Kaktusspecht
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Kaktusspecht (Melanerpes cactorum) | ||||||||||
| Systematik | ||||||||||
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| Wissenschaftlicher Name | ||||||||||
| Melanerpes cactorum | ||||||||||
| (d’Orbigny, 1841) |
Der Kaktusspecht (Melanerpes cactorum) ist eine Vogelart aus der Familie der Spechte (Picidae). Diese sehr kleine Spechtart bewohnt große Teile des zentralen Südamerikas und besiedelt dort Trockenwälder aller Art, Savanne, trockenes Buschland sowie Bestände großer Säulenkakteen. Die an Stämmen und stärkeren Ästen gesuchte Nahrung besteht überwiegend aus Ameisen und anderen Insekten sowie Früchten und Samen. Vor allem in der winterlichen Trockenzeit werden auch Löcher bis in das Phloem von Baumstämmen und starken Ästen geschlagen und der austretende Saft getrunken. Der Kaktusspecht ist recht häufig und wird von der IUCN als
(=least concern – nicht gefährdet) eingestuft.
Beschreibung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Kaktusspechte sind sehr kleine Spechte mit einem recht kurzen, leicht meißelförmig zugespitzten und an der Basis breitem Schnabel. Der Schnabelfirst ist fast gerade. Die Körperlänge beträgt etwa 16 cm und das Gewicht 29–53 g; sie sind damit etwa so groß wie ein Kleinspecht. Die Art zeigt im Gegensatz zu vielen anderen Spechtarten nur einen sehr geringen Geschlechtsdimorphismus bezüglich der Färbung. Weibchen sind im Mittel etwas kleiner und kurzschnäbeliger als Männchen. Die Tiere kommen in zwei Farbmorphen vor, die jedoch zumindest regional fließende Übergänge zeigen.
Die Tiere sind insgesamt kontrastreich schwarz-weiß und blass rötlich gefärbt. Der obere Rücken und die Schultern sind glänzend blauschwarz mit einer kräftigen weißen Strichzeichnung in der Rückenmitte. Der übrige Rücken, der Bürzel und die Oberschwanzdecken sind weiß mit schwarzer Fleckung oder Bänderung. Die Oberflügeldecken sind überwiegend schwarz mit blauem Glanz, die großen Decken zeigen eine weiße Fleckung und weiße Spitzen, bei den mittleren Decken ist die distale Hälfte weiß mit schwarzer Fleckung. Die Schwingen sind oberseits schwärzlich braun. Schirmfedern und Armschwingen sind auf diesem Grund auf Außen- und Innenfahnen weiß gebändert, bei den Handschwingen ist diese Bänderung auf die Federbasis beschränkt. Die Schwanzoberseite ist schwarz mit weißer Bänderung über alle Federn, die frisch geschobenen Steuerfedern haben außerdem weiße Spitzen. Die Unterseite von Rumpf und Hals ist einfarbig blass rötlich, zum Bauch hin blasser und mehr grau. Flanken und Unterschwanzdecken zeigen auf diesem Grund eine schwache pfeilspitzenartige Bänderung. Die Unterflügeldecken sind überwiegend weiß mit kaum noch erkennbaren Braunanteilen, die Unterseite der Schwingen und der Stoßfedern ist braun mit weißer Bänderung.
Der Schnabel ist schwarz oder grauschwarz, Beine und Zehen sind schieferfarben. Die Iris ist braun bis rotbraun.
Männchen sind am Schnabelgrund, auf der vorderen Stirn, dem vorderen Oberkopf und auf den unteren Kopfseiten bis knapp unterhalb der Augen weiß. Die oberen Kopfseiten einschließlich der Augenumgebung, der mittlere und hintere Oberkopf und die Nackenseiten sind schwarz, die seitlichen Nackenstreifen laufen nach hinten bis in den schwarzen oberen Rücken. Hinterkopf und Nacken sind in der Mitte weiß, im oberen Teil gelblich oder rötlich überhaucht. Auf dem mittleren Oberkopf befindet sich ein kleiner roter Fleck.
Weibchen sehen fast wie Männchen aus, ihnen fehlt nur der rote Fleck auf dem Oberkopf. Zwei Morphen können anhand der Kehlfärbung unterschieden werden, diese ist je nach Population gelb, weiß oder intermediär. Jungvögel ähneln sehr den adulten Vögeln. Die Oberseite ist mehr bräunlich und weniger glänzend, die Unterseite ist stärker gebändert und beide Geschlechter zeigen etwas orangerot in der Oberkopfmitte. Es werden keine Unterarten anerkannt.
Lautäußerungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bisher bekannt sind laute Rufe wie „wiii-wiiip, wii-biip“, eine schnellere Variante dieser Rufe wird bei der Balz benutzt. Die Art trommelt am Anfang der Brutsaison in der Nähe der Bruthöhle, die Trommelwirbel sind kurz und leise.
Verbreitung und Lebensraum
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Der Kaktusspecht bewohnt große Teile des zentralen Südamerikas. Das Verbreitungsgebiet reicht in Ost-West-Richtung vom Südosten Perus, Bolivien und dem Westen von Paraguay bis in den Nordwesten Argentiniens und nach Süden bis in das südliche Argentinien. Die Größe des Gesamtverbreitungsgebietes wird auf etwa 924.000 km² geschätzt. Die Art besiedelt Trockenwälder aller Art, Strauchsteppen, trockenes Buschland sowie Bestände großer Säulenkakteen. Die Tiere kommen von den Niederungen bis in 1700 m Höhe vor, in Bolivien lokal bis 2500 m.
Lebensweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Kaktusspechte leben meist in kleinen Gruppen von drei bis fünf Individuen. Die Nahrung wird in Bäumen und Palmen gesucht, vor allem an Stämmen und Ästen. Diese Spechte fressen überwiegend Ameisen und andere Insekten sowie Früchte und Samen. Die Nahrung wird durch das Absuchen von Spalten und Löchern sowie durch Ablesen erlangt. Vor allem in der winterlichen Trockenzeit werden auch Löcher bis in das Phloem von Stämmen und starken Ästen verschiedener Bäume geschlagen und der austretende, stark zuckerhaltige Saft getrunken. In der Monte-Halbwüste im Westen Argentiniens werden hierzu vor allem die Baumarten Prosopis flexuosa und die zu den Jochblattgewächsen gehörenden Arten Bulnesia retama und Larrea divaricata genutzt[1], in der Gran Chaco Zentralargentiniens überwiegend der Quebrachobaum (Aspidosperma quebracho-blanco) und ebenfalls Prosopis flexuosa.[2] Diese Löcher werden von den Kaktusspechten verteidigt, sie stellen trotzdem auch für eine Reihe weiterer Vogelarten eine wichtige Wasser- und Energiequelle dar, vor allem für einige Kolibris.
Die Brutzeit erstreckt sich von September bis Dezember, die Höhlen werden in Bäumen, Palmen und Kakteen angelegt. Weitere Angaben zur Brutbiologie liegen bisher offenbar nicht vor.
Etymologie und Forschungsgeschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Erstbeschreibung des Kaktusspecht erfolgte 1841 durch Alcide Dessalines d’Orbigny unter dem wissenschaftlichen Namen Picus cactorum. Als Verbreitungsgebiet gab er die Provinz Mizque an. Zunächst erschien eine Tafel illustriert von Édouard Traviès und erst später der Text.[3][4][A 1] 1832 führte William Swainson die Gattung Melanerpes für den Rotkopfspecht (Melanerpes erythrocephalus, Linnaeus, 1758) ein.[5] Der Begriff leitet sich von μελας, μελανος melas, melanos, deutsch ‚schawrz‘ für ἑρπης, ἑρπω herpēs, herpō, deutsch ‚Kriecher, kriechen‘ ab.[6] Der Artname hactorum hat seinen Ursprung in lateinisch cactorum, cactus ‚Vom Kaktus, stachelige Pflanze‘[7] Alfred Laubmann hatte für sein Werk Die Vögel von Paraguay drei Bälge, gesammelt von Eugen Josef Robert Schuhmacher (1906–1973) und Hans Krieg (1888–1970) in Puerto Sastre im Gran Chaco, zur Verfügung. In der Literatur betrachtete er den Río Apa und Bahía Negra im Departamento Alto Paraguay[8] durch Tommaso Salvadori[8] und Waikthlatingmayalwa[9] im Gran Chaco als Nachweise für das Land.[10] Trichopicus cactorum parvus Brodkorb, 1941[11] wird heute als Synonym zur Nominatform betrachtet. Parvus bedeutet lateinisch parvulus, parvus ‚sehr klein, klein‘.[12]
Bestand und Gefährdung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Angaben zur Größe des Weltbestandes gibt es nicht, die Art ist im größten Teil ihres Verbreitungsgebietes jedoch recht häufig und der Bestand ist offenbar stabil. Sie wird von der IUCN daher insgesamt als ungefährdet („least concern“) eingestuft.
Quellen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ P. G. Blendinger: Facilitation of sap-feeding birds by the White-fronted Woodpecker in the Monte Desert, Argentina. The Condor 101, 1999: S. 402–407.
- ↑ Genise, J. E., R. J. Straneck und P. Hazeldine: Sapsucking in the White-fronted Woodpecker Melanerpes cactorum. Ornithol. Neotropical 4, 1993: S. 77–82
- ↑ Alcide Dessalines d’Orbigny (1841), Tafel 62, Abbildung 2
- ↑ Alcide Dessalines d’Orbigny (1841), S. 378
- ↑ William Swainson (1842), S. 316
- ↑ Melanerpes The Key to Scientific Names Edited by James A. Jobling
- ↑ cactorum The Key to Scientific Names Edited by James A. Jobling
- ↑ a b Tommaso Salvadori (1895), S. 15
- ↑ John Graham Kerr (1901), S. 228.
- ↑ Alfred Laubmann (1939), S. 219
- ↑ Pierce Brodkorb (1941), S. 23–24.
- ↑ parvus The Key to Scientific Names Edited by James A. Jobling
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Pierce Brodkorb: An undescribed woodpecker from the Paraguayan Chaco. In: Proceedings of the Biological Society of Washington. Band 54, 1941, S. 23–24 (biodiversitylibrary.org).
- Edward Clive Dickinson, Alain Lebossé: A study of d’Orbigny’s “Voyage dans l’Amérique Méridionale”. IV. New avian names deriving from d’Orbigny’s expedition with evidence for their first introduction and necessary corrections to authorship, dates and citations. In: Zoological Bibliography. Band 5, Nr. 4, 9. März 2018, S. 49–274 (avespress.com [PDF; 8,9 MB]).
- Edward Clive Dickinson, Alain Lebossé: A study of d’Orbigny’s “Voyage dans l’Amérique Méridionale”. V. Necessary corrections to data from the “Index Animalium”. Pp. 275–292. Also includes Errata. In: Zoological Bibliography. Band 5, Nr. 5, 1. August 2018, S. 275–292 (avespress.com [PDF; 731 kB]).
- John Graham Kerr: On the Birds observed during a Second Zoological Expedition to the Gran Chaco. In: The Ibis (= 8. Band 1). Nr. 13, 1901, S. 215–236 (biodiversitylibrary.org).
- Alfred Laubmann: Die Vögel von Paraguay. Band 1. Strecker und Schröder, Stuttgart 1939, S. 219 (google.de).
- Alcide Dessalines d’Orbigny: Voyage dans l'Amérique méridionale (le Brésil, la république orientale de l'Uruguay, la République argentine, la Patagonie, la république du Chili, la république de Bolivia, la république du Pérou), exécuté pendant les années 1826, 1827, 1828, 1829, 1830, 1831, 1832, et 1833 (= Partie Historique. Band 4). Chez P. Bertrand, Éditeur, Chez V.e Levrault, Paris, Straßburg 1839 (biodiversitylibrary.org – 1837–1847).
- Alcide Dessalines d’Orbigny: Voyage dans l'Amérique méridionale (le Brésil, la république orientale de l'Uruguay, la République argentine, la Patagonie, la république du Chili, la république de Bolivia, la république du Pérou), exécuté pendant les années 1826, 1827, 1828, 1829, 1830, 1831, 1832, et 1833 (= Partie Historique. (Atlas)). Chez P. Bertrand, Éditeur, Chez V.e Levrault, Paris, Straßburg 1841 (biodiversitylibrary.org – 1837–1843).
- Tommaso Salvadori: Viaggio del dottor Alfredo Borelli nella Repubblica Argentina e nel Paraguay, XVI. Uccelli raccolti nel Paraguay, nel Matto Grosso, nel Tacuman e nella Provincia di Salta. In: Bolletino della Società dei Musei di Zoologia ed Anatomia comparata della R. Università di Torino. Band 10, Nr. 208, 1895, S. 1–24 (italienisch, biodiversitylibrary.org).
- William Swainson, John Richardson: Fauna boreali-americana, or, The zoology of the northern parts of British America: containing descriptions of the objects of natural history collected on the late northern land expeditions, under command of Captain Sir John Franklin, R.N. (= Vögel. Band 2). John Murray, London 1831 (biodiversitylibrary.org).
- Hans Winkler, David A. Christie, David Nurney: Woodpeckers. A Guide to the Woodpeckers, Piculets and Wrynecks of the World. Pica Press, Robertsbridge 1995, ISBN 0-395-72043-5, S. 60–61 & 206.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Melanerpes cactorum in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2025.1. Eingestellt von: BirdLife International, 2018. Abgerufen am 28. August 2025.
- BirdLife International: Species Factsheet – White-fronted Woodpecker (Melanerpes cactorum)
- Kaktusspecht (Melanerpes cactorum) bei Avibase
- Melanerpes cactorum im Integrated Taxonomic Information System (ITIS)
- Kaktusspecht (Melanerpes cactorum) auf eBird.org
- xeno-canto: Tonaufnahmen – Kaktusspecht (Melanerpes cactorum)
- White Fronted Woodpecker (Pyrrhura calliptera) in der Encyclopedia of Life. (englisch).
Anmerkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Zur Publikationsgeschichte siehe Edward Clive Dickinson, Alain Lebossé (2018).