Hoffmannscher Ringofen

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Der Hoffmannsche Ringofen (kurz Ringofen) ist eine Einrichtung zum effektiven kontinuierlichen Brennen von Ziegeln, Kalk und Gips. Er ist nach dem Ingenieur Friedrich Eduard Hoffmann benannt, der ihn 1859 zum Patent angemeldet hatte. Der Ringofen ist der Vorläufer der modernen Tunnelöfen als Durchlauföfen. Erfunden wurde der Ringofen bereits 1839 in Fürstenwalde.

Modernerer ovaler Ringofen im Ziegeleipark Mildenberg
Arbeiter vor einem ovalen Ringofen in Slagsta in Schweden um 1890

Funktionsprinzip[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ovaler Ringofen der Ziegelei Uttum
Schürebene des Hoffmannschen Ringofens der Ziegelei Pape in Bevern
Funktion des Hoffmannschen Ringofens anhand der Ziegelei Pape in Bevern

Der Ringofen besteht aus einem großen Kreis oder Oval mit etwa 14 bis 20 Kammern, in denen unabhängig voneinander ein Feuer unterhalten werden kann, das die ebenfalls in der Kammer befindlichen getrockneten Ziegelrohlinge brennt. Nach dem Brennvorgang lässt man in einer Kammer das Feuer verlöschen, und die nächste Kammer wird mit Brennstoff beschickt. Dadurch wandert in etwa ein bis zwei Wochen das Feuer einmal um das Oval. Durch Be- und Entlüftung der Kammern erwärmen die gebrannten Ziegel die Zuluft für das Feuer, was diese wiederum schneller abkühlen lässt, während die heißen Abgase die Rohlinge trocknen und vorerhitzen. Gegenüber der beheizten befinden sich die jeweils kühlsten Kammern. Hier werden die fertigen Ziegel entnommen und die Kammer neu befüllt.

Als Brennmaterial dient üblicherweise gemahlene Kohle, die von der Oberseite des Ofens durch senkrechte Kanäle in die Kammern geschüttet wird. Meist wird in drei Kammern gleichzeitig gebrannt: In der ersten brennt das schwache Vorfeuer, das zum langsamen Erwärmen der Ziegel dient, in der zweiten brennt das starke Hauptfeuer, das den eigentlichen Brennvorgang bildet, und in der dritten Kammer brennt das wiederum schwache Nachfeuer. Da das Feuer ja immer weiterwandert, brennt in jeder Kammer nacheinander einmal das Vor-, Haupt- und Nachfeuer.

Die Stärke des Feuers wird durch die Menge des Brennstoffs reguliert und darüber, wie schnell hintereinander Brennstoff eingeschüttet wird. Dies verlangte vom Brennmeister große Aufmerksamkeit und viel Erfahrung. Später wurde dieser Vorgang teilweise automatisiert, indem man Schürapparate entwickelte. Dabei handelte es sich um Behälter mit Brennstoff, die über die Feuerungskanäle gestellt wurden. Durch ein Gestänge wurde in gewissen Zeitabständen eine Klappe geöffnet und eine einstellbare Brennstoffmenge fiel selbsttätig in die Brennkammer.[1]

Entwicklung und Bedeutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 27. Mai 1858[2] wurde dem königlich-preußischen Baumeister in Berlin Friedrich Eduard Hoffmann in Preußen ein Patent zur „Erfindung eines ringförmigen Ofens zum ununterbrochenen Brennen aller Arten von Ziegeln, Tonwaren, Kalk, Gips und dergleichen“ erteilt. Er hatte dieses zusammen mit Julius Albert Gottlieb Licht, Stadtbaurat von Danzig, angemeldet. Daher wurden diese Öfen auch Ringöfen nach System Hoffmann-Licht genannt. Für das Patent wurde Hoffmann auf der Pariser Weltausstellung von 1867 mit einem ersten Preis (Grand Prix) ausgezeichnet. Das Erprobungsmuster für das Patent befand sich in Scholwin bei Stettin. Nachdem das Versuchsmodell noch nicht recht überzeugte, ließ Hoffmann mit finanzieller Unterstützung des Baumeisters Kaltenbach am Brandvorwerk bei Leipzig einen verbesserten Ofen errichten.[3] Das Patent wurde ihm später in Preußen, Kurhessen und Italien aberkannt, nachdem die Konkurrenz behauptet hatte, dass der Maurermeister Arnold aus Fürstenwalde bereits 1839 den Ringofen erfunden, aber kein Patent angemeldet hatte. Doch behielt Hoffmann noch in über dreißig anderen Staaten sein Patent. 1873 wurde Arnold für seine Erfindung Ehrenbürger von Fürstenwalde.[4]

Der Ringofen revolutionierte die Ziegelindustrie des 19. Jahrhunderts. Der kontinuierliche Brand lieferte zum ersten Mal eine gleichbleibende Qualität der Ziegel, während das Ergebnis in den vorher üblichen Kammeröfen nach jedem Brand anders aussah. Außerdem brannten die Ringöfen erstmals ununterbrochen Tag und Nacht, was den Bedarf an Arbeitskräften sprunghaft anwachsen ließ, zugleich aber auch eine vorher nie gekannte Steigerung der Ziegelproduktion ermöglichte.

Seit 1859 änderte sich das Bild der Häuser von grau (Schilf- und Strohdach, Strauch-, Holz-, Lehmwände) zu rot (Dachpfannen, Ziegelhaus, weniger Feuergefahr). Ziegelrohre ermöglichten Kanalisation sowie unterirdische Drainage und Entwässerung von Feldern.

Heute erfolgt die Ziegelherstellung maschinell. Einige wenige Ringöfen blieben erhalten und werden als Industriedenkmale geschützt. Der älteste noch vollständig erhaltene Ringofen Hoffmannscher Bauart in Deutschland befindet sich in Großtreben in Sachsen. Er wurde 1861–65 erbaut und ab 2010 saniert.[5] Eine der letzten Ziegeleien in Deutschland, die noch einen Ringofen betreibt, ist die Firma Rusch in Drochtersen. In Österreich arbeitet noch das Ziegelwerk Pottenbrunn mit einem Ringofen.[6] In Entwicklungsländern werden sie aber weiterhin verwendet. So sind zum Beispiel im Kathmandutal in Nepal 2009 noch über 90 Ringöfen im Betrieb.

Runde Ringöfen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rechteckige Ringöfen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ovale Ringöfen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Detailbilder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erhaltene Ringöfen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Brandenburg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Altglietzen, Chausseestraße 60: Länglich-quadratischer Ringofen der „Dampfziegelei Hietzig“[7] auf der Neuenhagener Insel im Oderbruch
  • Klausdorf, Pappelallee 1: auf dem Gelände der Märkischen Ziegel GmbH Klausdorf, Ruine eines runden(?) Ringofens nach Hoffmann, ab 1868?
  • Werder-Glindow, Ziegelei Glindow: noch aktiver Hoffmannscher Ringofen, Führungen durch den inaktiven Ofen möglich
  • Wiesenburg-Reetz: ovaler Ringofen der Ziegelei Reetz
  • Zehdenick-Mildenberg, Museum Ziegeleipark Mildenberg: ovaler Ringofen, nicht vor 1887

Mecklenburg-Vorpommern[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Benzin: Hoffmannscher Ringofen der „Ziegelei Benzin“ von 1907/08, bis 1990 in Betrieb.
  • Hagenow: Ringofen der Ziegelei Hagenow, größter Ringofen in Mecklenburg-Vorpommern.

Niedersachsen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Bremervörde-Bevern, Malstedter Straße 38: erhaltener ovaler Ringofen der Ziegelei Pape
  • Drochtersen: aktiver Ringofen der noch arbeitenden Firma Rusch
  • Hannover-Ahlem, Willy-Spahn-Park: ovaler Ringofen System Hoffmann, von 1925
  • Krummhorn-Uttum: Ringofen der Alten Ziegelei in Uttum, von 1898
  • Sehnde: Keramische Hütte, Ringofen von etwa 1900, durch Brand 2022 zerstört
  • Ziegeleimuseum Westerholt

Nordrhein-Westfalen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rheinland-Pfalz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sachsen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Geithain-Sommerhof, Am Kalkweg 10: teilrestaurierter runder Ringofen System Hoffmann und Licht, nach preußischem Patent von 1858 (des ehemaligen Kalkwerkes Heinrich Bauch), Inbetriebnahme am 20. Juli 1869[8], 1870[9] besichtigte der sächsische König Johann bei einem Besuch in Geithain den hier errichten Ringofen, ältester teil-erhaltener Hoffmannscher Ringofen in Sachsen, genutzt bis 1910 (Teilabriss), erhalten ohne Schornstein, restauriert; sowie Reste zweier Öfen nahe dem Bahnhof Geithain
  • Großtreben-Zwethau: angeblich ältester erhaltener Ringofen Europas in Großtreben, ältester vollständig erhaltener Ringofen Hoffmannscher Bauart in Deutschland (erbaut 1861–65)
  • Niederwürschnitz: Ringofen auf dem Gelände der Alten Ziegelei

Sachsen-Anhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Elbe-Parey: runder Ringofen nach Hoffmann und Licht von 1885, ruinös
  • Bornstedt-Neuglück: 2 runde Ringöfen, beide ruinös

Dänemark[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Großbritannien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Prestongrange Colliery, Industriemuseum Prestongrange Industrial Heritage Museum mit Ringöfen und Steinkohlebergwerk, Schottland

Italien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Österreich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ungarn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Szentes: ehemalige Ziegelei Zsoldos

Asien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Nogi Town, Tochigi: runder Ringofen nach System Hoffmann, erbaut 1889, ehemals Shimotsuke Brickyard Co. Ltd., Japan
  • Kaohsiung City, Sanmin District: langer Ofen, ehemals Tangrong Ziegelfabrik, Taiwan

Trivia[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Theaterstück Der Lohndrücker, das sich mit den Produktionsbedingungen in der DDR direkt nach dem Zweiten Weltkrieg auseinandersetzt, legt Heiner Müller die Handlung um einen Ringofen an, der im laufenden Betrieb repariert werden soll.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Dokumentation über den Betrieb eines Ringofens aus dem frühen 20. Jahrhundert: https://www.youtube.com/watch?v=ToQNMUtNA74
  2. Kölnische Zeitung Nr. 149 v. 31. Mai 1858, S. 1
  3. Liebmann, Michael: Der Hoffmannsche Ringofen in Leipzig-Brandvorwerk - eine Revolution im Ziegeleiwesen. In: Leipziger Blätter 82, 2023, S. 46–49.
  4. 725 Jahre Fürstenwalde S.3, rechte Spalte, 4. Absatz (pdf, 1,9 MB)
  5. Landesamt für Denkmalpflege Sachsen: Die reiche sächsische Denkmallandschaft. Ausgewählte Förderprojekte. Dresden 2014, S. 16/17
  6. a b Ziegelwerk Nicoloso; abgerufen am 10. Dezember 2022
  7. Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum (Hrsg.): Denkmalliste des Landes Brandenburg, Landkreis Märkisch-Oderland, Zossen 2019, ID-Nummer 09180215
  8. Infotafel am Ofen beim Gasthof Sommerhof, Geithain, Am Kalkweg 10, Sachsen, 2020
  9. Ringofen in Geithain-Sommerhof
  10. „Original Wiener Ringofenmuseum“

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Hoffmannsche Ringöfen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien