Oldenzaal

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Die Druckversion wird nicht mehr unterstützt und kann Darstellungsfehler aufweisen. Bitte aktualisiere deine Browser-Lesezeichen und verwende stattdessen die Standard-Druckfunktion des Browsers.
Gemeinde Oldenzaal
Flagge der Gemeinde Oldenzaal
Flagge
Wappen der Gemeinde Oldenzaal
Wappen
Provinz Overijssel Overijssel
Bürgermeister Patrick Welman (CDA)[1]
Sitz der Gemeinde Oldenzaal
Fläche
 – Land
 – Wasser
21,98 km2
21,59 km2
0,39 km2
CBS-Code 0173
Einwohner 31.794 (1. Jan. 2024[2])
Bevölkerungsdichte 1446 Einwohner/km2
Koordinaten 52° 19′ N, 6° 56′ OKoordinaten: 52° 19′ N, 6° 56′ O
Bedeutender Verkehrsweg A1 E30 N342 N343 N733 N734 N735 N736
Vorwahl 0541
Postleitzahlen 7570–7579
Website Homepage von Oldenzaal
Vorlage:Infobox Ort in den Niederlanden/Wartung/Karte

Oldenzaal (anhören/?) (niedersächsisch Oldenzel) ist eine Stadt und Gemeinde mit 31.794 Einwohnern (Stand 1. Januar 2024) in der Region Twente in der niederländischen Provinz Overijssel.

Lage und Wirtschaft

Oldenzaal liegt 10 km östlich von Hengelo und 15 km westlich von Bad Bentheim an der Autobahn 1 AmsterdamOsnabrück und der Eisenbahnlinie zwischen denselben Städten. Die Stadt hat einen Bahnhof mit Zugverbindungen nach Hengelo. Zwischen 2010 und 2013 verkehrten stündlich Züge zwischen Hengelo und Bad Bentheim, die in Oldenzaal hielten. Aufgrund des geringen Fahrgastaufkommens wurde dieses Projekt zum 7. Dezember 2013 eingestellt.[3] Im Januar 2018 wurde der Betrieb wieder aufgenommen.[4]

Der Ende 2007 geschlossene Militärflugplatz Twente, wo auch kleinere Zivilmaschinen landeten und aufstiegen, liegt fünf Kilometer südlich der Stadt in Richtung Enschede.

Wegen der Nähe zur Grenze mit Deutschland haben sich, als noch eine Zollabfertigung erforderlich war, viele Transportunternehmen in der Stadt niedergelassen. Wegen der Konkurrenz aus Polen ist dieses Gewerbe mittlerweile rückläufig geworden. In Oldenzaal haben sich auch einige Betriebe der Nahrungsmittelindustrie niedergelassen. Ansonsten gibt es viel Kleingewerbe. Auch der Tourismus ist von gewisser Bedeutung.

In der Umgebung gibt es Landwirtschaft. Früher wurde hier hauptsächlich Weißkohl angebaut, in der lokalen Mundart boeskool genannt. Daran erinnert ein Standbild in der Innenstadt und das Rezept Oldenzaalse boeskool, in dem feingeschnittener Weißkohl zunächst gekocht und anschließend mit Butter, Zwiebeln und Speck gebraten, mit Muskatnuss und Kreuzkümmel gewürzt und warm serviert wird.

Geschichte

Mittelalter

Schon im frühen 8. Jahrhundert war das Gebiet des heutigen Stadtkerns bewohnt. Der schottische Mönch Plechelmus errichtete hier 765 eine Kirche.

Der Ortsname lautete im Mittelalter Aldensele, was „alter Saal, altes Herrenhaus, alte Siedlung, Herrenland“ bedeutet. Die Abtei Prüm in der Eifel besaß hier 893 umfangreiche Güter mit einem Herrenhof. Ihr Vogt war 1222 der Graf von Kleve. 954 ließ Balderich von Utrecht, Bischof des Bistums, das damals die weltliche Gewalt über Overijssel ausübte, dort ein steinernes Gotteshaus, die heutige St.-Plechelmus-Kirche, bauen.

Der römisch-deutsche Kaiser Heinrich III. verlieh Oldenzaal 1049 das Recht, einen Wochenmarkt und am 21. Oktober eines jeden Jahres einen Jahrmarkt zu halten. Stadtrecht wurde Oldenzaal im Jahr 1249 verliehen. Im Spätmittelalter schloss sich Oldenzaal der deutschen Hanse an.[5] Der Utrechter Bischof kam oft zu Besuch; die Stadt war ein wichtiges kirchliches Zentrum mit mehreren Klöstern. Eine Großstadt wurde es jedoch, mangels eines Hafens, nie.

Frühe Neuzeit

Die Reformation beeinflusste die Oldenzaaler kaum. Als im Achtzigjährigen Krieg der Feldherr Moritz von Nassau 1597 die Stadt für die protestantischen Niederlande erobert hatte, wurde die Rückeroberung durch den Grafen Spinola im Jahr 1605 eher als Befreiung empfunden.[6] In dieser Zeit ließ sich Philippus Rovenius in der Stadt nieder. Später war sie sein Bischofssitz. Die katholisch gebliebene Bevölkerung konnte unter spanischer Herrschaft frei ihren Glauben praktizieren.[7] Auch wanderten katholische Flüchtlinge u. a. aus Deventer zu. Die Religionsfreiheit endete, als sich Oldenzaal 1626 den Truppen der Republik der Vereinigten Niederlande ergeben musste. Bis 1810 wurde der Calvinismus die herrschende Religion. Sogar die alte Plechelmuskirche wurde reformiert.

19. und 20. Jahrhundert

Im Ersten Koalitionskrieg wurde Oldenzaal im Winter 1794/1795 von französischen Truppen besetzt und ausgeraubt; die Bürger mussten hohe Kontributionen zahlen. Auch unter den anschließenden Napoleonischen Kriegen zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte die Stadt zu leiden. Die Bedeutung Oldenzaals ging stark zurück, bis um 1850 die Stadt ihren Anteil an der Twentschen Textilindustrie erhielt. Auch die Eisenbahnverbindung nach Hengelo und Salzbergen brachte wirtschaftlichen Vorteil. Die reiche Familie Palthe gründete von Oldenzaal aus eine landesweite Kette von Wäschereien.

Schon vor dem Zweiten Weltkrieg spionierte die deutsche Gestapo mit Hilfe der niederländischen Nazis, der „Nationalsozialistischen Bewegung“ (Nationaal-Socialistische Beweging) die Oldenzaaler Bevölkerung aus. Ein berühmtes Beispiel ist die Verfolgung des deutschen Jesuitenpaters Friedrich Muckermann, der nach Oldenzaal geflohen war. Die Oldenzaaler Druckerei Brüggemann druckte seine in Deutschland verbotenen Schriften weiter. Nach dem Einmarsch am 10. Mai 1940 wurden viele (potenzielle) Gegner (deutsche Emigranten, Gewerkschafter, Juden, Sozialdemokraten, Kommunisten) verhaftet, einige wurden sofort standrechtlich erschossen. Der Zweite Weltkrieg ließ Oldenzaal nahezu unberührt.

Um 1965 ging die Textilindustrie durch die Konkurrenz aus Asien ein, was vorübergehend hohe Arbeitslosigkeit auslöste. Als um 1990 der Rijksweg 1 fertiggestellt wurde, siedelte sich wieder neues Gewerbe an.

Am frühen Morgen des 18. August 1988 war die Gemeinde auch Zwischenhalt des Geiseldramas von Gladbeck. Dort kamen alle Busgeiseln außer Ines Voitle und Silke Bischoff frei. Mit einem Fluchtwagen der Marke BMW wurde das Drama hinter der deutschen Grenze fortgesetzt.[8]

Sehenswürdigkeiten

St.-Plechelmus-Basilika
Das Palthehaus
Der Wasserturm

Die St.-Plechelmus-Basilika (in ihr befindet sich das größte Glockenspiel (Carillon) Europas), deren Turm das Stadtbild prägt, ist eine Hallenkirche in spätromanischem Stil, mit späteren gotischen Anbauten. Im Inneren befinden sich u. a. zahlreiche Reliquiare und eine äußerst wuchtige, barocke Predigtkanzel aus der ehemaligen Franziskanerkirche in Rheine.[9]

Die Oldenzaaler Innenstadt wurde in den 1950er Jahren größtenteils abgerissen. Es sind trotzdem noch einzelne historische Häuser übriggeblieben. In einem davon befindet sich das Heimatmuseum „Palthehuis“, u. a. mit einer Apotheke aus dem frühen 19. Jahrhundert. Das Haus stammt aus der Mitte des 17. Jahrhunderts und präsentiert sich im Inneren heute als ehemaliges Wohnhaus der Familie Palthe im Zustand des 18. Jahrhunderts.

Die Umgebung der Stadt ist eine leicht hügelige und waldreiche Parklandschaft. In Oldenzaal sind einige Hotels und Campingplätze zu finden. Südwestlich der Stadt befindet sich das Naherholungsgebiet „Het Hulsbeek“, ein von mehreren Waldgebieten umgebener See, an dem man u. a. Wassersport treiben kann.

Alljährlich gibt es im August das Stadtfest De boeskool is lös („Der Weißkohl ist (vom Erdreich) los“, also: geerntet) mit Markt-, Sport- und Musikveranstaltungen.

Politik

Am 16. März 2022 gewann die Lokalpartei Wij Geven om Oldenzaal die Kommunalwahl mit 35,66 Prozent aller Stimmen und konnte damit ihre jahrelange Siegesserie fortsetzen.

Gemeinderat

Kommunalwahl am 16. März 2022[10]
Wahlbeteiligung: 53,69 %
 %
40
30
20
10
0
35,66
17,37
15,18
11,28
7,85
7,4
5,28
Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 2018
 %p
 12
 10
   8
   6
   4
   2
   0
  -2
  -4
  -6
+7,92
−5,60
−5,20
+11,28
−0,65
−5,97
−1,76
Vorlage:Wahldiagramm/Wartung/Anmerkungen
Anmerkungen:
a Wij Geven om Oldenzaal
d Solidair Oldenzaal

Der Gemeinderat von Oldenzaal wird seit 1982 wie folgt gebildet:

Partei Sitze[10]
1982 1986 1990 1994 1998 2002 2006 2010 2014 2018 2022
Wij Geven om Oldenzaala 3 4 4 8 8 12 8 11 9 7 9
CDA 10 9 8 6 6 6 7 5 4 5 4
VVD 4 2 2 3 4 2 2 3 3 5 4
Solidair Oldenzaal 2
PvdA 3 6 5 3 3 2 4 2 2 2 2
GroenLinks 1 1 1 2 1 2 3 1
D66 1 0 2 2 1 0 0 1 3 1 1
D’ran 0
Algemeen Ouderen Verbond 0
Unie 55+
SP 0
CPN 0
Gesamt 21 21 21 23 23 23 23 23 23 23 23
Anmerkungen
a 
Bis einschließlich 2018 kandidierte Wij Geven om Oldenzaal als Werknemers Groepering.

Städtepartnerschaft

Oldenzaal unterhält seit 1976 eine Städtepartnerschaft mit Rheda-Wiedenbrück, Nordrhein-Westfalen.

Verkehr

Eisenbahnverkehr

Der Bahnhof Oldenzaal liegt an der zweigleisigen und elektrifizierten Bahnstrecke Almelo–Salzbergen, die von Hengelo nach Rheine führt. Er wird halbstündlich von den Pendelzügen der Keolis Nederland B.V. nach Hengelo bedient. Außerdem hielten dort von Dezember 2010 bis Dezember 2013 stündlich die Züge des Grensland Expresses nach Bad Bentheim. Seit Februar 2018 ist in gleichem Takt die RB 61 Wiehengebirgs-Bahn nach Bielefeld unterwegs.

Straßenverkehr

Oldenzaal liegt an der A 1, die von Amsterdam zur deutschen Grenze und dort als A 30 über Osnabrück nach Bad Oeynhausen führt, wo sie auf die A 2 trifft. Zusätzlichen kreuzen sich in Oldenzaal die Rijkswege N 343 und N 342. Der N 342 stellt die Verbindung nach Nordhorn sicher.

Flugverkehr

Der nächste Flughafen ist der Luchthaven Twente, der etwa 5 km vom Zentrum entfernt liegt.

Söhne und Töchter der Stadt

Literatur

in der Reihenfolge des Erscheinens

  • Henk Johannes Maria Wuistink: De rechtsgeschiedenis van de stad Oldenzaal en van de mark Berghuizen tot 1795. van Gorcum, Assen 1962.
  • A. Stappers-Vürtheim: Twaalf eeuwen Oldenzaal. Lotgerink, Oldenzaal 1971.
  • Gerhardus Weustink: Oldenzaal in de tweede wereldoorlog. Witkam, Enschede 1980.
  • Gerard Vaanholt (Hrsg.): Oldenzaal. Veertien eeuwen geschiedenis. Stichting Oldenzaalse Musea, Oldenzaal 2018, ISBN 978-90-811455-2-7.

Weblinks

Commons: Oldenzaal – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Nieuwe burgemeester in Oldenzaal. In: rijksoverheid.nl. Rijksoverheid, 26. November 2018, abgerufen am 1. Februar 2019 (niederländisch).
  2. Bevolkingsontwikkeling; regio per maand. In: StatLine. Centraal Bureau voor de Statistiek, 29. Februar 2024 (niederländisch).
  3. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 3. Januar 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.niederlande-journal.de
  4. RB 61 - Keolis Deutschland. Abgerufen am 30. März 2018 (deutsch).
  5. Jürgen Sudhölter: Heimliches Hanseatendreieck zwischen Wiedenbrück, Oldenzaal und Valmiera. In: Heimat-Jahrbuch Kreis Gütersloh, Jg. 2007, S. 44–51.
  6. Illustration von Frans Hogenberg von 1605: (Digitalisat)
  7. Antonius Marinus van Lommel: Brevis descriptio status, in quo est Ecclesia Catholica in partibus Belgii ab haereticis occupatis. Anno 1616. In: Archief voor de geschiedenis van het bisdom Utrecht, Bd. 1 (1874), S. 208–226, hier S. 226.
  8. Gladbeck: Wie das Geiseldrama eskalierte. In: buten un binnen. (butenunbinnen.de [abgerufen am 2. November 2018]).
  9. Rudolf Breuing: Das ehemalige Franziskanerkloster als Rathaus. In: Rheine, gestern – heute – morgen. Herausgegeben von der Stadt Rheine. Jg. 1978, Heft 1, S. 26–42.
  10. a b Ergebnisse der Kommunalwahlen: 1982–2002 2006 2010 2014 2018 2022, abgerufen am 14. September 2022 (niederländisch)