Kommunikationstafel

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Eine Kommunikationstafel ist eine Kommunikationshilfe, die in der Unterstützten Kommunikation genutzt wird, damit sich kommunikationsbeeinträchtigte Menschen besser verständigen können.[1][2] Kommunikationstafeln bestehen aus einer Unterlage (meistens aus Holz, Pappe oder Kunststoff usw.) und den darauf befestigten Symbolen. Die Symbole sind in der Regel zweidimensional[3] (zum Beispiel Schriftsprache, Fotos, Piktogramme, Bliss-Symbole), können jedoch auch aus dreidimensionalen Objekten bestehen (taktile Symbole, Objektsymbole)[4]. Jedes Symbol hat eine bestimmte Bedeutung. Die kommunikationsbeeinträchtigte Person zeigt auf die Symbole, so dass der Gesprächspartner weiß, was sie ausdrücken möchte.

Zur besseren Haltbarkeit werden Kommunikationstafel fast immer laminiert, d. h. in Folie eingeschweißt. Kommunikationstafeln sind leicht und daher gut tragbar – sie können auch unter einer Plexiglasscheibe am Rollstuhltablett angebracht sein, in zusammenklappbarer Form mitgenommen werden oder z. B. im Netz eines Rollstuhles liegen. Bei großem Vokabular bilden mehrere Tafeln zusammen ein Kommunikationsbuch (z. B. in einem Ringbuchordner). Kommunikationstafeln können allgemeine Tafeln sein, die Vokabular enthalten, das in möglichst vielen Situationen genutzt werden kann. Darüber hinaus ist es häufig sinnvoll, für bestimmte Situationen (z. B. Morgenkreis, Kochunterricht, Krankenhausaufenthalt, Spielsituationen) themenspezifische Tafeln herzustellen[5].

Kommunikationstafeln sind meistens nicht-elektronisch, es gibt jedoch auch elektronische Kommunikationstafeln, die z. B. über Leuchtfelder verfügen, damit sie mit indirekten Selektionsverfahren angesteuert werden können. Wenn eine Kommunikationstafel über Sprachausgabe verfügt, nennt man sie nicht mehr Kommunikationstafel, sondern Sprachausgabegerät.

Zielgruppe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kommunikationstafeln eignen sich in erster Linie als Hilfsmittel für Menschen ohne effektive Lautsprache, die über die grundlegende Fähigkeit verfügen, eine Abbildung optisch zu erfassen und kognitiv als Referenzobjekt für etwas anderes (z. B. für eine Person, eine Tätigkeit, eine Eigenschaft, ein Objekt) zu erkennen[6]. Das bedeutet allerdings nicht, dass Menschen, die noch kein ausreichendes Symbolverständnis entwickelt haben, automatisch für den Gebrauch einer Kommunikationstafel ausscheiden[7]. Die Entwicklung dieses Symbolverständnisses lässt sich gerade durch den Einsatz von Fotos und grafischen Symbolen unterstützen[8]. So wird eine Kommunikationstafel möglicherweise zunächst als pädagogisch-therapeutisches Mittel zur Anbahnung des Symbolverständnisses eingesetzt und geht, falls die Intervention erfolgreich ist, im Laufe der Zeit in ein tatsächliches Kommunikationsmedium über.

Partnerscanning[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein weitverbreiteter Irrtum ist die Annahme, eine Kommunikationstafel könne nur von Menschen genutzt werden, die über die motorische Fähigkeit verfügen, mit den Händen, Füßen oder einem Hilfsmittel wie Stirnstab oder Lichtzeiger auch tatsächlich auf die gewünschten Symbole zu zeigen. Wer nicht selbst zeigen kann, für den eignet sich das langsame, aber sehr effektive Partnerscanning[9]. Hinter diesem Begriff verbirgt sich die simple Methode, dass der Partner für den unterstützt Kommunizierenden auf die Tafel zeigt und Bereich für Bereich, Spalte für Spalte und Symbol für Symbol abfragt. Im Falle einer Tafel mit Farbkodierung sieht das praktisch so aus, dass zunächst der Bereich (im roten, blauen, grünen, gelben etc. Bereich der Tafel?), dann die Spalten (in der ersten, zweiten, dritten Spalte?) und dann die einzelnen Symbole innerhalb der gewünschte Spalte abgefragt werden. Die Voraussetzung für die Methode des Partnerscannings ist eine eindeutige Ja/Nein-Reaktion auf Seiten der Tafelnutzers.

Auswahl des Vokabulars[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der Auswahl des Vokabulars einer Kommunikationstafel ist es wichtig, zwischen Kern- und Randvokabular zu unterscheiden. Das Kernvokabular umfasst die 200-300 am häufigsten verwendeten Wörter einer Sprache und besteht vorrangig aus sogenannten kleinen Wörtern wie „ich“, „auch“, „nicht“ „mit“ und einigen Verben[10]. Dieses Vokabular ist auf einer allgemeinen Kommunikationstafel unerlässlich, denn es ist vielfältig und flexibel einsetzbar. Gleichzeitig muss eine Kommunikationstafel aber auch das themenspezifische Randvokabular enthalten, damit der Kontext eingegrenzt werden kann. Praktische Vorschläge für Kommunikationstafeln, die sowohl Kern- wie auch Randvokabular enthalten, bieten die Kölner Mappe von Boenisch/Sachse[11] und die MOHECO-Mappe von Bollmeyer/Hüning-Meyer/Pivit[12][13].

Repräsentation des Vokabulars[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Außer durch Fotos wird das Vokabular auf Kommunikationstafeln in der Regel durch grafische Symbole repräsentiert, für die es inzwischen hervorragende Materialien gibt. Zum einen existieren Symbolsammlungen (z. B. PCS, Metacom, Aladin, LÖB), die die mühsame Suche nach geeigneten Bildsymbolen erheblich vereinfachen, zum anderen gibt es Computerprogramme, die das Erstellen einer Tafel am Computer ermöglichen[14][15]. Eine Kommunikationstafel kann auch aus Buchstaben, Wörtern und/oder Phrasen bestehen oder um diese Elemente ergänzt werden, falls ein Benutzer nur einige Wörter buchstabieren kann bzw. nur einige Ganzwörter und Phrasen erlesen kann.

Organisation des Vokabulars[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Vokabular einer allgemeinen Tafel wird häufig nach dem Fitzgerald-Schlüssel organisiert, d. h. die Anordnung der Symbole richtet sich nach der Struktur eines Aussagesatzes (Subjekte, Prädikate, adverbiale Bestimmungen, Objekte)[16]. Um eine Orientierung zu erleichtern, werden die einzelnen Kategorien farbig kodiert, also entweder farbig umrandet oder mit farbigem Papier unterlegt. Farbkodierungen sind auch hilfreich für die Methode des Partnerscannings. Die Organisation des Vokabulars kann aber auch von anderen Kriterien bestimmt sein, z. B. von den motorischen oder visuellen Fähigkeiten eines Benutzers. So ist es unter Umständen sinnvoll, die wichtigsten Vokabeln in dem Bereich der Tafel unterzubringen, der motorisch oder visuell am einfachsten zu erreichen ist. Wie schon die Auswahl des Vokabulars erfolgt somit auch die Anordnung nach individuellen Gesichtspunkten.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Henrike Bollmeyer: Kommunikationsmappen und -tafeln im Kontext eines individuellen Kommunikationssystems. In: Unterstützte Kommunikation. 1-2011, von Loeper-Verlag, Karlsruhe 2011, S. 6–14.
  • Ursula Braun: Unterstützte Kommunikation bei körperbehinderten Menschen mit einer schweren Dysarthrie. Peter Lang Verlag, Frankfurt a. M. 1994, ISBN 3-631-47697-3.
  • Ursula Braun: Kleine Einführung in den Einsatz von Kommunikationstafeln. In: Unterstützte Kommunikation. 2/3-1997, von Loeper-Verlag, Karlsruhe 1997, S. 6–12.
  • Jens Boenisch: Erstellung und Aufbau von Kommunikationstafeln in Frühförderung, Schule, Werkstatt, Wohnheim und Familie. In: Unterstützte Kommunikation. 2-2004, von Loeper-Verlag, Karlsruhe 2004, S. 5–11.
  • Jens Boenisch, Stefanie Sachse: Sprachförderung von Anfang an: Zum Einsatz von Kern- und Randvokabular in der frühen Förderung. In: Unterstützte Kommunikation. 3-2007, von Loeper-Verlag, Karlsruhe 2007, S. 13–20.
  • Jens Boenisch, Stefanie Sachse: Kern- und Randvokabular in der Unterstützten Kommunikation. In: ISAAC, von Loeper Verlag (Hrsg.): Handbuch für Unterstützte Kommunikation. Von Loeper Verlag, Karlsruhe Stand 2009, ISBN 978-3-86059-130-7, S. 01.026.030-01.026.040.
  • Thomas Franzkowiak: Verständigung mit Hilfe von grafischen Symbolen. In: ISAAC, von Loeper Verlag (Hrsg.: Handbuch für Unterstützte Kommunikation). Von Loeper Verlag, Karlsruhe, Stand September 2003, S. 03.013.001-03.019.001.
  • Carol Goossens, Sharon Crain: Augmentative communication assessemt resource. Birmingham 1986.
  • Monika Hüning-Meier, Conny Pivit: Nichtelektronische Kommunikationshilfen – Eine Einführung. In: ISAAC, von Loeper Verlag, (Hrsg.): Handbuch für Unterstützte Kommunikation. Von Loeper Verlag, Karlsruhe Stand 2003, ISBN 978-3-86059-130-7, S. 03.003.001-03.011.001.
  • Conny Pivit: Standardisierte Kommunikationsmappen in der UK-Förderung. In: ISAAC, von Loeper Verlag (Hrsg.): Handbuch für Unterstützte Kommunikation. Von Loeper Verlag, Karlsruhe Stand 2008, ISBN 978-3-86059-130-7, S. 03.030.001-03.030.004.
  • Stefanie Sachse: Zur Bedeutung von Kern- und Randvokabular in der Alltagskommunikation. In: Unterstützte Kommunikation. 3-2007, von Loeper-Verlag, Karlsruhe 2007, S. 7–10.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Ursula Braun: Kleine Einführung in den Einsatz von Kommunikationstafeln. In: Unterstützte Kommunikation 2-3/1997, von Loeper-Verlag, Karlsruhe 1997, S. 6
  2. Jens Boenisch: Erstellung und Aufbau von Kommunikationstafeln in Frühförderung, Schule, Werkstatt, Wohnheim und Familie. In: Unterstützte Kommunikation 2/2004, von Loeper-Verlag Karlsruhe 2004, 5
  3. Thomas Franzkowiak: Verständigung mit Hilfe von grafischen Symbolen. In: ISAAC, von Loeper Verlag (Hrsg.): Handbuch für Unterstützte Kommunikation. Von Loeper Verlag, Karlsruhe, Stand September 2003, S. 03.013.001-03.019.001
  4. Monika Hüning-Meier, Conny Pivit: Nichtelektronische Kommunikationshilfen – Eine Einführung. In: ISAAC, von Loeper Verlag, (Hrsg.): Handbuch für Unterstützte Kommunikation. Von Loeper Verlag, Karlsruhe Stand 2003, S. 03.003.001f
  5. Ursi Kristen: Wie Kerstin lernt, über Bilder zu kommunizieren. In: Unterstützte Kommunikation 2-3/1997, von Loeper-Verlag, Karlsruhe 1997, S. 18–23
  6. Ursula Braun: Kleine Einführung in den Einsatz von Kommunikationstafeln. In: Unterstützte Kommunikation. 2/3-1997, von Loeper-Verlag, Karlsruhe 1997, S. 8
  7. Ursula Braun: Kleine Einführung in den Einsatz von Kommunikationstafeln. In: Unterstützte Kommunikation. 2/3-1997, von Loeper-Verlag, Karlsruhe 1997, S. 8
  8. Carol Goossens, Sharon Crain: Augmentative communication assessemt resource. Birmingham 1986, S. 31
  9. Ursula Braun: Kleine Einführung in den Einsatz von Kommunikationstafeln. In: Unterstützte Kommunikation. 2/3-1997, von Loeper-Verlag, Karlsruhe 1997, S. 6f
  10. Stefanie Sachse: Zur Bedeutung von Kern- und Randvokabular in der Alltagskommunikation. In: Unterstützte Kommunikation. Nr. 3, 2007, S. 7ff
  11. Jens Boenisch, Stefanie Sachse: Sprachförderung von Anfang an: Zum Einsatz von Kern- und Randvokabular in der frühen Förderung. In: Unterstützte Kommunikation. Nr. 3, 2007, S. 13ff.
  12. Conny Pivit: Standardisierte Kommunikationsmappen in der UK-Förderung. In: ISAAC, von Loeper Verlag (Hrsg.): Handbuch für Unterstützte Kommunikation. Von Loeper Verlag, Karlsruhe Stand 2008, S. 03.030.001ff
  13. Henrike Bollmeyer: Kommunikationsmappen und -tafeln im Kontext eines individuellen Kommunikationssystems. In: Unterstützte Kommunikation. Nr. 1, 2011, S. 6ff
  14. Thomas Franzkowiak: Verständigung mit Hilfe von grafischen Symbolen. In: ISAAC, von Loeper Verlag (Hrsg.): Handbuch für Unterstützte Kommunikation. Von Loeper Verlag, Karlsruhe, Stand September 2003, S. 03.013.001-03.019.001
  15. Monika Hüning-Meier, Conny Pivit: Nichtelektronische Kommunikationshilfen – Eine Einführung. In: ISAAC, von Loeper Verlag, (Hrsg.): Handbuch für Unterstützte Kommunikation. Von Loeper Verlag, Karlsruhe Stand 2003, S. 03.005.001
  16. Monika Hüning-Meier, Conny Pivit: Nichtelektronische Kommunikationshilfen – Eine Einführung. In: ISAAC, von Loeper Verlag, (Hrsg.): Handbuch für Unterstützte Kommunikation. Von Loeper Verlag, Karlsruhe Stand 2003, S. 03.006.001