KZ-Außenlager Bäumenheim

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KZ-Außenlager Bäumenheim (Bayern)
KZ-Außenlager
Bäumenheim
(Bayern)
KZ-Außenlager
Bäumenheim
Lokalisierung von Bayern in Deutschland
Lage des KZ-Außenlagers Bäumenheim in Bayern.
BW

Das KZ-Außenlager Bäumenheim war ab Sommer 1944 eines der 169 Außenlager des Konzentrationslagers Dachau. Mehr als 500 KZ-Häftlinge mussten hier für die Messerschmitt AG in der Rüstungsindustrie arbeiten.[1]

Zwangsarbeit für Messerschmitt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für solche Messerschmitt Me 262 mussten KZ-Häftlinge in Bäumenheim Teile produzieren (Foto: um 1945, Imperial War Museums).

Das KZ-Außenlager ist in den Quellen erstmals am 1. August 1944 erwähnt. Die Gefangenen waren auf dem Gelände der damaligen Firma Dechentreiter (später Fendt & Agco) in Bäumenheim nahe der Bahnlinie in einem Ziegelrohbau untergebracht,[1] der mit Stacheldraht eingezäunt und einem Wachturm an der Hauptstraße gesichert war.[2] Im Erdgeschoss befanden sich Küche und Lager, darüber die Schlafräume. Es grenzte direkt an die Produktionsstätte wie auch an das Gebäude der SS-Wachmannschaft, bestehend aus 50 Männern von SS und Wehrmacht unter dem Lagerführer Rossbach. Verwaltet wurde das Lager vom KZ-Außenlager Augsburg-Pfersee.[1]

In 12-Stunden-Schichten mussten die KZ-Häftlinge Zwangsarbeit für die Messerschmitt AG leisten und auf 3500 m² beschlagnahmter Firmenfläche Tragflächenteile[3] für das Strahlflugzeug Me 262 produzieren,[1] etliche von ihnen waren ausgebildete Handwerker.[2] Der SS-Oberscharführer Karl Fuhrmann schrieb im Januar 1945 über die Bedingungen im Lager: „Die Anzüge der Häftlinge sind zum Teil sehr abgerissen, die Versorgung mit Leibwäsche äußerst ungenügend, so dass eine wirksame Bekämpfung der Läuseplage nicht in Betracht gezogen werden kann. Es fehlt an Reservewäsche. […] Verlauste Häftlinge zur Zt. 50 %.“ Zwei Monate später war das Lager nach Angaben Lagerarztes Hans Eisele „100 % verlaust“.[4]

Mehrere KZ-Häftlinge starben an Nahrungsmangel, Krankheiten durch unhygienische Unterbringung und Entkräftung, zum Teil direkt im Lager, zum Teil nach Deportation der Kranken in andere Lager.[5] Betriebs- und OT-Leitung interessierten sich nicht für das Schicksal der Gefangenen, wie der Hinweis in einer Rücküberstellungsliste an das KZ Dachau zeigt: „auf Veranlassung der Messerschmittwerke zurücküberstellt.“[4]

Von September 1944 bis Februar 1945 wurden mindestens 94 weitere Gefangene an das KZ-Außenlager Bäumenheim überstellt.[6]

Luftangriff März 1945[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits 1944 befürchteten der Bürgermeister von Bäumenheim wie der Firmenchef von Dechentreiter, dass die Produktion für die Rüstungsindustrie Bäumenheim zu einem Ziel von Luftangriffen der Alliierten machen würde, und versuchten dies abzuwenden, zumal es kaum Keller, geschweige denn Bunker gab. Am Nachmittag des 19. März 1945 flogen die Alliierten einen Luftangriff auf die Messerschmitt-Rüstungsfabrik, mit 700 Spreng- und tausenden Brandbomben. Durch ungünstige Windverhältnisse wurde die Fabrik nicht getroffen, dagegen die Hälfte der Wohnhäuser. 93 Einwohner und etwa 70 bis 80 KZ-Häftlinge starben,[2] es gab viele Verletzte.[1]

Die etwa 300 noch arbeitsfähigen KZ-Häftlinge mussten danach die Maschinen abbauen.[1]

Räumung des Lagers im April 1945[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 3. April 1945 waren noch 518 Gefangene im KZ-Außenlager Bäumenheim registriert.[6] Anfang desselben Monats wurde es geräumt, die Gefangenen mit der Bahn nach Landsberg zum KZ-Außenlagerkomplex Kaufering transportiert, von dort zu Fuß weiter in einem Todesmarsch zum KZ Dachau, wo die Überlebenden befreit wurden.[1]

Aufarbeitung und Gedenken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Toten wurden auf dem Friedhof von Bäumenheim bestattet. Später wurden sie exhumiert und die sterblichen Überreste auf den KZ-Friedhof Dachau-Leitenberg umgebettet.[1] Ein Gedenkstein auf dem Friedhof erinnert an sie[7] und trägt die Inschrift:[8]

KZ Außenstelle
Männerlager
1.8.1944–25.4.1945

Juristische Folgen hatte der Betrieb des KZ-Außenlagers für die Verantwortlichen nicht. Die bundesdeutsche Justiz ermittelte ab 1969 nur kurz und eröffnete kein Verfahren.[1]

Ein Mahnmal gibt es nicht. Am 25. Juni 2022 wurde in Asbach-Bäumenheim zur Erinnerung eine „Stolperschwelle“ hinter dem Marktplatz in den Fußweg am Steglesgraben eingelassen.[9] Sie trägt die Inschrift: „Über 500 Häftlinge arbeiteten hier unter Zwang für die Rüstungsproduktion. Dutzende starben durch unmenschliche Haftbedingungen und beim Bombenangriff am 19. März 1945.“[9]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Autobiografisch

  • Max Wittmann (aufgezeichnet durch Erich Kunter): Weltreise nach Dachau – ein Tatsachenbericht nach den Erlebnissen des Weltreisenden und ehemaligen politischen Häftlings. 1. Auflage. Kulturaufbau, Stuttgart 1946, OCLC 14440638 (264 S., mit Passagen zum KZ-Außenlager Bäumenheim).

Enzyklopädien

  • Gernot Römer: Early Camps, Youth Camps, and Concentration Camps and Subcamps under the SS-Business Administration Main Office (WVHA). Enzyklopädie. In: United States Holocaust Memorial Museum, Geoffrey P. Megargee (Hrsg.): Encyclopedia of Camps and Ghettos, 1933–1945. I A. Indiana University Press, Bloomington, USA 2009, ISBN 978-0-253-35328-3, S. 457–459, 454 (englisch, 900 S., ushmm.org [PDF; 68,0 MB; abgerufen am 23. September 2020] Encyclopedia Vol-I, Part A, Eintrag „Bäumenheim“).
  • Gernot Römer: Für die Vergessenen, KZ Außenlager in Schwaben – Schwaben in Konzentrationslagern, Berichte, Dokumente, Zahlen und Bilder, Verlag Presse-Druck- und Verlags-GmbH, Augsburg 1984, 231 S., ISBN 3-89639-047-3, ISBN 978-3-89639-047-9, S. 94 ff.

Ergänzend

  • Josef Walter König: Asbach-Bäumenheim – ein Heimatbuch. Hrsg.: Gemeinde Asbach-Bäumenheim. Asbach-Bäumenheim 1987, OCLC 630163312, S. 44–46 (168 S.).
  • Ulrike Puvogel, Martin Stankowski: Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus – Eine Dokumentation – Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Schleswig-Holstein. Hrsg.: Bundeszentrale für politische Bildung. Band 1. Edition Hentrich Berlin, Bonn 1995, ISBN 3-89331-208-0, S. 114 f. (840 S., bpb.de [PDF; 24,8 MB; abgerufen am 3. September 2021]).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Erinnerungskultur. Heimatfreunde Asbach-Bäumenheim e.V., 2021;.
  • Eintrag Bäumenheim in Arolsen Archives International Center on Nazi Persecution (UNESCO-Weltdokumentenerbe) über International Tracing Service (ITS), Bad Arolsen, online unter collections.arolsen-archives.org.

Fotos Friedhof – KZ-Opfer

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g h i Wolfgang Kucera: Frühe Lager, Dachau, Emslandlager. In: Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Band 2. C. H. Beck, München 2005, ISBN 3-406-52962-3, S. 296–298, 288, 372.
  2. a b c Gernot Römer: Early Camps, Youth Camps, and Concentration Camps and Subcamps under the SS-Business Administration Main Office (WVHA). Enzyklopädie. In: United States Holocaust Memorial Museum (Hrsg.): Encyclopedia of Camps and Ghettos, 1933–1945. I A. Indiana University Press, Bloomington, USA 2009, ISBN 978-0-253-35328-3, S. 457–459, 454 (englisch).
  3. Alexander Kartschall: Messerschmitt Me 262. Geheime Produktionsstätten. Motorbuch, Stuttgart 2020, ISBN 978-3-613-04258-2, S. 88.
  4. a b Sabine Schalm: Überleben durch Arbeit? Außenkommandos und Außenlager des KZ Dachau 1933–1945. In: Geschichte der Konzentrationslager 1933-1945. Band 10. Metropol, Berlin 2009, ISBN 978-3-940938-45-9, S. 132, 226 (368 S., zugleich Diss. an der TU Berlin 2008 / Überblick über räumliche und zeitliche Ausdehnung, Machtstrukturen und Handlungsoptionen der führenden Akteure, Häftlingszwangsgesellschaft mit einzelnen Häftlingsgruppen, Existenzbedingungen der Häftlinge).
  5. Mario Felkl: Bäumenheim bekommt eine Stolperschwelle. heimatfreunde-asbach-baeumenheim.de, 26. Mai 2021, abgerufen am 5. Oktober 2021.
  6. a b Reinhold Forster: Die Häftlinge in den KZ-Außenlagern Augsburg-Haunstetten und Augsburg-Pfersee. (PDF; 660 KB) In: im Auftrag der Stadt Augsburg/Kulturreferat. geschichtsagentur-augsburg.de, Januar 2020, S. 3, 9 f., abgerufen am 5. Oktober 2021 (Überstellungen nach Bäumenheim: [11.9.44] 10 + [18.10.44] 15 + [14.12.44] 40 + [12.1.] 20 + [14.2.45] 9 = Summe 94): „In einer Aufstellung vom 3.4.1945 […] Zahl der […] festgehaltenen Häftlinge […] Außenlager in Bäumenheim (518)“
  7. Ulrike Puvogel, Martin Stankowski: Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus. Band 1. Edition Hentrich Berlin, Bonn 1995, ISBN 3-89331-208-0, S. 114 f. (bpb.de [PDF; 24,8 MB; abgerufen am 3. September 2021]).
  8. Hubert Joachim: Foto – Gedenkstein auf dem Alten Friedhof. (JPG) kriegsopfer.org, 15. März 2010;.
  9. a b Jule Eibl: Donauwörth – Bäumenheim: Stolperschwelle erinnert an KZ-Opfer in Bäumenheim. In: Donauwörter Zeitung. 26. Juni 2022, archiviert vom Original am 27. Juni 2022; abgerufen am 27. Juni 2022 (Stelentext siehe Foto): „Daran erinnert nun eine sogenannte Stolperschwelle auf dem Fußweg am Steglesgraben hinter dem Marktplatz.“

Koordinaten: 48° 40′ 53,6″ N, 10° 48′ 43″ O