Johann Rist

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Johann Rist (* 8. März 1607 in Ottensen (heute Stadtteil von Hamburg); † 31. August 1667 in Wedel (Holstein)) war ein deutscher Dichter und evangelisch-lutherischer Prediger.

Leben und Wirken

Johann Rist um 1651

Rist war der Sohn des aus Nördlingen stammenden evangelischen Pastors in Ottensen Caspar Rist und seiner Ehefrau Margarethe Ringemuth. Nach erstem Unterricht durch den Vater besuchte Rist das Johanneum in Hamburg; später dann das Gymnasium illustre in Bremen.

An der Universität Rinteln studierte Rist Theologie u.a. bei Johannes Gisenius und Josua Stegmann. Um 1626 wechselte er an die Universität Rostock. Nach dem Studium ging Rist nach Hamburg zu seinem Rostocker Kommilitonen Ernst Stapel. Mit diesem schrieb und publizierte er Theaterstücke und trat auch selbst als Darsteller auf.

1633 wurde Rist Hauslehrer beim Landschreiber Heinrich Sager in Heide. Im gleichen Jahr verlobte er sich mit Elisabeth Stapel, der Schwester des früh verstorbenen Freundes Ernst Stapel und des Pinneberger Amtmanns Franz Stapel. Durch Hilfe des letzteren wurde er im Frühjahr 1635 zum Pastor im damals dänischen Wedel an der Unterelbe nahe Hamburg berufen. Kurz nach seinem Amtsantritt heiratete Rist seine Verlobte. Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor, von denen zwei früh verstarben.

Beim Einfall der Schweden unter General Lennart Torstensson im Torstenssonkrieg, während des Dreißigjährigen Krieges, verlor Rist durch Plünderungen seine wertvolle Bibliothek. Im Zweiten Nordischen Krieg verlor Rist 1658 noch einmal alles Hab und Gut und musste mit seiner Familie nach Hamburg flüchten. Nachdem 1662 seine Frau Elisabeth gestorben war, heiratete Rist zwei Jahre später Anna Hagedorn, geb. Badenhop, die Witwe seines 1660 verstorbenen Freundes Johann Philipp Hagedorn; sie starb 1680.

Ab 1663 veröffentlichte Rist in lockerer Folge sechs Monatsgespräche, Dialoge über jeweils ein spezielles Thema: Januar – die Tinte; Februar – das Landleben, März – der Stein der Weisen, April – die Malerei, Mai – Lese- und Schreibkunst, Juni – die Todesbetrachtung. Nach Rists Tod wurden die restlichen sechs Monatsgespräche durch Erasmus Finx ergänzt.

Johann Rist starb am 31. August 1667 im Alter von 60 Jahren in Wedel.

Bedeutung

Johann Rist gilt neben Paul Gerhardt als der bedeutendste protestantische geistliche Dichter des 17. Jahrhunderts. Von seinen Liedern sind bis heute im Evangelischen Gesangbuch zu finden: das Weihnachtslied Brich an, du schönes Morgenlicht (EG 33, auch im Weihnachts-Oratorium (Bach)), das Neujahrslied Hilf, Herr Jesu, lass gelingen (EG 61), Strophen zu Friedrich Spees Passionslied O Traurigkeit, o Herzeleid (EG 80), Man lobt dich in der Stille (EG 323) und das Abendlied Werde munter mein Gemüte (EG 475).

Als Hauptvertreter des nordwestdeutschen Frühbarock trat er in zahlreichen weltlichen und geistlichen Gedichten für ethische und moralische Ideale ein. Mehr als hundert dieser Gedichte wurden von seinem Freund, dem Kantor Michael Jakobi, vertont. Allerdings waren diese Lieder nicht für die Veröffentlichung gedacht, sondern nur für private, häusliche Andachten. Rist hatte nachweislich zeitlebens nie in seiner Kirche eines seiner eigenen Lieder singen lassen. Dennoch erwarb sich Rist sich schon zu Lebzeiten eine Berühmtheit als Schriftsteller.

Auch in einem anderen Bereich zeugten Schriften und Briefwechsel von seinem politischen Engagement, so z.B. im teilweise erhaltenen Briefwechsel mit Gerhard Schepeler, dem Bürgermeister von Osnabrück.

Darüber hinaus beschäftigt er sich mit Mathematik, Botanik, Chemie, Heilkunde und Musik. Sprach- und Dichtergesellschaften schmückten sich mit seiner Mitgliedschaft. Der Pegnesische Blumenorden kennt ihn seit 1645 unter dem Namen Daphnis aus Cimbrien und die Fruchtbringende Gesellschaft seit 1647 unter dem Namen der Rüstige. 1660 gründete Rist den Elbschwanenorden und stand ihm bis zu seinem Tod unter dem Namen Palatin vor.

Im Köthener Gesellschaftsbuch der Fruchtbringenden Gesellschaft wird Johannes Rist mit seinem Gesellschaftsnamen der Rüstige unter der Nr. 467 verzeichnet. Als Emblem wird das heilige holtz der baum Guajacum genant, fremde Brasilianische landschaft, der gleichen häuslein und waßer darbey (Guajacum officinale L.) genannt und sein Motto lautet Worzu man sein bedarf. Anlässlich seiner Aufnahme in diese Gesellschaft dichtet Rist folgendes Reimgesetz:

Ist rüstig, hilft, geschwind, drum hat man mir gegeben
den nahmen Rüstig auch: Es ist mein freyer mut
Dahin gerichtet nur, ein recht Gotseligs leben
Zu lehren iederman, wie man auf seiner hut
Sol fleissig sein, und sets dem argen widerstreben
Das ists des man bedarf, wil man fruchtbringend sein
Und gehen, wan Gott ruft, Zum freudenleben ein.

Ehrungen

1653 wurde Rist von Kaiser Ferdinand III. als Comes Palatinus Caesareus (kaiserlicher Hofpfalzgraf) in den Adelsstand erhoben und erhielt gleichzeitig den Ehrentitel Poeta laureatus. Das ihm verliehene Wappen zeigt einen Schwan und einen Lorbeerkranz. Sein Freund, Herzog Christian von Mecklenburg, verlieh ihm zusätzlich noch im selben Jahr den Titel eines Kirchenrates.

Das Johann-Rist-Gymnasium in Wedel wurde nach ihm benannt, ebenso der örtliche Basketball-Verein SC Rist Wedel.

Werke (Auswahl)

  • Die alleredelste Belustigung. 1666
  • Die alleredelste Erfindung. 1667
  • Das alleredelste Leben. 1663
  • Das alleredelste Nass der gantzen Welt. 1663
  • Das Friedewünschende Teuschland. 1649
  • Sabbathische Seelenlust. Lüneburg 1651
  • Neue Musikalische Fest-Andachten. Lüneburg 1655
  • Neue Musikalische Katechismus-Andachten. Lüneburg 1656
  • Himmlische Lieder. 6 Bde., Lüneburg 1641-43
  • Neue Musikalische Kreutz- Trost- Lob und DankSchule. Lüneburg 1659

Einige von Johann Rists Texten wurden von Johann Schop, Andreas Hammerschmidt und Dietrich Buxtehude (O Gottes Stadt, o güldnes Licht, BuxWV 87) vertont.

Siehe auch Liste der Kirchenliederdichter

Literatur

  • Thomas Diecks: Rist, Johann. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 21, Duncker & Humblot, Berlin 2003, ISBN 3-428-11202-4, S. 646 f. (Digitalisat).
  • Gerhard Dünnhaupt: Johann Rist, in: Personalbibliographien zu den Drucken des Barock. Band 5. Hiersemann, Stuttgart 1991, ISBN 3-7772-9133-1, S. 3374-3432 (Werk- und Literaturverzeichnis)
  • Hermann Amandus Fick: Johann Rist, der Pfarrer von Wedel. Berlin 1901
  • Anne M. Floerke: Johann Rist als Dramatiker. Dissertation, Rostock 1922
  • Theodor Hansen: Johann Rist und seine Zeit. Halle 1872
  • Otto Heinz: Johann Rist als Dramatiker. Elwert, Marburg 1929
  • Oskar Kern: Johann Rist als weltlicher Lyriker. Marburg 1919 (Nachdruck: New York 1968)
  • Inge Mager: Johann Rists "Himmlesche Lieder" Ihre Veröffentlichung und ihre Vorlagen, in Udo Sträter (Hg.) Orthodoxie und Poesie, Evangelische Verlagsanstalt Leipzig 2004 ISBN 3-374-01997-8
  • Eberhard Mannack: Opitz und seine kritischen Verehrer. In: Thomas Borgstedt/Walter Schmitz (Hg.): Martin Opitz (1597-1639). Nachahmungspoetik und Lebenswelt. Tübingen 2002 (Frühe Neuzeit Bd. 63), S. 272-279
  • Eberhard Mannack: Johann Rists ‚Perseus‘ und das Drama des Barock. In: Daphnis 1 (1972), S. 141-149
  • Johann Anselm Steiger (Hg): "Ewigkeit, Zeit ohne Zeit" Gedenkschrift zum 400. Geburtstag des Dichters und Theologen Johann Rist, Freimund Verlag, 2007, ISBN 978-3-86540-028-4
  • Stefanie Stockhorst: Dichtungsprogrammatik zwischen rhetorischer Konvention und autobiographischer Anekdote. Die funktionale Vielfalt barocker Paratexte im Zeichen der Reformpoetik am Beispiel Johann Rists. In: Frieder von Ammon/Herfried Vögel (Hg.): Die Pluralisierung des Paratextes in der Frühen Neuzeit. Theorie, Formen, Funktionen. Münster 2008 (Pluralisierung & Autorität Bd. 15), S. 353–374
  • Max von Waldberg: Rist, Johann. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 30, Duncker & Humblot, Leipzig 1890, S. 79–85.

Weblinks

Wikisource: Johann Rist – Quellen und Volltexte
Commons: Johann Rist – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien