Idoménée

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Operndaten
Titel: Idoménée

Titelblatt des Librettos, Paris 1712

Form: Tragédie en musique in einem Prolog und fünf Akten
Originalsprache: Französisch
Musik: André Campra
Libretto: Antoine Danchet
Uraufführung: 12. Januar 1712
Ort der Uraufführung: Théâtre du Palais-Royal, Paris
Ort und Zeit der Handlung: Sydonie, Hauptstadt Kretas, mythische Zeit
Personen

Prolog

  • Eole, Gott der Winde
  • Venus
  • Gefolge Eoles
  • Chor der Winde
  • Gefolge der Venus
  • Chor der Grazien und Vergnügen
  • Meeresgottheiten

Tragödie

  • Idoménée, König von Kreta
  • Arcas, Vertrauter Idoménées
  • Arbas, Gefolgsmann Idamantes
  • Ilione, trojanische Prinzessin, Tochter Priamos’, geliebt von Idoménée und Idamante
  • Electre, Tochter Agamemnons, Geliebte Idamantes
  • Neptune
  • Venus
  • La Jalousie, die Eifersucht
  • Protée
  • sechs Opferpriester Neptunes
  • eine Kreterin
  • Kreter und Trojaner
  • Gefolge von La Jalousie
  • Matrosen
  • Zwei Schäferinnen
  • eine weitere Kreterin
  • Schäfer, Schäferinnen, Argier
  • Nemesis

Idoménée (deutsch: Idomeneus) ist eine Oper des französischen Komponisten André Campra mit einem Libretto von Antoine Danchet. Das Werk aus dem Jahr 1712 ist in der Form einer Tragédie en musique in einem Prolog und fünf Akten gegliedert.

Handlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der kretische König Idomeneus hat im Krieg die Trojaner besiegt, die Götter nehmen ihm dies übel und denken sich, während er mit dem Schiff auf der Heimreise ist, für ihn eine Strafe aus. Er gerät in einen Sturm und gelobt gegenüber Neptun, um die Götter zu besänftigen, die erste von ihm auf den Ufern Kretas erblickte Person zu opfern. Jene wird von ihm zunächst nicht erkannt, entpuppt sich aber als Idomeneus' eigener Sohn Idamantes. Schnell stecken beide in einer Rivalität um Ilia, einer trojanischen Gefangenen des Idomeneus. In Idamantes ist zudem Electra verliebt, was die Geschichte verkompliziert.[1] Idomeneus glaubt am Ende, die Götter besänftigt zu haben, indem er seine Liebe aufgibt und den Thron, doch macht Nemesis ihm seinen Irrtum klar und er gerät in eine Wut, die ihn seinen Sohn opfern lässt.[2]

Gestaltung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Campra musste auf vielfältige musikalische Mittel zurückgreifen, um den vom Libretto aufgeworfenen Gefühlszuständen wie Hoffnung, Unsicherheit, Schrecken, Angst und Raserei gerecht zu werden.[2] Ilia wird als wehmütig dargestellt, wohingegen die übrigen Figuren hinter der Bedeutung des Großen und Ganzen zurückzustehen scheinen.[2] Anders als in der Tradition Lullys nehmen die zehn von Campra in das Stück eingebauten Chöre direkt an der Handlung teil.[2] Bewundernswert komponiert sind die Rezitative.[3] In Zeiten, in denen das Libretto eine Krise durchlebt, erneuert Campra die tragédie en musique, indem er sich an italienische Modelle anlehnt – nirgendwo geht er dabei weiter als bei Idoménée.[4] Gab es bei Lully noch die strikte Trennung von air und recitatif, wird der Unterschied bei Campra verwischt: arias de concert lösen die airs ab.[4] Die Begleitung zeigt eine außerordentliche Mobilität, die damals wenig benutzte Tonarten einschließt.[5]

Einen Mythos in all seiner Brutalität so auf die Bühne zu bringen, traute sich neben Campra und Danchet kaum einer.[6] Das Ende des Stücks erinnert an jenes von Lullys Atys.[7] Herbert Schneider sah die Oper im Einklang mit dem depressiven Klima zum Ende der Regierungszeit Ludwigs XIV.[8]

Werkgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Idoménée wurde am 12. Januar 1712 von der Académie royale de musique auf ihrer am Palais Royal gelegenen Opernbühne in Paris uraufgeführt. Das Libretto von Danchet hat ein Drama von Crébillon père als Vorlage.

Das Vorwort der Partitur nannte als Person, der das Stück gewidmet war, die Dauphine Maria Adelaide von Savoyen, Herzogin von Burgund. Die möglicherweise von Danchet gereimte Huldigung sollte mit ihren Schmeicheleien wohl Campra eine am Hofe gerade in Sachen Musik einflussreiche Person nahe bringen. Ludwig XIV., der Campras Musik ignorierte, hatte für sie ein offenes Ohr. Vergebliche Mühe: Genau einen Monat nach Idoménées Uraufführung starb die Herzogin.[9] Die Meinungen über die Oper gingen auseinander. Danchet bekam Kritik ab von Paulmy d’Argenson, der ihn sowieso nie geschätzt hatte: „Mittelmaß“, „ohne Kraft, zu süß“. Den Brüdern François und Claude Parfaict hingegen gefiel besonders die Szene im zweiten Akt, in der Idomeneus erstmals seien Sohn trifft, doch bemängelten sie die Vielzahl von Göttern.[10] Jene bringen aber viele Theatermaschinen mit sich und 1764 meinte ein Redakteur des Mercure galant, dass Danchet es sich „sehr gut ausgedacht“ haben könnte, mit jenen Maschinen Leerstellen in der Handlung zu füllen.[11] Für die Brüder Parfaict war das Stück in jedem Fall ein Erfolg, wenngleich kein großer.[10] Gut kam das Stück auch bei einer Wiederaufnahme 1731 an.[12]

Danchets Libretto bildete später die Grundlage für Giambattista Varescos Libretto für Wolfgang Amadeus Mozarts Opera seria Idomeneo (München 1781).

Das Theater im Revier, Gelsenkirchen, bot konzertant im Oktober 1991 Idoménée in der Fassung von 1731. William Christie leitete Les Arts Florissants und der WDR machte einen Mitschnitt.[1] Für Aufführungen im Schlosstheater Schönbrunn 2017 versuchte Robert Lillinger die Tragédie lyrique authentisch zu rekonstruieren.

Tonaufnahmen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Maurice Barthélémy: André Campra. 1660–1744. Étude biographique et musicologique. Actes Sud, Arles 1995, ISBN 2-7427-0002-1, S. 212–219.
  • Annemarie Clostermann: Frieden für das galante Europa. Eine Einladung zur Begegnung mit André Campra. In: Concerto. Das Magazin für Alte Musik, Heft Nr. 108, November 1995, S. 15–21.
  • Robert Fajon: L’Opéra à Paris du Roi Soleil à Louis le Bien-Aimé, Editions Slatkine, Genf und Paris 1984, ISBN 2-05-100538-9, S. 217–230.
  • Jean-Philippe Grosperrin: La fête et les fureurs. La couleur tragique dans Idoménée de Danchet et Campra. In: Catherine Cessac (Hrsg.): Itinéraires d’André Campra (1660–1744). D’Aix à Versailles, de l’Église à l’Opéra, Éditions Mardaga, Wavre 2012, ISBN 978-2-8047-0104-8, S. 253–264.
  • Spire Pitou: The Paris Opéra. An Encyclopedia of Operas, Ballets, Composers, and Performers – Genesis and Glory, 1661–1715. Greenwood Press: Westport/London 1983, ISBN 0-313-21420-4, S. 236–237.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Idoménée – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Clostermann 1995: S. 19–20.
  2. a b c d Barthélemy 1995: S. 213.
  3. Barthélemy 1995: S. 215.
  4. a b Barthélemy 1995: S. 310.
  5. Barthélemy 1995: S. 216.
  6. Grosperrin 2012: S. 254.
  7. Grosperrin 2012: S. 256.
  8. Grosperrin 2012: S. 263.
  9. Barthélemy 1995: S. 150.
  10. a b Barthélemy 1995: S. 219.
  11. Grosperrin 2012: S. 258.
  12. Fajon 1984: S. 229.
  13. Nicholas Anderson: Campra Idomenée; Grammophone, abgerufen am 18. Juli 2017.