Kloster Oberzell

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Kloster Oberzell
Die Klosterkirche St. Michael mit Klostermauer und dem von Peter Speeth 1812/13 während der säkularen Zeit erbaute Schlösschen (rechts)
Die Klosterkirche St. Michael mit Klostermauer und dem von Peter Speeth 1812/13 während der säkularen Zeit erbaute Schlösschen (rechts)
Lage Kloster Oberzell 1, 97299 Zell am Main
Liegt im Bistum Bistum Würzburg
Koordinaten: 49° 48′ 3,2″ N, 9° 52′ 40,7″ OKoordinaten: 49° 48′ 3,2″ N, 9° 52′ 40,7″ O
Patrozinium St. Michael (Erzengel)
Gründungsjahr 1128 durch Prämonstratenser
Jahr der Auflösung/
Aufhebung
1803 im Zuge der Säkularisation aufgelöst
Jahr der Wiederbesiedlung Neues klösterliches Leben seit 1901 durch die Dienerinnen der heiligen Kindheit Jesu vom Dritten Orden des Hl. Franziskus

Das Kloster Oberzell ist ein Kloster in Zell am Main in Bayern in der Diözese Würzburg. Das Kloster liegt am linken Mainufer etwa sechs Kilometer von Würzburg, auf dessen Gebiet es zum Teil liegt, entfernt.

Kloster Oberzell in Zell am Main

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das St. Michael geweihte Kloster der Prämonstratenser wurde 1128 durch Johannes, einen Domkanoniker, und seinen Bruder Heinrich auf Veranlassung des Ordensgründers der Prämonstratenser, des Heiligen Norbert von Xanten als Doppelkloster gegründet. Um das Jahr 1230 wurde durch Hermann I. von Lobdeburg, Bischof von Würzburg, die Verlegung des dem Kloster Oberzell angegliederten Frauenkonvents[1] das Kloster Unterzell gegründet. 1525 plünderten im Großen Bauernkrieg aufständische, erbuntertänige Bauern das Kloster Unterzell. 1562 kam es unter Fürstbischof Friedrich von Wirsberg in die Verwaltung der Fürstbischofe des Hochstift Würzburg.

Nach wechselvoller Geschichte hatte das Kloster Oberzell unter Abt Oswald Loschert (1747 bis 1785) seine Blütezeit. Balthasar Neumann, der berühmte Baumeister der Würzburger Residenz, schuf den barocken Neubau. Nach Neumanns Tod wurde unter der Leitung seiner Söhne im Jahre 1760 das Stiegenhaus fertiggestellt, aber der Abteibau blieb weiterhin ohne Flügel zur Kirche hin.

Orgel der Katholischen Klosterkirche St. Michael

Bis zur Säkularisation im Jahr 1803 war es das einzige Kloster der Prämonstratenser in Franken im Rang einer Abtei. Die Abtei wurde 1803 im Zuge der Säkularisation aufgelöst und der letzte Abt Christoph Kroh mit einer Pension abgefunden. Die Kirche wurde profaniert, die Bibliothek erhielt die Universität Würzburg. Der gesamte Klosterbesitz wurde enteignet: 90 Morgen Weinberg, 637 Morgen Wiesen, 22 Morgen Garten, 8180 Morgen Wald, die Höfe und Häuser in Waldbrunn, Moos, Eßfeld und Würzburg. Die meisten Bilder von Onghers aus der Gemäldegalerie sind verschollen, das Mobiliar wurde in alle Winde verstreut und selbst ein Teil der Urkunden und Handschriften ging verloren.

Säkularisation 1803 bis 1900[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1812/13 entstand das sogenannte Schlösschen mit seltener Architektur, auf der Klostermauer über dem Main thronend. Es gehört in die Epoche des Klassizismus, Unterform der Revolutionsarchitektur. Das Schlösschen stammt vom Architekten Peter Speeth. Bauherr war Joel Jakob Hirsch (1789 bis 1876). Der jüdische Bankier ließ sich das Schlösschen als Sommerresidenz errichten.

Im Jahr 1817 richteten Friedrich Koenig und Andreas Friedrich Bauer im Klostergebäude eine Druckmaschinenfabrik ein, die als Koenig & Bauer heute Weltruf genießt.

Neues klösterliches Leben seit 1901[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 2. Juli 1901 erwarb die 1854 von Antonia Werr (1813–1868)[2] gegründete Kongregation der heiligen Kindheit Jesu unter der Leitung der damaligen Generaloberin Schwester M. Philomena Wenninger das Kloster, dessen Gutshof, das „Schlösschen“, Werr bereits angemietet[3] hatte. Die Kaufsumme betrug 400.000 Mark, wovon die eine Hälfte sofort, die andere nach sieben Jahren zu zahlen war. Die Wiederherstellung der Kirche begann am 27. August 1903. Bedeutende Künstler, wie der Würzburger Franz Wilhelm Driesler schufen Ausstattungselemente für die Kirche. Bereits am 28. Juli 1905 konnte die Kirche wieder ihrem ursprünglichen Zweck dienen. 1924 wurde Balthasar Neumanns Bau das Mutterhaus der Zeller Schwestern, einer apostolisch tätigen franziskanischen Frauengemeinschaft.

Klosterstudie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Kloster nahm an der Klosterstudie teil. Nach den Ergebnissen leben Nonnen und Frauen der Allgemeinbevölkerung annähernd gleich lang, dicht gefolgt von Mönchen, die eine im Schnitt ein bis zwei Jahre kürzere Lebenserwartung haben als beide Frauengruppen. Deutlich abgeschlagen sind Männer der Allgemeinbevölkerung, die im Schnitt sechs Jahre kürzer leben als Nonnen und Frauen der Allgemeinbevölkerung und bis zu viereinhalb Jahre kürzer als Mönche.[4][5]

Kräutergarten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der von Schwester Leandra Ulsamer im Jahr 1990[6] angelegte Kräutergarten erlangte durch zahlreiche Fernsehbeiträge und Presseberichte überregionale Bekanntheit.[7] Mit etwa 100 verschiedenen Pflanzen zählt der Garten zu den größten[8] Klostergärten in Deutschland. Seit ihrer Gründung 1999 besteht eine feste Zusammenarbeit mit der Würzburger Forschergruppe Klostermedizin.[9]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Helmut Flachenecker, Wolfgang Weiß (Hrsg.): Oberzell. Vom Prämonstratenserstift (bis 1803) zum Mutterhaus der Kongregation der Dienerinnen der heiligen Kindheit Jesu. (Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg, Bd. LXII). Ferdinand Schöningh, Würzburg 2006.
  • Johannes Schuck: Kloster Oberzell. Gründung und Entwicklung der Kongregation der Dienerinnen der heiligen Kindheit Jesu als Beitrag zur Geschichte der Caritas. Echter, Würzburg 1932.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Kloster Oberzell – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Unterzell in Zell am Main (Landkreis Würzburg)
  2. Josef Kern: Ein Anfang und was daraus wurde. Antonia Werr (1813–1868): Gründerin der Gemeinschaft der Dienerinnen der hl. Kindheit Jesu zu Oberzell. Echter, Würzburg 1994
  3. Sybille Grübel: „Eine rechte Jesuitin“ – Antonia Werr und die Kongregation der Dienerinnen der heiligen Kindheit Jesu. In: Ulrich Wagner (Hrsg.): Geschichte der Stadt Würzburg. 4 Bände, Band I-III/2, Theiss, Stuttgart 2001–2007; III/1–2: Vom Übergang an Bayern bis zum 21. Jahrhundert. 2007, ISBN 978-3-8062-1478-9, S. 450–452 und 1303 f.
  4. Marc Luy: Warum Frauen länger leben. Erkenntnisse aus einem Vergleich von Kloster- und Allgemeinbevölkerung. In: Materialien zur Bevölkerungswissenschaft. Nr. 106. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, 2002, ISSN 0178-918X, DNB 965668789 (bib-demografie.de [PDF; 1,5 MB; abgerufen am 6. Dezember 2015] Zugl. Diplomarbeit 1998). online, PDF; 1,5 MB (Memento vom 6. Dezember 2015 im Internet Archive)
  5. Marc Luy in: Hella Ehlers, Heike Kahlert, Gabriele Linke, Dorit Raffel, Beate Rudlof, Heike Trappe (Hrsg.): Geschlechterdifferenz – und kein Ende? Sozial- und geisteswissenschaftliche Beiträge zur Genderforschung. 1. Auflage. Band 8. LIT Verlag, Berlin / Münster 2009, ISBN 978-3-8258-1647-6, 10 Jahre Klosterstudie – gewonnene Erkenntnisse und offene Fragen zu den Ursachen für die unterschiedliche Lebenserwartung von Frauen und Männern, S. 251–273 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Die Kraft der Kräuter. Die Welt, 10. November 2001
  7. Johannes Gottfried Mayer, Franz-Christian Czygan und Ulrike Bausewein (Hrsg.): Würzburg - Herbipolis, Stadt der Gärten, der Pflanzen und des Weines. Verlag Schnell und Steiner, Regensburg 2009. S. 96ff. ISBN 978-3-7954-2139-7
  8. Heilung aus Gottes Kräutergarten. Frankfurter Rundschau, 13. August 2010
  9. Klostermedizin wiederentdeckt. (Memento vom 18. Juli 2014 im Internet Archive) Kirche in Bayern, Juli 2013.