Hylbrownit

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Hylbrownit
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

2010-054[1]

IMA-Symbol

Hbw[2]

Chemische Formel Mg2+Na3(P3O10)·12H2O[3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Phosphate, Arsenate, Vanadate
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

7/C.37-005[4]
VII/C.37-005

8.FC.[5]
46.04.01.
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin[3]
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m
Raumgruppe P21/n (Nr. 14, Stellung 2)Vorlage:Raumgruppe/14.2[3]
Gitterparameter a = 14,722(3) Å; b = 9,240(2) Å; c = 15,052(3) Å
α = 90°; β = 90,01(3)°; γ = 90°[3]
Formeleinheiten Z = 4[3]
Häufige Kristallflächen {010}, {100}, {001}, {210}, {201}[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte nicht bestimmt[3]
Dichte (g/cm3) gemessen: 1,81(4); berechnet: 1,82[3]
Spaltbarkeit gut nach {001} und {100}[3]
Bruch; Tenazität uneben[3]
Farbe farblos[3]
Strichfarbe weiß[3]
Transparenz transparent[3]
Glanz Glasglanz[3]
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,390(4)
nβ = 1,421(4)
nγ = 1,446(4)
Doppelbrechung δ = 0,031-0,056[3]
Optischer Charakter zweiachsig negativ[3]
Achsenwinkel 2V = 82,2° (berechnet)[3]
Pleochroismus keiner[3]

Das Mineral Hylbrownit ist ein sehr seltenes, wasserhaltiges Triphosphat mit der chemischen Zusammensetzung Mg2+Na3(P3O10)·12H2O. Es kristallisiert mit monokliner Symmetrie und bildet weiße, radialstrahlige Aggregate farbloser, nadeliger bis haarförmiger Kristalle, die selten größer als 0,12 mm werden.[3]

Hylbrownit bildet sich sekundär bei sehr niedrigen Temperaturen um 25 °C und ist bislang (2020) nur von zwei Fundorten bekannt. Die Typlokalität ist die Dome Rock Kupfermine im Boolcoomatta Reserve im Olary-Distrikt in South Australia, ~50 km westlich von Broken Hill, Australien.[3]

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der australische Geologe Henry Yorke Lyell Brown um 1900

Verbindungen des Typs M2+Na3(P3O10)·12H2O, worin M2+ für zweiwertige Kationen steht, sind spätestens seit 1899 bekannt, als Paul Glühmann in seiner Dissertation an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin das Cadmiumsalz dieses Typs beschrieb.[6] Die erste Synthese und Strukturbestimmung des Mg-Vertreters dieser Gruppe erfolgten 1972 durch Emile Rakotomahanina-Rolaisoa und Mitarbeiter.[7]

Natürliche Polyphosphate waren lange Zeit unbekannt und man ging davon aus, dass sie sich unter geologisch relevanten Bedingungen nicht bilden können,[8][9] bis 1983 mit Canaphit das erste natürliche Diphosphat[9] und 1997 das erste natürliche Triphosphat Kanonerovit beschrieben wurde.[10]

Die Dome Rock Kupfermine war in den 1980er Jahren eine bekannte Quelle für sekundäre Arsenate und ist die Typlokalität von Cobaltaustinit und Domerockit. Die Handstücke, auf denen das dritte dort entdeckte Mineral, Hylbrownit, gefunden wurde, wurden vermutlich bereits in dieser Zeit gesammelt. Beschrieben und als neues Mineral anerkannt wurde Hylbrownit fast 30 Jahre später durch P. Elliott und Mitarbeitern von der University of Adelaide. Sie benannten das neue Mineral nach dem staatlichen Geologen von South Australia, Henry Yorke Lyell Brown (1844–1928), der als einer der ersten das Landesinnere des Staates erforschte und 1899 die erste geologische Karte der Kolonie erstellte.[3]

Hylbrownit ist nach Kanonerovit das zweite bekannte Mineral mit einem Triphosphat-Anion.[3]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Da Hylbrownit erst 2010 als eigenständiges Mineral anerkannt wurde, ist es in der seit 1977 veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz noch nicht verzeichnet. Einzig im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VII/C.37-005. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort der Abteilung „Wasserhaltige Phosphate, ohne fremde Anionen“, wo Hylbrownit zusammen mit Kanonerovit die Gruppe „Wasserfreie Triphosphate [P3O10]5-“ bildet (Stand 2018).[11]

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) bis 2009 aktualisierte[12] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik führt den Hylbrownit noch nicht auf. Er wäre zusammen mit Kanonerovit in der Gruppe 8.FC.30 in der Unterabteilung „Diphosphate usw. mit ausschließlich H2O“, Abteilung „Polyphosphate, Polyarsenate, [4]-Polyvanadate“ zu finden.

Auch in der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana würde den Hylbrownit in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort in die Abteilung der „Basische oder Halogen-haltige Antimonite, Arsenite und Phosphite“ einordnen. Hier wäre er mit Kanonerovit in der unbenannten Gruppe 46.04.01 innerhalb der Unterabteilung „Basische oder halogenhaltige Antimonite, Arsenite und Phosphite mit (A B)m (XO3)p Zq × x(H2O)“ zu finden.

Chemismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hylbrownit ist das Magnesiumanalog von Kanonerovit und hat die vereinfachte Zusammensetzung Mg2+Na3(P3O10)·12H2O. Die gemessene Zusammensetzung von Hylbrownit aus der Typlokalität ist:

  • (Mg2+0,99Ca2+0,04)(Na2,93)(P2,99O9,97)·12,03H2O.[3]

Synthetisch sind noch einige weitere Verbindungen dieses Typs bekannt:

  • Cd2+Na3(P3O10)·12H2O[7][6]
  • Ni2+Na3(P3O10)·12H2O[7][13]
  • Co2+Na3(P3O10)·12H2O[7][13]
  • Zn2+Na3(P3O10)·12H2O[7]
  • Mn2+Na3(P3O10)·12H2O[7][14]
  • Cu2+Na3(P3O10)·12H2O[15]
  • Mg2+Na3(P3O10)·12H2O[7]

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hylbrownit kristallisiert mit monokliner Symmetrie der Raumgruppe P21/n (Raumgruppen-Nr. 14, Stellung 2)Vorlage:Raumgruppe/14.2 und 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle. Der natürliche Hylbrownit aus der Typlokalität hat die Gitterparameter a = 14,722(3) Å, b = 9,33(2) Å, c = 15,13(1) Å und ß=89,8(1).[10] Für das reine synthetische Equivalent von Hylbrownit wurden die Gitterparameter a = 14,763(2) Å, b = 9,240(2) Å, c = 15,052(3) Å und ß=90,01(3)° bestimmt.[14]

Phosphor (P5+) besetzt drei tetraedrisch von 4 Sauerstoffionen umgebene Positionen. Die drei Tetraeder sind über gemeinsame Sauerstoffionen der PO4-Tetraederecken zu einer P3O10-Gruppe verbunden.[14][6][3]

Magnesium (Mg2+) ist von drei Sauerstoffen und drei Wassermolekülen in Form eines verzerrten Oktaeders umgeben, wobei die drei Sauerstoffe zu je einer Ecke eines PO4-Tetraeders einer P3O10-Gruppe gehören.[14][6][3]

Diese [MgP3O10 (H2O)3]3--Komplexe werden durch Na+-Ionen und Wasserstoffbrückenbindungen zusammengehalten.[6]

Natrium (Na+) sitzt auf drei verschiedenen Positionen, wo es entweder oktaedrisch von einem Sauerstoff und 5 Wassermolekülen (Na1, Na3) oder einem Sauerstoff und 4 Wassermolekülen in Form einer stark verzerrten quadratischen Pyramide (Na2) umgeben ist. Sehr schwache Bindungen zu einem ~3,1 Å entfernten Sauerstoff und dem Sauerstoff eines weiteren Wassermoleküls erhöhen die Koordinationszahl auf 7.[3]


Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hylbrownit scheidet sich bei sehr niedrigen Temperaturen von 25 °C oder weniger aus phosphatführenden Lösungen ab.[7][3]

Bislang (2020) ist das Mineral Hylbrownit nur an zwei Fundorten dokumentiert worden.[16] Die Typlokalität ist die Dome Rock Kupfermine im Boolcoomatta Reserve im Olary-Distrikt in South Australia, ~50 km westlich von Broken Hill, Australien. Es tritt hier in einem schmalen Spalt auf blass grünem Conichalcit und auf Krusten aus Chrysokoll oder einem amorphen Kupfer-Mangan-Cobalt-Silikat auf. In einem zweiten Handstück derselben Lokalität fand sich Hylbrownit auf einem von Eisenoxiden durchsetzten Quarzit zusammen mit Cuprit, Malachit, Azurit und Goethit. Zusammen mit Hydroxylapatit ist es das einzige sekundäre Phosphat am Fundort. Quelle des Phosphors sind vermutlich phosphathaltige Pegmatite in der näheren Umgebung.[3]

Der zweite dokumentierte Fundort ist ein Chlorit-Aufschluss in den Serpentiniten des Sassi Neri-Sodera-Gebiet in der Gemeinde Impruneta der Metropolitanstadt Florenz in der Toskana, Italien. Hylbrownit findet sich hier in Form millimetergroßer Büschel oder radialstrahliger Aggregate auf Chrysotil.[17]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. In: cnmnc.main.jp. Abgerufen am 5. Januar 2023.
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z aa P. Elliott, J. Brugger, T. Caradoc-Davies, A. Pring: Hylbrownite, Na3MgP3O10·12H2O, a new triphosphate mineral from the Dome Rock Mine, South Australia: description and crystal structure. In: Mineralogical Magazine. Band 77, 2013, S. 385–398 (rruff.info [PDF; 367 kB; abgerufen am 4. Mai 2020]).
  4. Mineralienatlas: Hylbrownit
  5. Hylbrownite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 10. Mai 2020 (englisch).
  6. a b c d e Vladimir Lutsko and Georg Johansson: The Crystal structure of trisodium cadmium triphosphate Na3CdP3O10[H2O]12. In: Acta Chemica Scandinavica. A38, 1984, S. 415–417 (actachemscand.org [PDF; 388 kB; abgerufen am 22. April 2020]).
  7. a b c d e f g h Emile Rakotomahanina-Rolaisoa, Marie-Thérèse Averbuch, André Durif-Varambon: Données cristallographiques sur les triphosphates du type MIINa3P3O10•12H2O pour MII = Ni, Co, Mn, Mg, Zn et Cd. In: Bulletin de la Société française deMinéralogie et de Cristallographie. Band 95, 1972, S. 516–520 (persee.fr [PDF; 843 kB; abgerufen am 19. April 2020]).
  8. K. Byrappa: The possible reasons for the absence of condensed phosphates in nature. In: Physics and Chemistry of Minerals. Band 10, 1983, S. 94–95, doi:10.1007/BF00309591.
  9. a b Roland C. Rouse, Donald R. Peacor, Robert L. Freed: Pyrophosphate groups in the structure of canaphite, CaNa2P2O7·4H2O: The first occurrence of a condensed phosphate as a mineral. In: American Mineralogist. Band 73, 1988, S. 168–171 (rruff.info [PDF; 448 kB; abgerufen am 10. Februar 2020]).
  10. a b V. I. Popova, V. A. Popov, E. V. Sokolova, G. Ferraris, N. V. Chukanov: Kanonerovite, MnNa3P3O10·12H2O, first triphosphate mineral (Kazennitsa pegmatite, Middle Urals, Russia). In: Neues Jahrbuch für Mineralogie – Monatshefte. Band 3, 2002, S. 117–127 (researchgate.net [PDF; 224 kB; abgerufen am 19. April 2020]).
  11. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  12. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF 1816 kB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 8. April 2020 (englisch).
  13. a b Khalil Azzaoui, Rachid Essehli, El Miloud Mejdoubi, Brahim El Bali, Michal Dusek and Karla Fejfarova: Na3MP3O10·12H2O(M=Co, Ni): Crystal Structure andIR Spectroscopy. In: International Journal of Inorganic Chemistry. Band 2012, 2012, S. 1–6 (hindawi.com [PDF; 2,7 MB; abgerufen am 22. April 2020]).
  14. a b c d P. Lightfoot and A. K. Cheetham: Structure of manganese(II) trisodium tripolyphosphate dodecahydrate. In: Acta Crystallographica. C43, 1987, S. 4–7, doi:10.1107/S0108270187097221.
  15. O. Jouini, M. Dabbabi, M. T. Averbuch-Pouchot, A. Durif et J. C. Guitel: Structure du triphosphate de cuivre(II) et de trisodium dodécahydraté, CuNa3P3O10.12H2O. In: Acta Crystallographica. C40, 1984, S. 728–730, doi:10.1107/S0108270184005503.
  16. Fundortliste für Hylbrownit beim Mineralienatlas und bei Mindat
  17. C. Batacchi, M. Capperi, C. Cosci, E. Bittarello, M. E. Ciriotti, B. Prosperi, G. Borselli, B. Fassina, L. Ceccantini: Secondo ritrovamento mondiale di hylbrownite e altre nuove identificazioni nelle serpentiniti di Impruneta, Toscana. In: Micro. Band 1, 2015, S. 40–51 (researchgate.net [PDF; 8,6 MB; abgerufen am 10. Mai 2020]).