Martin Bormann

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Martin Bormann (1934)

Martin Bormann (* 17. Juni 1900 in Wegeleben bei Halberstadt; † 2. Mai 1945 in Berlin) war in Deutschland zur Zeit des Nationalsozialismus Leiter der Parteikanzlei der NSDAP im Rang eines Reichsministers. Er wurde im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher als einer von 24 Personen angeklagt. Am 1. Oktober 1946 hat der Internationale Militärgerichtshof Bormann in zwei von drei Anklagepunkten schuldig gesprochen und ihn „in Abwesenheit“ zum Tod durch den Strang verurteilt.

Jahrelang hielt sich das Gerücht, Bormann sei die Flucht ins Ausland gelungen. Seine Leiche wurde erst 1972 bei Bauarbeiten in Berlin entdeckt.

Leben

Familie

Die Eltern Martin Bormanns waren Theodor und Antonie Bormann.

Theodor Bormann (1862-1903) war Postbeamter. Nachdem 1898 dessen erste Ehefrau Louise Grobler 30-jährig verstorben und er mit zwei Kindern hinterblieben war, heiratete Theodor Bormann noch im selben Jahr Antonie Bernhardine Mennong, die 35 Jahre alte Tochter eines Arbeitskollegen. Von den gemeinsamen, kurz hintereinander geborenen drei Söhnen starb der Zweitgeborene kurz nach seiner Geburt, und nur Martin (* 1900) und Albert Bormann (* 1902) erreichten das Erwachsenenalter. Der Vater verstarb unerwartet ein bzw. drei Jahre nach ihrer Geburt, kurz nach Vollendung seines 41. Lebensjahres.

Martin Bormann war verheiratet mit Gerda Bormann geb. Buch, der ältesten Tochter des Parteirichters Major a. D. Walter Buch. Als Trauzeuge hatte unter anderem Adolf Hitler fungiert. Gerda Bormann brachte zwischen 1930 und 1943 zehn Kinder zur Welt, von denen eines (die Tochter Ehrengard) kurz nach der Geburt starb. Außerdem hatte sie mindestens eine Fehlgeburt. Das erste Kind wurde zu Ehren des "Führers" Adolf Martin genannt.

Freikorps Roßbach

Ende des Ersten Weltkrieges wurde Martin Bormann in ein Regiment der Artillerie eingezogen, ohne an Kampfhandlungen teilzunehmen. Nach dem Krieg absolvierte er eine landwirtschaftliche Lehre auf einem Gutshof und wurde Mitglied im Verband gegen Überhebung des Judentums. Der dortige Gutsbesitzer beherbergte Mitglieder des Freikorps Roßbach, dem Bormann beitrat. Als Mitglied des Freikorps war er in rechtsradikale Umtriebe verwickelt und wurde 1924 wegen Fememordes angeklagt. Gemeinsam mit dem späteren SS-Obersturmbannführer und Kommandanten des Konzentrationslagers Auschwitz Rudolf Höß, der eine zehnjährige Haftstrafe erhielt, musste er sich für die Ermordung seines früheren Volksschullehrers Walter Kadow (1860-1923) verantworten. Bormann wurde zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt. Auch Höß kam bereits 1928 aufgrund einer Amnestie vorzeitig wieder frei.

Während des Prozesses beschwerte Bormann sich über die Tatsache, dass er als evangelischer Christ in den Akten des Gerichtes geführt wurde. Seiner Aussage nach glaubte er damals an gar nichts. 1928 wurde er Mitglied der NSDAP. Dort war er kurzzeitig Fahrer von Gauleiter Fritz Sauckel in Weimar und stieg bereits ein Jahr später in die Führungsriege der NSDAP auf. 1928 übernahm er die SA-Versicherung und baute sie später weiter zur Hilfskasse der NSDAP aus.

Reichsleiter und Stabsleiter von Rudolf Heß

Im Oktober 1933 wurde Bormann zu einem der 18 Reichsleiter der NSDAP ernannt und im November Mitglied des Reichstags. Von Juli 1933 bis 1941 diente Bormann zudem als persönlicher Sekretär bzw. Stabsleiter von Rudolf Heß, dem Stellvertreter des "Führers". Im Rahmen dieser Positionen suchte sich Bormann unentbehrlich zu machen.

So ernannte Adolf Hitler Bormann zum Verwalter seines Vermögens, der es z.B. mit Lizenzgebühren für Hitlers Buch Mein Kampf und für dessen Abbildung auf Briefmarken sowie dank der Einrichtung eines "Adolf Hitler Stiftungsfonds der deutschen Wirtschaft" zu vergrößern wusste. Letzteres wurde von den deutschen Industriellen als kaum verhohlene Erpressung empfunden, Adolf Hitler immer mehr Geld zukommen zu lassen.

Ferner betraute ihn Adolf Hitler mit dem Bau und der Aufsicht eines "Führersperrgebiets" auf dem Obersalzberg, das neben anderen Privathäusern der NS-Politprominenz auch Hitlers Berghof und das Kehlsteinhaus umfasste. Den vormaligen Grundstückseignern ließ er dabei die Wahl zwischen Verkauf oder Verbringung in ein KZ.

Bormann gelang es dann auch, den bisherigen persönlichen Adjutanten Hitlers, SA-Obergruppenführer Wilhelm Brückner, aus seinem Amt und somit aus dem unmittelbaren Umfeld des "Führers" zu verdrängen.[1]

Reichsminister und Privatsekretär Hitlers

Nach dem Englandflug des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß am 12. Mai 1941 übernahm Bormann dessen Dienststelle, die in Parteikanzlei umbenannt wurde, mit den Befugnissen eines Reichsministers. Bormann war inoffiziell der mächtigste Mann nach Hitler. Je länger der Krieg dauerte, desto mehr konnte er auch Einfluss darauf nehmen, wer direkten Zugang zu Hitler bekam, um seine Anliegen vorzutragen. Am 12. April 1943 erhielt er den Titel „Sekretär des Führers“.

Durch die ständige Nähe zu Hitler und dessen immer ausschließlichere Konzentration auf die Kriegsführung erlangte Bormann eine Machtstellung, die auch einflussreichen Nazi-Größen wie Hermann Göring, Heinrich Himmler oder Albert Speer Schranken setzte. In seinem Testament bezeichnete Hitler Bormann als den „Treuesten seiner Parteigenossen“. Bormann war, kurz vor deren gemeinsamem Selbstmord, Trauzeuge Hitlers bei dessen Vermählung mit Eva Braun im Führerbunker am 29. April 1945.[1]

Nahezu bis zum Ende im Führerbunker ausharrend, blieb der in Parteikreisen und beim Militär gleichermaßen unbeliebte Bormann bei „seinem Führer“.

Nürnberger Prozess und Todesumstände

Bormann war noch bei der Verbrennung von Hitlers Leiche anwesend, dann jedoch seit Anfang Mai nicht mehr auffindbar. Er wurde deshalb 1946 bei den Nürnberger Prozessen "in Abwesenheit" zum Tode verurteilt. Zur Zeit des Prozesses galt es noch keineswegs als sichergestellt, dass Martin Bormann bereits tot war, obgleich der als Zeuge vor den Internationalen Militärgerichtshof geladene, frühere Reichsjugendführer Arthur Axmann ausgesagt hat, Bormanns Leiche in Berlin gesehen zu haben.

Laut Arthur Axmann hätten am 1. Mai 1945 nach Hitlers Tod Martin Bormann und Ludwig Stumpfegger zusammen mit anderen Insassen des Führerbunkers einen Durchbruch aus dem stark umkämpften Stadtzentrum Berlins versucht. Sie seien zeitweise zu Fuß in einer Gruppe von Panzern mitmarschiert, und hätten auch noch die Explosion eines in seiner Nähe befindlichen Panzers überlebt. Bormann und Stumpfegger nutzten dann aber offenbar in der Nacht zum 2. Mai 1945, vermutlich zwischen 1 Uhr und 3 Uhr, mitgeführte Giftkapseln zu beider Selbstmord. Auf ihrem Fluchtweg hätten dann Arthur Axmann und sein Adjutant Günter Weltzin die beiden nebeneinander liegenden Leichen in den frühen Morgenstunden des 2. Mai 1945 auf der über die Ferngleise des Lehrter Bahnhofs führenden Brücke der Invalidenstraße entdeckt. Axmann identifizierte die beiden Toten als den Chef der Parteikanzlei, Martin Bormann, und den SS-Standartenführer und letzten Leib- bzw. Begleitarzt Hitlers, Ludwig Stumpfegger. Sie sollen noch Uniformen getragen haben, jedoch ohne Rangabzeichen.

Wiewohl Bormanns Leiche nicht gefunden wurde, hat ihn am 10. März 1954 das Amtsgericht Berchtesgaden amtlich für tot erklärt. Seit Mitte der sechziger Jahre ließ die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main aufgrund von Zeitzeugenberichten auf einem in Frage kommenden Gelände in der Nähe des Lehrter Bahnhofs in Berlin Grabungen durchführen, die jedoch ohne Ergebnis blieben. Jahre später half der Zufall: Bei Erdkabelarbeiten der Post am 7./8. Dezember 1972 wurden in der Nähe des Lehrter Bahnhofs im Bereich des früheren Landesausstellungsparks zwei Skelette im Boden entdeckt, die durch die Aussagen des damaligen (1945) Bestatters und durch die anschließenden genauen Untersuchungen durch Gerichtsmediziner, Zahnärzte und Anthropologen schnell Martin Bormann und Ludwig Stumpfegger zugeordnet werden konnten. An beiden Schädeln wurden zwischen den Zähnen Glassplitter von Blausäureampullen gefunden. Für Bormanns Skelett wurde die Identität 1998 durch eine DNA-Analyse am von Wolfgang Eisenmenger geleiteten Institut für Rechtsmedizin der Universität München endgültig bewiesen[2]. Die Asche von Bormanns sterblichen Überresten wurde 1999 in der Ostsee beigesetzt.[3] Bis zur Auffindung des Skeletts waren Gerüchte kursiert, Bormann sei nach Südamerika geflohen und würde sich dort versteckt halten. Noch heute kann das vermeintliche Versteck Bormanns im argentinischen Urwald in der Nähe des Städtchens San Ignacio besichtigt werden.

Martin Bormann ist in der Nacht zum 2. Mai 1945 zwischen ein und drei Uhr auf der Eisenbahnbrücke der Invalidenstraße in Berlin gestorben. Mit dieser Erklärung hat der hessische Generalstaatsanwalt Dr. Horst Gauf am 11. April 1973 auf einer Pressekonferenz in Frankfurt am Main das Ergebnis zwölfjähriger Ermittlungen der von ihm geleiteten Behörde über das Schicksal des wegen millionenfachen Mordes gesuchten früheren NS-Reichsleiters bekanntgegeben. Die Ermittlungsakte „Bormann“, AZ: O JS 11/61, ist geschlossen.“

Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 12. April 1973

Deutungen

Bormann gilt als „absolut zuverlässiger Erfüllungsgehilfe“ Hitlers. Von seinen Zeitgenossen wurde er unterschätzt, wurde aber nach dem Krieg „zum bösen Dämon des NS-Staates und Sündenbock überzeichnet und damit überschätzt.“[4]

Auszeichnungen

Siehe auch

Literatur

  • Uwe Bahnsen / James P. O'Donnell: Die Katakombe. Das Ende in der Reichskanzlei. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2004, ISBN 3-499-61696-3, (rororo 61696), (Entspricht der gültigen: 2. Auflage. Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach 1982, ISBN 3-404-65037-9, (Bastei-Lübbe-Taschenbuch 65037)).
  • Lew Alexandrowitsch Besymenski: Auf den Spuren von Martin Bormann. Übersetzt von Joachim Böhm und Gerhard Hilke. Dietz Verlag GmbH, Berlin-Ost, 1965.
  • Wolfgang Benz / Hermann Graml / Hermann Weiß: Enzyklopädie des Nationalsozialismus. 5. aktualisierte und erweiterte Auflage. Deutscher Taschenbuchverlag, München 2007, ISBN 978-3-423-34408-1, (dtv 34408).
  • Wigbert Benz / Bernd Bredemeyer / Klaus Fieberg: Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg. Beiträge, Materialien Dokumente. Westermann-Schulbuchverlag, Braunschweig 2004, ISBN 3-14-366031-7, (Westermann multimedia. Praxis Geschichte), (1 CD-Rom + Booklet).
  • Martin Bormann jr.: Leben gegen Schatten. 9. aktualisierte Auflage. Bonifatius Druckerei, Paderborn 2003, ISBN 3-89710-266-8.
  • Israel Gutman / Eberhard Jäckel / Peter Longerich (Hrsg.): Enzyklopädie des Holocaust. Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden. 2. Auflage. Piper, München 1998, ISBN 3-492-22700-7, (Originalausgabe: Encyclopedia of the Holocaust. Macmillan, New York NY, 1990, ISBN 0-02-896090-4).
  • Ernst Klee: Martin Bormann. In: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Aktualisierte Ausgabe. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-596-16048-0, S. 65.
  • Guido Knopp / Andrea Glückert: Hitlers Helfer. Täter und Vollstrecker. Lizenzausgabe. Vollständige Taschenbuchausgabe. Goldmann, München 1999, ISBN 3-442-15017-5, (Goldmann 15017), S. 169 ff.
  • Jochen von Lang: Der Sekretär. Martin Bormann: Der Mann, der Hitler beherrschte. 3. überarbeitete Neuauflage. F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung, München u. a. 1987, ISBN 3-7766-1495-1.
  • Paul Manning: Martin Bormann - Nazi in Exile, Lyle Stuart, Secaucus NJ 1981, ISBN 0-8184-0309-8.
  • Gerald Steinacher: Nazis auf der Flucht. Wie Kriegsverbrecher über Italien nach Übersee entkamen. Studien-Verlag, Wien u. a. 2008, ISBN 978-3-7065-4026-6, (Innsbrucker Forschungen zur Zeitgeschichte 26), (Zugleich: Innsbruck, Univ., Habil.-Schr., 2007).
  • Albert Speer: Erinnerungen. Propyläen, Berlin 2003, ISBN 3-549-07184-1.

Einzelnachweise

  1. a b Albert Speer: Erinnerungen; zitiert aus der englischen Ausgabe Inside the Third Reich 1970, S.87
  2. [Bormanns Skelett eindeutig identifiziert. In: Der Spiegel. (online). Bormanns Skelett eindeutig identifiziert]. Der Spiegel 19/1998, 4.Mai.1998, S. 230, abgerufen am 28. August 2009
  3. Seegrab für Nazi-Bonzen Martin Bormann. Spiegel-online vom 28. August 1999, abgerufen am 28. August 2009
  4. Hermann Weiß (Hrsg.): Biographisches Lexikon zum Dritten Reich. 2. Aufl. Frankfurt am Main 1998. ISBN 3-10-091052-4, S. 51.

Weblinks

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