Johann Caspari

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Johann Caspari, ab 1951 John Caspari (geboren 10. Februar 1888 in Berlin; gestorben 26. November 1984 in San Francisco; Pseudonym Karl Johannsen[1]) war ein deutscher Politiker (SPD), Landeshauptmann der preußischen Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen (1922–1933) und Hochschullehrer in den Vereinigten Staaten.

Leben und Tätigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Caspari war ein Sohn des kaufmännischen Angestellten Siegbert Caspari (1848–1928) und seiner Frau Wada, geb. Silbermann (1857–1888). Nach dem Schulbesuch studierte Caspari von 1906 bis 1910 Rechts- und Wirtschaftswissenschaften in Berlin. Auf das Abschlussexamen musste er aus finanziellen Gründen verzichten. 1916 promovierte er in Greifswald mit einer Arbeit über den Erfüllungstatbestand zum Dr. jur. Von 1911 bis 1918 arbeitete Caspari abends, nach seiner Ausbildung bzw. regulären Arbeit, als Repetitor.

1915 nahm er kurzzeitig als Kriegsfreiwilliger am Ersten Weltkrieg teil, anschließend war er von 1915 bis 1919 beim Vormundschaftsgericht in Berlin tätig, zuletzt als stellvertretender Behördenleiter. Politisch war er seit 1916 in der Sozialdemokratischen Partei organisiert.

Nach dem Ausbruch der auf den militärischen Zusammenbruch Deutschlands im Ersten Weltkrieg folgenden Novemberrevolution von 1918 wurde Caspari 1919 Vorsitzender des Arbeiterrates der Berliner Stadtbediensteten. Ebenfalls 1919 übernahm er die Leitung des Jugendamtes in Neukölln. Während dieser Zeit gründete er zusammen mit Marie Juchacz die Arbeiterwohlfahrt, zu deren geschäftsführendem Ausschuss er gehörte.

1920 war Caspari als besoldeter Stadtrat von Brandenburg erstmals Träger eines politischen Amtes. Anschließend amtierte er von 1921 bis 1922 als Zweiter Bürgermeister von Brandenburg an der Havel. Daneben wirkte er als kommissarischer Hilfsarbeiter im Reichsministerium des Innern bei der Vorbereitung des Reichsjugendwohlfahrtsgesetzes mit.

Von 1922 bis 1933 amtierte Caspari dann als Landeshauptmann der Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen in Schneidemühl. In den Jahren 1926 bis 1928 gehörte er dem Preußischen Staatsrat als stellvertretendes Mitglied an, bevor er von 1928 bis 1933 ordentliches Mitglied des Preußischen Staatsrates war. Als überzeugter Republikaner gehörte er auch dem Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold an.

Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten im Frühjahr 1933 wurde Caspari aufgrund seiner nach nationalsozialistischer Definition jüdischen Abstammung aus dem Staatsdienst entlassen. Gemäß den Bestimmungen des Gesetzes über die Wiederherstellung des Berufsbeamtentums wurde ihm seine Pension aberkannt. Gleichzeitig mit der Enthebung von seinem Posten als Landeshauptmann der Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen verlor er auch seinen Sitz im Preußischen Staatsrat.

Als prominenter NS-Gegner sah Caspari sich auch abseits seiner Verdrängung aus dem Staatsdienst nach 1933 schweren Bedrohungen ausgesetzt. Um sich einer bevorstehenden Entlassung zu entziehen, floh er am 25. Juni 1933 in das damals noch nicht zum deutschen Reich gehörende und damit noch nicht unter nationalsozialistischer Kontrolle befindliche Saargebiet. Von Juli 1933 bis Februar 1934 lebte Caspari in Paris. Anschließend wurde er auf Vermittlung von Albert Grzesinski als Deutschlandsachverständiger bei Regierungsstellen des tschechoslowakischen Staates in Prag beschäftigt. Während der folgenden Jahre, in denen er von der Tschechoslowakei aus gegen den NS-Staat arbeitete, unterhielt er enge Kontakte zur Sopade, insbesondere zu Otto Wels. Für die Zeitschrift Echo de Paris war er Sonderberichterstatter über die deutsche Aufrüstung.

Aufgrund seiner anhaltenden Betätigung gegen das NS-System geriet Caspari als Emigrant bald ins Visier der nationalsozialistischen Polizeiorgane: Am 27. Oktober 1937 wurde er zusammen mit seinen Kindern in Deutschland ausgebürgert und dieser Schritt im Reichsanzeiger bekannt gegeben.[2] Im Frühjahr 1940 setzte das Reichssicherheitshauptamt in Berlin, das ihn irrtümlich in Großbritannien vermutete, Caspari auf die Sonderfahndungsliste G.B., ein Verzeichnis von Personen, die im Falle einer erfolgreichen Invasion und Besetzung der britischen Inseln durch die Wehrmacht von den Besatzungstruppen nachfolgenden Sonderkommandos der SS mit besonderer Priorität ausfindig gemacht und verhaftet werden sollten.[3]

Anlässlich der deutschen Annexion der bis dahin zur Tschechoslowakei gehörenden Sudetengebiete im September 1938 floh Caspari nach Paris, wo er bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs als Mitarbeiter bei deutschsprachigen Sendungen von Radio Straßburg arbeitete.

Ab Frühjahr 1940 war Caspari zusammen mit Erich Ollenhauer Vertreter der Sopade im Landesausschuss Frankreich der Auslandsvertretung der Deutschen Gewerkschaften (ADG). Ende März 1941 gelangte Caspari mit einem US-Notvisum von Marseille nach New York. Dort war er zunächst erwerbslos. 1942/1943 verdiente er seinen Unterhalt als Fabrikarbeiter.

Von September 1943 bis April 1945 war Caspari im Office of Intelligence Collection and Dissemination des OSS tätig, anschließend bis Juli 1946 in der Division of Biographical Information des OSS bzw. des State Department.

Im Januar 1947 erhielt Caspari eine Anstellung bei der Howard University in Washington, wo bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1953 als Assistant Professor für Deutsch lehrte. 1951 wurde er in die USA eingebürgert.

1969 wurde er in Anerkennung seiner Verdiente um die von ihm mitbegründete Arbeiterwohlfahrt mit der Marie-Juchacz-Plakette ausgezeichnet.

Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In erster Ehe war Caspari seit 1915 mit der Modezeichnerin Frieda Lemke (1890–1974) verheiratet. Diese Ehe wurde 1938 geschieden. Seit 1944 war er in zweiter Ehe mit Elizabeth Haberl (1899–1968) verheiratet. Die dritte, 1969 geschlossene Ehe mit Elisabet Moses (* 1904) wurde 1970 geschieden.

Aus der ersten Ehe stammten die Töchter Ilse Rassam (* 1920) und Ursula Wells (* 1922).

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Der Erfüllungstatbestand. 1916 (Dissertation)
  • Gestapo v Praze. Prag 1936 (unter dem Namen Karl Johannsen)[4]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Das im Biographischen Handbuch der deutschsprachigen Emigration (1980) angegebene Pseudonym René Sonderegger ist offensichtlich ein Irrtum der Herausgeber, das Buch über die Gestapo Mordzentrale X. erschien 1936 im Eigenverlag des Schweizers René Sonderegger (1899–1964)
  2. Michael Hepp, Hans Georg Lehmann: Die Ausbürgerung deutscher Staatsangehöriger 1933–45 nach den im Reichsanzeiger veröffentlichten Listen. 1985, S. 22.
  3. Hitler's Black Book - information for Johann Caspari
  4. Karl Johannsen: Gestapo v Praze. Svaz národního osvobození, Praha 1936 (worldcat.org [abgerufen am 27. Januar 2019]).