Meister der Barberini-Tafeln

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Meister der Barberini-Tafeln (Fra Carnevale?): Darstellung Mariens im Tempel (Italien, um 1460), Museum of Fine Arts de Boston

Als Meister der Barberini-Tafeln (it. Maestro delle Tavole Barberini) wird ein Maler aus dem Italien des 15. Jahrhunderts bezeichnet. Der namentlich nicht bekannte Künstler hat um 1460 oder 1475 zwei Tafelbilder mit Szenen aus dem Leben Mariens geschaffen. Diese waren 1631 in die Sammlung des Kardinals Antonio Barberini gelangt und geben dem Meister seinen Notnamen.[1] Der Meister der Barberini-Tafeln steht dem Stil seines Zeitgenossen Filippino Lippi nahe und sein Werk ist ein herausragendes Beispiel der Renaissancemalerei im Zentrum Italiens, wie sie sich damals in Umbrien, der Toskana und in deren umliegenden Regionen entwickelte. Eventuell war der Meister in den Städten Florenz oder Urbino tätig.

Identifizierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Identifizierung des Meisters der Barberini-Tafeln und sein genaues Werkverzeichnis werden in der Fachwelt seit längerem diskutiert. Als wahre Identität werden folgende Maler vorgeschlagen:

Es herrscht jedoch weiter keine Einigung, wer unter den genannten Malern tatsächlich der Meister der Barberini-Tafeln gewesen sein könnte.[7][8] Bramante wird zwischenzeitlich als unwahrscheinlich betrachtet. In letzter Zeit werden Barolomeo Caporali und vor allem auch wieder Fra Carnevale vorgeschlagen.[9][10]

Die Tafeln als Teil eines Altars aus Urbino ?[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es wurde vorgeschlagen, dass die Barberini-Tafeln Teil des Altars waren, der um 1467 für die Kirche Santa Maria della Bella in Urbino geschaffen wurde und den im 16. Jahrhundert Giorgio Vasari in seiner Biographie von Bramante erwähnt. Dieser Altar ging dann tatsächlich in den Besitz Barberinis. Obwohl weiter in einem Verzeichnis von 1644 daraus Bilder als von Fra Carnevale genannt werden, schließen sich nicht alle Experten dieser Meinung an.

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die beiden Bilder des Meisters der Barberini-Tafeln aus der Sammlung Barberinis befinden sich heute in Museen in den Vereinigten Staaten: Es finden sich

Weiter werden dem Meister der Barberini-Tafeln zwei Verkündigungsszenen zugeschrieben, auf denen er Renaissancearchitektur als einen für ihn typischen Rahmen nutzt:

Insgesamt wurden im Laufe der Zeit mehr als fünfzig Bilder gefunden, die beispielsweise durch Stilvergleich der Architekturmalerei mit dem Meister in Verbindung gebracht werden können.

Die Architektur in den Bildern des Meisters[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Meister der Barberini-Tafeln und sein Werk werden in der Kunsthistorik vor allem wegen der ambitionierten Darstellung von Architektur und deren gekonnter Einbindung in den Bildinhalt besprochen. Das Bild der Verkündigung in Washington ist ein typisches Beispiel dafür, wie die Maler des Quattrocento Architektur in ihren Bildern streng formalisierten und in korrekter Perspektive darstellten, wie es sich auch beim Meister der Gardner-Verkündigung findet. Der Meister der Barberini-Tafeln zieht den Blick des Betrachters seines Verkündigungsbildes durch einen Torbogen im Vordergrund hindurch in den paradiesischen Garten im Hintergrund und verbindet so zur Unterstreichung des Bildinhaltes eine streng formalisierte Zentralperspektive und genaue Betrachtung der Realität mit diesem mystischen marianischen Symbol zur Jungfrau Maria[13] Vorgänger des Meisters der Barberini-Tafeln und auch noch viele Zeitgenossen deuten in ihren Bildern die Architektur nur durch Auswahl eines prägenden Ausschnittes wie beispielsweise eines Torbogens oder einer Apsis an. Im Bild des Tempelgangs zeigt der Meister jedoch seine Anstrengungen, eine umfassende Vorstellung eines jüdischen Tempels zu geben.[14] Wie auch der Torbogen, der zum Paradiesgarten führt, wird die Architektur des Tempels Gottes so zum Bild im Bild.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. R. Offner: The Barberini panels and their painter. In: W. Koehler (Hrsg.): Medieval studies in memory of A. Kingsley Porter. Cambridge, Mass. 1939, Band ?, S. 205–253.
  2. A. Parronchi: Leon Battista Alberti as a Painter. In: Burlington Magazine. 104 (1962), S. 280–87.
  3. siehe Walter Bombe: Caporali, Bartolomeo. In: Ulrich Thieme (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 5: Brewer–Carlingen. E. A. Seemann, Leipzig 1911, S. 544 (Textarchiv – Internet Archive). Roberto Longhi: Piero della Francesca. Florenz 1963, S, 199ff.
  4. G. M. Richter: Rehabilitation of Fra Carnevale. In: Art Quarterly. 3 (1940), S. 311–324; K. Christiansen: For Fra Carnevale. In: Apollo. 109 (1979), S. 198–201.
  5. F. Zeri: Due dipinti, la filologia e un nome: il Maestro delle Tavole Barberini. Turin 1961 (italienisch)
  6. Georg Swarzenski. The Master of the Barberini Panels: Bramante. In: Bulletin of the Museum of Fine Arts. 38 (1940), S. 90–97.
  7. vgl. P. Dal Poggetto: Il "maestro delle tavole Barberini" – chi era costui? In: Paolo Dal Poggetto (Hrsg.): Piero e Urbino, Piero e le corti rinascimentali. Venedig 1992, S. 301–317 (italienisch)
  8. D. Benati: Il "Maestro delle tavole Barberini": un ritratto. In: Nuovi studi. 1.1996,1, S. 25–28 (italienisch)
  9. siehe dazu M. Ceriana u. a.: Fra Carnevale. Un artista rinascimentale da Filippo Lippi a Piero della Francesca. Ausstellungskatalog Pinacoteca di Brera. Mailand 2004 (italienisch)
  10. K. Christiansen: Florence: Filippo Lippi and Fra Carnevale. In: The Metropolitan Museum of Art (Hrsg.): From Filippo Lippi to Piero della Francesca: Fra Carnevale and the Making of a Renaissance Master. New York 2005.
  11. zugeordnet durch B. Berenson: Italian Pictures of the Renaissance: Florentine School. London 1963, Band 1, S. 141.
  12. zugeordnet durch F. Zeri: Il Maestro dell'Annunciazione Gardner. In: Bollettino d'arte. 38 (April–June 1953), S. 130–131.
  13. s. dazu auch J. Traeger: Renaissance und Religion: die Kunst des Glaubens im Zeitalter Raphaels. München 1997, S. 353; s. a. Paul Zucker. Raumdarstellung und Bildarchitekturen im Florentiner Quattrocento. Leipzig 1913, S. 146.
  14. S. A. Horsthemke: Das Bild im Bild in der italienischen Malerei: Zur Darstellung religiöser Gemälde in der Renaissance. Galda 1996, S. 132.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Walter Bombe: Caporali, Bartolomeo. In: Ulrich Thieme (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 5: Brewer–Carlingen. E. A. Seemann, Leipzig 1911, S. 544 (Textarchiv – Internet Archive).
  • Richard Offner: The Barberini panels and their painter. In: W. Koehler (Hrsg.): Medieval studies in memory of A. Kingsley Porter. Cambridge, Mass. 1939, Band 1, S. 205–253.
  • Maestro delle Tavole Barberini. In: M. Sennato: Dizionario Larousse della pittura italiana. Dalle origini ai nostri giorni. Rom 1998 (italienisch)
  • Maître des Panneaux Barberini. In: M. Laclotte, J.-P. Cuzin, A. Pierre: (Larousse) Dictionnaire de la peinture. Paris 2003 (französisch)
  • Master of the Barberini Panels. In: Oxford Grove Art. The Concise Grove Dictionary of Art. Oxford 2002 (englisch)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]