Landgericht Büdingen

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Landgerichts-Gebäude in Büdingen (ehemalige Lutherische Kirche)

Das Landgericht Büdingen war seit 1822 ein erstinstanzliches Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit im Großherzogtum Hessen. Das Landgericht hatte seinen Sitz in Büdingen.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vorgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ab 1821 trennte das Großherzogtum Hessen auch auf der unteren Ebene die Rechtsprechung von der Verwaltung.

In einem ersten Schritt geschah das zunächst in den Bereichen des Staates, in denen er die Hoheitsrechte in vollem Umfang ausübte (Dominiallande). Die bisher von den Ämtern wahrgenommenen Aufgaben wurden Landräten (zuständig für die Verwaltung) und Landgerichten (zuständig für die Rechtsprechung) übertragen.[1] In den Bereichen des Großherzogtums, in denen die Gerichtshoheit sich noch in den Händen des Adels befand, geschah diese Reform nur mit Verzögerung. Der Bezirk des Landgerichts Büdingen lag ganz überwiegend im Bereich des früheren Fürstentums Isenburg, das 1813 mediatisiert wurde und 1816 teils an das Großherzogtum, teils an das Kurfürstentum Hessen fiel. Der Landgerichtsbezirk Büdingen gehörte zu dem Teil, den das Großherzogtum erhalten hatte.

Gründung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zu Beginn des Jahres 1822 wurde dann auch in dem durch die Isenburger Standesherren dominierten Bereich um Büdingen vom Staat ein Landgericht eingerichtet.[2] Das beruhte auf einem Kompromiss, bei dem den Standesherren in Personalangelegenheiten eine Mitsprache eingeräumt wurde und die offizielle Bezeichnung des Gerichts deren Ansprüche wahrte. Sie lautete: „Großherzoglich Hessisches Fürstlich und Gräfliches Landgericht Büdingen“.[3]

Weitere Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1830 wurde ein Jahrhunderte altes territoriales Kuriosum beseitigt und endlich eine einheitliche Zuständigkeit für die Gemeinde Gelnhaar geschaffen, was dazu führte, dass das Landgericht Büdingen die Zuständigkeit für den links des Bleichenbachs gelegene Teil des Ortes an das Landgericht Ortenberg abgab.[4]

Zum 15. Oktober 1853 wurden in der Provinz Oberhessen die Gerichtsbezirke neu gegliedert.[5] Dabei gab das Landgericht Büdingen die örtliche Zuständigkeit für eine Reihe von Gemeinden an andere Landgerichte ab[6] (siehe: Übersicht).

Ende[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit dem Gerichtsverfassungsgesetz von 1877 wurden Organisation und Bezeichnungen der Gerichte reichsweit vereinheitlicht. Zum 1. Oktober 1879 hob das Großherzogtum Hessen deshalb die Landgerichte auf. Funktional ersetzt wurden sie durch Amtsgerichte.[7] So ersetzte nun das Amtsgericht Büdingen das Landgericht Büdingen. „Landgerichte“ nannten sich nun die den Amtsgerichten direkt übergeordneten Obergerichte. Das Amtsgericht Büdingen wurde dem Bezirk des Landgerichts Gießen zugeordnet.[8] Dabei wurde der Zuständigkeitsbereich um die Gemeinde Wölfersheim erweitert.[9]

Zuständigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Örtlich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gemeinde 1822 1853 abgegeben[10] 1878 Anmerkung
Altwiedermus + - Vom Amt Marienborn; an das Landgericht Altenstadt
Aulendiebach + × Vom Amt Büdingen
Bindsachsen + × Vom Amt Wenings
Böß-Gesäß + × Vom Amt Wenings
Büches + × Vom Amt Büdingen
Büdingen + × Vom Amt Büdingen
Burgbracht + × Vom Amt Wenings
Calbach + × Vom Amt Büdingen
Diebach am Haag + × Vom Amt Büdingen
Düdelsheim + - Vom Amt Büdingen; an das Landgericht Altenstadt
Dudenrod + × Vom Amt Büdingen
Eckartshausen + - Vom Amt Marienborn; an das Landgericht Altenstadt
Gelnhaar links des Bleichenbaches + - (1830) Vom Amt Wenings; 1830 an das Landgericht Ortenberg[11]
Hain-Gründau + × Vom Amt Büdingen
Heegheim + - Vom Amt Mockstadt; an das Landgericht Altenstadt
Himbach + - Vom Amt Marienborn; an das Landgericht Altenstadt
Hitzkirchen + × Vom Amt Wenings
Illnhausen + × Vom Amt Wenings
Kefenrod + × Vom Amt Wenings
Langen-Bergheim + - Vom Amt Marienborn; an das Landgericht Altenstadt
Lorbach + × Vom Amt Büdingen
Marienborn + × Vom Amt Marienborn
Merkenfritz + - Vom Amt Wenings; an das Landgericht Ortenberg
Michelau + × Vom gräflich-büdingischen Amt Assenheim
Mittel-Gründau + × Vom Amt Büdingen
Nieder-Mockstadt + - Vom Amt Mockstadt; an das Landgericht Altenstadt
Ober-Mockstadt + - Vom Amt Mockstadt; an das Landgericht Nidda
Orleshausen + × Vom Amt Büdingen
Pferdsbach + × Vom Amt Büdingen
Rinderbügen + × Vom Amt Büdingen
Rohrbach + × Vom Amt Büdingen
Ronneburg + × Vom fürstlich-büdingischen Gericht Langendiebach
Staden + - Bis 1819: Ganerbschaft Staden, dann fürstlich Isenburgisch; an das Landgericht Altenstadt
Stockheim + - Vom Amt Büdingen; an das Landgericht Ortenberg
Vonhausen + × Vom Amt Büdingen
Wenings + - Vom Amt Wenings; an das Landgericht Ortenberg
Wernings + - Vom Amt Wenings; an das Landgericht Ortenberg
Wolf + × Vom Amt Büdingen

Sachlich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Landgericht Büdingen war ein Gericht erster Instanz in Zivilsachen.

Instanziell[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bis 1825 bestand als übergeordnete Instanz die Justizkanzlei Büdingen.[12] Danach war die übergeordnete Instanz des Landgerichts Büdingen ausschließlich das Hofgericht Gießen.

Gebäude[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seinen Sitz hat das Gericht in Büdingen, ursprünglich in einem Gebäude, das von Graf Ludwig Casimir II. von Isenburg-Büdingen zwischen 1769 und 1774 als lutherische Kirche in der heutigen Schloßgasse 22 errichtet worden war. Das Gebäude hat einfache, spätbarocke Formen, ein hohes Walmdach und einen Dachreiter mit barocker Haube. Es ist ein Kulturdenkmal aufgrund des Hessischen Denkmalschutzgesetzes.[13] (Siehe auch: Liste der Kulturdenkmäler in Büdingen)

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Die Eintheilung des Landes in Landraths- und Landgerichtsbezirke betreffend vom 14. Juli 1821. In: Großherzoglich Hessisches Ministerium des Inneren und der Justiz. (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1821 Nr. 33, S. 403 ff. (Online bei der Bayerischen Staatsbibliothek).
  2. Die Bildung des Landraths- und Landgerichts-Bezirks Büdingen betreffend vom 24. Januar 1822. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 5 vom 15. Februar 1822, S. 31–32.
  3. Die Bildung des Landraths- und Landgerichts-Bezirks Büdingen betreffend vom 24. Januar 1822. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 5 vom 15. Februar 1822, S. 31–32 (32).
  4. Bekanntmachung, die Einverleibung des seither zu dem Landraths- und Landgerichts-Bezirke Büdingen gehörigen Theils des Orts Gelnhaar zu dem Landrathsbezirke Nidda und dem Landgerichtsbezirke Ortenberg betreffend vom 3. Juli 1830. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 46 vom 7. August 1830, S. 255.
  5. Bekanntmachung,
    1) die Aufhebung der Großherzoglichen Landgerichte Großkarben und Rödelheim, und die Errichtung neuer Landgerichte zu Vilbel und Altenstadt, ferner die Verlegung des Landgerichtssitzes von Altenschlirf nach Herbstein;
    2) die künftige Zusammensetzung der Landgerichts-Bezirke in der Provinz Oberhessen betreffend
    vom 4. Oktober 1853. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 44 vom 7. Oktober 1853, S. 640–641)
  6. Bekanntmachung, betreffend:
    1) die Aufhebung der Landgerichte Großkarben und Rödelheim, und die Errichtung neuer Landgerichte zu Darmstadt, Waldmichelbach, Vilbel und Altenstadt, ferner die Verlegung des Landgerichtssitzes von Altenschlirf nach Herbstein;
    2) die künftige Zusammensetzung der Stadt- und Landgerichts-Bezirke in den Provinzen Starkenburg und Oberhessen
    vom 15. April 1853. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 19 vom 26. April 1853, S. 221–230)
  7. §§ 1, 3 Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 15 vom 30. Mai 1879, S. 197f.
  8. §§ 2, 3 Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 15 vom 30. Mai 1879, S. 197f.
  9. Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 15 vom 30. Mai 1879, S. 207f.
  10. Bekanntmachung,
    1) die Aufhebung der Großherzoglichen Landgerichte Großkarben und Rödelheim, und die Errichtung neuer Landgerichte zu Vilbel und Altenstadt, ferner die Verlegung des Landgerichtssitzes von Altenschlirf nach Herbstein;
    2) die künftige Zusammensetzung der Landgerichts-Bezirke in der Provinz Oberhessen betreffend
    vom 4. Oktober 1853. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 44 vom 7. Oktober 1853, S. 640–641)
  11. Bekanntmachung, die Einverleibung des seither zu dem Landraths- und Landgerichts-Bezirke Büdingen gehörigen Theils des Orts Gelnhaar zu dem Landrathsbezirke Nidda und dem Landgerichtsbezirke Ortenberg betreffend vom 3. Juli 1830. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 46 vom 7. August 1830, S. 255.
  12. Auflößung der Großherzoglich Hessischen Fürstlich und Gräflich Isenburgischen und Gräflich Stolbergischen Gesammt-Justiz-Kanzlei zu Büdingen betreffend vom 10. Februar 1825. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 10 vom 23. Februar 1825, S. 97.
  13. Eintrag in denkxweb (Memento des Originals vom 15. November 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/denkxweb.denkmalpflege-hessen.de.

Koordinaten: 50° 17′ 29,1″ N, 9° 7′ 3,5″ O