Lethkogel

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Lethkogel

Lethkogel (Bildmitte) von Südosten

Höhe 608 m ü. A.
Lage Steiermark, Österreich
Gebirge Koralpe, Lavanttaler Alpen
Dominanz 0,36 km → Stainzer Kogel
Schartenhöhe 21 m ↓ Wartenweg
Koordinaten 46° 53′ 16″ N, 15° 13′ 50″ OKoordinaten: 46° 53′ 16″ N, 15° 13′ 50″ O
Lethkogel (Steiermark)
Lethkogel (Steiermark)
Gestein Amphibolit, Glimmerschiefer
Besonderheiten archäologische Fundstätte (kupfer- und latènezeitliche Siedlungsreste und Schmelzöfen), Stainzer Warte
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Der Lethkogel (auch Pölliberg) ist ein 608 m ü. A. hoher Hügel in den Lavanttaler Alpen im österreichischen Bundesland Steiermark. Auf ihm befindet sich die Stainzer Warte, ein historischer Aussichtsturm und beliebtes Ausflugsziel. Als Fundort kupfer- und latènezeitlicher Siedlungsreste und Metallschmelzöfen erlangte die Erhebung überregionale Bekanntheit.

Lage und Umgebung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Lethkogel erhebt sich in der Weststeiermark am östlichen Gebirgsrand der Koralpe rund 260 Meter über dem Stainztal. Der Ausläufer des Rosenkogels befindet sich im Gebiet der Marktgemeinde Stainz etwa 3 km südwestlich des Marktes. Während der Gipfel sowie Nord- und Ostseite des Berges großteils bewaldet sind, präsentiert sich der Südhang um die Ortschaft Vochera am Weinberg (Teil der früheren Marktgemeinde Bad Gams) als weitläufiges Weinbaugebiet. Von Stainz aus führt die Salleggerstraße (L645) im Halbrund ansteigend um den Lethkogel und nimmt Gemeindestraßen aus Kothvogel, Vochera, Mitteregg und Gamsgebirg auf. Die Stainzer Warte ist von allen Himmelsrichtungen aus auf Wanderwegen erreichbar.

Geologie und Geomorphologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Lethkogel gehört zum Kristallinkomplex der Koralpe und ist aus einem von pegmatitoiden Glimmerschiefern ummantelten Kern aus Eklogitamphibolit aufgebaut. Am von mehreren tektonischen Störungen durchbrochenen Südhang tritt der bekannte Stainzer Hartgneis an die Oberfläche. Morphologisch stellt der Lethkogel eine Rückfallkuppe mit geringer Dominanz und Schartenhöhe dar. Der Nordhang ist durch künstlich angelegte Terrassenstufen geprägt (siehe Archäologie), die im unteren Bereich in jüngerer Zeit durch einen Amphibolit-Steinbruch zerstört wurden.[1][2]

Archäologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Geländemodell mit archäologischen Fundstellen und Steinbruch

Eine archäologische Publikation berichtete 2002 erstmals von kupferzeitlichen Funden und einer frühmittelalterlichen Höhensiedlung auf dem Pölliberg.[3] Zwischen 2003 und Oktober 2006 wurden in Kooperation der Marktgemeinde Stainz mit Archäologieland Steiermark und AMS Deutschlandsberg umfangreiche Grabungen durchgeführt. Die Arbeiten mithilfe modernster Methoden kosteten 260.000 Euro und lieferten insgesamt etwa 900 Funde von archäologischer Bedeutung.[4][5]

Die erste Besiedlung des Lethkogels fand bereits um 4000 v. Chr. (Lasinja-Kultur) statt, wie zahlreiche Keramikfunde belegen. Im Gegensatz zu anderen Höhensiedlungen in der Steiermark brach die kupferzeitliche Besiedlung nicht zu diesem Zeitpunkt ab, sondern bestand bis etwa 3700 v. Chr.[6] Der Siedlungsschwerpunkt lag im Bereich der Gipfelkuppe, wo bis 2005 Pfostensetzungen kupferzeitlicher Gebäude und Gruben freigelegt werden konnten. Letztere enthielten qualitätsvolle Keramik und Abschlaggeräte wie Klingen, Messer und Pfeilspitzen. Herausragende Funde waren eine Pintadera aus Keramik sowie Bruchstücke von Gusslöffeln, die als ältester Nachweis für Kupferverarbeitung in der Steiermark gelten. Am Rand der dreieckigen Siedlungsgrundform im Ausmaß von 150 × 150 m befand sich eine Steinwerkstatt, die Abschlaggeräte aus Silex sowie Axt- und Beilrohlinge aus örtlichem Amphibolit und Metagabbro hervorbrachte. Während die Siedlungsreste Einflüsse aus dem Pfahlbau erkennen lassen, weisen auch die Keramikfunde (Furchenstichmuster) Verbindungen zur Mondseekultur auf, was den Lethkogel zum bisher südlichsten bekannten Verbreitungspunkt dieser Kultur macht.[7][8]

Die zweite Besiedlungsphase am Lethkogel erfolgte erst in der späten Latènezeit ab dem 2. Jahrhundert v. Chr.[6] Aus dieser Epoche bestehen entlang der Südkante unterschiedlich gut erhaltene Reste einer Wallanlage, die im Westen durch den Bau eines Hochbehälters zerstört wurden. Unweit außerhalb des Wallschnitts entdeckten die Archäologen am Nordwesthang 21 Metallschmelzöfen, die mithilfe der Universität London und der Montanuniversität Leoben auf den Zeitraum 69–30 v. Chr. datiert werden konnten. Schlackenfunde deuten auf Eisenverhüttung hin und lieferten den Nachweis von Arsenkupfer, der wiederum eine Verbindung zur Mondseekultur nahelegt.[7] Die keltische Besiedlung endete kurz vor der römischen Okkupation im Jahr 15 v. Chr. Eine letzte, frühmittelalterliche Besiedlung, während der unter anderem der Steinwall mit einer Erdschüttung überhöht wurde, wird noch vor der ungarischen Landnahme im 8. und 9. Jahrhundert n. Chr. vermutet.[6]

Stainzer Warte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Noch bevor ein touristischer Aussichtsturm auf dem Lethkogel errichtet wurde, befand sich dort ein wahrscheinlich hochmittelalterlicher Wehrturm namens „Polan“. Die auch „Pöllibergschloss“ genannte Anlage diente als Sitz eines Dienstmannengeschlechts der Herren von Wildon und entstand vermutlich im späten 12. Jahrhundert.[9] Die Stainzer Ortschronik vermutet den Turmbau im 9. Jahrhundert im Zusammenhang mit der bairischen Kolonisation.[10] Neueren Erkenntnissen zufolge[11] lag das Bauwerk nicht – wie ursprünglich angenommen – am Gipfel, sondern auf einer Kuppe beim Engelweingarten am Südosthang des Berges.[9]

Die Stainzer Warte (2018)

Die Stainzer Warte wurde 1902 im Auftrag des Österreichischen Touristenklubs (ÖTK) nach Plänen des Grazer Architekten Hans Pascher errichtet und am 8. September jenes Jahres feierlich eröffnet. Als Vorbild diente die ebenfalls von Pascher entworfene Wilhelmswarte bei Judenburg. Wilhelm Ritter Gründorf von Zebegény verglich die Warte in seinem Reiseführer Grazer Tourist (1903) mit der nur wenige Monate zuvor fertiggestellten Reinerkogelwarte. 1926 übergab der ÖTK die Warte in die Obhut des Steirischen Gebirgsvereins, 1952 erfolgte eine erste Generalsanierung. 1964 übernahm Stainz den in desolatem Zustand befindlichen Turm und unterzog ihn einer provisorischen Renovierung. Eine weitere Generalsanierung wurde 1979/80 anlässlich des 800-jährigen Bestehens der Marktgemeinde Stainz durchgeführt. Seither wird das Denkmal vom kommunalen Fremdenverkehrsverein betreut. Am Nationalfeiertag 2002 wurde das 100-jährige Jubiläum begangen.[12]

Das weitgehend im Originalzustand erhaltene Bauwerk mit einer Gesamthöhe von 26 m[13] besteht aus einer vollverkleideten Holzkonstruktion, die auf einem 5 m hohen, quadratischen Steinsockel mit einer Seitenlänge von 5,2 m ruht. Über 93 Holzstufen erreicht man in 17 m Höhe[13] die achteckige Aussichtsplattform mit einem Durchmesser von 6 m. 1902 wurde in der Zeitschrift Der Bautechniker (Nr. 45, S. 1) fälschlicherweise eine Gesamthöhe von 39,5 m sowie eine Plattformhöhe von 25 m angegeben, die auch auf einer Tafel an der Warte zu lesen sind. Um die Aussicht zu gewährleisten, wurden in jüngerer Zeit mehrfach die umliegenden Baumkronen geschnitten. Der Panoramablick reicht von Teilen des Steirischen Randgebirges (Koralpe, Gleinalpe) über das Grazer Bergland und das oststeirische Vulkanland bis zum Pohorje.[12]

Die Warte wurde im Herbst 2021 geschlossen. Es waren Schäden an den Holzbauten aufgetreten, die auf Holzwurmbefall und Spechte, aber teilweise auch auf die Lackierung der Außenverschalung (anstelle von Lasur) in den 1970er-Jahren zurückgeführt wurden. Die Warte sollte aber jedenfalls erhalten bleiben.[14]

Die Gemeinde Stainz beabsichtigte den denkmalgeschützten Turm um 200.000 € Kosten bis Oktober 2023 zu renovieren.[15] Der Holzbau der alten Warte wurde in mehrere Teile zerschnitten und mit Kränen abgehoben, allein das Dach wog 3,5 t, der Teil mit der Aussichtsplattform fünf Tonnen. Nach den Vorgaben des Bundesdenkmalamtes sollten für den Wiederaufbau möglichst viele der alten Hölzer verwendet werden, die wiederverwendbaren Teile betrugen aber nur ca. 10 Prozent. Der Großteil der Holzkonstruktion entstand neu aus sägerauem Lärchenholz. Die wiederverwendeten Teile wurden wärmebehandelt, um den Schädlingsbefall zu verhindern.[16]

Literatur und Karten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Christoph Baur: Die latènezeitlichen Funde vom Lethkogel bei Stainz, Steiermark. Diplomarbeit an der Universität Innsbruck 2009, 106 S.
  • Andreas Bernhard: Zgodnjesrednjeveška višinska naselbina na Pöllibergu pri Stainzu na zahodnem Štajerskem – Eine frühmittelalterliche Höhensiedlung am Pölliberg bei Stainz in der Weststeiermark. In: Mitja Guštin: Zgodnji slovani – Die frühen Slawen. Zgodnjesrednjeveška lončenia na obrobju vzhodnih Alp – frühmittelalterliche Keramik am Rand der Ostalpen. Narodni Muzej Slovenije, Ljubljana 2002, ISBN 961-6169-22-X.
  • Andreas Brudnjak: Aussichtswartenführer für die Steiermark. Die schönsten Aussichtswarten von Bad Aussee bis Radkersburg. Kral Verlag, Berndorf 2014, ISBN 978-3-9902424-5-2, S. 144–146.
  • Georg Tiefengraber: Der Lethkogel bei Stainz in der Kupferzeit. In: Bernhard Hebert (Hrsg.): Urgeschichte und Römerzeit in der Steiermark. Böhlau Verlag, Wien 2015, ISBN 978-3-205-79691-6, S. 232–235.
  • Österreichische Karte 1:50.000, Blatt 4104 (UTM). Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Lethkogel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Digitaler Atlas der Steiermark: Geologie & Geotechnik. Land Steiermark, abgerufen am 20. Juni 2019.
  2. Christoph Baur: Die latènezeitlichen Funde vom Lethkogel bei Stainz, Steiermark. Diplomarbeit an der Universität Innsbruck 2009, S. 5.
  3. Andreas Bernhard: Zgodnjesrednjeveška višinska naselbina na Pöllibergu pri Stainzu na zahodnem Štajerskem – Eine frühmittelalterliche Höhensiedlung am Pölliberg bei Stainz in der Weststeiermark. In: Mitja Guštin: Zgodnji slovani – Die frühen Slawen. Zgodnjesrednjeveška lončenia na obrobju vzhodnih Alp – frühmittelalterliche Keramik am Rand der Ostalpen. Narodni Muzej Slovenije, Ljubljana 2002, ISBN 961-6169-22-X.
  4. Bettina Kuzmicki: Blick in die Vergangenheit. In: Kleine Zeitung, Ausgabe Süd & Südwest vom 21. Oktober 2004, S. 27.
  5. Hans Ast: Für die Archäologen glänzt Kupfer wie Gold. In: Kleine Zeitung, Ausgabe Süd & Südwest vom 24. Oktober 2006, S. 22.
  6. a b c W. Bräunlich: Ausgrabung Lethkogel. TV Schilcherland Stainz-Reinischkogel, Informationstafel des Koralm Kristall Trail am Lethkogel. Foto
  7. a b Georg Tiefengraber: Der Lethkogel bei Stainz in der Kupferzeit. In: Bernhard Hebert (Hrsg.): Urgeschichte und Römerzeit in der Steiermark. Böhlau Verlag, Wien 2015, ISBN 978-3-205-79691-6, S. 232–235.
  8. „Fundberichte aus Österreich (FÖ)“. Hrsg. vom Bundesdenkmalamt, Wien. ISSN 0429-8926. Band 44/2005, S. 246; Wolfgang Artner, Jörg Obereder: FO 45/2006, S. 672 schildern weiträumige Kontakte im frühen 4. Jahrtausend v. Chr.; Wolfgang Artner: 46/2007 mit spät-La-Tène-zeitlicher Datierung.
  9. a b Robert Baravalle: Burgen und Schlösser der Steiermark. Eine enzyklopädische Sammlung der steirischen Wehrbauten und Liegenschaften, die mit den verschiedensten Privilegien ausgestattet waren. Stiasny Verlag, Graz 1961, S. 80.
  10. Chronik von Stainz. Marktgemeinde Stainz, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 11. April 2019; abgerufen am 20. Juni 2019.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.stainz.at
  11. Bernhard, S. 163.
  12. a b Andreas Brudnjak: Aussichtswartenführer für die Steiermark. Die schönsten Aussichtswarten von Bad Aussee bis Radkersburg. Kral Verlag, Berndorf 2014, ISBN 978-3-9902424-5-2, S. 144–146.
  13. a b W. Bräunlich: Die Stainzer Warte. TV Schilcherland Stainz-Reinischkogel, Informationstafel des Koralm Kristall Trail am Lethkogel. Foto
  14. Neugestaltung zum 120-Jahr-Jubiläum? Stainzer Warte derzeit geschlossen. Wochenzeitung Weststeirische Rundschau, 18. Februar 2022. 95. Jahrgang, Nr. 7, S. 9.
  15. Sanierung geplant: Gemeinde verbaut 200.000 Euro in Stainzer Warte kleinezeitung.at, 11. Juli 2023, abgerufen 11. Juli 2023.
  16. Die „Stainzer Warte“ wird von Grund auf erneuert. Wochenzeitung Weststeirische Rundschau, 27. Oktober 2023. 96. Jahrgang, Nr. 43, S. 15.