Paul Wegener (Schauspieler)

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Paul Wegener im Jahr 1932
Paul Wegener (um 1900)
Tilla Durieux und Paul Wegener als Judith und Holofernes (um 1915)
Paul Wegener als Nathan (1945)

Paul Hermann Wegener (* 11. Dezember 1874 in Arnoldsdorf, Westpreußen; † 13. September 1948 in Berlin) war ein deutscher Theater- und Filmschauspieler und Filmregisseur. Er war außerdem Produzent und Drehbuchautor.

Leben und Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Paul Wegener war der Sohn eines ostpreußischen Tuchfabrikanten. Sechs Wochen nach seiner Geburt zog die Familie nach Bischdorf (heute Sątopy-Samulewo in der Gmina Bisztynek) im Kreis Rößel, wo bis zur Zerstörung durch französische Truppen 1807 das als Sommersitz und Jagdschloss genutzte Schloss der Fürstbischöfe von Ermland stand.[1] Der Vater hatte die daraus hervorgegangene Domäne und das Gutshaus Bischdorf am Zainsee gekauft. Obgleich seine Mutter starb, als Paul Wegener erst zwei Jahre alt war, erlebte er seine ungebundene Kindheit in den Weiten des Gutes als ein „Urherrscherdasein“.[1] Sein Vater ließ ihn schon früh Gedichte vortragen und mit seinen vier Geschwistern Theaterszenen aufführen.[1] Nach dem Besuch des katholischen Kreisgymnasiums in Rößel ging er auf das Kneiphöfische Gymnasium in Königsberg, wo er seine Neigung zum Theater vertiefte und zusammen mit Kommilitonen den dramatischen Kreis „Melpomene“ gründete.[2] 1894/95 studierte er auf Wunsch des Vaters Rechtswissenschaften, dazu Philosophie und Kunstgeschichte in Freiburg im Breisgau und Leipzig, brach das Studium jedoch ab und suchte sein Glück beim Schauspiel. Der Vater versagte ihm daraufhin die finanzielle Unterstützung.

Über kleinere Engagements in Leipzig, Rostock, Wiesbaden und beim Bernarts-Theater in Aachen kam er schließlich nach Hamburg und spielte in einer der ersten deutschen Aufführungen von Maxim Gorkis Nachtasyl. Diese Aufführung bewegte Max Reinhardt dazu, ihn nach Berlin an sein Theater zu holen. Jetzt begann die große Zeit Paul Wegeners mit Rollen wie Richard III., Macbeth, Othello oder Mephisto zwischen 1906 und 1920.

Im Ersten Weltkrieg diente er als Leutnant der Landwehr in Flandern, wo er schon 1914 mit dem Eisernen Kreuz 1. Klasse ausgezeichnet wurde und schwer verwundet wurde.[3]

Paul Wegener spricht mit einem Unbekannten bei einem Gastspiel in Amsterdam, 1924

Paul Wegener leistete beim Film Pionierarbeit. Sein früher Einsatz für das neue Medium hatte entscheidenden Einfluss auf die Akzeptanz des Films als Kunstform in Deutschland. 1913 hatte sein erster Film Der Verführte Premiere.[A 1] Ein besonderer Anreiz lag für Wegener darin, durch die im Film mögliche Bildteilung mit seinem eigenen Spiegelbild, also zweimal zur selben Zeit, auf der Kinoleinwand zu erscheinen.

Der Golem von 1914 behandelte eine Figur aus einer alten jüdischen Legende, die in der Jetztzeit von einem Verbrecher gefunden und ausgenutzt wird. Der Erfolg mit der Figur des Golem ließ Wegener eine eigene Filmfirma gründen. Nach dem Ersten Weltkrieg war er ein völlig unabhängiger Schauspieler und Regisseur. Um den Golem produzierte Paul Wegener noch zwei weitere Filme. 1920 drehte er den international gefeierten Klassiker Der Golem, wie er in die Welt kam, der die ursprüngliche Legende aus dem Prager Ghetto zum Thema hat.

Wegener galt als fantasievoller Regisseur und Darsteller; er inszenierte in der Zeit des Ersten Weltkrieges drei Märchenfilme (Rübezahls Hochzeit 1916, Hans Trutz im Schlaraffenland 1917, Der Rattenfänger 1918). Wegener stellte gerne Personen anderer Kulturen dar, so in Der Yoghi 1916, Sumurun 1920, Das Weib des Pharao 1921 und Lebende Buddhas 1924. Mit letzterem Projekt, bei dem er als Regisseur und Produzent Verantwortung trug, hatte Wegener sich allerdings übernommen, so dass er danach nur noch als Darsteller in den Produktionen anderer tätig war. Seine Filme, vor allem Der Golem, wie er in die Welt kam, feierten auch in den USA Erfolge, was ihm Arbeit in Hollywood ermöglichte. 1926 drehte er dort bei Rex Ingram Der Magier.

Wegener trat als Gast in lukrativen Hauptrollen an verschiedenen Berliner Bühnen auf und ging außerdem mit Theaterproduktionen auf Tournee. 1929 trat er mit seiner damaligen Frau Greta Schröder in Südamerika auf.

Die neue Ära des Tonfilms und der gleichzeitige Aufstieg der Nationalsozialisten verringerten seine Bedeutung als Film- und Theaterschaffender nicht. Während des Nationalsozialismus war er zunächst beim Schillertheater Heinrich Georges engagiert und später bei Gustaf Gründgens an den Staatlichen Bühnen Berlins. Paul Wegener machte aus seiner anti-nationalsozialistischen Haltung nie ein Hehl. Er spendete wiederholt Geld für Widerstandsgruppen, versteckte mehrfach gefährdete Menschen in seiner Wohnung und ging noch als alter, schwerkranker Mann nachts auf die Straßen, um Parolen wie „Nieder mit Hitler“ u. ä. an die Haus- und Ruinenwände zu schreiben. Wegener stand 1944 in der Gottbegnadeten-Liste des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda.[4]

Obwohl Wegener in einigen NS-Propaganda-Filmen mitgewirkt hatte, zuletzt 1945 in Veit Harlans Kolberg, erhielt er nach dem Zweiten Weltkrieg von der sowjetischen Besatzungsmacht die Erlaubnis, wieder aufzutreten.

Nach Kriegsende schützte er ein Dutzend Frauen vor möglicher Vergewaltigung durch sowjetische Soldaten.[5] Sein Haus in der Binger Straße hatte sich im Rheingauviertel zu einem Treffpunkt für russische Offiziere entwickelt, mit denen Wegener sich im Erdgeschoss betrank, während die Frauen aus den umliegenden Häusern sich auf seinem Dachboden versteckten.[6]

Am 7. September 1945 eröffnete Paul Wegener das Deutsche Theater mit Gotthold Ephraim Lessings Nathan der Weise mit ihm als Nathan. Es sollte seine letzte große Theaterrolle werden. Nach einem Schwächeanfall konnte er nicht mehr auftreten.

Tod und Grabstätte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ehrengrab von Paul Wegener auf dem Friedhof Heerstraße mit Buddha-Statue

Paul Wegener starb am 13. September 1948 im Alter von 73 Jahren in Berlin. Beigesetzt wurde er auf dem Friedhof Heerstraße im heutigen Ortsteil Berlin-Westend. Auch die Witwe Elisabeth geb. Rohwer (1903–1989) liegt dort begraben. Die einfach gestaltete Grabstätte besteht aus einer liegenden Muschelkalkplatte, die Namen und Lebensdaten der Verstorbenen trägt, und einer dahinter stehenden kleinen Statue des von einem Löwen begleiteten jungen Buddha, der mit lächelnder Miene dem Toten den Weg ins Nirwana weist. Die Skulptur erinnert daran, dass Wegener ein Kenner und Sammler ostasiatischer Kunst war. Auf dem Grab steht inzwischen eine Kopie, das beschädigte Original der Statue wird im Gebäude der Friedhofsverwaltung verwahrt.[7]

Auf Beschluss des Berliner Senats ist die letzte Ruhestätte von Paul Wegener auf dem Friedhof Heerstraße (Grablage: Waldsonderstelle 4-B) seit 1975 als Ehrengrab des Landes Berlin gewidmet. Die Widmung wurde 2001 um die inzwischen übliche Frist von zwanzig Jahren verlängert.[8]

Wegeners schriftlicher Nachlass befindet sich im Archiv der Akademie der Künste in Berlin.[9]

Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Paul Wegener war fünfmal verheiratet. Seine dritte Ehe führte er von 1917 bis 1925 mit der Schauspielerin Lyda Salmonova, mit der er den Sohn Peter Wegener hatte, seine vierte mit der Schauspielerin Greta Schröder, die er nach ihrer Scheidung von dem Tänzer Ernst Matray im März 1927 heiratete[10].

Paul Wegener war ein Vetter des Meteorologen, Polarforschers und Geowissenschaftlers Alfred Wegener und des Meteorologen und Polarforschers Kurt Wegener.

Filmografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Theater[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hörspiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wegeners Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Der Galeerensträfling: Nach dem Filmroman (= Film-Romane. Bd. 2). Bearbeitet von Erich Effler. Knoblauch, Berlin 1920.
  • Der Golem, wie er in die Welt kam. Eine Geschichte in 5 Kapiteln. Scherl, Berlin 1921.
  • Flandrisches Tagebuch 1914. Rowohlt, Berlin 1933.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Monty Jacobs: Paul Wegener (= Der Schauspieler. Bd. 6, ZDB-ID 530322-9). Reiß, Berlin 1920. Digitalisiert von der Zentral- und Landesbibliothek Berlin, 2020. URN urn:nbn:de:kobv:109-1-15415766
  • Ludwig Goldstein: Paul Wegener (= Bilderhefte des deutschen Ostens. Bd. 1, ZDB-ID 570900-3). Gräfe & Unzer, Königsberg 1928.
  • Kai Möller (Hrsg.): Paul Wegener. Sein Leben und seine Rollen. Ein Buch von ihm und über ihn. Rowohlt, Hamburg 1954.
  • Herbert Pfeiffer: Paul Wegener (= Rembrandt-Reihe Bühne und Film. Bd. 1, ZDB-ID 1337639-1). Rembrandt-Verlag, Berlin 1957.
  • Wolfgang Noa: Paul Wegener. Henschel, Berlin 1964.
  • Hans Günther Pflaum: Kinetische Lyrik. P. W.s „Rübezahls Hochzeit“ 1916. In: Peter Buchka (Hrsg.): Deutsche Augenblicke. Eine Bilderfolge zu einer Typologie des Films (= Off-Texte. Bd. 1). Belleville, München 1996, ISBN 3-923646-49-6, S. 16 f., S. 17: Szenenbild, (zuerst: SZ 1995).
  • Hans Günther Pflaum: Ins eigene Herz. P. W.s „Student von Prag“ 1919. In: Peter Buchka (Hrsg.): Deutsche Augenblicke. Eine Bilderfolge zu einer Typologie des Films (= Off-Texte. Bd. 1). Belleville, München 1996, ISBN 3-923646-49-6, S. 20 f., S. 21: Szenenbild, (zuerst: SZ 1995).
  • Heide Schönemann: Paul Wegener. Frühe Moderne im Film. Edition Menges, Stuttgart u. a. 2003, ISBN 3-932565-14-2.
  • Kurt Fricke: Spiel am Abgrund – Heinrich George. Eine politische Biographie. Mitteldeutscher Verlag, Halle 2000, S. 137–141. ISBN 3-89812-021-X
  • Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 8: T – Z. David Tomlinson – Theo Zwierski. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 295 ff.

Filmdokumentationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Lieblinge unserer Eltern: Paul Wegener. Ein Porträt des Charakterdarstellers. Deutsche TV-Dokumentation von 1964.
  • Klassiker der Filmkunst – Paul Wegener. Dokumentation des Fernsehens der DDR von 1981.
  • Paul Wegener. Der Mann, der der Golem war. Deutsche TV-Dokumentation von 1981.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Paul Wegener – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Paul Wegener: Erinnerungen an das „Urherrscherdasein“. In: Kai Möller (Hrsg.): Paul Wegener. Sein Leben und seine Rollen. Ein Buch von ihm und über ihn. Rowohlt, Hamburg 1954.
  2. Satopy-Samulewo - Bischdorf auf Ostpreussen.net, abgerufen am 20. Mai 2015.
  3. Paul Wegener: Flandrisches Tagebuch 1914. Rowohlt, Berlin 1933.
  4. Wegener, Paul. In: Theodor Kellenter: Die Gottbegnadeten : Hitlers Liste unersetzbarer Künstler. Kiel: Arndt, 2020, ISBN 978-3-88741-290-6, S. 267f.
  5. Gwendolyn von Ambesser: Die Ratten betreten das sinkende Schiff. Das absurde Leben des Schauspielers Leo Reuss. Verlag Edition AV, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-936049-47-5, S. 185–203.
  6. Boleslaw Barlog: Theater lebenslänglich. Universitas-Verlag, München 1981, ISBN 3-8004-1003-6, S. 290–298.
  7. Hans-Jürgen Mende: Lexikon Berliner Begräbnisstätten. Pharus-Plan, Berlin 2018, ISBN 978-3-86514-206-1. S. 496. Grabstätte Wegener. In: Jörg Haspel, Klaus von Krosigk (Hrsg.): Gartendenkmale in Berlin. Friedhöfe. Imhof, Petersberg 2008, ISBN 978-3-86568-293-2. S. 38.
  8. Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz: Ehrengrabstätten des Landes Berlin (Stand: November 2018) (PDF, 413 kB), S. 91. Abgerufen am 13. November 2019. Vorlage – zur Kenntnisnahme – über die Anerkennung und weitere Erhaltung von Grabstätten namhafter und verdienter Persönlichkeiten als Ehrengrabstätten Berlins (PDF, 158 kB). Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucksache 14/1607 vom 1. November 2001, S. 5. Abgerufen am 13. November 2019.
  9. Paul-Wegener-Archiv Bestandsübersicht auf den Webseiten der Akademie der Künste in Berlin.
  10. Landesarchiv Berlin, Heiratsregister Standesamt Berlin III, Nr. 132/1927; kostenpflichtig abrufbar auf Ancestry.com

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. „In der Paul Wegener-Biographie von Kai Möller (Hamburg 1954) wird auf Seite 116 gesagt, daß Paul Wegener seinen ersten Film Der Verführte vernichten ließ. Das entspricht nicht den Tatsachen. Der Film wurde zensiert und lief auch in den Kinos. Das Negativ wurde nicht vernichtet; es ist in einer Original-Negativliste der Bioscop aus dem Jahre 1918 aufgeführt.“ (Gerhard Lamprecht: Deutsche Stummfilme. 1913–1914. Deutsche Kinemathek, Berlin 1969, S. 113.)