Mittelrhein (Weinanbaugebiet)

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Das Weinbaugebiet Mittelrhein ist eine der dreizehn im deutschen Weingesetz als „bestimmtes Anbaugebiet“ ausgewiesenen Regionen für Qualitätswein und liegt überwiegend in Rheinland-Pfalz, aber auch die Weinbauorte Oberdollendorf, Niederdollendorf, Königswinter und Rhöndorf in Nordrhein-Westfalen gehören dazu. Die Begrenzung deckt sich weitgehend mit der geographischen Region Mittelrhein und besitzt eine Gesamtrebfläche von ca. 461 Hektar (Stand 2008) und ist damit das zweitkleinste Anbaugebiet[1].

Weinberge am Bopparder Hamm

Jährlich wird die Mittelrheinweinkönigin gewählt.

Geographie

Geographische Lage

Rebenhänge und Mittelrhein von der Rheinbrohler Ley aus
Weinberge bei Leutesdorf mit Blick auf Ruine Hammerstein
Rebenhänge und Mittelrhein vom Hammerstein aus

Das Weinbaugebiet Mittelrhein erstreckt sich über ca. 110 km von der der Nahe bei Bingen bis zum Siebengebirge bei Bonn. Während am oberen Mittelrhein, von Bingen bis Koblenz, hauptsächlich die linke Hangseite entlang des Rheins mit Rebstöcken bepflanzt wurde, ist am unteren Mittelrhein, der von Koblenz bis zum Siebengebirge reicht, vor allem die rechte Uferseite bestockt. Die rechte Rheinseite zwischen Lorchhausen und Rüdesheim liegt in Hessen und zählt zum Weinbaugebiet Rheingau. Das Weinbaugebiet weist drei Schwerpunkte auf: im Süden um Bacharach/Oberwesel, in der Mitte der Bopparder Hamm, im Norden um Leutesdorf/Hammerstein. Zum Mittelrhein zählen auch die Weinberge im Lahntal um Weinähr.

Klima

Am Mittelrhein herrscht ein gemäßigtes Klima, das heißt, es gibt verhältnismäßig viele Sonnentage, ohne dass die Hitze oder auch zu kalte Temperaturen überhand nehmen. In den Monaten Juni bis August regnet es, zumindest was die Wachstumsbedingungen für den Wein betrifft, ausreichend, 570 mm im Mittel. Die Wasserfläche des Rheins und die zur Sonne geneigten Böden speichern im Laufe des Tages Wärmeenergie, die sie nach Sonnenuntergang wieder abgeben, so dass übermäßige Temperaturschwankungen vermieden werden. Die steilen Talhänge sorgen morgens für einen schnellen Kaltluftabfluss. So kommt es, dass der Jahresdurchschnitt der Temperaturen bei 9,3° Celsius liegt.

Böden

Neben dem Klima ist die Beschaffenheit des Bodens eines der Hauptkriterien für die Merkmale eines Weines. Die Böden sind für die Charakteristik und damit oft auch für die Unverwechselbarkeit des Gewächses verantwortlich. Am Mittelrhein beherrschen Schiefer- und Grauwackeverwitterungsböden die Landschaft, welche tagsüber die Wärme speichern. Im Norden sind die Böden vulkanischen Ursprungs. Bims und Tuffstein, aber auch Lössinseln, Lehm- und Rheinkieselböden sind zu finden.

Geschichte

Gebracht haben den Weinbau die Römer. Der Weinbau kam damals von der Mosel in die Beckenlandschaft zwischen Koblenz und Neuwied. Dort wurde zuerst in ebenen Weingärten betrieben, was archäologische Funde in der Gemarkung Miesenheim bei Andernach beweisen. Im 4. Jahrhundert erfolgte der Bau des römischen Kastells Baudobriga an der römischen Rheintalstraße. Venantius Fortunatus, der in Metz am Hofe von König Sigibert I. lebte, berichtet in seinem Gedicht De navigio suo („Seine Schiffsreise“ (wörtl. „Über seine Schiffsreise“) aus dem Jahre 588 von einer Fahrt die Mosel hinab nach Andernach und Leutesdorf mit dem jungen Merowingerkönig Childebert II. (570–595).

„Rasch zu den Mauern hinan an Andernachs Festung Fahr ich dann nahe hinan, weiter getragen vom Boot. Stehn auf den Hügeln dahier in geräumigen Reihen die Reben, Dehnt Acker sich fruchtbar ans andere Gestad. “
Verbuschte Weinbergsterrassen

Nach Abzug der Römer erfolgte 643 die erste urkundliche Erwähnung der Stadt Boppard im frühen Mittelalter. Boppard war fränkischer Königshof und Verwaltungszentrum des Bopparder Reiches. In den Urkunden aus der Merowinger- und Karolingerzeit finden sich Belege zum Weinbau in Rheinbrohl (ca. 650), Remagen (754) und Kestert (768). Die ersten Rebflächen wurden in Flachlagen in Ufernähe angelegt.

Allerdings entwickelte sich der Weinbau erst im Mittelalter von der Mosel aus nach Süden. Diese Entwicklung verlief in vier Phasen vom 11. bis Ende des 14. Jahrhunderts.

Weinlagen und Rebsorten

Weinlagen

Das Gebiet ist in 11 Großlagen und 111 Einzellagen unterteilt.

Die Großlagen sind (von Süden nach Norden):

Bereich Loreley
Burg Reichenstein
Bacharach, Burg Stahleck
Herrenberg
Oberwesel, Schloss Schönburg
Loreleyfelsen
St. Goar, Burg Rheinfels
Gedeonseck
Marksburg
Lahntal
Unterer Mittelrhein
Leutesdorf, Burg Hammerstein
Bereich Siebengebirge (Nordrhein-Westfalen)
Petersberg

Bekannte Einzellagen sind:

Bacharacher Hahn
Bacharacher Posten
Bacharacher Wolfshöhle
Bopparder Hamm (Feuerlay, Mandelstein u. a.)
Oberweseler Ölsberg

Rebsorten

85 % der Rebfläche sind mit weißen Rebsorten bestockt.

Hauptsächlich wird Riesling (ca. 68 % der Rebfläche) angebaut, daneben u. a. Spätburgunder (9 %), Müller-Thurgau bzw. Rivaner (5.5 %), Kerner (2.7 %), Dornfelder (3.1 %), Scheurebe, Weißburgunder, Grauburgunder und Portugieser.[2]

Führende Rebsorten im Anbaugebiet Mittelrhein (Stand 2008)
Sorte Farbe Synonym Fläche (%) Fläche (ha)
1. Riesling weiß 68,4 301
2. Spätburgunder rot Pinot Noir 9,0 39
3. Müller-Thurgau weiß Rivaner 5,5 25
4. Dornfelder rot 3,1 14
5. Kerner weiß 2,9 13
6. Weißer Burgunder weiß Klevner, Pinot Blanc 2,7 12
7. Grauburgunder weiß Ruländer 2,1 9
8. Blauer Portugieser rot 1,3 6
9. Scheurebe weiß 1,0 4
10. Regent rot 0,8 3
11. Bacchus weiß 0,4 2
12. Dunkelfelder rot 0,4 2
13. Silvaner weiß 0,3 1
14. Chardonnay weiß 0,3 1
15. Müllerrebe rot Schwarzriesling 0,3 1
16. Huxelrebe weiß 0,2 1
17. Gewürztraminer weiß 0,2 1
18. Ehrenfelser weiß 0,2 1
19. Faber weiß Faberrebe 0,2 1
20. Reichensteiner weiß 0,1 unter 0,5
21. Cabernet Dorsa rot 0,1 unter 0,5
22. Würzer weiß 0,1 unter 0,5
23 Frühburgunder rot 0,1 unter 0,5

Quelle: Statistisches Landesamt Rheinlandpfalz[3]

Weiße Sorten

Zugelassene weiße Rebsorten
Trauben der roten Rebsorte Spätburgunder

Rote Sorten

Zugelassene rote Rebsorten

Quelle: Taschenbuch der Rebsorten, Fachverlag Fraund

Winzerbetriebe

Der Weinbau am Mittelrhein wird von meist kleinen privaten Weingütern dominiert, Anbau und Ausbau des Weines liegen meist in einer Hand. Die Weine sind oft nur direkt über die Winzer zu beziehen, Genossenschaften gibt es nur wenige. Die Leutesdorfer und Hammersteiner Winzer haben sich, in Anlehnung an den hier vorbeiführenden Fernwanderweg Rheinsteig, unter dem Begriff Weinsteigwinzer zusammengeschlossen.

Quellen

Einzelnachweise

  1. Deutsches Weininstitut: Statistik 2009/2010, (PDF Datei). Mainz 2009.
  2. Deutsches Weininstitut: Statistik 2009/2010; Quelle: Statistisches Bundesamt
  3. Statistisches Landesamt Rheinlandpfalz: Bestockte Rebfläche der Keltertrauben 1989 - 2009 nach ausgewählten Rebsorten und Anbaugebieten, http://www.statistik.rlp.de/lan/tabellen/mittelrhein_anbaugebiete.html (HTML)]. Mainz 2009.

Literatur

Weblinks