Literaturpreis der Reichshauptstadt Berlin

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Der Literaturpreis der Reichshauptstadt Berlin wurde von 1935 bis 1940 vergeben und vom damaligen Oberbürgermeister Berlins, Heinrich Sahm, gestiftet.[1]

Dem parteilosen Sahm war bereits ab März 1933 der als Staatskommissar fungierende Nationalsozialist Julius Lippert beigeordnet worden, um seine Befugnisse einzuschränken. Der Literaturpreis wurde von Sahms NS-Nachfolgern im Amt aufrechterhalten.

Kriterien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Preis hatte reichsweit Bedeutung und richtete sich dezidiert an Schriftsteller, die seinerzeit zu den Vertretern des so bezeichneten „jungen deutschen Schrifttums“ gerechnet wurden.[2] Damit waren völkisch bzw. nordisch-germanisch orientierte Autoren gemeint, deren Werk dies widerspiegelte.

Das Auswahlverfahren beruhte auf Bewerbungen, die jeder deutschsprachige Schriftsteller einreichen konnte, welcher der Reichsschrifttumskammer (RSK) angehörte. Voraussetzung für die Mitgliedschaft in der RSK war neben dem „Ariernachweis“ eine Prüfung von Autor und Werk im Hinblick auf eine Konformität mit der NS-Ideologie.[3]

Das nominierte Werk musste in den drei Jahren vor der jeweiligen Verleihung gedruckt erschienen sein, durfte zu den Genres Drama, Lyrik oder Roman gehören, aber noch nicht ausgezeichnet worden sein.

Die Jury konnte zudem sachverständige Persönlichkeiten berufen, um „geeignete Vorschläge von Werken zu machen, die einer Ehrung würdig“ seien.

Verfahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Verleihung des Literaturpreises sollte als erster, zweiter und dritter Preis gestaffelt an je drei Preisträger erfolgen. Sie fand jeweils im Folgejahr statt, so dass sich beispielsweise die erste Verleihung 1935 auf das Jahr 1934 bezog. Sie sollte jährlich um den 1. Mai, den „Tag der nationalen Arbeit“, durchgeführt werden. Ausnahmen bildeten die Vergabe für 1936, deren Verleihung aus Anlass der 7. Berliner Dichterwoche vom 1. bis 6. März 1937 „im Rahmen einer Morgenfeier“ erfolgte und die Vergabe für 1940, die am 19. Januar 1941 durchgeführt wurde.[4] Für das Jahr 1938 wurde die Verleihung ausgesetzt, weil die Jury keine geeigneten Preisträger zu bestimmen vermochte.

Dotation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dotiert war der Preis mit 10.000 Reichsmark, die auf die drei Preisträger in Abstufungen zu 5.000, 3.000 und 2.000 RM verteilt wurden. Überreicht wurden eine personalisierte Urkunde und ein Lorbeerkranz.

Für den Fall, dass der Preis in einem Jahr „mangels einer Persönlichkeit, der er zuerkannt werden“ konnte, nicht vergeben wurde (1938), galt die Regelung, dass der demzufolge nicht ausgezahlte Betrag im Folgejahr oder den Folgejahren zur Erhöhung verwendet werden sollte.[5] Ob dies für 1939 und 1940 so ausgeführt wurde, lässt sich heute nicht mehr verifizieren, daher sind in der unten genannten Auflistung diese Angaben offen.

Jury[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Auswahl- und Entscheidungsgremium bestand aus neun Personen. Es setzte sich zu zwei Dritteln aus politischen Funktionären zusammen, erst überwiegend und bald ausschließlich durch Nationalsozialisten: drei städtische Funktionäre, vier hohe staatliche Funktionsträger und zwei von der Reichsschrifttumskammer (RSK) benannte Schriftsteller.

Über den 1936 zum zweiten Mal verliehenen Literaturpreis schrieb der Völkische Beobachter: „Wieder wie im vergangenen Jahre haben die Preisrichter nicht nach dem Gesichtspunkt lokaler Verbindung zur Stadt Berlin ausgewählt, sondern auch nach dem Maßstab ihrer künstlerischen und kulturpolitischen Bedeutung entschieden.“[7]

Preisträger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 1. Juli 1937 überschritt Hitlers Mein Kampf die Auflage von 3 Millionen Exemplaren, vom Völkischen Beobachter als „Buch des ganzen Volkes“ gefeiert. Zur schönen Literatur zählt das Werk allerdings nicht. Am 3. September 1937 ließ der Berliner Buchhandel verlauten, dass der 1912 erschienene Jugendroman von Waldemar Bonsels Die Biene Maja und ihre Abenteuer die höchste Auflage innerhalb der Belletristik erzielt habe. Damit überrundete dieses Werk in jenem Jahr sogar Karl Mays Winnetou.[18]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Helga Mitterbauer: NS-Literaturpreise für österreichische Autoren. Eine Dokumentation. Böhlau Verlag, Wien 1994. ISBN 978-3-205-98204-3, S. 87–89.
  2. Grundsätze über die Verteilung des Literaturpreises der Reichshauptstadt Berlin. (undat.) BAK R 56 V/12, S. 217–218.
  3. Die Reichsschrifttumskammer. Auf: dhm.de, abgerufen am 21. Mai 2017
  4. Urkunde des Literaturpreises des Reichshauptstadt. In: Staatsbibliothek zu Berlin, Handschriftenabteilung. Nachlass Kurt Kluge, Signatur: Nachl. Kurt Kluge 701. Auf: staatsbibliothek-berlin.de, abgerufen am 14. Mai 2017
  5. Grundsätze über die Verteilung des Literaturpreises der Reichshauptstadt Berlin. (undat.) BAK R 56 V/12, S. 217–218.
  6. Brief des kommissarischen Berliner Oberbürgermeisters Julius Lippert an den Präsidenten der Reichsschrifttumskammer vom 4. Dezember 1936. BAK R 56 V/12, S. 221.
  7. Gianluca Falanga: Berlin 1937: die Ruhe vor dem Sturm. Berlin Story Verlag, Berlin 2007. ISBN 978-3-929829-46-4, S. 95–96.
  8. Walter Killy: Literaturlexikon. Bd. 7, Kräm – Marp. Verlag Walter De Gruyter, Berlin 2010, ISBN 978-3110220490, S. 575–576.
  9. Gerrit Lungershausen: Weltkrieg mit Worten: Kriegsprosa im Dritten Reich 1933 bis 1940. Springer-Verlag, Berlin 2016. ISBN 978-3-658-16485-0, S. 227.
  10. Wilhelm Pleyer. In: Autorenlexikon des Adalbert-Stifter-Vereins. Auf: stifterverein.de, abgerufen am 14. Mai 2017.
  11. Wilhelm Pleyer. Auf: bohemistik.de, abgerufen am 14. Mai 2017
  12. Menzel. Auf: volksliederarchiv.de, abgerufen am 14. Mai 2017.
  13. Gerrit Lungershausen: Weltkrieg mit Worten: Kriegsprosa im Dritten Reich 1933 bis 1940. Springer-Verlag, Berlin 2016. ISBN 978-3-658-16485-0, S. 243.
  14. Tumler, Franz. In: Goethe-Institut, Deutsche Gegenwartsliteratur. Auf: goethe.de, abgerufen am 14. Mai 2017
  15. David Wagner: Sich verlieben hilft: Über Bücher und Serien. Verbrecher Verlag Listau & Sundermeier, Berlin 2016. ISBN 978-3-95732-180-0
  16. Uwe Baur, Karin Gradwohl-Schlacher: Literatur in Österreich 1938–1945: Handbuch eines literarischen Systems. Bd. 3. Böhlau Verlag, Wien 2014. ISBN 978-3-205-79508-7, S. 36.
  17. Urkunde des Literaturpreises der Reichshauptstadt. In: Staatsbibliothek zu Berlin, Handschriftenabteilung. Nachlass Kurt Kluge, Signatur: Nachl. Kurt Kluge 701. Auf: staatsbibliothek-berlin.de, abgerufen am 14. Mai 2017
  18. Gianluca Falanga: Berlin 1937: die Ruhe vor dem Sturm. Berlin Story Verlag, Berlin 2007. ISBN 978-3-929829-46-4, S. 96.