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Walmdach

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(Weitergeleitet von Krüppelwalm)
Walmdach (Vollwalm)
Schopfwalm- oder Krüppelwalmdach
Mansardwalmdach

Ein Walmdach (früher auch Holländisches Dach[1]) ist eine Dachform, bei der Giebel eines Satteldachs durch je eine weitere Dachfläche (Walm, Schopf) ersetzt werden.[2] Bei einem Dach mit beidseitigem Vollwalm[3] laufen die Dachflächen auf allen Seiten auf ringsum dieselbe Traufhöhe herab. Ist nur auf einer Giebelseite ein Walm vorhanden, heißt es Halbwalmdach. Wenn nur der obere Teil der Giebel abgewalmt ist, ist es ein Krüppelwalmdach (Kurzwalmdach).

Der Begriff Walm stammt von mittelhochdeutsch welben mit der Grundbedeutung Wölbung, gewölbter Gegenstand[4] ab und deutet auf frühe Formen des Satteldaches mit gewölbten Dachflächen anstelle des Giebels.[5]

Das Keildach ist ein besonders steil ausgebildetes Walmdach, das vor allem als Turmhelm verwendet wird.

Grundformen der Walmdächer

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Krüppelwalm, Schopfwalm (Schopfdach), Halbwalm, Kurzwalm

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Wenn der Giebel nicht vollständig abgewalmt ist, so ist er je nach Sichtweise nicht vollständig ausgebildet, d. h. verkrüppelt, oder er hat einen Schopf. Ein solcher Halbwalm oder Kurzwalm wird daher Schopfwalm oder Krüppelwalm (norddeutsch Kröpelwalm) genannt.[6]

Manchmal wird ein Schopfwalmdach auch mit einem Fußwalmdach gleichgesetzt.[7]

Ist nur der untere Teil des Daches abgewalmt (sodass ein Giebel im oberen Teil entsteht), wird dieser als Fußwalm bezeichnet.

Niedersachsengiebel, Kärntner Schopf

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Der Niedersachsengiebel ist ein Walm, der oben unter dem First beginnt und unten über der Traufkante endet. → Hauptartikel: Niedersachsengiebel

In Österreich ist die Bezeichnung Kärntner Schopf(walm) gebräuchlich.[8]

Walmdächer mit Spitze

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Ein Walmdach hat in der Regel einen Dachfirst. Der Sonderfall eines Walmdachs, bei dem sich alle Dachflächen ohne First in einer gemeinsamen Spitze berühren, wird bei geringer Dachneigung als Zeltdach und bei steiler Dachneigung als Pyramidendach oder Helmdach (Turmdach) bezeichnet.

Ist der Grundriss der Dachfläche rund, so ergibt sich kein Walmdach, sondern ein Kegeldach, wenn das Dach ringsum geradlinig auf eine Spitze zuläuft. Ist die Dachfläche gewölbt, so spricht man von Dachhaube.

Die Dachkonstruktion eines Walmdachs ist aus dem Satteldach mit aneinander gereihten Dachsparren entwickelt, wobei an den Ecken Gratsparren gebildet werden, an die Gratschifter als spezielle Dachsparren schräg (geschiftet) anschließen. Die Gratsparren bewirken eine statische Aussteifung des Dachwerks in Längsrichtigung.[9] Außer dieser Längsaussteifung bieten abgewalmte Dächer auch weniger Angriffsfläche für Windlasten.

Schon in der historischen Baufachliteratur werden die baukonstruktiven Vorteile der Walmdächer beschrieben. So betont Johann Georg Krünitz in seiner Oeconomischen Encyclopädie (1776):

„Ein holländisches Dach, auch Walm= oder Zelt=Dach (…) ist sehr brauchbar, auf freystehende Gebäude zu setzen, weil das Wetter einem solchen Dache wenig Schaden zufügen kann, so aber bey einem Hause, welches freystehende Giebel hat, nicht Statt findet. Dergleichen Walmdach dient daher auch zur Conservation eines Hauses. Die zweyte Art, nämlich halbe Walmen, welche auf beyden Seiten nur halbe Giebel haben, worauf die Walmenzwickel liegen; dergleichen Dächer verstellen ein Gebäude nicht, und sind ebenfalls dauerhafter, als die geraden oder gemeinen Dächer. Daher kann man solche auch auf Scheunen und Ställe setzen; auch auf Gebäude, die nur ein einziges Stockwerk haben, damit man in das Dach auch Dachstuben anbringen könne, da denn die Fenster durch den halben Giebel gehen.“[1]

Commons: Walmdach – Sammlung von Bildern und Audiodateien
Wiktionary: Walmdach – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. a b Dach. Kap.: Ein holländisches Dach, auch Walm- oder Zelt-Dach genannt. In: Johann Georg Krünitz: Oeconomische Encyclopädie. Band 8. Berlin 1776, S. 516.
  2. Dachformen. In: Hans Koepf, Günther Binding: Bildwörterbuch der Architektur. Mit englischem, französischem, italienischem und spanischem Fachglossar (= Kröners Taschenausgabe. Band 194). 4., überarbeitete Auflage. Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 2005, ISBN 3-520-19404-X, S. 116 (moodle.unifr.ch [PDF; 14,7 MB]; abgerufen am 27. September 2024).
  3. Thomas Eißing u. a.: Vorindustrieller Holzbau. Terminologie und Systematik für Südwestdeutschland und die deutschsprachige Schweiz (= Südwestdeutsche Beiträge zur historischen Bauforschung. Sonderband). 2., überarbeitete Auflage. Universität Heidelberg / Universitätsbibliothek, Heidelberg 2023, ISBN 978-3-96929-223-5, S. 105, doi:10.11588/sbhbf.2023.1 (uni-heidelberg.de, abgerufen am 27. September 2024).
  4. walm, walben, walbe. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 27: W–Weg[zwitschern]-zwiesel – (XIII). S. Hirzel, Leipzig 1922, Sp. 1315 (woerterbuchnetz.de).
  5. Marc Hirschfell: Das ist das Haus vom Nikolaus: Die Geschichte des Walmdachhauses als Urform und Idealtyp. 2005, DNB 988835487, II. Das Walmdachhaus. 3. Die ersten Häuser, S. 52 ff., doi:10.25673/2329, urn:nbn:de:gbv:3-000013048 (uni-halle.de [PDF; 90,2 MB; abgerufen am 3. Oktober 2024] Halle (Saale), Univ., Diss., 2005).
  6. Walmdach. In: Architekturlexikon, abgerufen am 7. Mai 2025.
  7. Dachformen. In: DachdeckerWiki.de, 20. Februar 2018, abgerufen am 7. Mai 2025.
  8. Christian Brandstätter: Leben unterm kühlen Kärntner Schopf. In: kleinezeitung.at. 23. September 2023, abgerufen am 27. September 2024.
  9. Marc Hirschfell: Das ist das Haus vom Nikolaus: Die Geschichte des Walmdachhauses als Urform und Idealtyp. 2005, DNB 988835487, II. Das Walmdachhaus. 4. Bautechnik und Konstruktion, S. 60, doi:10.25673/2329, urn:nbn:de:gbv:3-000013048 (uni-halle.de [PDF; 90,2 MB; abgerufen am 3. Oktober 2024] Halle (Saale), Univ., Diss., 2005).