Zum Inhalt springen

Notfallkrankenwagen

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Notfallkrankenwagen
NKTW der Medizinischen Task Force
NKTW der Medizinischen Task Force
Fahrzeugdaten

Abkürzung: NKTW
Besatzung: Deutschland: meist Rettungssanitäter & ein weiterer Mitarbeiter[1]

Österreich: mindestens 2 Rettungssanitäter

Einsatz: akute Notfälle, Intensivverlegung, Krankentransport
Ausstattung: EN 1789 Typ B: Emergency Ambulance
Antrieb: Straße
Prototyp des neuen N-KTW (ab 2023) den das BBK den Ländern als ergänzende Ausstattung für den Katastrophenschutz und Verwendung in der Medizinischen Task Force zur Verfügung stellt, hier vorgestellt auf der Interschutz 2022 in Hannover

Als Notfallkrankenwagen bzw. Notfallkrankentransportwagen (abgekürzt NKTW, in Österreich NKW), vereinzelt auch Notfalltransportwagen (NTW) (machnmal auch fälschlicherweise Mehrzweckfahrzeug (MZF)) genannt, wird im Rettungsdienst ein Krankenkraftwagen bezeichnet, der für den Transport, die Erstversorgung und die Überwachung von Patienten konstruiert und ausgerüstet ist. Je nach Bedarf kann ein Notfallkrankenwagen sowohl als Krankentransportwagen als auch Rettungswagen eingesetzt werden. Die Ausstattung und weitere Merkmale sind in der EN 1789 geregelt, die den NKTW als Typ B – Emergency Ambulance definiert. Fahrzeuge dieses Typs werden auch mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 3,88 Tonnen für den deutschen Bevölkerungsschutz beschafft und eingesetzt.[2][3]

Der NKTW wird, im Gegensatz zu reinen KTW, bei Bedarf auch in der Notfallrettung verwendet. Die Unterschiede zu einem vollwertigen Rettungswagen gemäß DIN EN 1789 (Typ C) bestehen dabei u. a. in den Abmessungen der Fahrzeuge, sowie in der Ausstattung mit bestimmten Medizinprodukten.

Das Konzept des NKTW in Deutschland entstand aus dem Versuch heraus, ein Rettungsmittel zu schaffen, das zur (Erst-)Versorgung von Notfallpatienten befähigt ist, sich dabei aber ressourcenschonender betreiben lässt als ein regulärer RTW. Dies folgte aus diversen Problemen, mit denen sich Träger und Leistungserbringer im Rettungsdienst zunehmend konfrontiert sehen:

Eine stetig steigende Zahl von Rettungsdiensteinsätzen wird als „Minderdringlich“ eingestuft. Dies bedeutet, dass das jeweils alarmierte Rettungsmittel ohne Sondersignale zum Patienten fährt. In der Regel handelt es sich bei solchen Einsätzen dann auch um solche, die in den Medien als „Bagatelleinsätze“ bezeichnet werden. Etwa Kopf- oder Rückenschmerzen, aber auch „einfachere“ Meldebilder wie z. B. ein umgeknickter Fuß. Da die Leitstellen verpflichtet sind, jedem Notruf nachzugehen, binden derartige Einsätze die eingesetzten RTW, die dann für dringlichere Einsätze nicht zur Verfügung stehen, obwohl die Versorgung initial auch durch weniger qualifiziertes Personal mit weniger Ausstattung erfolgen könnte. Ein Transport durch einen klassischen KTW kommt bei solchen Einsätzen ebenfalls nicht infrage, da dies einer vorherigen Verordnung durch einen Arzt bedarf („Transportschein“). Zudem bestehen nach wie vor Personalengpässe bei Notfallsanitätern, sodass nicht immer die im jeweilligen Rahmenplan vorgesehene Anzahl an RTW vollumfänglich betrieben werden kann.[4]

Beispiel Land Hessen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Hessen wurde das Konzept N-KTW (Eigenschreibweise) aus o. g. Gründen nach einer Testphase im Januar 2025 eingeführt, um die RTW (und das entsprechende Personal) zu entlasten. Der Rettungsdienstplan des Landes Hessen sieht dabei vor, dass N-KTW bei Minderdringlichen Einsätzen entsprechend einem Indikations-Katalog eingesetzt werden sollen[5].

Dieser umfasst Beispielhaft folgende Meldebilder (Auszug):[6]

  • Verletzungen des Gesichts und/oder der Extremitäten
  • Hyperglykämie
  • Harnverhalt
  • Bluthochdruck
  • Thrombose
  • Exikkose
  • Unterbringung psychisch Erkrankter nach dem PsychKHG

Darüber hinaus können die N-KTW im regulären, Qualifizierten Krankentransport eingesetzt werden und sind dabei einem N-KTW gleichgestellt.

Besetzt werden N-KTW in Hessen von Zwei Rettungssanitätern, wobei der Transportführer (Beifahrer) mindestens 1 Jahr Einsatzerfahrung vorweisen und eine 80-Stündige Fortbildung absolvieren muss. Um diese höherwertige qualifikation zu kennzeichnen, wird für ihn die Bezeichnung „Rettungssanitäter-PLUS“ verwendet.

Die Aufgaben eines Notfallkrankenwagens sind, je nach Verwendung, identisch mit denen eines Krankentransportwagens bzw. eines Rettungswagens:

  • Notfalltransport
  • Rendezvous-System mit dem Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) als Notarztwagen-Ersatz.
  • Versorgung des Patienten bis zum Eintreffen des Notarzteinsatzfahrzeuges (NEF) oder des Notarztwagens (NAW)
  • Intensivtransporte in Begleitung eines in der Intensivmedizin erfahrenen Arztes (wenn kein Intensivtransportwagen zur Verfügung steht)
  • Verlegungen von Krankenhaus zu Krankenhaus
  • Transport ins Krankenhaus (Einweisung durch Hausarzt bzw. im Rahmen eines Sanitätsdienstes bei Großveranstaltungen)
  • Transport zu einem Facharzt (Ordination, Ärztezentrum)
  • Transport vom Krankenhaus oder Facharzt zurück nach Hause (Wohnung, Seniorenheim)
  • Ambulanzfahrten, z. B. zur Dialyse oder zum Katheterwechsel – der Patient wird zur Behandlung gebracht und anschließend wieder zurückgefahren
  • Durchführung des Transports von Blutkonserven, wenn keine anderen Fahrzeuge zur Verfügung stehen

Die Besatzung eines Notfallkrankenwagens richtet sich jeweils nach den Landesrettungsdienstgesetzen und der jeweiligen Einsatzart (Krankentransport oder Notfallrettung).

Um flexibel auf ein wechselndes Einsatzgeschehen reagieren zu können, werden in Deutschland in Bundesländern, die als Höchstqualifizierten für den Krankentransport einen Rettungssanitäter fordern, zumeist Rettungssanitäter mit einer Zusatzqualifikation eingesetzt, in Einzelfällen auch Notfallsanitäter oder Rettungsassistenten.

In Österreich werden sowohl Rettungssanitäter, als auch die besser qualifizierten Notfallsanitäter auf dem Notfallkrankenwagen eingesetzt.

In einem Notfallkrankenwagen wird geringfügig weniger Ausrüstung als in einem Rettungswagen mitgeführt. Als Fahrzeuge sind Kleintransporter des Typs Mercedes Sprinter mit Kastenaufbau und (vor allem in Österreich) VW Transporter mit Hochdach am ehesten anzutreffen. Seltener anzutreffen sind Fahrzeuge der Typen Opel Vivaro oder Ford Transit.

Am 20. Juni 2022 stellte das BBK einen Prototyp als Nachfolgemodell des von 2009 bis 2012 ausgelieferten KTW Typ B auf der Interschutz 2022 in Hannover vor. Das Basisfahrzeug ist weiterhin ein Mercedes-Benz Sprinter (aktuelle Baureihe) mit einer im Vergleich zum Vorgängermodell aufgewerteten Ausstattung wie bspw. einem 190 PS 4x4 Allrad-Automatikantrieb, einem Schlechtwegefahrwerk, einer Motorweiterlaufschaltung, einer Rückfahrkamera, einer Klimaanlage für den Fahrerraum sowie einer separat auf dem Dach verbauten Klimaanlage für den Patientenraum, einer LED-Umfeldbeleuchtung, einer LED-Sondersignalanlage mit dritter Kennleuchte und Frontblitzern sowie einem separaten Seitenfach mit Schiebetür auf der Fahrerseite für das Unterbringen der zweiten Trage außerhalb des Patientenraums. Auch die Notfallausstattung wurde verbessert, wodurch nun unter anderem eine Traumatasche mit Verbandmaterial, Tourniquets, eine Beckenschlinge und Schienungsmaterialien im Fahrzeug zu finden sind. Aufgrund des Allradantriebes und baulicher Veränderungen innerhalb des Fahrzeuges ist die zulässige Gesamtmasse im Vergleich zum Vorgängermodell von 3,88 t auf 5,5 t gestiegen. Die erste Auslieferung ist mit 180 Fahrzeugen für Ende 2022 / Anfang 2023 geplant und ist dafür vorgesehen, die Vielerorts noch im Einsatz befindlichen 4-Trage-Wagen zu ersetzen. Fahrzeugausbauer sind die Firma Wietmarscher Ambulanz- und Sonderfahrzeuge und die Firma Miesen (beide jeweils mit 90 Fahrzeugen).[7][8]

Innenansicht mit Trage und Tragestuhl
Blick in den Patienenraum von der Hecktüre

Die Abmessungen und die Ausstattungsmerkmale von Notfallkrankenwagen sind europaweit genormt. Im Wesentlichen besteht die konkrete Mindestausstattung aus Trage, einer Sauerstoffanlage, Absaugpumpe, einer tragbaren Notfallausrüstung inklusive EKG-Monitor sowie Verbandmaterial. Weiteres medizinisches Gerät ist eine freiwillige Leistung des Rettungsdienstträgers oder aufgrund örtlicher Regelungen vorhanden und variiert daher stark.

Als Grundfarben sind weiß, rot und elfenbein (RAL 1014) am weitesten verbreitet. Inzwischen sind auch Schwefel- bzw. Eurogelb (RAL 1016) gebräuchlich. Oft werden die Fahrzeuge mit umlaufenden kontrastfarbigen Streifen oder Folien-Beklebung (z. B. „Tagesleuchtrot“ nach RAL 3024) und Reflexmaterial ergänzt. Zur besseren Identifizierung sind die Fahrzeuge außerdem oft mit Logos der Betreiber-Organisationen, der Bezeichnung „Rettungsdienst“ oder „Notfallkrankenwagen“ und ihrem Funkrufnamen beklebt. Hierbei sind regionale Unterschiede und Gesetzgebungen zu beachten.

Der Notfallkrankenwagen ist ständig per Funk mit der Leitstelle verbunden. In Deutschland im öffentlichen Rettungsdienst über den BOS-Funk. In Österreich wird zurzeit an einem bundesweit einheitlichen Funksystem für Einsatzorganisationen gearbeitet (siehe Funksystem der BOS in Österreich). Zur Verfügung stehen einerseits der klassische Sprechfunk als auch teilweise ein spezieller Datenfunk (Deutschland: POCSAG oder Funkmeldesystem), über den von der Rettungsleitstelle die Transportinformationen wie Berufungsort, Abgabeort, Patientenname und Ähnliches übermittelt werden können. Über den Datenfunk ist es dem Rettungspersonal auch möglich, einfache Angaben über die Position und Einsatzbereitschaft („Status“) des eigenen Fahrzeugs zu machen, in einigen Gegenden besitzen die Fahrzeuge auch GPS-Ortungssender, sodass alle Standorte der Fahrzeuge in Echtzeit an die Leitstelle übermittelt werden. Eine mitunter oft genutzte alternative Kommunikationsmöglichkeit sind handelsübliche Mobiltelefone, die vor allem in Fällen von Überlastung oder Ausfällen des Funksystems zum Einsatz kommen.

Seit der Jahrtausendwende findet kostengünstig gewordene GSM- und GPS-Technologie mehr und mehr Einzug in das Kommunikations- und Koordinationsgeschehen. Die letzte technische Weiterentwicklung stellen abhörsichere und leistungsfähige digitale Funksysteme (z. B. TETRA) dar, die im Katastrophenfall behördenübergreifend eingesetzt werden können.

Die DIVI steht dem Einsatz von Notfallkrankenwagen des Norm-Typs B kritisch gegenüber (Gemeinsame Stellungnahme der DIVI zum Typ B und Typ C). Sie bemängelt unter anderem eine unzureichende Ausstattung und fehlenden ergonomischen Freiraum für Behandelnde.

Entsprechende Fahrzeuge werden in Österreich auch Sanitätseinsatzwagen (SEW) genannt. Da in Österreich Fahrzeugbeschaffung und -ausstattung von Bundesland zu Bundesland variieren und jede Organisation ihre Fahrzeuge selbst beschafft und ausstattet, sind diese durchwegs sehr verschieden.

In einigen Bundesländern werden Rettungswagen gemäß DIN EN 1789 Typ C mit einer umfangreichen Ausstattung aus Kostengründen nicht oder nur in Ballungsräumen vorgehalten – daher werden Notfallkrankenwagen (Typ B) eingesetzt, die sowohl Krankentransporte durchführen als auch zu primären Notfällen entsandt werden. Eine Mindestausstattung ist vorgeschrieben.[9]

So finden sich beispielsweise in Wien, Salzburg und Vorarlberg häufig VW Crafter oder Mercedes Sprinter mit sehr umfangreicher Ausstattung. In anderen Bundesländern wird häufig zu VW Transporter als Fahrzeug gegriffen und kostenintensive Ausstattung wie EKG oder Beatmungsgerät nur auf den NEF mitgeführt.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Es existieren unterschiedliche landesrechtliche Regelungen in Deutschland.
  2. Ausstattungssatz, Beladeplan und Typenblatt für Notfallkrankenwagen Typ B (Fahrzeug: Mercedes-Benz Sprinter 315 / 316 CDI) (PDF)
  3. BBK: Ausstattungssatz, Beladeplan und Typenblatt für Notfallkrankenwagen Typ B (Fahrzeug: Mercedes-Benz Sprinter 316 CDI) (PDF)
  4. Rettungdienste in Frankfurt: zu viele Einsätze, zu wenig Personal. 1. Februar 2024, abgerufen am 2. Oktober 2025.
  5. Rettungsdienstplan des Landes Hessen. (PDF; 0,6 MB) gemäß § 15 Abs. 1 des Hessischen Rettungsdienstgesetzes (HRDG). In: Website des Hess. Ministerium für Familie, Senioren, Sport, Gesundheit und Pflege. Hess. Ministerium für Familie, Senioren, Sport, Gesundheit und Pflege, 1. Januar 2025, S. 11, abgerufen am 1. Oktober 2025.
  6. Indikationskatalog für den Notfall-KTW. (PDF; 0,1 MB) In: Website des Hess. Ministerium für Familie, Senioren, Sport, Gesundheit und Pflege. Hess. Ministerium für Familie, Senioren, Sport, Gesundheit und Pflege, 15. November 2024, abgerufen am 2. Oktober 2025.
  7. Messe Interschutz: BBK stellt neuen Krankentransportwagen vor. Abgerufen am 27. September 2022.
  8. BBK: Ab jetzt mit Allrad. 30. Dezember 2022, abgerufen am 29. April 2023.
  9. Niederösterreichische Landesregierung (ris.bka.gv.at): Verordnung über die Mindestausstattung und die Mindestanforderungen im Rettungs- und Krankentransportdienst vom 1. September 2005 (PDF)