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Hubert Weinzierl

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Hubert Weinzierl (links) mit Hubert Weiger, 1994

Hubert Weinzierl (* 3. Dezember 1935 in Ingolstadt; † 16. Juni 2025 in Wiesenfelden)[1] war ein deutscher Natur- und Umweltschützer. Weinzierl engagierte sich in der Ökologiebewegung und galt laut einer Rede aus dem Jahr 2000 vom damaligen Umweltminister Jürgen Trittin als die Integrationsfigur „von klassischem Naturschutz und moderner Umweltpolitik“ in Deutschland.[2] Von 1969 bis 2002 war er Vorsitzender des Bundes Naturschutz in Bayern. Mit Weinzierl kam die Wende im Bund Naturschutz vom unpolitischen und eher geselligen Verein zum naturschutz- und umweltpolitischen Interessenverband sowie die bundesweite Ausdehnung zum Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), dessen Vorsitzender er von 1983 bis 1998 war.

Der Sohn des Unternehmers Paul Weinzierl und seiner Frau Thekla (geborene Waldherr) besuchte das Reuchlin-Gymnasium und studierte Forstwissenschaft an der Universität München. Dieses Studium schloss er 1958 als Diplom-Forstwirt ab. Es folgte das Referendariat in der Bayerischen Staatsforstverwaltung und das Studium praktischer Landwirtschaft. Seit dieser Zeit betätigte er sich als Unternehmer sowie Land-, Forst- und Teichwirt. Weinzierl war aufgrund seiner Tätigkeit als Förster selbst aktiver Jäger und war zudem Mitinitiator des Ökologischen Jagdvereins Bayern (ÖJV Bayern) sowie Teilnehmer an dessen Gründungsversammlung im Münchner Hofbräuhaus am Hubertustag 1988.[3][4][5]

Bereits seit 1953 in der Naturschutzbewegung aktiv, wurde Weinzierl 1964 ins Präsidium des Deutschen Naturschutzrings e. V. (DNR) berufen. Von 1965 bis 1972 war er ehrenamtlicher Regierungsbeauftragter für Naturschutz in Niederbayern. In der Zeit von 1969 bis 2002 war er Vorsitzender des Bundes Naturschutz in Bayern.

Als Sonderbeauftragter des Deutschen Naturschutzrings (DNR) organisierte er 1970 das Europäische Naturschutzjahr. Im Jahr 1975 war er Gründungsmitglied des „Bund Natur und Umweltschutz Deutschland e. V.“ der heute als BUND bekannt ist. von 1983 bis 1998 war er auch dessen Vorsitzender.

Er nahm als Mitglied der deutschen Delegation am Erdgipfel von Rio 1992 und zehn Jahre später am Nachhaltigkeitsgipfel in Johannesburg teil. Von Dezember 2000 bis 2012 war er Präsident des DNR, 2001 wurde er Mitglied im Rat für Nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung und von 2005 bis 2013 war er Vorsitzender des Kuratoriums der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU).[6]

Zuletzt lebte der Land- und Forstwirt mit seiner Frau, der katholischen Theologin Beate Seitz-Weinzierl, in Wiesenfelden in Niederbayern, wo beide ein Umweltbildungszentrum aufbauten. Weinzierl sagte dazu: „Meine Aufgaben drängen mich immer wieder nach Berlin und an Verhandlungstische, aber meine Seele lebt im Bayerischen Wald, wo meine Frau und ich mit vielen Tieren zusammen unsere Heimat haben und Kraft schöpfen.“[7]

Es gab Auseinandersetzungen zwischen Weinzierl und seinem Nachfolger als Vorsitzender des Bundes Naturschutz, Hubert Weiger: „Dem schöngeistigen Ökopionier folgte der robuste Ökofunktionär Weiger … Das Verhältnis Weinzierls zu seinem Nachfolger ist zerrüttet.“[8] Als Folge der Auseinandersetzungen wurde das Umweltinformationszentrum auf Schloss Wiesenfelden von Weinzierl privat und nicht mehr vom Bildungswerk des Bund Naturschutz betrieben.

2015 wurde Weinzierl, der seit 2011 erblindet war,[9] Ehrenpräsident im neu gegründeten Verein für Landschaftspflege und Artenschutz in Bayern (VLAB).[10]

Am 16. Juni 2025 starb Hubert Weinzierl im Alter von 89 Jahren in Wiesenfelden, wo er in seinen letzten Lebensjahren von seiner Frau gepflegt worden war.[11]

Unter der Überschrift „Der Cheflobbyist der Natur“ würdigte ihn Sebastian Beck in einem Nachruf in der Süddeutschen Zeitung: „Hubert Weinzierl hat den Umwelt- und Naturschutz nach dem Krieg geprägt wie kein anderer. Auf sein Lebenswerk schaute er mit einer Mischung aus Resignation und Hoffnung...Für eine ganze Generation junger Menschen galt in Bayern und darüber hinaus eine schlichte Gleichung: Naturschutz = Weinzierl“.[12]

„Das Sterben der Wälder wird unsere Länder stärker verändern als der zweite Weltkrieg.“[13]

„Als in den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts ein Schifffahrtskanal durch ein Kleinod deutscher Kulturlandschaften, durch das Altmühltal gebaut werden sollte, gab es darüber einen erbitterten Streit zwischen Naturschützern und Fortschrittsgläubigen (…) Und jetzt die Windkraft (…) Es darf nicht sein, dass wir Herzstücke unserer Heimat preisgeben, die wir zuvor jahrzehntelang verteidigt haben.“[14]

„Wir werden mit allen legalen Mitteln Widerstand machen.“[15]

„Die Staatsregierung wird dort eine Niederlage erleben wie in Wackersdorf.“[16]

  • 1985: Passiert ist gar nichts. Eine deutsche Umweltbilanz. Kösel-Verlag, München 1985, ISBN 3-466-11060-2.[17]
  • 1991: Ökologische Offensive. Umweltpolitik in den 90er Jahren. Heyne-Verlag, München 1991, ISBN 3-453-05552-7.[18]
  • 1993: Das grüne Gewissen. Selbstverständnis und Strategien des Naturschutzes. 221 Seiten. Verlag Weitbrecht, Stuttgart 1993, ISBN 3-522-71360-5.
  • 2006: Still erlischt das Feenkraut. Gedichte. 64 Seiten mit Bildern von Rita Mühlbauer. SüdOst-Verlag, Waldkirchen 2006, ISBN 3-89682-143-1.
  • 2008: Zwischen Hühnerstall und Reichstag. Erinnerungen. 295 Seiten mit zahlreichen Abbildungen. MZ-Buchverlag, Regensburg 2008, ISBN 3-934863-37-X.

Ehrungen und Auszeichnungen

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Commons: Hubert Weinzierl – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Thomas Balbierer: Naturschutz-Pionier Hubert Weinzierl ist tot. sueddeutsche.de, 17. Juni 2025, abgerufen am 17. Mai 2025.
  2. Bundesumweltminister Jürgen Trittin gratuliert Hubert Weinzierl zur Wahl als DNR-Präsident BMU vom 9. Dezember 2000
  3. Heribert Kalchreuter: Die Sache mit der Jagd. Kosmos, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-440-15205-8, Beispiel Rabenvögel: „So hatte der damals noch praktizierende Naturschützer und Jäger und heutige Präsident des DNR, Hubert Weinzierl, seine Erkenntnisse als Anweisungen zur Gestaltung von Jagdrevieren (Weinzierl 1968) folgendermaßen dargestellt:“
  4. Hubert Weinzierl zum 75. In: jagderleben.de. 7. März 2017, archiviert vom Original am 17. September 2019; abgerufen am 17. September 2019.
  5. Wolfgang Kornder: Impressionen von der Festveranstaltung – Ökologischer Jagdverband Bayern. In: Ökologischer Jagdverein Bayern e. V. Abgerufen am 29. November 2018.
  6. „Hubert Weinzierl war Vorbild und Vordenker für mehr Umweltschutz“, Pressemitteilung der DBU vom 17. Juni 2025
  7. Hubert Weinzierl zum 70. Geburtstag Umweltschutz-NEWS vom 5. Dezember 2005
  8. Georg Etscheit: Gut gegen gut, in: Ders. (Hrsg.): Geopferte Landschaften. Wie die Energiewende unsere Umwelt zerstört. München (2016), S. 16–26, hier S. 21.
  9. „Ich bin ein pathologischer Optimist“ www.sueddeutsche.de, 2. Dezember 2015
  10. H. Weinzierl wird Ehrenpräsident des VLAB (2015) Verbandssite: landschaft-artenschutz.de
  11. idowa, Straubing Germany: Trauer im Kreis Straubing-Bogen: Umweltpionier Hubert Weinzierl ist tot. Abgerufen am 17. Juni 2025.
  12. Sebastian Beck: Nachruf: Der Cheflobbyist der Natur. sueddeutsche.de, 17. Juni 2025, abgerufen am 21. Juni 2025.
  13. Begrabt das Waldsterben, In: Novo, 79, S. 16 ff., 1. November 2005
  14. H. Weinzierl: Die Grenzen der Kompromisse. In: G. Etscheit (Hrsg.): Geopferte Landschaften. Wie die Energiewende unsere Umwelt zerstört. München 2016, S. 317.
  15. Entscheidung WAA-Standort Wackersdorf (4. Februar 1985) mit Hubert Weinzierl und Hans Schuierer in Schwandorf auf BR24 – Retro vom 4. Februar 2025, 2 Min
  16. Aus Schwaben und Altbayern zum Donauausbau zwischen Straubing und Vilshofen mit Hubert Weinzierl (BN) und Konrad Weckerle (RMD AG), Aus Schwaben und AltbayernBR 1992, ab Min 15
  17. Weinzierl 1985 (Umweltbilanz) – 230 Seiten mit 31 Karikaturen.
  18. Weinzierl 1991 (Offensive) – 190 Seiten mit 30 Grafiken.