Max Zirngast

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Max Zirngast (geboren 1989 in der Steiermark) ist ein österreichischer Journalist. Er befand sich vom 11. September bis zum 24. Dezember 2018 in der Türkei in Haft.[1] Er wurde genau ein Jahr nach seiner Inhaftierung wegen Verdacht auf Mitgliedschaft in der TKP/K (Türkiye Komünist Partisi/K; Kommunistische Partei der Türkei/Funke)[2] am 11. September 2019 freigesprochen.[3]

Leben und Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zirngast ist Student, Journalist und Autor. Er studierte Politikwissenschaft und Philosophie an der Universität Wien. Ab 2015 lebte, studierte und arbeitete er in der türkischen Hauptstadt Ankara. Er schreibt für linke Publikationen und Websites wie die Tageszeitung junge Welt, für re:volt und Jacobin[4][5][6] über die Entwicklungen in der Türkei, setzte sich als Aktivist für kurdische Gruppierungen ein und studierte an der Technischen Universität des Nahen Ostens in Ankara Politikwissenschaft. Er setzt sich kritisch mit der Regierung von Recep Tayyip Erdoğan auseinander und beleuchtet insbesondere deren Kurdenpolitik. Er spricht fließend Türkisch, war politisch aktiv, hielt Vorträge und stand der pro-kurdischen linksgerichteten Partei Halkların Demokratik Partisi (HDP) nahe.[7]

Am 11. September 2018 wurde Zirngast gemeinsam mit zwei türkischen Kollegen in Ankara verhaftet. Der Vorwurf lautet „Nähe zu Terrororganisationen“. Zirngast selbst beschrieb dazu:

„Meine Verhaftung war eine perverse Bestätigung des Autoritarismus, den ich in den vergangenen paar Jahren aufgezeichnet habe und gegen den ich aufgetreten bin. […] Sie nahmen davon Abstand, mich offiziell anzuklagen, stattdessen halten sie mich auf Basis vager Terrorvorwürfe fest.“

Max Zirngast: Ich bin ein Journalist in einem türkischen Gefängnis. Warum hat Erdogan Angst vor Menschen wie mir?, publiziert in der Washington Post.[8]

In Wien wurde sofort eine Solidaritätsaktion gestartet. Ehemalige Kollegen an der Universität forderten in einem Schreiben die sofortige Freilassung.[9] Eine Solidaritätsaktion wurde auch am Schauspielhaus Hellerau in Dresden durchgeführt.[10] Die österreichische Sektion von Reporter ohne Grenzen, vertreten durch die Präsidentin Rubina Möhring, forderte ebenso seine Freilassung wie Bundeskanzler, Vizekanzler und Außenministerin. Unisono wurden die türkischen Behörden aufgefordert, die Vorwürfe offenzulegen oder Zirngast freizulassen.[11]

In den Medien wurde dieser Fall in Bezug gesetzt zu dem Schicksal von Deniz Yücel und anderen ausländischen Journalisten. Möhring sprach im ORF-Interview davon, dass die Vermutung besteht, die türkische Regierung wolle durch die Verhaftung die österreichische Regierung zu einer Abkehr von ihrem anti-türkischen Kurs bewegen und könnte im Gegenzug den Journalisten freilassen.[12]

Am 24. Dezember 2018 wurde Zirngast gegen Auflagen aus der Untersuchungshaft entlassen, er durfte die Türkei jedoch nicht verlassen.[13] Der Prozess gegen ihn begann am 11. April 2019, wurde aber am ersten Prozesstag auf den 11. September 2019 vertagt.[14] Nachdem die Staatsanwaltschaft dies beantragt hatte, sprach das Gericht in Ankara ihn und drei weitere Angeklagte frei, das Ausreiseverbot wurde ebenfalls aufgehoben.[15] Die Hintergründe seiner Freilassung bleiben ebenso im Dunkeln, wie die Umstände seiner Verhaftung.[16] Nach seiner Freilassung hat Zirngast die Türkei verlassen[17], eine künftige Rückkehr in das Land schließt er nicht aus.[16]

Bei der Gemeinderatswahl in Graz errang Max Zirngast im September 2021 eines der 15 Mandate für die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ).[18]

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Güney Işikara, Alp Kayserilioğlu: “I Am a Socialist, I Defend Universal Values”. 21. September 2018, abgerufen am 3. Februar 2020 (englisch).
  2. Ein handfester Skandal. Die österreichischen Behörden und der Fall Max Zirngast - Free Max Zirngast Solidaritätskampagne. In: freemaxzirngast.org. 10. Dezember 2019, abgerufen am 3. Februar 2020.
  3. Nach zwölf Monaten : Zirngast in Türkei freigesprochen orf.at, 11. September 2019, abgerufen 11. September 2019.
  4. Deutscher in Türkei verurteilt, Österreicher verhaftet. In: faz.net. 13. September 2018, abgerufen am 3. Februar 2020.
  5. Alp Kayserilioglu, Joan Adalar: Erdogan nimmt Geisel. In: jungewelt.de. 13. September 2018, abgerufen am 3. Februar 2020.
  6. Max Zirngast. In: jacobinmag.com. Abgerufen am 3. Februar 2020.
  7. Markus Bernath: Max Zirngast, Student, Autor und Aktivist, wurde in Ankara festgenommen, Der Standard (Wien), 12. September 2018
  8. Orf.at: Zirngast analysiert in „Washington Post“ Erdogan, 2. Dezember 2018
  9. Junge Welt: Freilassung gefordert, 15. September 2018
  10. re:volt magazine: Polizei setzt Max Zirngast unter psychologischen Druck, 14. September 2018
  11. ORF Steiermark: Journalist in Haft: Regierung fordert Freilassung, 12. September 2018
    The Guardian (Nigeria): Press watchdog demands Turkey free arrested Austrian journalist, AFP, 11. September 2018
    Türkischsprachiger Nachrichtendienst der BBC (London): Avusturya Türkiye'de gözaltına alınan gazetecinin serbest bırakılmasını talep etti, AFP, 11. September 2018
  12. Rubina Möhring im Interview mit Elisa Vass im Ö1 Europa-Journal am 14. Juni 2018
  13. Der Standard: Türkei lässt österreichischen Journalisten Zirngast frei, abgerufen am 25. Dezember 2018
  14. ORF: Prozess gegen Max Zirngast in Ankara vertagt, abgerufen am 3. August 2019.
  15. Max Zirngast nach Prozess in der Türkei überraschend freigesprochen. Der Standard, 11. September 2019, abgerufen am selben Tage.
  16. a b Matthias Fleischmann, Philipp Mühlegger: Zwischen Stiften und Stäben. In: UNIpress. 3. Mai 2020, abgerufen am 17. Januar 2021 (deutsch).
  17. konstantin.auer: Max Zirngast nach Haft in Türkei wieder in Wien gelandet. 26. September 2019, abgerufen am 17. Januar 2021.
  18. Max Zirngast wird KPÖ-Gemeinderat: "Ich habe kein Problem mit einer klaren Haltung", 28. September 2021, Der Standard
  19. Nominierungen für den „Dr. Karl Renner Publizistikpreis 2018“. OTS-Meldung vom 1. Oktober 2018, abgerufen am 4. Oktober 2018.