Oberköpfe

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Rotfuchs- und andere Felle in der Lohgerberei Naumann in Leipzig (1912)

Köpfe, vor allem aber Oberköpfe, war die in der deutschsprachigen Pelzbranche gebräuchliche Bewertung und Bezeichnung der ausgesucht guten und auch größten Felle einer Art.[1][2] 1914 hieß es auch für die feinsten, aus der Bucharei kommenden Karakulfelle („Persianer“), dass „der Handel sie als Köpfe bezeichnet, und welche der Kürschner wegen der schönen Lockung für die teuersten Kragen und Muffen verarbeitet“.[3]

Die inzwischen kaum noch benutzte benutzten Begriffe Köpfe, Oberköpfe und auch Unterköpfe wurden vor allem bei Marderfellen, aber auch bei Iltisfellen, Fuchsfellen, Bisamfellen und Kaninfellen verwendet. In den deutschen Auktionsberichten wurden sie besonders aufgeführt und bewertet, wie: Baummarder, Oberköpfe usw.[1][4] Die Kanin-Handelsgesellschaft in Leipzig bot bei Kaninfellen unter der Sorte Ia an, den sogenannten Oberköpfen: Extra große Felle, mit weißem Leder, gut behandelt.[5] Zumindest in Russland waren im Handel russischsprachig die gleichen Begriffe gebräuchlich.[6]

Als Oberköpfe Ostpreußen wurden laut einem Pelzlexikon die größten und qualitativ wertvollsten ostpreußischen Edelmarderfelle gehandelt.[4] Jedoch wurden auch Rotfuchsfelle unter der Bezeichnung Oberköpfe Ostpreußen angeboten. Um die Jahre 1928/1929 notierten am Leipziger Rauchwarenmarkt: Ostpreußen prima für 27,50 bis 45 Mark; Gebirgsfüchse-Oberköpfe für 50 bis 65 Mark.[7]

  • Beispielsweise war das deutsche Fuchssortiment wie folgt aufgeteilt:[5][8]
Bezeichnung Beschreibung
Oberköpfe = Selected (ausgesuchte Ware)
Prima weißledrige = I. Sorte; einwandfrei
Prima grünledrige = I. Sorte, leicht grünledrig
Dreiviertel = II. Sorte; grünledrig (Übergang)
Halb = III. Sorte
Viertel = IV. Sorte
Schwarten = Flache Sommerfelle
Leicht beschädigte
Beschädigte
Schuss
Handelsbezeichnung Beschreibung
Golowka = Köpfe
Jacknetny = Oberköpfe
Schapaschny = Mützenware
Flora = Oberoberköpfe, als die allerbesten[9]
  • Um 1928/29 notierten am Leipziger Rauchwarenmarkt per Stück:
Rohe Baummarderfelle: Qualität prima 75,- bis 120,- Mark, Oberköpfe 120,- bis 160,- Mark
Rohe Steinmarderfelle: prima 60,- bis 75,- Mark, Oberköpfe 70,- bis 85,- Mark.[7]

Da auf der Pelzmesse im russischen Irbit die Zobelfelle nicht nach Qualitäten aussortiert verkauft wurden, musste der Interessent allerfeinster Partien zusammen mit den Oberköpfen häufig mehrere hundert Stück mittlere und gewöhnliche Qualitäten erstehen. Von 300 Fellen waren vielleicht nur 30 bis 50 prima Ware. Trotzdem galt der Kauf eines derartigen Sortiments auf dem Pelzhandelszentrum Leipziger Brühl „als große Errungenschaft“, selbst wenn beim Verkauf nur ein kleiner Nutzen erzielt werden konnte. Der Leipziger Händler war stolz, mit so feiner Ware zur Ostermesse aufwarten zu können.[10]

Walter Grigull erinnerte sich 1983 an seine Zeit als junger Förster in Ostpreußen:

„Einige Marder konnten die Außenbeamten in jedem Jahr in Schlagbäumen und Mardereisen fangen und für eigene Rechnung verwerten. Die ostpreußischen Rauchwaren wurden in der Leipziger Zentrale des Fellhandels mit einem Aufschlag von 20 Prozent gehandelt. Die sogenannten Oberköpfe von Füchsen und Mardern wurden gerne gekauft. In der Inflationszeit vor 1924 bezahlten die Händler die Marder- und Fuchsbälge mit Dollarschatzanweisungen, die wertbeständig waren und eine unerhörte Kaufkraft hatten. Für den Erlös eines Marderbalges konnte man zwei Anzüge kaufen.“

Walter Grigull: In: Das Ostpreußenblatt.[11]

In Hamburg bestand im Jahr 1979 seit über 25 Jahren der Pelzbranchen-Kegelklub „Oberköppe“ mit 22 Mitgliedern, „eine gesunde Mischung von Branchenangehörigen sächsischen und hanseatischen Geblütes“.[12]

Commons: Oberköpfe – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b Alexander Tuma: Pelz-Lexikon. Pelz- und Rauhwarenkunde, Band XX. Alexander Tuma, Wien 1950, S. 71, Stichworte „Oberköpfe, Oberköpfe Ostpreußen“.
  2. Resultate der Wildwaren-Auktion der Tierhaarverwertung Mucrena, Leipzig. In: Der Rauchwarenmarkt, 25. Januar 1922, Nr. 20, S. 2.
  3. H. Werner: Die Kürschnerkunst. Verlag Bernh. Friedr. Voigt, Leipzig 1914, S. 101.
  4. a b Alexander Tuma: Pelz-Lexikon. Pelz- und Rauhwarenkunde, Band XIX. Alexander Tuma, Wien 1950, S. 64–65, Stichwort „Köpfe“.
  5. a b Christian Franke/Johanna Kroll: Jury Fränkel’s Rauchwaren-Handbuch 1988/89. 10. überarbeitete und ergänzte Auflage. Rifra-Verlag, Murrhardt 1988, S. 150, 222, 367.
  6. Auskunft des Rauchwarenhändlers Klaus-Dieter Ribak, Frankfurt am Main, 25. Oktober 2018.
  7. a b Kurt Nestler: Rauchwaren- und Pelzhandel. Dr. Max Jänecke Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1929, S. 105–106.
  8. Franz Sachse: Die Fellproduktion auf dem Weltmarkt (allgemeine Erklärung der Sorten). Dissertation der Handels-Hochschule Leipzig, 1938, S. 8–9.
  9. Hermann Philippsberg: Die Rauchwaren-Messe in Nishnij-Nowgorod und ihre Beziehungen zum Leipziger Rauchwaren-Handel bis zum Ausbruch des Weltkriegs. In: Die Pelzkonfektion, Nr. 1, Berlin, Januar 1926, S. 74.
  10. Paul Schöps: Der deutsch-russische Rauchwarenhandel vor dem Weltkriege. In: Der Rauchwarenmarkt Nr. 13, 15. Februar 1933, Leipzig.
  11. Walter Grigull: Das Schicksal der Wildbahn besiegelt - Über den Grenzwald Gauden berichtet Walter Grigull (V). In: Das Ostpreußenblatt, Folge 6, 15. Februar 1983, S. 13 (PDF). Zuletzt abgerufen am 16. Oktober 2018.
  12. Gustav A. Demuth: Sehr geehrter Herr Winckelmann. In Winckelmann Pelzmarkt Nr. 516, 16. November 1979, S. 17.