Kovářská

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Kovářská
Wappen von Kovářská
Kovářská (Tschechien)
Kovářská (Tschechien)
Basisdaten
Staat: Tschechien Tschechien
Region: Ústecký kraj
Bezirk: Chomutov
Fläche: 2087,4851[1] ha
Geographische Lage: 50° 26′ N, 13° 3′ OKoordinaten: 50° 26′ 19″ N, 13° 3′ 28″ O
Höhe: 815 m n.m.
Einwohner: 1.014 (1. Jan. 2023)[2]
Postleitzahl: 431 86
Kfz-Kennzeichen: U
Verkehr
Bahnanschluss: Křimov–Vejprty
Struktur
Status: Městys
Ortsteile: 1
Verwaltung
Bürgermeister: Milan Duháň (Stand: 2021)
Adresse: nám. J. Švermy 64
431 86 Kovářská
Gemeindenummer: 563137
Website: www.kovarska.cz
Lage von Kovářská im Bezirk Chomutov

Kovářská, bis 1947 Schmiedeberg/Šmídeberk, ist eine Minderstadt im Okres Chomutov, Tschechien.

Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Geographische Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kovářská befindet sich auf dem Kamm des mittleren Erzgebirges am Oberlauf des Černá voda (Schwarzwasser), südwestlich des 965 Meter hohen Velký Špičák.

Nachbarorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vejprty (Weipert) Kryštofovy Hamry (Christophhammer)
Loučná pod Klínovcem (Böhmisch Wiesenthal) Kompassrose, die auf Nachbargemeinden zeigt Kryštofovy Hamry (Christophhammer)
Perštejn (Pürstein) Měděnec (Kupferberg)

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ruinen des Holzkohlelagers des ehemaligen Eisenwerkes
Zentrum von Kovářská mit Kirche Erzengel Michael
Blick vom Klínovec auf Kovářská (im Hintergrund)
Gedenkstätte von Schmiedeberger Einwohnern in Kronberg im Taunus

Der Marktflecken Schmiedeberg entstand im 14. Jahrhundert und war lange Zeit vom Bergbau (Eisenerz) geprägt. Das Eisenwerk in Schmiedeberg befand sich 1621 im Besitz der Dorothea Schindler von Hohenwald und Puschhof, der Frau des Preßnitzer Königlichen Amtshauptmannes Samson Schindler von Hohenwald und Puschhof[3]. Im März 1641 kam es auf der „Schwedenheide“ bei Schmiedeberg zu einem Gefecht, das im Zusammenhang mit der Schlacht bei Preßnitz am gleichen Tag stand. Dabei sollen auf der Schwedenheide 850 schwedische Reiter umgekommen sein. Noch um 1910 fand man dort Waffen. Durch den hier geborenen Oswald Hofmann (1890–1982) wurde das „Denkmal an der Schwedenheide“, ein Gedenkstein mit Bronzeplatte errichtet. Der Stein ist noch vorhanden, aber die Bronzeplatte wurde gestohlen.[4]

Im 18. Jahrhundert waren in der Gegend Hochöfen im Einsatz, deren Befeuerung mit Holzkohle zu einer massiven Abholzung der Wälder in der näheren Umgebung führte.[5] 1872 erhielt Schmiedeberg an der Bahnstrecke Komotau–Weipert einen Bahnhof. Dadurch ergaben sich neue wirtschaftliche Möglichkeiten, die zu einer für die kleine Stadt ungewöhnlichen Industrialisierung führten. 1868 gründeten Anton Elster und Franz Schröter eine Baumwollwarenfabrik. Sie betrieben die erforderlichen Maschinen mit Wasserkraft, beleuchteten das Werk mit Gas, das in einer eigenen „Ölgasanstalt“ erzeugt wurde.

Im Jahr 1905 entstand auf dem Gelände des Schmiedeberger Eisenwerks eine Fischkonservenfabrik, 1910 in der Nähe des Bahnhofs eine weitere. 1909 kam die Buchdruckerei Albert Ritschel hinzu, die nach dem Ersten Weltkrieg eine Setzerei, eine Buchbinderei, eine eigene Stereotypie und eine elektrische Walzengußanstalt beinhaltete. Ritschel trieb seine Maschinen durch acht Elektromotoren von zusammen 15 PS an. 1910 begann Karl Klotz mit der industriellen Erzeugung von Knöpfen. Er produzierte Damen-Mode-Knöpfe aus Metall und Zelluloid, Stoffknöpfe aller Arten, Hosenknöpfe, Spangen, Schließen und Aufputzartikel aus Metall, Zelluloid und Gelatine. 1914 gründete Vinzenz Päckert Jr. eine Werkstatt für Maschinen- und Werkzeugbau.[6]

Im Oktober 1929 sorgte die Druckerei Schönherr in Schmiedeberg für Schlagzeilen in der Pilsener, Prager und Österreichischen Presse: Die Staatsanwaltschaft stellte einen lithografischen Stein zur Herstellung gefälschter Wertpapiere, so genannter Staatsbaulose sicher.[7]

1932 bewarb der Deutsche Landesverband für Fremdenverkehr in Böhmen die damals tschechoslowakische Kleinstadt als „Sommerfrische auf dem Kamme des Erzgebirges“[8]. Nach der Annexion des Sudetenlandes durch die Wehrmacht im Oktober 1938 lebten in Schmiedeberg und dem angeschlossenen Ortsteil Lauxmühle 4191 Einwohner, in der Mehrzahl Deutschböhmen.

Luftkrieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 11. September 1944 stürzte im Zusammenhang mit einer der größten Luftschlachten des Zweiten Weltkrieges ein amerikanischer B-17 Bomber mitten im Ort ab. Sein Heck landete auf dem Gebäude der Schule. 1994 wurde diese nach dem damals ums Leben gekommenen Bordschützen Sgt. J.C. Kluttz umbenannt. Ein kleines Museum[9] dokumentiert den Einfluss der Luftschlacht auf den Ort. Ein Zeitzeuge, damals ein kleiner Junge, schrieb 2011 rückblickend[10] über den Absturz 1944:

„Die Sirenen hatten schon geheult. Keiner durfte mehr hinaus. Wir standen daheim in der hinteren Stube, mit Blick auf das Oberdorf, auf die Kalla-Villa, mit Blick auf Keilberg und Fichtelberg. Es war ein unheimliches Toben am Himmel. […] Plötzlich gab es mehrere dumpfe Einschläge. […] Auf dem Feld lagen die Silberstreifen umher, sechskantige Phosphorbrandbomben, gelbe Ersatz-Treibstoffbehälter. […] Im unteren Dorf bot sich ein einmaliges Schauspiel. Im Dach meiner Schule steckte der komplette Rumpf eines amerikanischen Flugzeugs. Man sah den Stern auf dem Höhenruder. Für mich war das damals ein deutscher Sieg auf der ganzen Linie.“

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die deutschen Einwohner vertrieben. Einer von ihnen[11] lieferte dem Nationalausschuss die Idee für den tschechischen Ortsnamen: Angelehnt an Kovář, „der Schmied“, hieß Schmiedeberg seitdem tschechisch Kovářská.

Fischfabrik Kalla[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Werbung der Konservenfabrik Kalla, Schmiedeberg, 1924

Der Begründer der Fisch-Industrie in Schmiedeberg war der in Selz bei Prag geborene Anton Kalla (1848–1912). Kalla hatte Reisen, u. a. an die Nordsee hinter sich und sah im Fisch ein universelles Nahrungsmittel. Er besaß in Schmiedeberg einen kleinen Kaufladen, den er 1877 erweiterte, zunächst um den Lebensmittelexport; später verkaufte er auch Fischkonserven und Räucherfische. 1888 experimentierte Kalla damit, Fischkonserven selbst herzustellen. Im Jahr 1900 erbaute er dazu eine eigene Räucherei, 1910 eine große Fabrikanlage in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof. Die Konservierung der Fische erfolgte durch Einsalzen, Räuchern und Marinieren. Die Blechdosen stellte Anton Kalla im eigenen Werk her. Nach seinem Tod im Jahr 1912 übernahm sein Sohn Julius Kalla das Unternehmen. In den 1920er Jahren begann der Betrieb zu expandieren. Es entstanden „Kalla“-Fischkonservenfabriken in Oderberg in Schlesien, Temeschburg und Konstanza in Rumänien sowie eine Handelsniederlassung in der Prager Innenstadt.

1943, so berichtet eine Chronik der Stadt[12] aus demselben Jahr, beschäftigte der Betrieb Kallas in Schmiedeberg 400 Mitarbeiter, verarbeitete jährlich 2.500 Tonnen Rohfisch, 300 t Zwiebeln, 130 t Salz, 300 t Gurken und 200.000 Liter Essig. Zusammen mit der kleineren Fischfabrik E. Lienert in Schmiedeberg bekam Kalla 280 Waggon Fisch pro Jahr geliefert, vorwiegend Hering. Die Metallabteilung des Betriebs stellte jährlich eine Million Dosen her. Kallas Werbespruch lautete: „Jedes Kind, jeden Tag einen Bückling“.

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Einwohnerzahl[13]
1869 2.942
1880 3.467
1890 3.944
1900 4.159
1910 4.443
Jahr Einwohnerzahl
1921 3.998
1930 4.297
1950 2.122
1961 1.636
1970 1.343
Jahr Einwohnerzahl
1980 1.614
1991 1.425
2001 1.401
2011 1.106

Kultur und Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Museen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bauwerke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Pfarrkirche – „Erzengel Michael“
  • Markuskapelle – „Markössenherrgott“
  • Ruinen des Kalkwerks Schmiedeberg (vor 1831)
  • Ruine des Holzkohlelagers (19.Jh.?) des ehemaligen Eisenwerkes der Dorothea Schindler von Hohenwald und Puschhof (17. Jh.)

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Benedict Schmiedel (um 1570–1654), Förster, kaiserlicher Hammerherr und Verwalter
  • Oswald Hofmann (1890; † 1982 München), Professor, Künstler, Bildhauer. Schöpfer des „Denkmals an der Schwedenheide“/„Pomnik z Rašeliniště smrti“ (ehem. Inschrift der gestohlenen Bronzetafel im Gedenkstein: „Schwedengrab 1641 Totenheide“)[14] in Schmiedeberg und des Kriegerdenkmales für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges auf dem ehemaligen Preßnitzer Friedhof der Nikolaikirche. Das letztere Denkmal wurde restauriert und um 1974 auf das Gemeinschaftsgrab der Verstorbenen von Preßnitz, Reischdorf und Dörnsdorf auf dem Weiperter Waldfriedhof umgesetzt. Siehe auch: Prager Secession#Mitglieder. Die „Totenheide“ mit dem Gedenkstein befindet sich an der Straße kurz vor dem Ortseingang von Böhmisch Hammer (České Hamry) bei Weipert.[15]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Julius Schlosser: Ortskunde und Adressbuch der Marktgemeinde Schmiedeberg. Schmiedeberg 1923 (Digitalisat)
  • Franz Ambrosius Reuß: Blei- und Silberbergbau bei Schmiedeberg. In: Mineralogische und bergmännische Bemerkungen über Böhmen. Christian Friedrich Himburg, Berlin 1801, S. 609–611 (Digitalisat).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Kovářská – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. http://www.uir.cz/obec/563137/Kovarska
  2. Český statistický úřad – Die Einwohnerzahlen der tschechischen Gemeinden vom 1. Januar 2023 (PDF; 602 kB)
  3. Verschiedene Autoren (u. a. Stanislav Ded): Přísečnice – zatopena, ale nezapomenuta/Preßnitz – versunken aber nicht vergessen; Sammelband, Regionalmuseum Chomutov, 2004, ohne ISBN., Amtshauptmann Samson Schindler von Hohenwald und Puschhof und seine Frau Dorothea S. 21/111 (tschechisch/deutsch)
  4. Verschiedene Autoren (u. a. Stanislav Ded): Přísečnice – zatopena, ale nezapomenuta/Preßnitz – versunken aber nicht vergessen; Sammelband, Regionalmuseum Chomutov, 2004, ohne ISBN., Denkmal an der Schwedenheide bei Schmiedeberg von Oswald Hofmann S. 22/23/105 (tschechisch/deutsch)
  5. Bernd Schreiter: Streifzüge durch die Geschichte des oberen Erzgebirges, Erzgebirgsmuseum Annaberg-Buchholz, Heft 14, Seite 5.
  6. Arbeitsausschuß der Schmiedeberger (Hrsg.): Ortskunde mit Adreßbuch der Marktgemeinde Schmiedeberg 1923, Julius Schlosser, Faksimile-Nachdruck vom 1. Januar 1985.
  7. „Eine Druckerei entpuppt sich als Fälscherwerkstätte“. In: Pilsner Tagblatt, 19. Oktober 1929, S. 3. In diesem und anderen Artikeln unterscheiden sich die Personalien leicht. Einmal ist von einem flüchtigen Besitzer Josef Schönherr die Rede, ein andermal von einem verhafteten Besitzer Anton Schönherr und dessen Frau Frieda. Die Druckerei brannte später ab, wozu es jedoch keine Quellen gibt.
  8. Fremdenverkehr und diverse Postkarten von Schmiedeberg aus den 1930er Jahren
  9. Museum der Luftschlacht über dem Erzgebirge
  10. Gerhard Kreißl in: Mein Erzgebirg', Nr. 685, Oktober 2011, 58. Jahrgang
  11. Anton Schönherr (1904–1988), Hausnummer 472, deutsch und tschechisch sprechender Büroangestellter, zuvor Leiter der Fischkonserven-Filiale Kallas in Prag
  12. Josef Spinler, Kleine Heimatkunde des Landkreises Preßnitz, 1943
  13. Historický lexikon obcí České republiky - 1869-2015. Český statistický úřad, 18. Dezember 2015, abgerufen am 17. Januar 2016 (tschechisch).
  14. Verschiedene Autoren (u. a. Stanislav Ded): Přísečnice – zatopena, ale nezapomenuta/Preßnitz – versunken aber nicht vergessen; Sammelband, Regionalmuseum Chomutov, 2004, ohne ISBN. Abbildung des Denkmals an der Schwedenheide bei Schmiedeberg, S. 23 (tschechisch/deutsch).
  15. „Totenheide“ bei Schmiedeberg auf einer deutschsprachigen Schulkarte.