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Widder (Schiff, 1929)

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Widder
Das Schwesterschiff Nordmark als Frachter der Hapag
Das Schwesterschiff Nordmark als Frachter der Hapag
Schiffsdaten
Flagge Deutsches Reich Deutsches Reich
Vereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich
Deutschland Deutschland
andere Schiffsnamen
  • Neumark
  • Ulysses
  • Fechenheim
Schiffstyp Frachtschiff
Hilfskreuzer
Reederei HAPAG
Bauwerft Howaldtswerke, Kiel
Baunummer 695
Stapellauf 21. Dezember 1929
Indienststellung als Hilfskreuzer: 30. November 1939
Verbleib Am 3. Oktober 1955 gestrandet
Schiffsmaße und Besatzung
Länge 152 m (Lüa)
Breite 18,2 m
Tiefgang (max.) 8,3 m
Verdrängung 16.800 t
Vermessung 7.851 BRT
 
Besatzung 364 Mann
Maschinenanlage
Maschine 4 Dampfkessel
1 Getriebeturbine
Maschinen­leistung 6.200 PS (4.560 kW)
Höchst­geschwindigkeit 14 kn (26 km/h)
Propeller 1
Bewaffnung

Die Widder war ein für den Handelskrieg bewaffnetes und umgerüstetes deutsches Handelsschiff im Zweiten Weltkrieg. Es war von der Kriegsmarine als Schiff 21 für den Kriegseinsatz vereinnahmt worden. Unter der Bezeichnung Handelsstörkreuzer 3 (HSK 3) wurde es als Hilfskreuzer eingesetzt. Bei der britischen Royal Navy war die Widder als Raider D bekannt.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Hilfskreuzer Widder entstand durch Umbau des Hapag-Frachters Neumark. Die 1929 bei den Kieler Howaldtswerken von Stapel gelaufene Neumark war das Typschiff einer nach ihr benannten Klasse von sechs Frachtern, die vor allem im Fernost- und Australiendienst der Reederei eingesetzt wurden. Das 7.851 BRT große Schiff hatte eine Tragfähigkeit von 12.700 tdw, eine Länge in der Wasserlinie von 145 m und über alles von 152 m, war 18,2 m breit und hatte einen Tiefgang von 8,3 m.[1] Sie kam am 6. März 1930 in den Dienst der Hapag.[2]

Zur Klasse gehörten noch die Nordmark von der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft und die bei Blohm & Voss gebauten Kurmark und Uckermark, die alle zuerst im Dienst nach Niederländisch-Indien eingesetzt wurden. Die im Mai in Dienst gekommene Bitterfeld von der Germaniawerft und die Staßfurt vom Bremer Vulkan begannen ihre Dienstzeit auf der Australienlinie.[3] Alle sechs Frachter wurden von einem ausgebauten Turbinensatz der vier Schiffe der Albert Ballin-Klasse angetrieben,[4] die im Winter 1929/30 neue Antriebsanlagen erhalten hatten. Die beiden anderen Turbinensätze wurden in den Kombischiffen Tacoma (8268 BRT) und Vancouver verbaut, die von der Deutschen Werft in Hamburg-Finkenwerder für den Dienst zur nordamerikanischen Westküste geliefert wurden.[5]

Auch das Schwesterschiff Kurmark wurde zu einem Hilfskreuzer, der Orion (HSK 1, Raider A), umgebaut.

Einsätze[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Hilfskreuzer unter dem Kommando von Korvettenkapitän Hellmuth von Ruckteschell verließ Bergen am 12. Mai 1940 und hatte am nächsten Tag ein kurzes Gefecht mit dem britischen Unterseeboot Clyde, das dem Hilfskreuzer entkam. Dieser lief danach die Insel Raudöy an, wo er am 16. Mai durch das Trossschiff Nordmark beölt und mit zusätzlichem Proviant versorgt wurde, um dann ins Nordmeer und am 20. Mai durch die Dänemarkstraße in den Nordatlantik zu marschieren. Im westlichen Mittelatlantik brachte die Widder zwischen dem 13. Juni und dem 9. September 1940 insgesamt zehn Schiffe mit insgesamt 58.644 BRT auf, von denen neun versenkt[6] und ein Schiff, der norwegische Tanker Krossfonn (9.323 BRT),[7] als Prise genommen wurde.

Während ihrer 180-tägigen Reise traf die Widder dreimal mit deutschen Schiffen zusammen. Am 5. Juni traf sie auf das aus Belem kommende Motorschiff Königsberg des Norddeutschen Lloyd, das den Durchbruch in den deutschen Machtbereich versuchte. Die Königsberg brachte Nahrungsmittel und erhielt Treibstoff.[8] Am 29. Juli traf sie mit dem aus Teneriffa entsandten Tanker Rekum[9] zusammen und erhielt Treibstoff. Am 16. September erfolgte dann ein noch ein Treffen mit der ebenfalls aus Teneriffa kommenden Eurofeld,[10] die Treibstoff und Vorräte brachte.

Beim Versuch, nach einer Reparatur die Geschwindigkeit auf elf Knoten zu erhöhen, traten erneut Schäden am Turbinenlager auf, deren Reparatur weitere fünf Tage erforderte. Deshalb musste die Widder nach nur sechs Monaten im Einsatz zum Stützpunkt zurückkehren, was sie am 7. Oktober in einem Funkspruch an die Seekriegsleitung ankündigte. Der Kommandant wählte die kürzere, aber gefährlichere Strecke nach Frankreich, musste unterwegs einigen gegnerischen und neutralen Handelsschiffen ausweichen und traf am 31. Oktober 1940 in Brest ein.

Die Widder wurde aufgrund der Antriebsprobleme zum stationären Werkstattschiff Neumark umgebaut und nach Norwegen verlegt. Dort war sie 1943/1944 u. a. an Reparaturen des Schlachtschiffs Tirpitz maßgeblich beteiligt.

Der Kommandant der Widder wurde als einziger Kommandant eines deutschen Handelsstörkreuzers wegen Verstößen gegen das internationale Seekriegsrecht vor ein britisches Militärgericht gestellt. Ruckteschell, der 1942 noch den Hilfskreuzer Michel befehligte, wurde in drei Anklagepunkten für schuldig befunden und im Mai 1947 zu 10 Jahren Haft verurteilt. Er starb während der Haft in Hamburg-Fuhlsbüttel 1948.

Versenkungen und Prisen des Hilfskreuzers Widder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

10 Schiffe:

Name Typ Land Datum
1940
Tonnage
in BRT
Verbleib
1 British Petrol[11] Tanker Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich 13. Juni 6.890 versenkt (Lage), 2 Tote
2 Krossfon[12] Tanker Norwegen Norwegen 26. Juni 9.325 am 29. Juni mit 36 Mann ohne Kapitän und leitendem Ingenieur und einer 13-köpfigen Prisenbesatzung unter Leutnant Rünning nach Brest entlassen, wo sie am 7. Juli eintraf
später als Versorgungsschiff Spichern von der Kriegsmarine eingesetzt.
3 Davisian[13] Frachter Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich 10. Juli 6.435 versenkt (Lage), 3 Tote, 6 Verwundete
der Kommandant angeklagt, das Feuer nach Kapitulation des Schiffes fortgesetzt zu haben[14]
4 King John[15] Frachter Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich 13. Juli 5.230 versenkt (Lage), anschließend
66 Gefangene zu den 240 sm entfernten Kleinen Antillen in Rettungsbooten entlassen[16]
5 Beaulieu[17] Tanker Norwegen Norwegen 4. August 6.115 versenkt (Lage), 4 Tote, 28 Mann in zwei Booten versuchten zu entkommen und wurden nicht aufgenommen,[18] obwohl 1200 Meilen von der nächsten Küste

Verhalten angeklagt, aber in der Revision nicht mehr verurteilt

6 Oostplein[19] Frachter Niederlande Niederlande 8. August  5.060 versenkt
7 Killoran[20] Bark Finnland Finnland 10. August 1.815 versenkt (Lage), jetzt 116 Gefangene aus 13 Nationen an Bord, darunter sechs Kapitäne
8 Anglo Saxon[21] Frachter Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich 21. August 5.595 versenkt (Lage), zwei Rettungsboote werden nicht aufgenommen, da Kanaren erreichbar erscheinen, nur 2 Mann erreichen nach 70 Tagen die Bahamas, 39 Tote

Verurteilung des Kommandanten, nicht genug zur Rettung der Schiffbrüchigen getan zu haben; der Vorwurf auf die Schiffbrüchigen geschossen zu haben, wird nicht aufrechterhalten

9 Cymbeline[22] Tanker Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich 2. September 6.315 versenkt (Lage), 7 Tote, 3 Mann nach vierzehn Tagen noch aus dem Meer gerettet, Widder übernahm 26 Schiffbrüchige
10 Antonios Chandris[23] Frachter Griechenland Griechenland 8. September 5.865 versenkt (Lage), Besatzung in Rettungsbooten zur afrikanischen Küste geschickt, nur 10 Mann überleben

Verbleib[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1946 wurde die Neumark als Kriegsbeute unter dem Namen Ulysses der britischen Reederei Ionian Maritime Co. zugeteilt. Unter britischer Flagge vermehrten sich die Probleme mit dem Antrieb, dazu kollidierte das Schiff 1950 in indischen Gewässern mit einem anderen Frachter und musste zur Reparatur nach Singapur. 1951 kam die frühere Widder nach Deutschland zurück, erhielt bei der Unterweser Reederei den neuen Namen Fechenheim und wurde 1954/55 mit einem 3.600 PS leistenden 8-Zylinder-Fiat-Dieselmotor zum Motorschiff umgebaut.

Für kurze Zeit transportierte sie Eisenerz von Narvik nach Emden. Am 3. Oktober 1955 strandete sie im Maalöysund bei Bergen und brach am 9. Oktober an der Unfallstelle auseinander.

1956 wurde das Schiff von der Eisen- und Metall-KG aus Hamburg vor Ort abgewrackt.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Zvonimir Freivogel: Deutsche Hilfskreuzer des Zweiten Weltkriegs. Motorbuch, Stuttgart 2003, ISBN 3-613-02288-5.
  • Arnold Kludas: Die Seeschiffe des Norddeutschen Lloyd 1920 bis 1970. Koehlers Verlagsgesellschaft, 1992, ISBN 3-7822-0534-0.
  • Roger Jordan: The World’s Merchant Fleets 1939. Naval Institute Press, 2000, ISBN 1-59114-959-2.
  • Jürgen Rohwer, Gerhard Hümmelchen: Chronik des Seekrieges 1939–1945. Manfred Pawlak Verlagsgesellschaft, Herrsching 1981, ISBN 3-88199-009-7.
  • Schmalenbach, Paul: Die deutschen Hilfskreuzer 1895–1945. Gerhard Stalling, Oldenburg/ Hamburg 1977, ISBN 3-7979-1877-1.
  • Reinhart Schmelzkopf: Die deutsche Handelsschiffahrt 1919–1939. Verlag Gerhard Stalling, Oldenburg, ISBN 3-7979-1847-X.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Roger Jordan: The World’s Merchant Fleets 1939. S. 64.
  2. Schmelzkopf, S. 135.
  3. Schmelzkopf, S. 137.
  4. Schmelzkopf, S. 138.
  5. Schmelzkopf, S. 136.
  6. Rohwer, S. 53, 64; darunter die finnische Bark Killoran, das einzige durch einen deutschen Hilfskreuzer im Zweiten Weltkrieg versenkte Segelschiff
  7. Rohwer, S. 53, die 1935 in Dänemark gebaute Krossfonn wurde später auf deutscher Seite als Spichern eingesetzt
  8. Kludas, S. 14: Königsberg (2), 6.466 BRT, seit 28. Mai in See, 16. Juni vor Vigo bei Annäherung eines französischen Hilfskreuzers selbst versenkt.
  9. World’s Merchant, S. 61, Rekum (1939 Reederei Glässel) ursprünglich War Shikari, 1919 Lithgow, 5.540 BRT, 8.300 tdw, 10,5 kn
  10. World’s Merchant, S. 93, (1939) ursprünglich RFA Beechleaf, 1916 GB, 5.863 BRT, 9000 tdw, 9,5 kn.
  11. British Petrol, Motortanker, 1925 Swan Hunter
  12. Motortanker Krossfonn, Victim of Widder 1935 Odense Staalskibsværft
  13. Untergang der Darvisian 1925 D. & W. Henderson & Company Ltd.
  14. Der Davisian Fall
  15. Untergang des Motorschiffes King John, 1928 Harland & Wolff
  16. Ankunft Schiffbrüchiger in der Karibik
  17. Motortanker Beaulieu, 1930 Vickers-Armstrong, Barrow.
  18. werden am 13. August vom Tanker Cymbeline aufgenommen, der einen Monat später das neunte Opfer der Widder wird
  19. Untergang der Oostplein, 1921 Italien
  20. Untergang der Killoran, 1900 Ailsa Shipbuilding Company Ltd.
  21. Untergang der Anglo Saxon, 1929 Short Brothers Ltd
  22. Untergang der Cymbeline, 1927 Hamilton, William & Company
  23. Untergang der Antonios Chandris,1918 Kawasaki Dockyard Co. Ltd.