Junghans

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Uhrenfabrik Junghans GmbH & Co. KG

Logo
Rechtsform GmbH & Co. KG
Gründung 1861
Sitz Schramberg, Deutschland Deutschland
Leitung Hannes Steim[1]
Mitarbeiterzahl 115[2]
Branche Uhren
Website www.junghans.de
Stand: 31. Dezember 2018

Junghans ist ein Uhrenhersteller, der 1861 in Schramberg im Schwarzwald gegründet wurde und mit zeitweise über 3000 Beschäftigten der größte Uhrenhersteller der Welt war. Die Uhren werden zu Preisen zwischen 329 und 16.000 Euro verkauft.

Heute wird der Markenname Junghans von zwei voneinander unabhängigen Gesellschaften geführt, der Uhrenfabrik Junghans GmbH & Co. KG und der Junghans Microtec GmbH, die Wehrtechnik herstellt. Beide Gesellschaften sind aus der früheren Gebrüder Junghans AG hervorgegangen.

Firmengeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Produktion von Taschenuhren um 1925
Uhrenfabriken Gebrüder Junghans AG, Luftaufnahme um 1930
Aktie über 100 RM der Gebrüder Junghans AG vom Dezember 1931
Ehemaliges Logo
Der denkmalgeschützte Terrassenbau
Über 9 Stockwerke erstreckt sich das Museum im Terrassenbau

Im Jahr 1860 gründete der Kaufmann Erhard Junghans gemeinsam mit seinem Schwager Jakob Zeller-Tobler in Schramberg eine Ölmühle, die allerdings wirtschaftlich ein Misserfolg wurde. Im Jahr 1861 gründete Erhard Junghans darauf mit seinem aus den USA zurückgekehrten Bruder Xaver Junghans in Schramberg die Firma Gebrüder Junghans. Zunächst wurden Gehäuseteile für andere Uhrenhersteller im Schwarzwald fabriziert. Ab 1866/67 konnten die ersten Uhrwerke hergestellt werden. Die Tagesproduktion lag im Jahr 1870 bei etwa 60 Uhren.

Erhard Junghans starb im Herbst 1870, worauf die Witwe Luise Junghans die Firmenleitung übernahm. Am 1. Juli 1875 wurde die Firma Junghans von Luise Junghans an die Söhne Erhard d. J. und Arthur verkauft; laut Gesellschaftervertrag übernahm der ältere Sohn Erhard (d. J.) sowohl die kaufmännische wie auch die technische Leitung. In den Jahren nach der Übernahme brachte Arthur Junghans, der vorher für ein Jahr in amerikanischen Uhrenfabriken gearbeitet hatte, eine Reihe von technischen Modernisierungen auf den Weg.[3] Ende der 1870er Jahre nahm die Junghans auch die Fertigung von Weckern nach amerikanischem Vorbild auf, was zu einer starken Vergrößerung des Unternehmens führte. Bereits 1883 und nochmals 1894 versuchte Arthur Junghans, eine Fertigung einfacher Taschenuhren aufzubauen. Eine Reihe von Fehlschlägen zwangen jedoch dazu, diese Bemühungen einzustellen. Durch die Fusion mit der Schwenninger Firma Thomas Haller AG, die bereits seit Mitte der 1890er Jahre erfolgreich Taschenuhren fabrizierte und vermarktete, konnte Junghans ab 1900 sein Sortiment auch um die Sparte Taschenuhren erweitern.[4]

1888 präsentierte das Unternehmen einen fünfstrahligen Stern mit einem „J“ in dessen Mitte als Markenzeichen. Im Jahr 1890 bekam dieser Stern acht Zacken und ist heute noch das Markenzeichen des Unternehmens.[5] 1903 war Junghans mit mehr als 3000 Beschäftigten und einer Produktion von über drei Millionen Uhren pro Jahr der weltweit größte Uhrenhersteller. Im Jahr 1906 nahm Junghans ferner die Fertigung von Munitionszündern auf, die im Ersten Weltkrieg in Schramberg in großen Mengen hergestellt wurden.

1928 begann Junghans mit der Produktion von Armbanduhren, wobei anfangs zugekaufte Werke der Gebrüder Thiel GmbH in Ruhla verwendet wurden. Ab 1930 fertigte Junghans eigene Werke. Zur gleichen Zeit begann die Zusammenarbeit mit der französischen ATO und die Herstellung der gleichnamigen elektrischen Pendeluhren bis 1962.[6]

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde Junghans von Generaldirektor Erwin Junghans (* 1875; † 1944, Sohn von Arthur Junghans) auf Rüstungsproduktion ausgerichtet. Junghans bewarb sich und erhielt aufgrund der Kriegsvorbereitungen zahlreiche Rüstungsaufträge (Präzisionsuhren für Flugzeuge und Schiffe sowie Munitionszünder aller Arten). In den Kriegsjahren stellten über 9000 Beschäftigte in bombensicheren Räumen in Schramberg vorwiegend Zünder und weitere Rüstungsgüter her. Von Junghans entwickelte Zünder wurden auch in sehr großem Umfang von anderen Unternehmen besonders in Pforzheim hergestellt, was zur totalen Zerstörung Pforzheims durch die Alliierten führte. Junghans gründete unter neutralem Namen auch in anderen Städten Zweigwerke für die Herstellung von Rüstungsgütern (z. B. „MESSAP“ in Hamburg). In Mühlheim an der Donau unterhielt Junghans zusammen mit der Uhrenfabrik Mühlheim einen eigenen Schießplatz zum Testen von Munition.

Im Jahr 1942 waren in Schramberg 440 „Ostarbeiter“, 332 Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter aus Frankreich und 90 Zwangsarbeiter aus Polen bei Junghans untergebracht. Die französischen Arbeiter waren meist in Gemeinschaftsunterkünften oder Gasthäusern einquartiert, während die sowjetischen und polnischen Arbeiter in Baracken wohnten.[7][8] Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurden von der französischen Militärverwaltung wesentliche Maschinen demontiert und nach Frankreich verbracht, die Produktion ziviler Uhren konnte jedoch bereits 1946 wieder aufgenommen werden. Verschiedene Firmengebäude wurden von den Alliierten noch eine Zeit lang als Kaserne beschlagnahmt. Ferner war Junghans gezwungen, lose Uhrwerke nach Frankreich zu liefern, die allerdings nicht in Frankreich, sondern unter dem Firmenzeichen französischer Uhrenhersteller im Ausland verkauft wurden.

Nach dem Krieg konzentrierte sich Junghans auf die Herstellung qualitativ guter Armbanduhren, um bei den Kunden wieder Reputation zu erhalten. Dadurch entwickelte sich Junghans in den 1950er Jahren zum größten Hersteller von Chronometern[9] in Deutschland, etwa mit dem Anfang der 1960er Jahre auf den Markt gebrachten Junghans Chronometer für etwa 160 DM mit dem Werkkaliber J 85.[10][11]

Im Rahmen einer feindlichen Firmenübernahme durch Diehl in Nürnberg verlor die Familie Junghans im Jahr 1956 Unternehmen und Firmenleitung. Die offizielle Firmenübernahme erfolgte zum 15. November 1956. Die Diehl-Gruppe führte die Geschäftszweige Uhren und Zündertechnik separat weiter.[12]

1971 stellte Junghans die erste deutsche Quarz-Armbanduhr, die „Astro-Quarz“, vor. Fünf Jahre später stellte Junghans die Produktion mechanischer Uhren vorläufig völlig ein.[13]

1972 stellte Junghans die offizielle Zeitmessung der Olympischen Sommerspiele in München.

Seit 1984 existieren zwei organisatorisch voneinander getrennte Unternehmen: die Uhrenfabrik Junghans GmbH & Co. KG und die Junghans Microtec GmbH.

Im Jahr 1986 präsentierte Junghans eine funkgesteuerte Tischuhr, eine der ersten kommerziellen Funkuhren der Welt.[14] 1990 folgte mit der digitalen MEGA 1 die weltweit erste funkgesteuerte Armbanduhr, 1991 kam die analoge Variante Junghans Mega auf den Markt. Die Gestaltung wurde von frog design entworfen. 1995 stellte Junghans eine Kombination aus Funkarmbanduhr mit Solarantrieb und Keramikgehäuse vor, die MEGA Solar Ceramic.

Die Diehl-Gruppe verkaufte die Uhrensparte im Jahr 2000 an die Holdinggesellschaft Egana Goldpfeil;[15] die Wehrtechnik sowie die Firmengebäude in Schramberg verblieben bei Diehl. Die Uhrensparte beschäftigte damals etwa 220 Angestellte, die Wehrtechnik 350.

Im Jahr 2004 präsentierte Junghans die erste Multifrequenz-Funk-Armbanduhr, die Signale der Zeitzeichensender DCF77 in Europa, JJY in Japan und WWVB in den USA empfängt.

Als Hommage an den Firmengründer wurde 2006 die Marke „Erhard Junghans“ eingeführt.

Die Junghans Uhren GmbH stellte am 29. August 2008 einen Insolvenzantrag, nachdem der Mutterkonzern Egana Goldpfeil kurz zuvor in finanzielle Schwierigkeiten geraten war.[16] Das Unternehmen beschäftigte zu diesem Zeitpunkt 115 Mitarbeiter. Am 22. Januar 2009 erklärte der Insolvenzverwalter, dass ein Käufer für die Junghans Uhren GmbH gefunden worden sei. Der Schramberger Unternehmer Hans-Jochem Steim übernahm gemeinsam mit seinem Sohn Hannes Steim zum 1. Februar den Geschäftsbetrieb sowie alle Sparten des Unternehmens, das seit 1. Februar 2009 unter dem Namen Uhrenfabrik Junghans GmbH & Co. KG firmiert.[17] Bereits im Übernahmejahr erzielte die Uhrenfabrik Junghans GmbH & Co. KG einen zweistelligen prozentualen Umsatzzuwachs.

Im Jahr 2011 feierte Junghans das 150-jährige Firmenjubiläum mit limitierten Modellen und Neuinterpretationen historischer Serien.

Der historisch bedeutende und denkmalgeschützte Terrassenbau, entworfen und gebaut 1917/1918 vom deutschen Architekten Philipp Jakob Manz, wurde unter Aufsicht des Denkmalamtes restauriert und im Juni 2018 der Öffentlichkeit in Form eines Museums zugänglich gemacht. Schwerpunkte des Junghans Terrassenbau Museums bilden Schwarzwalduhren, Uhren mit Musikspieleinrichtungen und die Historie der Uhrenfabrik.

Im Juli 2018 präsentiert Junghans das neue Funkuhrwerk J101, das erstmals ein klassisches Uhrendesign einer Funkuhr ermöglicht und per App die Zeitzoneneinstellung vornehmen kann.

Zum 160. Jubiläum im Jahr 2021 erschien die Meister Signatur Handaufzug Edition 160, die mit dem historischen Handaufzugswerk J620 angetrieben wird.

Uhren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Uhrenmarke Junghans umfasst alle Uhrentechnologien. Das mechanische Segment beinhaltet Handaufzug und Automatikmodelle, teilweise mit Komplikationen wie Gangreserve, Kalenderwochenanzeige, Mondphase, Chronograph und so weiter. Gestaltungsklassiker des Signets JUNGHANS max bill beruhen auf Originalentwürfen des Bauhauskünstlers Max Bill und sind bei Uhrensammlern sehr geschätzt.[18] Die Technologiesparte bietet Funkuhren mit junghanseigenen Funkwerken, die die Zeitinformationen des europäischen DCF77-, des amerikanischen WWVB- und des japanischen JJY-Senders empfangen. Antriebsenergie liefern herkömmliche Knopfzellen beziehungsweise moderne Solartechnologie. Seit 2011 ist die hauseigene Solar/Quarz-Entwicklung auf dem Markt. Die Quarzwerke stammen aus einem weltweiten Sourcing. Spezielle High-Tech-Materialien wie Titan und Keramik sind mit der Funk- und Solartechnologie kombiniert. Seit 2018 werden Uhren im klassischen Design mit Junghans-eigenen Connected Funkwerken ausgestattet. 2020 folgte das nachhaltige Funk-Solar-Werk J101.85. Die Uhren haben einen Verkaufspreis zwischen 329 und 16.000 Euro und werden in Schramberg produziert.

Sonstiges[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hans-Heinrich Schmid, der Autor des Lexikons der Deutschen Uhrenindustrie 1850–1980, erhielt im Jahr 2011 von Nachkommen der Familie Junghans Einblick in das bis dahin nicht zugängliche Familienarchiv Junghans. Durch das Studium dieser Unterlagen konnten viele Fragen der frühen Firmengeschichte des Familienbetriebes Junghans geklärt werden. Diese Unterlagen, darunter auch das Notizbuch von Arthur Junghans aus seiner Zeit in Amerika, befinden sich heute im Stadtarchiv in Schramberg.
  • Bei der Entführung des Flugzeugs „Landshut“ 1977 musste der Copilot Jürgen Vietor seine Junghans-Armbanduhr zerstören, weil der palästinensische Entführer Zohair Youssif Akache das Logo für den jüdischen Davidstern hielt.[19]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hans-Heinrich Schmid: Lexikon der Deutschen Uhrenindustrie 1850–1980 : Firmenadressen, Fertigungsprogramm, Firmenzeichen, Markennamen, Firmengeschichten. (3. erweiterte Auflage 2017), Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für Chronometrie e. V.; ISBN 978-3-941539-92-1
  • Franz Ludwig Neher: Ein Jahrhundert Junghans. Schramberg 1961.
  • Kerstin Simon: 150 Augenblicke aus 150 Jahren Junghans. ISBN 978-3-00-034264-6.
  • Martin Fischer: Faszination Junghans – Sieben Jahrzehnte Armbanduhren aus Schramberg. ISBN 978-3-86646-150-5

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Junghans – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. NRWZ-Redaktion Schramberg: Hannes Steim wird alleiniger Junghans-Geschäftsführer. 3. August 2023, abgerufen am 1. Oktober 2023 (deutsch).
  2. Peter Braun (Hrsg.): Armbanduhren-Katalog 2021/2022, Heel Verlag, Königswinter 2021, ISBN 978-3-96664-297-2, S. 146.
  3. F.L. Neher: „Ein Jahrhundert Junghans“- Firmenschrift zum 100-jährigen Jubiläum der Fa. Junghans Schramberg 1961
  4. Lexikon der deutschen Uhrenindustrie 1850–1980 Bd. 2, S. 218/219
  5. 1888 – Der Junghansstern geht auf. junghans.de, abgerufen am 19. November 2014
  6. ATO – Uhren aufgerufen am 18. Januar 2015
  7. Uhrenfabrik Junghans: Die Lebens- und Arbeitssituation der Zwangsarbeiter denktag-archiv.de (abgerufen am 28. Dezember 2014)
  8. Schramberg – Stadt der Uhren schramberg.de (abgerufen am 28. Dezember 2014)
  9. Gisbert L. Brunner: Mechanische Armbandchronometer aus der Manufaktur von Junghans in Schramberg. In: Alte Uhren. Heft 4, 1982, S. 312–320.
  10. Lexikon der deutschen Uhrenindustrie 1850–1980 Bd. 2, S. 221.
  11. Helmut Kahlert, Richard Mühe, Gisbert L. Brunner: Armbanduhren: 100 Jahre Entwicklungsgeschichte. Callwey, München 1983; 5. Auflage ebenda 1996, ISBN 3-7667-1241-1, S. 47–58.
  12. Lexikon der deutschen Uhrenindustrie 1850–1980 Bd. 2, S. 222.
  13. Thimo Heeg, Die gute alte Zeit, In: FAZ vom 17. April 2021
  14. Die ZEIT 40/2002: Erfindungen: Wer hat’s erfunden? Funkuhr (Memento vom 31. Dezember 2014 im Internet Archive)
  15. Gisbert L. Brunner: Junghans Uhren Geschichte und die Junghans max bill Edition Set 60. Uhren Kosmos, 17. August 2021, abgerufen am 18. Januar 2023.
  16. Handelsblatt: Uhrenhersteller Junghans insolvent (1. September 2008)
  17. Käufer für Junghans Uhren gefunden (Memento vom 23. Januar 2009 im Internet Archive) (22. Januar 2009)
  18. Gisela Lixfeld: Max Bill für Junghans – eine Handreichung fürs Sammeln. In: Deutsche Gesellschaft für Chronometrie e. V. (Hrsg.): Jahresschrift 2020. Band 59. Nürnberg 2020, ISBN 978-3-923422-29-6, S. 30–49.
  19. Martin Knobbe über die Entführung der Landshut. Stern.de. Abgerufen am 12. Mai 2018.

Koordinaten: 48° 13′ 20,5″ N, 8° 22′ 44,4″ O