrt, Österreichischer Rundfunk ORF

Hörspiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1996: Gußstahlmandala – das geheime Wissen der Fußgänger. UA, Österreichischer Rundfunk ORF

Literarische Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Die Vergewaltigung. Prosatext. In: neue wege. Theater der jugend, Jänner 1971, Nr. 247, S. 14
  • Weil man lieber nicht am Ende sterbert. Gedichte. Skarabaeus, Innsbruck 1997.

Preise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1978: 1. Preis beim Ö3-Wettbewerb „Neue Lieder“ für Käselied
  • 1988: Österreichischer Förderungspreis für Musik (bis 1970 Staatspreis für Musik) des Österreichischen Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Sport
  • 1989: Anerkennungspreis des „Prix ars electronica“ für Cordulas Schnur
  • 1992: Staatsstipendium des Österreichischen Bundesministeriums für Unterricht und Kunst

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gertrud Spat: Haimo Wisser, nicht nur Komponist. Nach einem Interview von Gertrud Spat. In: das Fenster, 1996, Nr. 62, S. 5917–5937
  • Jutta Höpfel: Emanzipation der Neuen Musik in Tirol seit 1950. In: Kulturberichte aus Tirol, 5/2002, 423/424, 56. Jg., S. 80–85
  • Philipp Tröstl: Musikalische Kippbilder. Eine analytische Studie zu Haimo Wisser. Diplomarbeit aus Instrumental(Gesangs)Pädagogik [enthält CD mit Hörbeispielen], Universität für Musik und Darstellende Kunst, Wien 2002.
  • Susanne Mattle: Portrait Haimo Wissler. Tablasolo für Streichquartett (1993), Fünf Verwandte – Klaviertrio (1994), Oktett (1996). Diplomarbeit aus Instrument(Gesangs)Pädagogik, Universität für Musik und darstellende Kunst Mozarteum, Salzburg 2004.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Nachlass Haimo Wisser. In: Brenner-Archiv. Abgerufen am 7. Februar 2022.
  2. a b c d e Thomas Nußbaumer: Der Komponist. (PDF) In: Booklet zu Haimo Wisser - Orchesterwerke. 2011. Abgerufen am 8. Februar 2022.
  3. PATERNOSTER - Paternoster (1972). Abgerufen am 2. Februar 2022 (englisch).
  4. Website des Forschungsinstituts Brenner-Archiv, abgerufen am 6. Februar 2022.