Ludmilla Assing

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Ludmilla Assing, Selbstbildnis um 1850

Rosa Ludmilla Assing (* 22. Februar 1821 in Hamburg; † 25. März 1880 in Florenz) war eine deutsche Schriftstellerin. Sie schrieb auch unter den Pseudonymen Achim Lothar und Talora.

Leben

Als zweite Tochter von Rosa Maria Varnhagen, der Schwester Karl August Varnhagens, und David Assur Assing, eines jüdischen Mediziners aus Königsberg, wuchs Ludmilla Assing in einem liberalen, musisch und geistig inspirierten Elternhaus auf. Rosa Maria empfing unter anderen Heinrich Heine, Friedrich Hebbel, Karl Gutzkow und die Dichter des Jungen Deutschland in ihrem Salon; ihre Töchter Ottilie und Ludmilla nahmen an politischen Diskussionen teil.

Ludmilla Assing um 1860

Nach dem Tod ihrer Eltern siedelten sie zu ihrem Onkel nach Berlin über. Während Ottilie im Streit das Haus verließ und später nach den USA auswanderte, blieb Ludmilla Assing bis zu Varnhagens Tod 1858 bei ihm und erbte seine Sammlung von Papieren. Nachdem sie im Frühjahr 1860 die skandalträchtigen Briefe Alexander von Humboldts und später die Tagebücher Varnhagens (14 Bde., 1862–1870) herausgegeben hatte, wurde sie zugleich weltberühmt und steckbrieflich verfolgt. Otto von Bismarck ließ die Tagebuch-Bände, die das Jahr 1848 betreffen, beschlagnahmen und setzte den Verleger Brockhaus durch ein Zeitungsverbot unter Druck. Assing setzte ihre Herausgeber- und Autorinnentätigkeit zunächst bei anderen Verlagen, später wieder bei Brockhaus von Florenz aus fort, schloss sich dem linken Flügel des Risorgimento an, schrieb zweisprachig für italienische und deutsche Zeitschriften und übersetzte aus dem Italienischen. Außerdem hat sie die meisten Briefe ihrer Tante Rahel Varnhagen herausgegeben.

Werk

Gottfried Keller, gezeichnet 1854 von Ludmilla Assing

Schon vor 1848 hatte Ludmilla Assing zudem Feuilletons, später auch politische Berichte verfasst. Ihre anonymen Korrespondenzen aus Italien bilden eine kleine Geschichte des Risorgimento für sich. Als begabte Zeichnerin schuf sie Pastellporträts von Varnhagens Besuchern, unter anderen ein Bildnis von Gottfried Keller, mit dem sie jahrelang in Briefwechsel stand.[1]

Zu ihren Freunden gehörten außerdem Ferdinand Lassalle, das Ehepaar Emma und Georg Herwegh, Hedwig Dohm sowie der Fürst Pückler, dessen literarischen Nachlass sie ebenfalls herausgab und dessen Biographie sie schrieb. Im Jahr 1880 vermachte sie ihre Papiere der Königlichen Bibliothek zu Berlin; aus ihrem Erbe wurde außerdem eine Scuola Ludmilla Assing gegründet, die als Handelsschule bis ca. 1936 existierte.

Grabbüste von Cesare Sighinolfi (1881), Friedhof an der Via Senese, Florenz

Assing starb nach zweiwöchigem Aufenthalt im Manicomio di S. Bonifacio bei Florenz an einer Hirnhautentzündung. Ihre von Cesare Sighinolfi gestaltete Grabbüste steht auf dem Friedhof Gli Allori, Via Senese in Florenz. In Deutschland wurden ihr Werk und ihre Stiftung der Varnhagensammlung bisher kaum gewürdigt.

Der Nachlass von Ludmilla Assing (einschließlich zahlreicher Kunstwerke und wertvoller Bücher, der Autographensammlungen ihres Onkels sowie anderer literarischer Hinterlassenschaften wie denen von Ludwig Robert, Fürst Hermann von Pückler-Muskau und Apollonius von Maltitz) wurde von ihrem Testamentsvollstrecker Salvatore Battaglia im Frühjahr 1881 an die Königliche Bibliothek (heutige Staatsbibliothek zu Berlin) überstellt, wo sie dem letzten Willen der Verstorbenen gemäß als Sammlung Varnhagen aufbewahrt werden. Nach kriegsbedingter Auslagerung zahlreicher Inkunabeln im Zweiten Weltkrieg wird der wertvollste Teil dieser Sammlung, Briefe von und an 9000 Personen umfassend, in der Biblioteka Jagiellońska aufbewahrt.

Werke

  • ca. 50 Bände Aus dem Nachlaß Varnhagen's von Ense und Aus dem Nachlaß des Fürsten Pückler-Muskau
  • Gräfin Elisa von Ahlefeldt, die Gattin Adolphs von Lützow, die Freundin Immermann's (1857)
  • Sophie von La Roche, die Freundin Wieland's (1859)
  • Briefe von Alexander von Humboldt an Varnhagen von Ense (1860)
  • Übersetzung von Piero Cironi: Die Kunst der Rebellen und Die nationale Presse in Italien (1863)
  • Übersetzung von Giuseppe Mazzinis gesammelten Schriften in 2 Bänden (1865)
  • Vita Piero Cironi (Prato 1865); dt. Übersetzung: Piero Cironi, Ein Beitrag zur Geschichte der Revolution in Italien, Leipzig: Matthes 1867
  • Biographie: Fürst Hermann von Pückler-Muskau. 2 Bde. (1873/1874) Neuausgabe 2004, Band 1 ISBN 3-487-12029-1; Band 2 ISBN 3-487-12030-5
  • Feuilletons und politische Berichte (z. T. anonym) für: Telegraph für Deutschland; Jahreszeiten. Zeitschrift für Literatur, Kunst und gesellschaftliche Unterhaltung; Europa. Chronik der gebildeten Welt; Deutsche Allgemeine Zeitung (Leipzig); Unterhaltungen am häuslichen Herd; Frankfurter Zeitung; Neue Freie Presse; Die Gartenlaube; Deutsche Blätter; Westermann's Illustrirte Deutsche Monatshefte; Wiener Abendpost; Il Dovere; L'Igea; Il Popolo d'Italia; Rivista europea; Lo Zenzero.

Literatur

  • Lieselotte Blumenthal: Assing, verehelichte Grimelli, Rosa Ludmilla. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 1, Duncker & Humblot, Berlin 1953, ISBN 3-428-00182-6, S. 419 (Digitalisat).
  • Nikolaus Gatter: „Gift, geradezu Gift für das unwissende Publicum.“ Der literarische Nachlaß von Karl August Varnhagen von Ense und die Polemik gegen Ludmilla Assings Editionen (1860–1880). Aisthesis, Bielefeld 1996, ISBN 3-89528-149-2.
  • Nikolaus Gatter: „Das Literatenthum im Weiberrock“: Ludmilla Assing. Zeitzeugin, Schriftstellerin, Dokumentaristin. In: Johanna Ludwig, Ilse Nagelschmidt, Susanne Schötz (Hrsg): Frauen in der bürgerlichen Revolution von 1848/49. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Berlin 1998, S. 188–196.
  • Nikolaus Gatter: „Letztes Stück des Telegraphen. Wir alle haben ihn begraben helfen …“ Ludmilla Assings journalistische Anfänge im Revolutionsjahr. In: Internationales Jahrbuch der Bettina-von-Arnim-Gesellschaft. Bd. 11/12, 1999/2000, S. 101–120.
  • Makkaroni und Geistesspeise. Almanach der Varnhagen Gesellschaft e. V. Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-8305-0296-6 (mit den Vorträgen des Ludmilla-Assing-Colloquiums in der Villa Romana, Florenz 2000).
  • Walter Schmidt (Hrsg.): Akteure eines Umbruchs. Männer und Frauen der Revolution von 1848/49. Band 3. Fides, Berlin 2010, ISBN 978-3-931363-15-4.
  • Nikolaus Gatter: „Könnte man alles vollständig haben, wäre auch mein Ideal.“ Ludmilla Assing und die Briefwechsel von und mit (dem) Verstorbenen. In Jana Kittelmann(Hg.): Briefnetzwerke um Hermann von Pückler-Muskau. Thelem Verlag, Dresden 2015, S. 207–226, ISBN 978-3-945363-06-5.
  • Der Sopha schön, und doch zum Lottern. Almanach der Varnhagen Gesellschaft e. V. Bd. 3 (mit einem ungedruckten Brief aus Bad Kreuznach an Ferdinand Lassalle), Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2015, ISBN 978-3-8305-0579-2.

Einzelnachweise

  1. Briefwechsel Assing-Keller

Weblinks

Commons: Ludmilla Assing – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Ludmilla Assing – Quellen und Volltexte