Ost und West (1901–1923)

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Titelseite 1901 mit der Illustration von E. M. Lilien

Ost und West. Illustrierte Monatsschrift für Modernes Judentum war eine bedeutende jüdische Kulturzeitschrift in Berlin von 1901 bis 1923.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1901 gründeten Davis Trietsch und Leo Winz Ost und West. Sie war die erste deutschsprachige Kulturzeitschrift, die sich nur jüdischen Themen widmete. Ein Hauptanliegen war es, den einheimischen Westjuden die Kultur der neuen ostjüdischen Einwanderer nahezubringen, die von vielen bis dahin mit Ablehnung betrachtet wurde.[1] Es schrieben viele bekannte Publizisten für sie. 1902 verließ Davis Triesch die Zeitschrift und widmete sich dem neuen Jüdischen Verlag.. Seitdem war Leo Winz der alleinige Herausgeber.

Ost und West war in den ersten Jahren die wichtigste deutschsprachige jüdische Monatsschrift. Ab etwa 1914 war die Resonanz rückläufig, es entstanden weitere ähnliche Publikationen.

1923 stellte sie ihr Erscheinen ein, auch durch die Hyperinflation dieser Zeit bedingt.

Inhalte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Titelblatt 1903 von Ephraim Moses Öilien

In Ost und West erschienen Beiträge vor allem zur jüdischen Kultur, Geschichte und Gegenwart. Ein Schwerpunkt war die Darstellung ostjüdischern Lebens.

Es wurden literarische Texte veröffentlicht, darunter auch erstmals jiddische Literatur aus Ost- und Ostmitteleuropa in deutscher Übersetzung. Ein weiterer Schwerpunkt war die Kunstkritik. Regelmäßig erschienen Besprechungen jüdischer Künstler und ihres Schaffens. Dazu gab es Berichte über lebende und gerade verstorbene jüdische Persönlichkeiten. Ost und West war auch die erste Publikation im Bereich der deutschsprachig-jüdischen Presse, die fotomechanische Reproduktionen von Kunstwerken und Fotografien abdruckte.

Zwischen 1907 und 1914 wurden einige Seiten der Zeitschrift jeweils von der Alliance Israélite Universelle zur Publikation ihrer Mitteilungen genutzt.

Verlage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Zeitschrift erschien zuerst im Verlag von S. Calvary & Co. in Berlin. Ab 1904 wurde sie im neu gegründeten Verlag Ost und West herausgegeben. Ab 1906 wurde der Anzeigenteil an die Annoncen-Expedition Haasenstein & Vogler verpachtet.

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Herausgeber
Redakteure

Redakteure waren Max Albert Klausner, E. Jacoby, Hans Spangenberg und Dr. Marcus.[2]

Autoren

In der Zeitschrift Ost und West publizierten zahlreiche bekannte und weniger bekannte Schriftsteller und Publizisten,[3] darunter Martin Buber, Georg Hermann, Theodor Herzl und Bertha von Suttner, sowie Nathan Birnbaum, Lothar Brieger, Hermann Cohen, Max Eschelbacher, Ludwig Geiger, Achad Haam, Gustav Karpeles, Samuel Lublinski, Max Nordau, Alfred Nossig, Max Osborn, Felix Perles, Martin Philippson, Binjamin Segel, Arthur Silbergleit, Thekla Skorra, Werner Sombart, Eugen Wolbe, August Wünsche und Theodor Zlocisti (dieser übersetzte auch aus dem Jiddischen).

Wirkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Titel der Zeitschrift diente als Namensgeber für den 1923 erschienenen Film Ost und West von Sidney Goldin.[4]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Übersichtsdarstellungen
  • David A. Brenner: Ost und West. In: Dan Diner (Hrsg.): Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur (EJGK). Band 4: Ly–Po. Metzler, Stuttgart/Weimar 2013, ISBN 978-3-476-02504-3, S. 455–459.
  • David A. Brenner: Marketing Identities. The Invention of Jewish Ethnicity in “Ost und West”. Wayne State University Press, Detroit 1998, ISBN 0-8143-2684-6 online
  • Gavriel D. Rosenfeld: Defining “Jewish Art” in Ost und West, 1901-1908. A Study in the Nationalisation of Jewish Culture. In: Leo Baeck Institute (Hrsg.): Year Book, Bd. 39 (1994), ISSN 0075-8744, S. 83–110.
Weitere Erwähnungen
  • Andrea Hopp: Zwischen Kulturpessimismus und Avantgarde. Die Kulturzeitschrift als Indikator für die Krise des Fin de siècle. In: Michael Graetz, Aram Mattioli (Hrsg.): Krisenwahrnehmungen im Fin de siècle. Jüdische und katholische Bildungseliten in Deutschland und der Schweiz. Chronos-Verlag, Zürich 1997, ISBN 3-905312-39-5, S. 303–321.
  • Jascha Nemtsov: Der Zionismus in der Musik : jüdische Musik und nationale Idee. Wiesbaden: Harrassowitz, 2009, ISBN 978-3-447-05734-9, S. 51–58

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Ost und West – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. In der Zeit zwischen 1900 und 1914 kamen mindestens neun Millionen ostjüdische Einwanderer, deren ärmliche Lebensweise von vielen einheimischen Juden skeptisch gesehen wurde. Es wurde auch befürchtet, dass die mühsam erworbene Assimilation gefährdet und der bedrohliche Antisemitismus dadurch wieder befördert werden würde.
  2. Die drei letztgenannten konnten bisher nicht identifiziert werden, es sind keinerlei Hinweise auf sie zu finden, keine Einträge in Kurzbiographien zur Geschichte der Juden oder VIAF
  3. Inhaltsverzeichnis 1904 UB Frankfurt
  4. Jim Hoberman: Bridge of Light. Yiddish Film between two Worlds. Temple University Press, Philadelphia, Penn. 1995, ISBN 1-56639-404-X, S. 66 (Katalog der gleichnamigen Ausstellung, 14. November 1991 bis 11. Januar 1992, Museum of Modern Art, New York)