MagForce

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Die MagForce AG ist ein auf dem Gebiet der Nanomedizin forschendes Medizintechnikunternehmen mit Sitz in Berlin. Es erhielt als erstes Unternehmen die europäische Zulassung für ein Medizinprodukt mit Nanopartikeln.[1]

Das NanoTherm-Verfahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die MagForce AG hat mit NanoTherm ein neuartiges Verfahren zur Behandlung solider Tumoren entwickelt. Dabei werden eisenoxidhaltige Nanopartikel mit superparamagnetischen Eigenschaften in einen Tumor injiziert, die im Anschluss in einem Magnetwechselfeld in ultraschnelle Schwingung versetzt werden, sodass sich die Temperatur innerhalb der Zellen auf bis zu 70 Grad Celsius erhöht und das Krebsgewebe dadurch zerstört oder signifikant geschwächt wird. Für die nebenwirkungsarme Behandlung sind für die Patienten sechs einstündige Sitzungen im Magnetwechselfeld anberaumt.[2][3] Die Wirtschaftswoche beschreibt das Verfahren als „eine der innovativsten Krebstherapien der vergangenen Jahre“ und berichtete schon 2009 ausführlich über die ermutigenden Ergebnisse und Therapieerfolge, die MagForce mit ihren Nanopartikeln bei schwerstkranken Hirntumorpatienten erreichte.[4][5]

Die Europäische Union, die das Projekt mit 35 Millionen Fördergeld unterstützt, hebt hervor: „Dank dieser innovativen Methode kann der Tumor von innen heraus bekämpft und umliegendes gesundes Gewebe geschont werden. Deutschlandweit integrieren Neurochirurgen vermehrt die NanoTherm Therapie in die Behandlung von Hirntumoren und verzeichnen dabei immer wieder zusätzlichen medizinischen Nutzen.“[6]

Die wissenschaftliche Grundlage dieser Therapieform geht zurück auf Forscher der Berliner Charité. Seit 2010 ist die Methode erstmals für die Behandlung von Glioblastomen innerhalb der EU zugelassen.[7]

Die notwendige Apparatur zur Erzeugung des Magnetwechselfeldes, der patentierte NanoActivator, steht derzeit in Kliniken in Berlin, Köln, Münster, Kiel und Frankfurt zur Verfügung. Eine mobile Variante der Apparatur wurde Anfang 2019 im ostpolnischen Lublin vorgestellt.[8] Die relativ hohen Anschaffungskosten dieser Technologie standen bislang einem kommerziellen Durchbruch im Wege. Ein weiteres Hindernis in der Akzeptanz der Methode stellt die fehlende automatische Erstattung durch die Krankenkassen dar. Bislang wurden die Kosten des europaweit zugelassenen Verfahrens zwar übernommen, allerdings erst nach privater Vorkasse des Patienten.[9]

Unternehmensgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

MagForce wurde 1997 vom Berliner Biologen Andreas Jordan und der Biologie-Ingenieurin Regina Scholz gegründet und geleitet, später war Peter Heinrich in der Führung des Unternehmens tätig.[10] Im September 2013 übernahm der US-Amerikaner Ben Lipps die Führung des Unternehmens. Zuvor hatte dieser mehrere Jahre den DAX-Konzern Fresenius Medical Care geleitet und war maßgeblich an der erfolgreichen Marktetablierung gängiger Dialyseverfahren beteiligt. Sein Engagement für das kleine und noch relativ unbekannte Start-up MagForce begründete er mit der „Begeisterung für die innovative Technologie“[11], einer „möglicherweise revolutionären Therapie gegen Krebs.“[12] In einem ausführlichen Interview mit der Welt präzisiert Lipps die Aussichten: „MagForce ist auf dem besten Weg, ein erfolgreicher und hochprofitabler globaler Player auf dem Gebiet der Onkologie zu werden. Unsere Therapie kann das Leben krebskranker Menschen positiv verändern. […] die Idee von MagForce ist brillant.“[13]

Der FOCUS berichtete 2018 über die USA-Strategie des Unternehmens: Mit der eigens gegründeten Tochterfirma MagForce USA, Inc. sollte in den Vereinigten Staaten die Zulassung für die Behandlung von Prostatakrebs erzielt werden, was bei dem zahlenmäßig größeren Patientenvolumen für eine schnellere Refinanzierung der Forschungs- und Entwicklungskosten sorgen sollte.[14] 2018 wurde die entsprechende Zulassungsstudie von der zuständigen Behörde Food and Drug Administration genehmigt und befindet sich derzeit in der Durchführung. Ben Lipps: „Die FDA-Zulassung war ein viel größerer Erfolg, als der Kapitalmarkt bisher realisiert hat. Wichtig ist zu verstehen, dass wir von der FDA bereits vor einiger Zeit als Medizintechnikprodukt eingestuft worden sind. Die Anforderungen der FDA für ein medizinisches Gerät sind deutlich weniger belastend und riskant. Wenn wir nun in der kommenden Studie, die sich auf die Behandlung von Prostatakrebs bezieht, unsere prognostizierten Ergebnisse liefern können, werden wir schnell die kommerzielle Zulassung erhalten.“[15]

Die MagForce AG ist seit 2007 an der Frankfurter Wertpapierbörse gelistet. NanoTherm, NanoPlan und NanoActivator sind Bestandteile der Therapie und verfügen als Medizinprodukte über eine EU-weite Zertifizierung für die Behandlung von Hirntumoren.[16]

Der Investitionsfonds der Europäischen Union unterstützte das Unternehmen mit 35 Mio. Euro Fördergeld. Außerdem beteiligten sich der Milliardär und Silicon-Valley-Investor Peter Thiel, der Hedgefonds Moore Capital sowie Ben Lipps persönlich als Investoren.[17] MagForce beschäftigt 2018 rund 40 Mitarbeiter.[18] Neben Ben J. Lipps als CEO sind im Vorstand noch die Ägypterin Hoda Tawfik als CMO sowie Christian von Volkmann als CFO vertreten.

Im Juli 2022 stellte der Vorstand in Abstimmung mit dem Aufsichtsrat Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, das im Oktober 2022 eröffnet wurde.[19] Nach dem Insolvenzverfahren wurde die Aktie des Unternehmens an der Börse quasi wertlos. Der Vorstand der MagForce AG beschloss daraufhin im Oktober 2022 ein Delisting.[20]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Zitat der Berliner Wirtschaftsförderung: (Magforce is) „the first company in the world to receive European approval for a medical product using nanoparticles“
  2. Der Investitionsfonds der Europäischen Union: Innovative Wege in der Krebstherapie führen durch ein Magnetfeld
  3. Pressemitteilung der Berliner Charité
  4. Interview der Wirtschaftswoche-Redakteurin Susanne Kutter mit Benjamin Lipps
  5. WirtschaftsWoche: Nanotechnik gegen Krebs
  6. Der Investitionsfonds der Europäischen Union: Mit kleinen Teilen im Kampf gegen den Tumor
  7. Der Investitionsfonds der Europäischen Union: Eine innovative Methode mit weltweiter Strahlkraft
  8. Pressemitteilung der MagForce AG
  9. Artikel von Wallstreet Online: Ist das der Steve Jobs der MedTech-Welt?
  10. WirtschaftsWoche: Nanotechnik gegen Krebs
  11. Artikel im Manager Magazin
  12. Artikel in Der Spiegel
  13. Die Welt: Interview mit Healthcare-Veteran Ben Lipps: Die MagForce-Idee ist brillant
  14. Artikel im FOCUS
  15. Die Welt: Interview mit Healthcare-Veteran Ben Lipps: "Die MagForce-Idee ist brillant"
  16. Aktuelle Meldungen über MagForce des unabhängigen Börsennachrichtendienstes DGAP der EQS Group
  17. Wallstreet Online
  18. Der Investitionsfonds der Europäischen Union: Innovative Wege in der Krebstherapie führen durch ein Magnetfeld
  19. MagForce AG: Insolvenzverfahren eröffnet. Nebenwerte Magazin, 6. Oktober 2022, abgerufen am 9. Oktober 2022.
  20. Robin Lohwe: MagForce Aktie verschwindet von der Börse. In: 4investors.de. 27. Oktober 2022, abgerufen am 12. Dezember 2023.