Paul Rusesabagina

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Paul Rusesabagina (2013)

Paul Rusesabagina (* 15. Juni 1954 in Murama-Gitarama) ist ein ehemaliger ruandischer Hotelmanager, der durch eine Rettungsaktion während des Völkermordes an den Tutsi bekannt wurde.

Er wurde am 31. August 2020 in Ruanda unter dem Vorwurf des Terrorismus festgenommen[1] und im September 2021 zu 25 Jahren Haft wegen Terrorismusunterstützung verurteilt. Im März 2023 wurde er begnadigt.[2]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rusesabagina war stellvertretender Leiter des Hôtel des Mille Collines und später der Leiter des Hotels Diplomate, beide in Kigali. 1994 übernahm Rusesabagina die Leitung des Hôtels des Mille Collines, wo es ihm gelang, 1268 Menschen vor dem sicheren Tod zu bewahren. Paul Rusesabagina, selbst Hutu und mit einer Tutsi verheiratet, lebte vor seiner Festnahme im Exil, unter anderem in den Vereinigten Staaten und zuletzt in Belgien als Taxiunternehmer. Seine Familie erklärte, er sei in Dubai entführt worden, laut Behörden wurde er hingegen bei der Einreise nach Ruanda inhaftiert.

Im Jahr 2000 wurde Paul Rusesabagina mit dem Immortal Chaplains Prize for Humanity ausgezeichnet; im Jahr 2005 wurde ihm die Presidential Medal of Freedom verliehen.

Im Februar 2021 begann vor der Strafkammer für internationale Verbrechen am Obersten Gericht Ruandas der Prozess gegen Paul Rusesabagina und 20 weitere Mitangeklagte wegen Unterstützung terroristischer Aktivitäten. Anhänger bezeichneten den Prozess als politisch motiviert, weil Rusesabagina ein Gegner von Paul Kagame ist.[3] Im März erklärte er, der Verhandlung künftig fernzubleiben. Prozessbeobachter des Center for Human Rights der American Bar Association kritisierten in einem Bericht im Juni 2021 diverse Verfahrensfehler. Eine wichtige Rolle im Prozess spielten an Ruanda übermittelte Erkenntnisse belgischer Justizbehörden, die Rusesabagina belasteten. Am 20. September 2021 wurde Rusesabagina vom Gericht der finanziellen und logistischen Unterstützung der Front de libération national (FLN), des bewaffneten Arms der von Rusesabagina mitgegründeten Oppositionskoalition Mouvement rwandais pour le changement démocratique (MRCD), für schuldig befunden. Die FLN sei verantwortlich für tödliche Anschläge auf Zivilisten in Ruanda in den Jahren 2018 und 2019. Als Strafe wurden 25 Jahre Haft verhängt.[4][5] Nach 939 Tagen im Gefängnis begnadigte Präsident Kagame ihn im März 2023.[3]

Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2010 wurde berichtet, dass die von ihm eingerichtete Hotel Rwanda Rusesabagina Foundation keinerlei Geld für ihren Stiftungszweck, Überlebende des Genozids in Ruanda zu unterstützen, verwendet habe.[6] Laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung und anderer Medien soll Rusesabagina Geld von den Flüchtlingen genommen haben, so als wären sie Hotelgäste. Wer nicht zahlen konnte, bekam angeblich weder Wasser noch Essen und soll aus dem Hotelzimmer ausgesperrt worden sein. Teilweise soll er statt Bargeld die Übereignung von Eigentum verlangt haben.[7] Auch der Flüchtling Edouard Kayihura beschrieb 2014 in seinem Buch Inside the Hotel Ruanda, dass Rusesabagina die Flüchtlinge im Hotel ausbeutete und schlecht behandelte.[8] Rusesabagina wehrt sich gegen die Vorwürfe. Er habe zwar zunächst Geld von Hotelgästen genommen, jedoch noch in einer Situation, als mit dem Völkermord noch nicht zu rechnen war. Terry George, Regisseur des Films Hotel Ruanda, wehrte sich 2006 und 2014 ebenfalls gegen die gegen Rusesabagina erhobenen Vorwürfe.[9][10]

Sonstiges[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Film Hotel Ruanda basiert im Wesentlichen auf der Geschichte Rusesabaginas, die Hauptrolle wird gespielt von Don Cheadle. Gelegentlich wurde er wegen seines mutigen Handelns als „Oskar Schindler von Ruanda“ bezeichnet.[11]

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Paul Rusesabagina, Tom Zoellner: Ein gewöhnlicher Mensch. Die wahre Geschichte hinter „Hotel Ruanda“. Berlin-Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-8270-0633-3.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Paul Rusesabagina – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. tagesschau.de: Terrorverdacht: „Hotel Ruanda“-Held festgenommen. Abgerufen am 31. August 2020.
  2. tagesschau.de: Regierungskritiker aus „Hotel Ruanda“ kommt frei. Abgerufen am 24. März 2023.
  3. a b Claudia Bröll: „Hotel-Ruanda-Held“ begnadigt. Präsident Kagame spricht Begnadigung aus. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27. März 2023, S. 2.
  4. https://www.tagesschau.de/ausland/afrika/ruanda-rusesabagina-103.html
  5. Dominic Johnson: Urteil im Prozess in Ruanda erwartet: Vom Filmhelden zum Terroristen. In: taz.de. 20. September 2021, abgerufen am 7. März 2024.
  6. Why Rwanda cannot win US backing to try Rusesabagina, The Independent, 16. November 2010
  7. „Hotel Ruanda“-Held in der Kritik, SZ, Januar 2012
  8. Book Excerpt: The Real Story Behind ‘Hotel Rwanda’, Newsweek, 7. April 2014
  9. Terry George: Smearing a Hero, The Washington Post, 10. Mai 2006
  10. Terry George: How a Film Could Get You 25 Years in Jail!, The Huffington Post, 11. April 2014
  11. Michael Kohler: Hotel Ruanda (Filmrezension), film-dienst 7/2005, S. 20.