Jüdische Gemeinde Creglingen

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Die Jüdische Gemeinde in Creglingen bestand bereits im Mittelalter und in der Neuzeit vom Anfang des 17. Jahrhunderts bis 1938.[1]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Historische Entwicklung der jüdischen Gemeinde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Jüdische Gemeinde Creglingen bestand bereits im Mittelalter, da eine Judenverfolgung im Ort im Jahre 1298 erwähnt wurde. Die Entstehung der neuzeitlichen Gemeinde reicht ins 16./17. Jahrhundert zurück. Bis zur Zeit des Nationalsozialismus gab es eine große jüdische Gemeinde in Creglingen, deren Mitglieder auf dem Jüdischen Friedhof Creglingen bestattet wurden. Für die Creglinger Juden war von 1832 bis 1914 das Bezirksrabbinat Weikersheim und nach dessen Auflösung von 1914 bis 1939 das Bezirksrabbinat Mergentheim zuständig. Neben dem jüdischen Friedhof unterhielt die jüdische Gemeinde Creglingen eine Synagoge, eine jüdische Schule und ein rituelles Bad.[1]

Am 25. März 1933 wurden 16 jüdische Mitbürger Creglingens, darunter amtierende bzw. ehemalige Gemeinderäte, schwer misshandelt und gedemütigt. Zwei Männer, Hermann Stern und Arnold Rosenfeld, starben an den Folgen der Misshandlungen. Dieses Creglinger Pogrom unter der Führung von Fritz Klein ist nach heutigem Wissensstand der reichsweit erste systematische Gewaltexzess gegen Juden mit Todesfolge nach Hitlers Machtergreifung. An die Synagoge der Gemeinde, die sich im Haus Neuen Straße 28 aus dem Jahr 1800 befand und beim Creglinger Pogrom geschändet wurde, erinnert eine Gedenktafel am Gebäude.[2] Über die Deutung und Einordnung der Ereignisse von 1933 entstand freilich eine Art Historikerstreit.[3][4] Das Creglinger Pogrom wurde von Lion Feuchtwanger in seinem Werk Die Geschwister Oppermann verarbeitet.[5][6]

Opfer des Holocaust[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von den jüdischen Personen, die in Creglingen geboren wurden oder längere Zeit im Ort wohnten, kamen in der Zeit des Nationalsozialismus die folgenden Personen beim Holocaust nachweislich ums Leben:[1][7][8] Ida Allersheimer (1884), Bernhard Baar (1880), Frieda Baar geb. Allersheimer (1882), Jakob Blumenfeld (1873), Rudolf Blumenfeld (1880), Fanny Cohn geb. Lissberger (1904), Zilli Elkan geb. Fuchs (1877), Jakob Fuchs (1868), Karoline Grünewald geb. Gutmann (1857), Minna Günther geb. Gutmann (1859), Jakob Abraham Gutmann (1851), Max Gutmann (1884), Fanny (Ferdel, Fradel) Hahn geb. Gutmann (1867), Tekla Heinemann geb. Stern (1891), David Kahn (1870), Rosa Kapp geb. Obenheimer (1871), Rosa Lehmann geb. Ehrenberg (1889), Bernhard Lissberger (1907), Emil Lissberger (1873), Emma Lissberger (1877), Sigmund Lissberger (1875), Emil Obenheimer (1897), Adolf Oberndörfer (1864), Benjamin Oberndörfer (1879), Gertrud Oberndörfer (1901), Helene Oberndörfer geb. Oberndörfer (1866), Sally Oberndörfer (1901), Sigmund Oberndörfer (1904), Aron Rosenfeld (1880), Rosa Sinsheimer (1877), Cäcilie (Cilly) Stern geb. Blumenfeld (1866), Hermann Stern (1866), Meta Thalheimer geb. Oppenheimer (1872), Abraham Wolf (1879, wurde von Köln nach Lódz deportiert), Hermann Wolf (1878), Justin Wolf (1917), Lazarus Wolf (1877), Ludwig Wolf (1920) und Marianne Wolf geb. Heidelberger (1883).

Seit November 2000 besteht neben der Gedenktafel ein jüdisches Museum zur Erinnerung an die jüdische Geschichte der Stadt.[1]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gerhard Naser (Hrsg.): Lebenswege Creglinger Juden. Das Pogrom von 1933. Der schwierige Umgang mit der Vergangenheit. Eppe Verlag, Bergatreute 1999, ISBN 3-89089-057-1.
  • Hartwig Behr, Horst F. Rupp: Vom Leben und Sterben. Juden in Creglingen. 2. Auflage. Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg 2001, ISBN 3-8260-2226-2.
  • Horst F. Rupp: Umstritten: Jüdische Museen in Deutschland. Kontroversen und Konzepte - Das Beispiel Creglingen. In: DAMALS. Das Magazin für Geschichte und Kultur. Band 34, Heft 4, 2002, S. 43.
  • Horst F. Rupp, Hartwig Behr: Eine Illusion zerplatzt. Die Creglinger Judenmorde. In: DAMALS. Das Magazin für Geschichte und Kultur. Band 34, Heft 5, 2002, S. 59–62.
  • Horst F. Rupp: Streit um das Jüdische Museum. Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg 2004, ISBN 3-8260-2966-6.
  • Klaus-Dieter Alicke: Lexikon der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum. Band 1: Aach – Groß-Bieberau. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2008, ISBN 978-3-579-08077-2 (Online-Version).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Jüdische Gemeinde Creglingen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d Alemannia Judaica: Creglingen (Main-Tauber-Kreis) Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge. Online auf www.alemannia-judaica.de. Abgerufen am 25. Februar 2018.
  2. Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus. Eine Dokumentation. Band 1. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1995, ISBN 3-89331-208-0, S. 31.
  3. Nachrichten aus einer viel gelästerten Zeit. Wie das baden-württembergische Städtchen Creglingen in einen Historikerstreit geriet. Rezension von Ulrich Rüdenauer (Oktober 2000) auf literaturkritik.de
  4. Die Zeit: Wo der Holocaust begann, vom 26. Oktober 2000, geladen am 6. Oktober 2020
  5. Prof. Dr. Horst F. Rupp: Blick nach Creglingen: Schon im März 1933 wurden zwei Juden im Rathaus von einem SA-Kommando zu Tode geprügelt. Es waren die ersten ermordeten Juden im Reich vom 19. Januar 2014, abgerufen am 25. Juli 2023
  6. Auszug aus Lion Feuchtwangers „Die Geschwister Oppermann", abgerufen am 25. Juli 2023
  7. Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem.
  8. Angaben aus Gedenkbuch - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933–1945.