Johannes Oekolampad

Johannes Oekolampadius (auch Ökolampad oder Oekolampad; * 1482 in Weinsberg, Kurpfalz, gräzisiert von Johannes Heussgen; † 24. November 1531 in Basel, Schweiz) war ein Theologe, Humanist und der Reformator von Basel.
Name
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Geburtsname war Johannes Heussgen (auch Husschyn, Hussgen, Huszgen oder Hausschein geschrieben), den er, wie in dieser Zeit unter Humanisten üblich, von der Form Hausschein ausgehend ins Griechische übersetzte (οἶκος oîkos ‚Haus‘ und λαμπάς lampás ‚Lampe‘).
Leben
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Johannes Oekolampadius wurde in der damals kurpfälzischen (seit 1504 württembergischen) Stadt Weinsberg geboren. Der Geburtsname war Johannes Heussgen, den er, wie in dieser Zeit unter Humanisten üblich, ins Griechische übersetzte (οἶκος oîkos ‚Haus‘ und λαμπάς lampás ‚Lampe‘). Sein Vater war ein angesehener und wohlhabender Bürger, die Mutter entstammte einem Basler Ratsherrengeschlecht der Pfister.
Er besuchte die Elementarschule in Weinsberg und dann die Lateinschule in Heilbronn. Ab 1499 studierte Oekolampadius in Heidelberg, Tübingen und Stuttgart Theologie, Hebräisch und klassische Sprachen und schloss 1503 als Magister ab. Danach studierte er in Bologna Rechte, kehrte jedoch bald nach Heidelberg zurück, wo er 1510 sein Theologiestudium beendete und wahrscheinlich zum Priester geweiht wurde.[1] In der Zwischenzeit von 1506 bis 1508 war er Prinzenerzieher beim Kurfürsten und Pfalzgrafen Ludwig V. in Mainz.[2] 1510 stifteten die Eltern von Oekolampadius eine Prädikatur (Predigerstelle) an der Johanneskirche in Weinsberg, die ihr Sohn übertragen bekam.[3] Dort erregte er mit seinen reformorientierten Predigten Anstoss und verliess daher im Jahr 1518 die Stadt.

Bei seinen Studienaufenthalten in Tübingen, Stuttgart und Heidelberg wurde er mit den Humanisten Johannes Reuchlin, Philipp Melanchthon und Wolfgang Capito bekannt. 1515 ging Oekolampadius auf Einladung von Johannes Froben nach Basel, wo er Mitarbeiter von Erasmus von Rotterdam bei der Edition des Novum Instrumentum omne wurde, an der Universität zum Doktor der Theologie promoviert wurde und eine griechische Grammatik sowie Übersetzungen patristischer Schriften veröffentlichte.
1518 wurde er durch Capito als Poenitentiarius ans Basler Münster berufen, bald darauf an den Dom in Augsburg, wo kurz vorher das zur Disputation «ausgeartete» Verhör zwischen Martin Luther und Thomas Cajetan stattgefunden hatte. Bis dahin der Tradition von Erasmus verpflichtet, studierte er die Schriften Luthers, geriet deshalb mit Johannes Eck aneinander und zog sich 1520 in das Kloster Altomünster zurück. Dort übersetzte er weitere Kirchenväter und kam so weit, dass er sich der Lehre der Rechtfertigung durch den Glauben allein anschloss und seinen Standpunkt in zwei Schriften veröffentlichte. Darauf musste er das Kloster verlassen und wurde Burgkaplan auf der Ebernburg bei Franz von Sickingen, wo er die Reformatoren Martin Bucer, Johannes Schwebel und Kaspar Hedio kennenlernte.[4]
1522 liess er sich endgültig in Basel nieder, wo er weitere patristische Schriften übersetzte und eine umfangreiche Vorlesungs- und Predigttätigkeit entfaltete.[5] Jakob Meyer zum Hirzen (1473–1541), der ab 1530 Bürgermeister von Basel und der Urgrossvater von Wolfgang Meyer war, befreundete sich mit Oekolampadius und wurde zu seinem treuen Weggefährten.[6]
Ab 1523 gab er öffentliche Vorlesungen über die biblischen Propheten, wurde bald darauf gegen den Willen des Fürstbischofs zum Professor ernannt und 1525 schliesslich Leutpriester in der Martinskirche, wo es am 1. November 1525 zum ersten evangelischen Abendmahl in Basel kam.
Es folgten harte Auseinandersetzungen, auch mit Erasmus, und Kontakte mit Huldrych Zwingli, Martin Bucer und Martin Luther. Bei der Abendmahlsfrage schloss sich Oekolampadius der Sichtweise Zwinglis an. 1526 war er der Führer der Reformierten auf der Badener Disputation und führte das Gespräch gegen Johannes Eck. Doch der alte Glaube behielt hier noch das Übergewicht. 1528 nahm er mit Zwingli an der Berner Disputation teil, die der Reformation in der Schweiz zum Durchbruch verhalf.[7]
Oekolampadius genoss hohes Ansehen, hatte jedoch nie eine so einflussreiche Stellung wie Zwingli in Zürich, zumal Basel Bischofssitz war. Durch Druck der Bevölkerung kam es 1525 zur Säkularisation einiger Klöster, 1528 zur Glaubensfreiheit für die Reformierten und 1529 zur Abschaffung des katholischen Gottesdienstes.

1528 bestritt Oekolampadius mit Zwingli die Berner Disputation. Ab 1529 war er Antistes der reformierten Kirche von Basel, behielt aber auch seine Bibelprofessur bei. An der Seite Zwinglis nahm er am Marburger Religionsgespräch teil, akzeptierte jedoch die von Zwingli abgelehnte Konkordienschrift Martin Bucers. Auf fünf Synoden (1529 bis 1531) bemühte er sich um die Kirchenlehre (Katechismus) und die Kirchenordnungen (Kirchenzucht), die er einem vom Rat unabhängigen Presbyterium übergeben wollte.[8] Doch kam es zu Bannbehörden, die Predigt und Abendmahlszwang durchführten und ein grausames Gericht an den Täufern vollzogen.
Im Jahr 1531 – wenige Wochen nach dem Tod von Zwingli – starb Oekolampadius. Sein Grab befindet sich im Basler Münster. Sein Nachfolger als Professor und Pfarrer wurde der Reformator Oswald Myconius.
Familie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1528 heirateten Johannes Oekolampadius und Wibrandis Rosenblatt. Der Ehe entstammten drei Kinder. Nach Oekolampadius' Tod und einer fünfmonatigen Witwenzeit schloss Wibrandis eine zweite Ehe mit dem 26 Jahre älteren Witwer Wolfgang Capito (1478–1541). Nach dessen Tod heirateten Wibrandis Rosenblatt und Martin Bucer (1491–1551) im Jahr 1542. Sie überlebte alle drei Reformatoren und starb 1564.[9]
Ehrungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1862 wurde am Kapitelhaus an der Rittergasse in Basel ein von Ludwig Keiser geschaffenes Denkmal für Oekolampadius errichtet, das 1885 vor den Kreuzgang des Basler Münsters versetzt wurde.[10] Aus dem vorangegangenen Wettbewerb hat sich einzig das Modell von Ferdinand Schlöth erhalten.[11]
Eine der Basler Kirchgemeinden (Oekolampad-Gemeinde) sowie eine Strasse in Basel sind nach Oekolampadius benannt. Die Evangelische Kirche in Deutschland erinnert mit einem Gedenktag am 24. November im Evangelischen Namenkalender an ihn.[12]
Schriften (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Predigten über die Passion Jesu Christi, 1512.
- Über das Ostergelächter, 1518.
- Ährenlese der griechischen Literatur, 1518.
- Über die Messe in deutscher Sprache, 1522.
- Über das Almosengeben, 1523.
- Ein Betbüchlein und Erklärung des Vater unser, 1523.
- Theophylacti Archiepiscopi Bulgariæ, in quatuor Euangelia enarrationes, Ioanne Oecolampadio interprete. Andreas Cratander, Basel 1524, urn:nbn:de:hbz:061:1-20683.
- Über die Wiedertaufe, 1525.
- Vom Abendmahl, 1526.
- Der Prophet Maleachi, 1526.
- Von den Heiligen, 1526.
- Volksfaßliche Vorträge über den ersten Brief Johannis, Aus dem Lateinischen übersetzt von Raget Christoffer. 1850 (Neudruck 2017).
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ulrich Gäbler: Johannes Oekolampad. In: Theologische Realenzyklopädie. Band 25. de Gruyter, Berlin/New York 1995, ISBN 3-11-014712-2, S. 29–39.
- Hans Rudolf Guggisberg, Martin Greschat: Gestalten der Kirchengeschichte, Band V, Kohlhammer, Stuttgart 1981, S. 117–128.
- Johann Jakob Herzog: Das Leben des Johannes Oekolampad und die Reformation der Kirche in Basel, 2 Bände, 1843.
- Thomas Konrad Kuhn: Oekolampad. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, ISBN 3-428-00200-8, S. 435 f. (Digitalisat).
- Olaf Kuhr: Oekolampad, Johannes. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Olaf Kuhr: Die Macht des Bannes und der Buße. Kirchenzucht und Erneuerung der Kirche bei Johannes Oekolampad (1482-1531). Peter Lang, Bern 1999, ISBN 3-906760-84-7 (zugleich: Dissertation Universität Basel 1998).
- Wilhelm Liebhart: Johannes Hausschein genannt Oecolampadius. In: Lebensbilder aus zehn Jahrhunderten. Ein Lesebuch zur Ausstellung im Bezirksmuseum Dachau, 17. Dezember 1999 – 19. März 2000, mit Texten von Wilhelm Liebhart u. a. Bezirksmuseum Dachau, Dachau 1999, ISBN 3-930941-20-1.
- Melanchthons Briefwechsel, Band 14. bearb. von Heinz Scheible, Stuttgart–Bad Cannstatt, 2020, S. 46–49.
- Briefe und Akten zum Leben Oekolampads. Zum vierhundertjährigen Jubiläum der Basler Reformation. Bearbeitet von Ernst Staehelin. 2 Bände. Heinsius, Leipzig 1927 und 1934 (Nachdruck: Johnson, New York und London 1971).
- Ernst Staehelin: Das theologische Lebenswerk Johannes Oekolampads. Heinsius, Leipzig 1939 (Nachdruck: Johnson, New York und London 1971).
- Ernst Staehelin: Die berufliche Stellungen Oekolampads während seiner vier Basler Aufenthalte. In: Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde, Band 16, 1917, S. 267–292 (Digitalisat).
- Ernst Staehelin: Oekolampad-Bibliographie. Verzeichnis der im 16. Jahrhundert erschienenen Oekolampaddrucke. In: Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde. Band 17, 1918, S. 1–119 (Digitalisat).
- René Teuteberg: Johannes Oekolampad (1482–1531), in: Berühmte Basler und ihre Zeit, Birkhäuser, Basel 1976 (online: doi:10.1007/978-3-0348-6299-8_2).
- Walter Troxler: OEKOLAMPAD, Johannes. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 6, Bautz, Herzberg 1993, ISBN 3-88309-044-1, Sp. 1133–1150 .
- Julius August Wagenmann: Oekolampad, Johannes. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 24, Duncker & Humblot, Leipzig 1887, S. 226–236.
- Christine Christ von Wedel: Erasmus von Rotterdam und Johannes Oekolampad. In: Michael Welker, Michael Beintker, Albert de Lange: Europa reformata. Reformationsstädte Europas und ihre Reformatoren. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2016, ISBN 978-3-374-04119-0, S. 45, Leseprobe abgerufen am 25. Januar 2018 ciando.com
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Publikationen von und über Johannes Oekolampad im Katalog Helveticat der Schweizerischen Nationalbibliothek
- Literatur von und über Johannes Oekolampad im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Johannes Oekolampad in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Johannes Oecolampad (1482-1531), Musée Protestant, Website museeprotestant.org.
- Nachweis lateinischer Werke, Website philological.bham.ac.
- Niklas Schmelz: Johannes Oekolampad, Website reformation-rlp.de (22. November 2013).
- Frauke Brauns: Johannes Oekolampad (1482-1531), Website reformiert-info.de
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Niklas Schmelz: Johannes Oekolampad, Website reformation-rlp.de (22. November 2013, abgerufen am 3. März 2025)
- ↑ Olaf Kuhr: Oekolampad, Johannes. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- ↑ Eine mehrfach behauptete Priesterweihe ist nicht bezeugt, vielmehr: «8.April 1510 Stiftung der Prädikatur, 13. April 1510 Präsentation Oekolampads als Prädikant von Weinsberg durch Herzog Ulrich von Württemberg, 9. Juni 1510 Bestätigung Oekolampads als Prädikant von Weinsberg durch Bischof Lorenz von Würzburg.» Zitiert nach: Ernst Staehelin: Die beruflichen Stellungen Oekolampads während seiner vier Basler Aufenthalte. In: Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde. 16, 1917, S. 368 ([1]).
- ↑ Niklas Schmelz: Johannes Oekolampad, Website reformation-rlp.de (22. November 2013, abgerufen am 3. März 2025)
- ↑ Olaf Kuhr: Oekolampad, Johannes. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- ↑ Paul Meyer: Jakob Meyer zum Hirzen (1473–1541). In: Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde. Band 23, 1925, S. 97–142, hier S. 105 (e-periodica.ch [abgerufen am 17. Mai 2020]).
- ↑ Niklas Schmelz: Johannes Oekolampad, Website reformation-rlp.de (22. November 2013, abgerufen am 3. März 2025)
- ↑ Olaf Kuhr: Oekolampad, Johannes. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- ↑ Frauke Brauns: Johannes Oekolampad (1482-1531), Website reformiert-info.de (abgerufen am 3. März 2025)
- ↑ Othmar Birkner, Hanspeter Rebsamen: Basel. In: Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte (Hrsg.): INSA Inventar der neueren Schweizer Architektur 1850–1920. Band 2. GSK, Bern 1986, ISBN 3-280-01716-5, Rittergasse 2, S. 199, doi:10.5169/seals-3532 (e-periodica.ch).
- ↑ Gustaf Adolf Wanner: Rund um Basels Denkmäler, Basel 1975, S. 33; Stefan Hess: Zwischen Winckelmann und Winkelried. Der Basler Bildhauer Ferdinand Schlöth (1818–1891). Berlin 2010, S. 39, 216f.
- ↑ Liturgische Konferenz (Hrsg.): Das Kirchenjahr. Evangelischer Sonn- und Feiertagskalender 2019/2020. Hamburg 2019, S. 34–39 (Namenkalender).
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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kein Vorgänger | Antistes der Basler Kirche 1529–1531 | Oswald Myconius |
Personendaten | |
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NAME | Oekolampad, Johannes |
ALTERNATIVNAMEN | Oekolampadius, Johannes; Heussgen, Johannes; Hausschein, Johannes |
KURZBESCHREIBUNG | Schweizer Theologe, Humanist und Reformator von Basel |
GEBURTSDATUM | 1482 |
GEBURTSORT | Weinsberg |
STERBEDATUM | 24. November 1531 |
STERBEORT | Basel |
- Antistes (Basel)
- Renaissance-Humanist
- Reformator
- Person des evangelischen Namenkalenders
- Reformierter Theologe (16. Jahrhundert)
- Reformierter Geistlicher (16. Jahrhundert)
- Domprediger am Augsburger Dom
- Sachbuchautor (Theologie)
- Literatur (Neulatein)
- Literatur (16. Jahrhundert)
- Sachliteratur (Theologie)
- Hochschullehrer (Universität Basel)
- Person um Martin Luther
- Person (Weinsberg)
- Schweizer
- Geboren 1482
- Gestorben 1531
- Mann