Menzingen (Kraichtal)

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Menzingen
Stadt Kraichtal
Wappen von Menzingen
Koordinaten: 49° 8′ N, 8° 46′ OKoordinaten: 49° 8′ 15″ N, 8° 46′ 21″ O
Höhe: 182 m
Einwohner: 2082 (7. Feb. 2022)
Eingemeindung: 1. September 1971
Postleitzahl: 76703
Vorwahl: 07250

Menzingen (südfränkisch: Menzinge) ist ein Stadtteil von Kraichtal im Landkreis Karlsruhe im nordwestlichen Baden-Württemberg.

Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Menzingen liegt in der Hügellandschaft des Kraichgaus in einem Seitental des Eschbachs, der weiter südwestlich in Gochsheim in den Kraichbach mündet. Die Gemarkungsfläche beträgt 1,570 ha. Die Gemarkung wurde einst von stark zersplitterten Ackerparzellen sowie zahlreichen Hohlwegen geprägt, hat jedoch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch eine vollständige Flurbereinigung ihren ursprünglichen Charakter weitgehend verloren. Der historische Siedlungskern liegt im Norden des Ortes bei den beiden Herrensitzen, die Siedlung hat sich durch Neubau- und Gewerbegebiete in jüngerer Zeit jedoch stark nach Süden ausgedehnt.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rathaus in Menzingen

Menzingen wurde Jahr 770 anlässlich einer Schenkung erstmals urkundlich im Lorscher Codex erwähnt.[1] In der Folge erlangte das Kloster Lorsch umfangreichen Besitz am Ort.[2] Im Spätmittelalter vergaben die Grafen von Katzenelnbogen die Ortsherrschaft an die Herren von Mentzingen, die den ritterschaftlichen Ort innerhalb des Ritterkantons Kraichgau bis 1805 beherrschten. Bereits 1359 wurden zwei Burgen am Ort erwähnt, vermutlich die Vorgängerbauten des Menzinger Wasserschlosses und der Schwanenburg. Die Oberlehensherrschaft lag ab dem 15. Jahrhundert bei den Landgrafen von Hessen. Der Ortsherr Peter von Mentzingen führte 1521 die Reformation und 1546 eine Dorfordnung ein. Mathäus Kochhaf († 1559), der Vater des Reformators David Chyträus, war ab 1530 evangelischer Pfarrer in Menzingen.

Die Schreibweisen des Ortsnamens und der Ortsherrschaft wechselten mehrfach. Die damals herrschaftliche Familie schreibt sich heute Mentzingen, während der Ortsname seit dem 19. Jahrhundert Menzingen ist. 1805 kam der Ort an Baden, gehörte dann zunächst zum Oberamt Gochsheim und ab 1813 zum Bezirksamt Bretten. 1924 kam Menzingen zum Bezirksamt Bruchsal. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurden unter anderem Rathaus und Wasserschloss durch einen Bombenangriff zerstört.[3]

Am 1. September 1971 vereinigte sich Menzingen mit den Städten Gochsheim und Unteröwisheim sowie mit den Gemeinden Bahnbrücken, Landshausen, Münzesheim, Neuenbürg, Oberacker und Oberöwisheim zur neuen Stadt Kraichtal.[4]

Am 31. Dezember 2005 wurden in Menzingen 2094 Einwohner gezählt.

Wappen Menzingens
Wappen Menzingens

Wappen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Wappen des ehemals eigenständigen Menzingen zeigt in Silber ein schwarzes Mühlrad.

Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ruine von Wasserschloss Menzingen
Schwanenburg

Das Wasserschloss Menzingen geht vermutlich auf die 1359 als Tiefburg erwähnte Burg zurück. Sie wurde im Bauernkrieg 1525 zerstört und unter Peter von Mentzingen (1498–1565) von 1529 bis 1539 neu als dreistöckige und dreiflügelige Anlage im Stil der Renaissance errichtet. Das Schmuckwappen über dem Hauptportal stammt von 1707. Das Schloss war von 1723 bis 1790 unbewohnt, wurde danach aufgestockt und galt zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch als das authentischste Wasserschloss im Kraichgau. Das Gebäude wurde im Zweiten Weltkrieg am 2. April 1945 durch einen Tieffliegerangriff zerstört. Die seitdem überwachsene Ruine wurde erst nach 1991 wieder freigelegt und gesichert.

Südöstlich oberhalb des Wasserschlosses befindet sich die so genannte Schwanenburg. Dies ist ein zweiter Menzingenscher Herrensitz, der 1569 erbaut wurde und im Kern auch auf ein älteres Bauwerk zurückgeht. Das Hauptgebäude ist bis heute erhalten.

Nahe den beiden Herrensitzen im historischen Ortskern haben sich zahlreiche historische Gebäude, darunter viele Fachwerkhäuser, erhalten. Markante Gebäude sind das Fachwerkgebäude mit dem Säulenvorbau in der Oberen Schlossstraße sowie das barocke Anwesen mit Tordurchfahrt unterhalb der Schwanenburg und ein Wohnhaus mit Kieselmosaikfassade aus dem späten 19. Jahrhundert in der Heilbronner Straße.

Evangelische Kirche

Die evangelische Kirche geht auf eine im Jahr 770 erwähnte Nazariuskirche zurück, wurde jedoch 1846 bis 1848 an anderer Stelle als das baufällige Vorgängerbauwerk errichtet. Das Kriegerdenkmal von 1870/71 bei der evangelischen Kirche gestaltete der Brettener Bildhauer Ludwig Christof Meffle.[5] Gegenüber der Kirche befindet sich das historische evangelische Pfarrhaus. Unweit der evangelischen wurde 1958/59 die katholische Kirche St. Anna als Filialkirche von Landshausen erbaut.

Verkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Menzingen Bahnhof ist der Endbahnhof der Kraichtalbahn von Bruchsal nach Menzingen. Er wird von Tram Trains der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft bedient.

Linie Linienverlauf Takt
S 32 Karlsruhe Hbf – Weingarten (Baden) – Bruchsal – Ubstadt Ort – Unteröwisheim – Gochsheim (Baden) – Menzingen (Baden) 20/40-Minuten-Takt, zu HVZ dritter Zug pro Stunde nach Bruchsal

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ferdinand Bernauer (* 23. Juli 1892 in Menzingen, † 16. Mai 1945 in Berlin), Geologe und Mineraloge

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Karl Diefenbacher: Ortssippenbuch Menzingen, Stadtteil von Kraichtal, Landkreis Karlsruhe. Lahr-Dinglingen: Interessengemeinschaft Badischer Ortssippenbücher 1987 (= Badische Ortssippenbücher 66); Bearbeiteter Zeitraum 1605–1900

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Minst, Karl Josef [Übers.]: Lorscher Codex (Band 4), Urkunde 2207, 23. Mai 770 – Reg. 494. In: Heidelberger historische Bestände – digital. Universitätsbibliothek Heidelberg, S. 73, abgerufen am 14. Februar 2016.
  2. Ortsliste zum Lorscher Codex, Menzingen, in: Archivum Laureshamense – digital, Universitätsbibliothek Heidelberg
  3. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 23. Juni 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kraichtal.de Geschichte Menzingens
  4. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 473.
  5. Herbert Lohrer: Ludwig Christof Meffle, Stein- und Bildhauer in Bretten, in: Kraichgau 17, 2002, S. 191–196.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Menzingen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien