Jüdischer Friedhof (Berne)

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Jüdischer Friedhof Berne

Der Jüdische Friedhof Berne in Berne im niedersächsischen Landkreis Wesermarsch ist ca. 810 m² groß. Der Friedhof wurde im Jahr 1895 auf einem Privatgrundstück von Louis Koopmann angelegt. Es handelte sich dabei um einen Teil der ihm gehörenden sogenannten Molkereiwiese[1] an der heutigen Bundesstraße B 74 im Ortsteil Ranzenbüttel (Richtung Weser). Er ist vollständig durch einen Wassergraben von der Weide abgetrennt worden.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Friedhof sollte zunächst nur zur Aufnahme von Gräbern der Familie Koopmann dienen; die Behörden verlangten allerdings, dass alle jüdischen Bürger der Synagogengemeinde Berne dort bestattet werden dürfen.[2] Vor dieser Zeit bestatteten die Juden aus Berne ihre Toten auf den jüdischen Friedhöfen in Varel-Hohenberge, Delmenhorst und Wildeshausen.[3] Der älteste erhaltene Grabstein in Wildeshausen ist der Grabstein für Eljukam B. R. Jhuda Koopmann aus Berne, der im Jahr 1787 starb.[4] Der älteste vorhandene Grabstein auf dem jüd. Friedhof in Berne stammt aus dem Jahr 1895; es ist der Grabstein für den Begründer des Friedhofes, Louis Koopmann. Eine letzte Bestattung fand im Jahr 1928 für Albert Koopmann statt.[5]

Im Jahr 1933 gab es in der Synagogengemeinde Berne nur noch 15 Personen, die sich auf drei Familien verteilten.[6] Faktisch kam es 1938 zur Auflösung der Gemeinde; das Synagogengebäude an der Lange Straße wurde im selben Jahr verkauft und forthin als Wohnhaus genutzt.[7] Es wurde 1939 angeregt, den Friedhof an die Synagogengemeinde Oldenburg aufzulassen. Vermutlich ging er später an die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland und nach deren Auflösung an das Reichsfinanzministerium über.

In der Folgezeit wurde der Friedhof von NSDAP- bzw. Hitlerjugend-Mitgliedern geschändet.[8] Vahlenkamp berichtet: „Ob er während der NS-Zeit verwüstet und Grabsteine zerstört wurden, kann nicht eindeutig geklärt werden.“ Allerdings heißt es in einem Schreiben von 1946 des Landkreises Wesermarsch: „Der Jüdische Kirchhof in Berne wurde von den Nazis vollkommen zerstört.“[9]

Die Gemeinde Stedingen wandte 860,90 Reichsmark auf, um den Friedhof im Jahr 1946 wieder herrichten zu lassen (Gräber, Umfriedung und Eingangstor).[10] Das Land Niedersachsen führte im Jahr 1950 umfangreiche Maßnahmen zur weiteren Wiederherstellung durch; Kosten entstanden in Höhe von 847,30 DM.

Nach ihrer Rückkehr aus dem KZ Theresienstadt übernahm zunächst Frau Ella Türk (geb. Koopmann)[11] aus Berne die Pflege des Friedhofs.

Der Friedhof befand sich von 1895 bis 2014 in Privatbesitz der Familie Koopmann; zuletzt bei einem Urenkel des Friedhofbegründers, Ernest Koopmann aus den USA. Erst im Jahr 2014 wurde er offiziell an den Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen übergeben[12], der seit langem den „pflegeverwaisten Friedhof“[13] unterhielt und pflegte.

Vorhandene Grabsteine[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf dem Friedhof befinden sich sechs Grabsteine mit Namensnennung und ein Grabsteinfragment ohne Namensangabe. Die Grabsteine erinnern an folgende Personen:[14]

Name Geburtsname Geburtsjahr Sterbejahr
Koopmann Louis 1820 1859
Koopmann, Amalie Goldschmidt 1827 1897
Frank, Friederike Bloch 1845 1902
Frank, Louis 1835 1917
Goldstein, Rosi 1919
Goldstein, Jacob 1920
Koopmann, Leopold 1854 1927
Meyer, Pauline Rosenbaum 1848 1925
Koopmann, Ernst 1891 1915
Koopmann, Albert 1857 1928
Koopmann, Sara Katz 1861 1942
Koopmann, Ida Meyer 1870 1943

Zum Andenken an ihren Sohn und Teilnehmer des Ersten Weltkrieges erinnert die Aufschrift „Dem Andenken unseres Sohnes Ernst Koopmann geb. 1. März 1891 gefallen in Frankreich 25. September 1915“ auf dem gemeinsamen Grabstein von Leopold und Sara Koopmann. Sara Koopmann starb am 6. September 1942 im Ghetto Theresienstadt[15]; Ida Koopmann starb ebenfalls in Theresienstadt, am 1. März 1943.[16]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Herbert Allerheiligen: Jüdisches Leben in der Gemeinde Berne von 1771 bis 2021. Visbek 2023; ISBN 978-3-86685-948-7.
  • Ursula Bernhold; Almut Setje-Eilers: Die Inschriften der Stele in Berne - Eine Dokumentation - Erinnerungen an jüdische Familien während des Nationalsozialismus in Berne. Oldenburg 2018
  • Werner Vahlenkamp: Berne. In: Herbert Obenaus (Hrsg. in Zusammenarbeit mit David Bankier und Daniel Fraenkel): Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen. Band 1 und 2, Göttingen 2005, ISBN 3-89244-753-5, S. 211–215 (Jüdischer Friedhof Berne: S. 212 u. 214)
  • Ursula Bernhold; Almut Setje-Eilers, Uta Fleischmann: „Ist denn da was gewesen?“: Frauen in der Wesermarsch im Nationalsozialismus. Oldenburg 1996.
  • Gerd Stachotta: Juden in der Wesermarsch 1933-1945. Oldenburg 1997; ISBN 3-89598-454-X.
  • Werner Vahlenkamp: Jüdische Familien in Berne vor und während des Nationalsozialismus. Berne 1994.
  • Werner Vahlenkamp: Zur Geschichte der Juden in der Wesermarsch. Brake [1993].
  • Enno Meyer: Die Synagogen des Oldenburger Landes. Oldenburg 1988.
  • Gerold Meiners: Die Geschichte der Berner Synagogengemeinde. In: Stedingen und die Stedinger. Bremen 1987.
  • Johannes-Fritz Töllner in Zusammenarbeit mit Wouter J. van Bekkum, Enno Meyer und Harald Schieckel: Die jüdischen Friedhöfe im Oldenburger Land. Bestandsaufnahme der erhaltenen Grabsteine. Oldenburg 1983 (= Oldenburger Studien Bd. 25), S. 351–355.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Vahlenkamp 1994, Seite 5
  2. Vahlenkamp 1993, Seite 13 ff.
  3. Töllner 1983, Seite 351.
  4. Töllner 1983, Seite 633.
  5. Töllner 1983, Seite 353.
  6. Meyer 1988, Seite 15 f.
  7. Vahlenkamp 2005, Seite 213
  8. Alemannia-Judaica.de, 23. Dezember 2014
  9. Vahlenkamp 1993, Seite 13 f.
  10. Alemannia-Judaica.de, 23. Dezember 2014
  11. Vgl. zur Person Ella Türk: Bernhold, Setje-Eilers 1996, Seite 222 ff.
  12. Nordwest-Zeitung, 7. November 2014: Jüdischer Friedhof in neuer Hand
  13. Unterhaltung der pflegeverwaisten jüdischen Friedhöfe
  14. Töllner 1983, Seite 351–355
  15. Gedenkbuch Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945
  16. Bernhold & Setje-Eilers 1996, Seite 217

Koordinaten: 53° 11′ 15,3″ N, 8° 29′ 16,9″ O