Churfirsten

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Churfirsten

Gesamtansicht Churfirsten (mit Nebengipfeln) von Norden mit Obertoggenburg: Gamserrugg, Tristenkolben, Chäserrugg, Hinterrugg, Schibenstoll, Zuestoll, Brisi, Frümsel, Selun, Wart, Schären, Nägeler, Glattchamm und Leistchamm (von links nach rechts)

Höhe 2306 m ü. M.
Lage Kanton St. Gallen, Schweiz
Gebirge Appenzeller Alpen
Dominanz 5,4 km → Gamsberg
Schartenhöhe 470 m ↓ Gulms
Koordinaten 741008 / 224001Koordinaten: 47° 9′ 7″ N, 9° 17′ 53″ O; CH1903: 741008 / 224001
Churfirsten (Appenzeller Alpen)
Churfirsten (Appenzeller Alpen)

Churfirsten von Süden über den Walensee gesehen

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Die Churfirsten sind – je nach Zählweise – sechs bis dreizehn Berge im Kanton St. Gallen in der Schweiz, die zusammen eine Bergkette mit mehrfach unterbrochenem First bilden. Sie gehören zu den Appenzeller Alpen und liegen zwischen dem oberen Toggenburg und dem Walensee. In früheren Jahrhunderten lagen sie auf der Grenze zum Herrschaftsgebiet von Chur.

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Churfirsten sind eine Kette von relativ jungen Kalksteinerhebungen (Mitteljura bis Kreidezeit[2]) des Helvetischen Systems. Im Norden laufen sie in relativ flachen Bergrücken bis zum Toggenburg aus. Südwärts fällt die Kette beinahe senkrecht bis Walenstadtberg und anschliessend zum Walensee bis auf 419 m ü. M. ab. Wesentlich geprägt wurde die felsige Südflanke durch den Rheingletscher in der Würmeiszeit.[3][4] Die Churfirsten sind das Wahrzeichen des Toggenburgs und markante Punkte des Sarganserlandes.

Die Gesteinsdecke des Gipfelaufbaus der Churfirsten zieht sich wie eine Schlange von Westen (Kopf der Schlange) hinauf über den ganzen Rücken und hat am Sichelchamm ein markant geschwungenes Schwanzende. Dabei liegt der Sichelchamm schon südöstlich des Abschlusses der Churfirsten-Kette an der ‘Nideri’ und führt sich in einer weiteren Bergkette mit erstaunlich gleichbleibenden Gipfelhöhen weiter.

Die Gipfel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Darstellung der Churfirsten (Südansicht)

Die «sieben Churfirsten», wie sie u. a. in der Tourismuswerbung genannt werden, heissen von Westen nach Osten: Selun (2205 m, mit dem Wildenmannlisloch am Nordhang), Frümsel (2263 m), Brisi (2279 m), Zuestoll (2235 m), Schibenstoll (2234 m), Hinterrugg (2306 m) und Chäserrugg (2262 m).

Die Gipfel weiter westlich sind: Wart (2068 m), Schäären (2171 m), Nägeliberg (2163 m), Leistchamm (2101 m). Auf den amtlichen Karten der Schweiz geht der Schriftzug "Churfirsten" bis etwa zum Schäären, als zum neunten Gipfel. Die niedrigste Zahl von sechs Churfirsten ergibt sich daraus, dass der Chäserrugg eigentlich nicht einmal als Nebengipfel gilt, weil er nicht durch einen mindestens 30 Meter hohen Sattel vom Hinterrugg abgetrennt ist; es sind nur 14 Meter. Auch der östlich vom Chäserrugg gelegene Gamserrugg gehört nicht zu den Churfirsten.

Name[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Herkunft des Namens ist seit langem umstritten. Die Namenkunde bevorzugte bis in die jüngere Gegenwart die Erklärung «gegen Chur beziehungsweise Churrätien liegenden Firste (Dachgiebel, Berge, Gipfel)» und sah damit die heute geltende Lautung Churfirschte als die ursprüngliche an. Schon alt ist aber auch die Erklärung, wonach sich der Name auf die sieben Kurfürsten des Heiligen Römisch-Deutschen Reiches beziehe, da die Formation der Bergkette an das seit dem Mittelalter beliebte Darstellungsmotiv des deutschen Wahlkollegiums erinnert; die Bezeugung in der Lautung Churfürsten, Churfürschte wäre damit die ältere. Die zeitweilig auftretenden Varianten Kuhfirsten, Kuhfürsten sind hingegen unbestritten sekundär motiviert und fallen für die Deutung ausser Betracht.[5][6]

In jüngster Zeit vertrat der Rechtshistoriker Clausdieter Schott in mehreren Publikationen die Herleitung von den Kurfürsten explizit vor dem Hintergrund der Regionalgeschichte (Toggenburg #Geschichte) als auch des verfassungsgeschichtlichen Umfelds (Fürstabtei St. Gallen). Laut ihm geht die Namengebung vom Kloster St. Gallen aus, das damit seiner Stellung als Reichsabtei Ausdruck gab. Die erste Karte von J. J. Bühler von 1784 enthält die Bezeichnung Die VII Churfürsten. Diese Namensform überwog noch im 19. Jahrhundert, und auch der Chäserrugg war damals meist als Kaiserruck verzeichnet (letzteres wohl vor dem Hintergrund der Mundartlautung, in der langes ää (/æː/) sowohl für den mittelhochdeutschen Sekundärumlaut von /aː/ wie auch für mittelhochdeutsch /ei/ stehen kann). Erst die Eschmann-Karte von 1854 entschied sich für Churfirsten.[7]

Eine kleine Felsformation mit dem Namen «Sieben Churfirsten» gibt es beim Sipplinger Dreieck oberhalb von Sipplingen am Überlinger See.

Bilder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Seraina Hess: Wenn der Berg Menschen verschluckt: Wilerin verliert Partner auf Schneeschuhtour im Toggenburg und warnt nun vor Karstlöchern. In: St. Galler Tagblatt (online), 11. März 2023
  2. Meyers Konversations-Lexikon. Band 4, 1888, S. 4.118 (peter-hug.ch [abgerufen am 3. November 2021]).
  3. wanderland.ch → Walensee (Memento vom 14. Juli 2014 im Internet Archive)
  4. Die Diffluenz des würmeiszeitlichen Rheingletschers bei Sargans (Kanton St. Gallen) und die spätglazialen Gletscherstände in der Walensee-Talung und im Rheintal (Memento vom 14. Juli 2014 im Internet Archive)
  5. Schweizerisches Idiotikon, Band I, Spalte 1024, Artikel Chur-First (Digitalisat), mit der herkömmlichen namenkundlichen Sicht.
  6. Churfirsten auf ortsnamen.ch, mit einer eine eigene Positionierung vermeidenden Besprechung der Forschungsgeschichte.
  7. Clausdieter Schott: Die VII Churfürsten. Rechtsgeschichte und Ortsnamenkunde. In: Wirkungen europäischer Rechtskultur. Festschrift für Karl Kroeschell. München 1997, S. 1065–1092; derselbe: Von Churfürsten zu Churfirsten – zum Namenwechsel einer Bergkette. In: Toggenburger Jahrbuch 2021. Schwellbrunn 2020, S. 69–84; derselbe: Churfürsten oder Churfirsten – Die verfassungspolitische Verdrängung eines Bergnamens. In: Signa Juris. Beiträge zur Rechtsikonographie, Rechtsarchäologie und Rechtlichen Volkskunde. 18, 2021, S. 283–318.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Emil Zopfi (Hrsg.): Churfirsten – Über die sieben Berge (= Bergmonografie. Band 14). Zürich 2006, ISBN 978-3-909111-22-0.
  • Clausdieter Schott: Die VII Churfürsten. Rechtsgeschichte und Ortsnamenkunde. In: Wirkungen europäischer Rechtskultur. Festschrift für Karl Kroeschell. München 1997, ISBN 3-406-42994-7, S. 1065–1092.
  • Clausdieter Schott: Churfürsten oder Churfirsten – Die verfassungspolitische Verdrängung eines Bergnamens. In: Signa Juris. Beiträge zur Rechtsikonographie, Rechtsarchäologie und Rechtlichen Volkskunde. 18, 2021, S. 283–318.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Churfirsten – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien