Nieder-Klingen
Nieder-Klingen Gemeinde Otzberg Koordinaten: 49° 49′ 9″ N, 8° 53′ 28″ O
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Höhe: | 188 m ü. NHN |
Fläche: | 3,9 km²[1] |
Einwohner: | 794 (30. Jun. 2019)[2] |
Bevölkerungsdichte: | 204 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 31. Dezember 1971 |
Postleitzahl: | 64853 |
Vorwahl: | 06162 |
Lage von Nieder-Klingen in Otzberg
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Nieder-Klingen ist ein Ortsteil der Gemeinde Otzberg im südhessischen Landkreis Darmstadt-Dieburg und hat etwa 800 Einwohner.
Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Nieder-Klingen liegt am Westhang des Otzberges und wird von der Semme durchflossen.
Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Ortsname „Klingen“ wird auf die alte Bedeutung „Gießbach“ oder „Talschlucht“ zurückgeführt. Der Name „Klingen“ könnte aber auch ein Hinweis für die verschiedenen ausgebeuteten Erzvorkommen in unmittelbarer Nähe des Otzberges darstellen. Eines der heutigen beiden Klingen wurde bereits 1223 als „Clingen“ erwähnt. Eine Unterscheidung erfolgte 1383 für Ober-Klingen und 1357 für Nieder-Klingen.
Durch Urkunden belegt sind[1]:
1391 bewilligt Pfalzgraf Ruprecht Dieter Gans von Otzberg ein Wittum für seine Frau auf Nieder-Klingen.
1524 gehört Nieder-Klingen zum Schloss Otzberg.
Ober- und Nieder-Klingen gehörten bis 1521 zur Zent Umstadt und wurden dann infolge des Landshuter Erbfolgekriegs dem kurpfälzischen Oberamt Otzberg zugesprochen. Das Oberamt Otzberg kam 1803 infolge des Reichsdeputationshauptschlusses an die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt. Mit dem Tauschvertrag zwischen der Hessen-Darmstadt und dem Herren von Löwenstein-Wertheim vom 5. Februar 1805[3] kam es zum Amt Habitzheim, das 1806 durch die Rheinbundakte an das Großherzogtums Hessen fiel. Die Niedere Gerichtsbarkeit blieb bis 1822 bei den Herren Löwenstein-Wertheim.
Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1829 über Nieder-Klingen:
»Niederklingen (L. Bez. Breuberg) reform. Filialdorf; liegt 21⁄4 St. von Breuberg und gehört dem Fürsten von Löwenstein-Wertheim-Rosenberg. Der Ort zählt 74 Häuser und 446 Einw., die bis auf 25 Luth., 15 Kath. reformirt sind. – Von Churpfalz kam Niederklingen 1802 an Hessen, welches dasselbe 1805 an Löwenstein vertauschte, bis es 1806 unter Hess. Hoheit kam.«[4]
Nieder-Klingen ist schon immer landwirtschaftlich geprägt. Es gibt eine hohe Anzahl von Vereinen, in denen sich ein großer Teil der Bevölkerung engagiert. Die nach dem Krieg erbaute Volksschule ist heute die Kindertagesstätte der Gemeinde.
Gebietsreform[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Im Zuge der Gebietsreform in Hessen schlossen sich am 31. Dezember 1971 die bis dahin selbstständige Gemeinde Nieder-Klingen und fünf weitere Gemeinden freiwillig zur neuen Gemeinde Otzberg zusammen.[5] Für die sechs ehemals eigenständigen Gemeinden wurden Ortsbezirke mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[6] Sitz der Gemeindeverwaltung wurde Lengfeld.
Territorialgeschichte und Verwaltung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Nieder-Klingen lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][7][3]
- vor 1390: Heiliges Römisches Reich, Kloster Fulda Zent Umstadt (Kondominat)
- ab 1390: Heiliges Römisches Reich, Kurpfalz (durch Kauf; bis 1427 an Herrschaft Hanau verpfändet), Zent Umstadt
- ab 1524: Heiliges Römisches Reich, Kurpfalz, Oberamt Otzberg
- ab 1803: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Darmstadt (durch Reichsdeputationshauptschluss), Oberamt Otzberg
- ab 1805: Heiliges Römisches Reich, Herren von Löwenstein-Wertheim (durch Tausch), Amt Habitzheim
- ab 1806: Rheinbund, Großherzogtum Hessen, Fürstentum Starkenburg, Fürstentum Starkenburg, Amt Habitzheim (Niedere Gerichtsbarkeit weiter bei Löwenstein-Wertheim)
- ab 1815: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Habitzheim
- ab 1822: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Landratsbezirk Breuberg (Trennung zwischen Justiz (Landgericht Höchst) und Verwaltung)
- ab 1848: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Dieburg
- ab 1852: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
- ab 1866: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
- ab 1871: Deutsches Reich, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
- ab 1918: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
- ab 1938: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Landkreis Dieburg (Im Zuge der Gebietsreform 1938 wurden die drei hessischen Provinzen Starkenburg, Rheinhessen und Oberhessen aufgelöst.)
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Kreis Dieburg
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen (seit 1946), Regierungsbezirk Darmstadt, Kreis Dieburg
- am 31. Dezember 1971 zur Gemeinde Otzberg
- ab 1977: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Darmstadt-Dieburg in dem die Landkreise Dieburg und Darmstadt im Zuge der Gebietsreform in Hessen aufgingen.
Gerichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die zuständige Gerichtsbarkeit der ersten Instanz war:[1]
- Zentgericht Umstadt
- ab 1820: standesherrliches Amt Habitzheim
- ab 1822: Landgericht Höchst
- ab 1853: Landgericht Reinheim
- ab 1879: Amtsgericht Reinheim
- ab 1968: Amtsgericht Darmstadt
Historische Namensformen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In historischen Dokumenten ist der Ort unter folgenden Ortsnamen belegt (in Klammern das Jahr der Erwähnung):[1] Clingen (1307); Nydern Clingen, Nyderclingen, Nydernclingen (1357); Nydern Klingen (1444); Niddenclingen (1459); Niederclingen (1495).
Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
• 1633: | 89 Einwohner |
• 1829: | 446 Einwohner, 74 Häuser[4] |
• 1867: | 488 Einwohner, 90 Häuser[8] |
NiederKlingen: Einwohnerzahlen von 1829 bis 2018 | ||||
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Jahr | Einwohner | |||
1829 | 446 | |||
1834 | 478 | |||
1840 | 492 | |||
1846 | 512 | |||
1852 | 517 | |||
1858 | 484 | |||
1864 | 509 | |||
1871 | 485 | |||
1875 | 488 | |||
1885 | 515 | |||
1895 | 492 | |||
1905 | 465 | |||
1910 | 513 | |||
1925 | 493 | |||
1939 | 483 | |||
1946 | 711 | |||
1950 | 698 | |||
1956 | 656 | |||
1961 | 635 | |||
1967 | 655 | |||
1970 | 646 | |||
1980 | ? | |||
1990 | ? | |||
2000 | ? | |||
2011 | 789 | |||
2012 | 777 | |||
2015 | 771 | |||
2018 | 793 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: [1]; Zensus 2011[9]; ab 2012: Website Gemeinde Otzberg[2] |
Religionszugehörigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
• 1829: | 25 lutheranische (= 5,61 %), 406 reformierte (= 91,03 %) und 15 katholische (= 3,36 %) Einwohner[4] |
• 1961: | 571 evangelische (= 89,92 %) und 59 katholisch (= 9,29 %) Einwohner[1] |
Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Für Nieder-Klingen besteht ein Ortsbezirk (Gebiete der ehemaligen Gemeinde Nieder-Klingen) mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung.[6] Der Ortsbeirat besteht aus fünf Mitgliedern. Der Ortsbeirat wurde zuletzt bei der Kommunalwahl am 6. März 2016 gewählt. Ortsvorsteher ist seither Peter Seeger, sein Stellvertreter Sascha Ripper. Weiterhin sind im Ortsbeirat vertreten: Heiko Eggert, Sabine Voltz und Günther Schönemann (alle CDU).[10]
Schutzgebiete[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In der Gemarkung von Nieder-Klingen befinden sich die Löss-Hohle "Vorderer Kuhgraben" und Teile der Hohl "Verlängerung hinterer Kuhgraben", die als geologische Naturdenkmale und Vogelschutzgehölze geschützt sind.[11]
Regelmäßige Veranstaltungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Ortsteil Nieder-Klingen. In: Webauftritt der Gemeinde Otzberg.
- Nieder-Klingen, Landkreis Darmstadt-Dieburg. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Literatur über Nieder-Klingen in der Hessischen Bibliographie
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ a b c d e f g Nieder-Klingen, Landkreis Darmstadt-Dieburg. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 8. November 2017). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- ↑ a b Einwohnerzahlen. In: Webauftritt. Gemeinde Otzberg, abgerufen im November 2019.
- ↑ a b Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Grossherzogthums Hessen. Band 1. Darmstadt 1866, S. 47 §§ 14–15 (online bei Google Books).
- ↑ a b c Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Starkenburg. Band 1. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt Oktober 1829, OCLC 312528080, S. 169 (Online bei google books).
- ↑ Karl-Heinz Gerstemeier, Karl Reinhard Hinkel: Hessen. Gemeinden und Landkreise nach der Gebietsreform. Eine Dokumentation. Hrsg.: Hessischer Minister des Inneren. Bernecker, Melsungen 1977, DNB 770396321, OCLC 180532844, S. 238.
- ↑ a b Hauptsatzung. (PDF; 334 kB) §; 6. In: Webauftritt. Gemeinde Otzberg, abgerufen im Juli 2019.
- ↑ Michael Rademacher: Deutsche Verwaltungsgeschichte von der Reichseinigung 1871 bis zur Wiedervereinigung 1990. Land Hessen. (Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006).
- ↑ Ph. A. F. Walther: Alphabetisches Verzeichniss der Wohnplätze im Grossherzogtum Hessen. G. Jonghaus, Darmstadt 1869, OCLC 162355422, S. 64 (Online bei google books).
- ↑ Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt
- ↑ Gremienliste (Gemeinde Otzberg im Odenwald). In: Rats- und Bürgerinformationssystem. Gemeinde Otzberg, abgerufen im Januar 2019.
- ↑ Horst Bathon, Georg Wittenberger: Die Naturdenkmale des Landkreises Darmstadt-Dieburg mit Biotop-Touren, 2. erweiterte und vollständig überarbeitete Auflage. In: Schriftenreihe Landkreis Darmstadt-Dieburg, (Hrsg.) Kreisausschuss des Landkreises Darmstadt-Dieburg - Untere Naturschutzbehörde, Darmstadt, 2016. ISBN 978-3-00-050136-4. 243 Seiten. S. 105–110.
- ↑ Darmstädter Echo, Mittwoch, 4. Juli 2018, S. 22.