Internationale Jugendbegegnungsstätte in Oświęcim/Auschwitz
Die Internationale Jugendbegegnungsstätte (IJBS) in Oświęcim/Auschwitz liegt am Ufer des Flusses Soła zwischen dem Zentrum der polnischen Stadt Oświęcim (deutsch Auschwitz) und dem ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz. Die Stätte wurde 1986 erbaut und dient der Vermittlung von Geschichtskenntnissen und der Versöhnung zwischen den Völkern.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Idee zur Errichtung der Jugendbegegnungsstätte kam von dem deutschen Dichter und damaligen Geschäftsführer der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste, Volker von Törne. In den späten Siebziger- und frühen Achtzigerjahren war der Bau der Stätte sehr umstritten. Vor allem der Standort des Gebäudes, der Bauplan, der Betrieb und die institutionellen Partner der Aktion Sühnezeichen auf polnischer Seite waren strittige Punkte.
Andreas Maislinger versuchte 1978 vergeblich Bundespräsident Rudolf Kirchschläger für eine österreichische Unterstützung zu gewinnen.[1]
Dank des Einsatzes und der Unterstützung ehemaliger Häftlinge der Konzentrationslager Dachau, Stutthof, Buchenwald und Auschwitz kam es im Dezember 1985 zu einem positiven Wendepunkt bei den Verhandlungen. Besonders Alfred Przybylski, einstiger Häftling Nr. 471 des KZ Auschwitz und Vertreter des Verbandes Polnischer Architekten, unterstützte die Pläne des Architekten Helmut Morlok und trug so maßgeblich zur Verwirklichung des Vorhabens bei.
Nachdem ein Betrag von 4,6 Millionen D-Mark aufgebracht worden war, mit dem vorerst zwei Drittel der Bauarbeiten realisiert werden konnten, erfolgte schließlich im Mai 1986 der Erste Spatenstich. Am 7. Dezember desselben Jahres erfolgte die feierliche Übergabe der Jugendbegegnungsstätte, bis im Oktober 1988 das gesamte Projekt abgeschlossen wurde.
Große Bekanntheit im deutschsprachigen Raum erlangte die Einrichtung durch den von Robert Thalheim – selbst 1996/97 als Freiwilliger in Auschwitz – produzierten Film Am Ende kommen Touristen, der teilweise in der Jugendbegegnungsstätte gedreht wurde.
Ausstattung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Internationale Jugendbegegnungsstätte in Oświęcim/Auschwitz besteht aus mehreren Gebäuden und ist von einem großen Garten umgeben. Sie verfügt über ein Forum, einen Mehrzweckraum, eine Bibliothek sowie vier Seminarräume. Außerdem stehen etwa einhundert Übernachtungsplätze, ein Zelt- und ein Sportplatz zur Verfügung.
Gerhard Richter Ausstellungshaus
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Im Jahr 2020 wandte sich Heubner an den Maler Gerhard Richter mit der Frage und Bitte, ob er sich eine Ausstellung seiner „Birkenau“ Bilder in der Internationalen Jugendbegegnungsstätte Oswiecim/Auschwitz vorstellen könne. In der Folge entschied Gerhard Richter, dem Internationalen Auschwitz Komitee eine Edition seines Zyklus „Birkenau“ zu schenken. In weiteren Gesprächen entwickelten Gerhard Richter und Sabine Moritz-Richter gemeinsam mit Christoph Heubner die Idee des Ausstellungshauses „Gerhard Richter Birkenau“.[2]
Der Entwurf des Gebäudes, das neben der Internationalen Jugendbegegnungsstätte entstanden ist, stammt von Gerhard Richter. Gerhard Richters architektonischer Entwurf des Gebäudes wurde bei der baulichen Planung und Ausführung von dem Architekten Edwin Heinz und dem Architekturbüro Susuł & Strama Architekci, Oświęcim betreut und realisiert. Im Ausstellungshaus werden die vier Birkenau-Bilder gemeinsam mit Kopien der Fotos gezeigt, die im Sommer 1944 heimlich von dem griechischen Häftling Alberto Errera nahe dem Krematorium V in Birkenau aufgenommen wurden. Die Fotografien, auf die sich die Bilder Richters beziehen, sind die einzigen fotografischen Dokumente von der Ermordung jüdischer Menschen in Auschwitz. Die Ausstellung wird nach Richters Vorstellungen durch einen vierteiligen großen grauen Spiegel vervollständigt, der gegenüber den Richter-Bildern angebracht ist und der die Besucherinnen und Besucher der Ausstellung ins Geschehen miteinbezieht. Das so entstandene Gesamtkunstwerk „Gerhard Richter Birkenau“ wurde im Februar 2024 eingeweiht. Der Bau des Hauses wurde durch eine Spende der Volkswagen AG an das Internationale Auschwitz Komitee ermöglicht.[3]
Angebot
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Aufenthalte der Gruppen in der Jugendbegegnungsstätte dauern normalerweise vier bis fünf Tage. Neben den Besichtigungen der Konzentrationslager Auschwitz I, Auschwitz-Birkenau und Auschwitz III-Monowitz bzw. deren Überreste können auch Ausflüge in die Umgebung (z. B. nach Krakau) und Gespräche mit Experten zu bestimmten Themenschwerpunkten geplant werden. Außerdem bietet die IJBS mehrtägige Workshops für Jugendliche, Seminare und Fortbildungen für Lehrer an.
Von Freiwilligen der Internationalen Jugendbegegnungsstätte wird ein historischer Spaziergang durch die Stadt angeboten.[4]
Die Internationale Jugendbegegnungsstätte ist außerdem Einsatzstelle für die deutsche Aktion Sühnezeichen Friedensdienste, den deutschen Internationalen Bund (IB) sowie den österreichischen Verein Gedenkdienst.
Auszeichnungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 2014: Deutsch-Polnischer Preis der Außenminister[5]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Die Internationale Jugendbegegnungsstätte Kreisau der „Stiftung Kreisau für Europäische Verständigung“ mit Sitz im Moltke-Schloss im polnischen Dorf Krzyżowa (Kreisau, Ortsteil von Świdnica; rund 60 Kilometer südwestlich von Breslau) dient seit einem Kohl-Besuch Polens 1998 der Europäischen Verständigung
- Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit, 1991 ins Leben gerufen durch Regierungsabkommen beider Länder, Sitz in Warschau
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- R. Pyritz, M. Schütt: Auschwitz als Aufgabe. 25 Jahre Internationale Jugendbegegnungsstätte Oswiecim (Auschwitz). be.bra Verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-937233-92-5.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Deutsche Version der Webseite der Internationalen Jugendbegegnungsstätte in Oświęcim/Auschwitz
- Aktion Sühnezeichen Friedensdienste
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Andreas Maislinger, Internationale Jugendbegegnungstätte Auschwitz. In: Kritisches Christentum, Dezember 1979.
- ↑ Gerhard Richter Ausstellungshaus - MDSM. Abgerufen am 25. Juni 2025.
- ↑ Gerhard Richter Birkenau - MDSM. Abgerufen am 9. September 2025.
- ↑ Historischer Spaziergang mit Freiwilligen der Jugendbegegnungsstätte
- ↑ Volkswagen gratuliert Internationaler Jugendbegegnungsstätte in Auschwitz zum Deutsch-Polnischen Preis der Außenminister ( vom 4. März 2016 im Internet Archive)
Koordinaten: 50° 2′ 21″ N, 19° 12′ 50″ O