Klopfnadelung

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Diagnose- und Therapiefelder der Klopfnadelung (nach Shindō hiketsushū, 1685)
Nadel im Handbuch Shinkyū chōhōki (1718)
Goldnadel und Hämmerchen nach Misono Isai (Länge ca. 10 cm)
Nadel und Hämmerchen in Willem ten Rhijnes Dissertatio de Arthritide (1683).
Goldnadel und Hämmerchen in Engelbert Kaempfers History of Japan (1727)
Therapiepunkte bei „Kolik“ nach Engelbert Kaempfer, 1727[1]

Als Klopfnadelung, (jap. 打鍼法, dashinhō, auch uchibari) bezeichnet man eine japanische Akupunkturtechnik, die mit dickeren Nadeln und einem kleinen Hämmerchen durchgeführt wird.[2]

Geschichtlicher Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Erfinder gilt der Zen-Mönch Mubun (無分, ?–1616). Der Überlieferung zufolge wurde die mit einer spezifischen Diagnostik verbundene Therapie dann durch Misono Isai (御薗 意斎) entwickelt[3] und gegen Ende des 17. Jahrhunderts in der „Sammlung der Geheimnisse des Nadelwegs“ (Shindō hiketsu-shū) publiziert.

Die erste westliche Abbildung des Hämmerchens und der Nadel präsentierte der niederländische Arzt Willem ten Rhijne, der von 1674 bis 1676 in der Handelsniederlassung Dejima (Nagasaki) tätig war. Von ihm stammt auch der Begriff „Acupunctura“. Eine ähnliche Abbildung und ein ausführliches Therapiebeispiel lieferte der Lemgoer Arzt und Japanforscher Engelbert Kaempfer, der von 1690 bis 1692 in Nagasaki lebte. Keiner der westlichen Autoren erkannte, dass es sich um eine neue japanische Therapie handelt, die es in China nicht gab.

Nach der staatliche verordneten Einführung der westlichen Medizin im Jahre 1870 verschwand die Klopfnadelung aus dem Arsenal der traditionellen Therapeuten. In den siebziger Jahren des 20. Jhs. kam es zur Wiederbelebung durch Fujimoto.[4]

Instrumentarium[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Man verwendet Gold- oder Silbernadeln, die dicker als die herkömmlichen Akupunkturnadeln sind, weil sie nicht eingedreht, sondern geklopft werden. Die Hämmerchen werden gewöhnlich aus Ebenholz oder Paulownienholz gefertigt. Im Kopf ist zur Beschwerung ein Metallstück eingelassen. Der Griff wurde oft ausgehöhlt, um die Nadel nach Gebrauch dort unterzubringen.

Ausführung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Klopfnadel-Therapie spielen die herkömmlichen chinesischen Leitbahnen (Meridian) keinerlei Rolle. Stattdessen dient die Bauchregion als Repräsentationsfläche für die einzelnen Organe. Deren Zustand wird durch Palpation ermittelt. Bei der Nadelung sitzen die Fingerkuppen der linken Hand leicht auf der Haut. Die Nadel ist zwischen den Fingern eingeklemmt. Mit dem Hämmerchen treibt man sie an der betreffenden Stelle flach ein. Je nach Therapieziel unterscheidet man eine Reihe von Techniken wie „Feuerziehnadelung“ (hihiki no hari), „Wechselziehnadelung“ (aihiki no hari), „Magenerleichterungsnadelung“ (ikai no hari), u. a. m.

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Anon.: Shindō hiketsushū. 1685 (『鍼道秘訣集』加賀屋卯兵衛 貞享2年刊).
  • Hongō Masatoyo: Shinkyū chōhōki, 1718 (本郷正豊『鍼灸重宝記』享保3年刊).
  • Willem ten Rhijne: Dissertatio de Arthritide: Mantissa Schematica: De Acupunctura: Et Orationes Tres. London, 1683.
  • Engelbert Kaempfer: Amoenitates Exoticae. Lemgo, 1713.
  • Engelbert Kaempfer: The History of Japan. London, 1727.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Fujimoto, Rempū: Benshaku Shindō hiketsushū − dashinjutsu no kiso to rinshō [Kommentierte „Sammlung der Geheimnisse des Nadelwegs“ − Grundlagen und klinische Praxis der Klopfnadeltechnik]. Tōkyō: Midori Shobō, 1977 (藤本蓮風: 弁釈鍼道秘訣集. 緑書房)
  • Kosoto, Hiroshi / Nagano, Hitoshi / Shukuno, Takashi / Ōura, Jikan (hrsg.): Nihon fukushin no genryū − Ichū Gen’ō no sekai [Quelle der japanischen Abdominaldiagnose − Die Welt der Schrift Ichū gen’ō]. Rikuzensha, 2003 (小曽戸洋, 長野仁, 宿野孝, 大浦慈観: 日本腹診の源流 ー 意仲玄奥の世界. 六然社).
  • Michel-Zaitsu, Wolfgang: Traditionelle Medizin in Japan – Von der Frühzeit bis zur Gegenwart. Kiener Verlag, 2017. ISBN 978-3-943324-75-4

Einzelnachweise und Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Kaempfer missverstand die betreffende japanische Diagnose senki, eine Stauung von Qi im Unterleib, als “Kolik”
  2. Nagano/Shukuno/Ōura (2003), S. 115ff.; Michel (2017), S. 78–81.
  3. Die Beziehung der beiden ist in Ermangelung schriftlicher Quellen nicht geklärt. Manche Autoren meinen, es handele sich um ein und dieselbe Person, andere vermuten eine Vater-Sohn Beziehung.
  4. Fujimoto (1977)