Herwig Haidinger

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Herwig Haidinger (* 24. Jänner 1954 in Linz) ist ein hochrangiger österreichischer Polizeibeamter. Haidinger war von 2002 bis 2008 Direktor des österreichischen Bundeskriminalamts.[1] Bereits als Projektleiter war er ab 2000 für den Aufbau des Bundeskriminalamts verantwortlich, das 2002 geschaffen wurde.

Karriere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Haidinger entstammt einer Linzer Arbeiterfamilie. Nach der Hauptschule begann er eine Lehre als Kfz-Lehrling. Nach dem Lehrabschluss diente er als UN-Soldat auf den Golanhöhen – diese Zeit im Auslandseinsatz bezeichnete er als „Schule fürs Leben“, da er dort „viel über Menschen erfahren habe“.[2] Danach ging er zur Polizei, wo er neben dem Dienst als Kriminalbeamter die Matura am Bundesgymnasium für Berufstätige nachholte und Rechtswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz studierte. Haidinger war von 1989 bis 1992 Jurist im Strafamt der Linzer Polizei, danach Leiter des Bundesasylamts in Oberösterreich, Leiter der Abteilung Staats-, Personen- und Objektschutz der Sicherheitsdirektion Oberösterreich. 2002 war er stellvertretender Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit; im August desselben Jahre wurde er von Innenminister Ernst Strasser zum Direktor des Bundeskriminalamtes (BK) ernannt.[3]

Konflikt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 3. Februar 2008[1][4][5] wurde er von seinem Amt als Direktor des BK abberufen. Danach erhob er gegen Beamte des Innenministeriums und Politiker den Vorwurf, Ermittlungen nach parteilichen Interessen beeinflusst zu haben.[6] Er sei abgelöst worden, „weil ich mich nicht korrumpieren ließ“, sagte der Kriminalist in einem APA-Gespräch.[7] In seinen Vorwürfen bezog er sich auf versuchte politische Einflussnahme im Rahmen der Ermittlungen zur BAWAG-Affäre und ebenso auf Ermittlungspannen bei der Suche nach der entführten Natascha Kampusch.

Am 4. November 2008 wurde er vorläufig von seinem Dienst in der Sicherheitsakademie suspendiert. Als Begründung gab Innenministerin Maria Fekter das „fortgesetzte und nachhaltige Verletzen von Dienstpflichten“ sowie „fortgesetzt massiv vertrauensschädigendes Verhalten“ an[8]. Unmittelbar vor der Suspendierung wurde im Nachrichtenmagazin Profil ein Interview Haidingers veröffentlicht, in dem er schwere Vorwürfe gegen das Innenministerium erhob. Er erklärte, in einem Brief an die Innenministerin die gröbsten Fehler der Polizeireform aufgelistet zu haben. Zur Antwort sei er bedroht worden, wenn er nicht den Mund halte, werde weiter gegen ihn vorgegangen werden. Des Weiteren meinte er, das Bundeskriminalamt sei zu einer „Außenstelle der ÖVP“ verkommen.[9]

Ein durch Haidinger angestrengter Prozess gegen die ÖVP, die ihn in einer Aussendung als Garant für Lügen[10] bezeichnet haben soll, scheiterte im Jänner 2009 daran, dass er als Beamter nicht von seiner Verschwiegenheitspflicht befreit wurde[10]. Im September 2009 wurde die ÖVP schließlich, nicht rechtskräftig, vor dem Wiener Straflandesgericht nach § 6 Mediengesetz wegen übler Nachrede verurteilt. Die Richterin stellte fest, dass das umfangreiche Beweisverfahren „keine Anhaltspunkte ergeben, dass Haidinger gelogen, die Unwahrheit gesagt oder vernadert hätte“.[11][12]

Die zuständige Disziplinarkommission im Innenministerium hob mit dem 5. Februar 2009 Haidingers Suspendierung auf und stellte das gegen ihn geführte Disziplinarverfahren in fünf von elf Punkten ein[10][13][14].

Ebenfalls im Februar 2009 stellte die Staatsanwaltschaft Wien ihre Verfahren gegen den früheren Kabinettschef im Innenministerium ein, die sich zumindest teilweise auf Haidingers Vorwürfe stützten[15]. Teilweise [sei] die Beweislage mehr als dürftig [gewesen], teilweise […] die Vorwürfe klar widerlegt [worden][15].

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2001 erhielt er einen Big Brother Award als großer Verfechter von Überwachungstechnologie und -schnittstellen[16].

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Der Standard, Februar 2008
  2. Kleine Zeitung: Warum packen Sie denn erst jetzt aus, Herr Haidinger?, 17. Februar 2008
  3. Pressemitteilung des Innenministeriums, 6. August 2002: Dr. Herwig Haidinger zum Direktor des Bundeskriminalamts bestellt
  4. Die Presse, 5. Februar 2008: Politik im Polizeisumpf
  5. Der Standard, 3. März 2008: FAQ: Ein Ministerium im Zwielicht
  6. Vienna Online, 14. Februar 2008: Chronologie der Affäre Haidinger
  7. Der Standard, Februar 2008: BK-Chef Haidinger: Ablöse, „weil ich mich nicht korrumpieren ließ“
  8. Die Presse, 4. November 2008: Kritischer Ex-BK-Chef Haidinger suspendiert
  9. Profil, 1. November 2008: Ex-BKA-Chef Haidinger erhebt schwere Vorwürfe: Wettert gegen Innenministerium
  10. a b c http://www.vienna.at/news/chronik/artikel/causa-haidinger---chronologie/cn/apa-114730712@1@2Vorlage:Toter Link/www.vienna.at (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven)
  11. Üble Nachrede − ÖVP verliert Prozess gegen Haidinger. Krone.at, 30. September 2009, abgerufen am 1. Oktober 2009 (Grammatikfehler übernommen).
  12. „Garant für Lügen“: ÖVP muss Haidinger Entschädigung zahlen. DiePresse.com, 30. September 2009, archiviert vom Original am 3. Oktober 2009;.
  13. http://www.apa.at/cms/site/news_item.html?channel=CH0071&doc=CMS1234266670262@1@2Vorlage:Toter Link/www.apa.at (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven)
  14. Ein Jahr Causa Haidinger. In: oesterreich.orf.at. 10. Februar 2009, abgerufen am 26. November 2017.
  15. a b Staatsanwaltschaft stellt Verfahren gegen Ita ein. In: derStandard.at. 13. Februar 2009, abgerufen am 15. Dezember 2017.
  16. Big Brother Awards, 2001